Wir erinnern uns, nein, vielmehr: wir wollen endlich zur Kenntnis nehmen, dass die “DDR” nicht nur keine Basis für eine sozialistische Gesellschaft war, schon gar nicht eine kommunistische, sondern der Etikettenschwindel auf der obersten Ebene im zweiten “D” zu finden war. Deutsch war sie wie nochwas, aber demokratisch war das, was da als “Wahl” angeboten wurde, nun wirklich nicht. Mal abgesehen davon, dass es nichts zu wählen gab, weil selbst unterschiedliche Parteinamen nur demselben Block entstammten. Die theoretisch mögliche Einflussnahme durch Wahlen (z.B. Streichen von ‘Kandidaten’ aus der feststehenden Liste) wurde durch eine paranoide Manipulation verhindert, die am Ende der sinnlosen Abgabe von Zetteln noch die Ergebnisse der Farce fälschte. Das war die “Demokratische Republik”. Wieso ist hier eigentlich niemand gegen Demokratie?

Die keinen Deut sinnvollere Befüllung des Containers “Demokratie” ist in diesen Zeiten wesentlich komplexer und daher grundsätzlich unauffälliger. Gleichwohl reicht ein schwacher einäugiger Blick auf das Geschehen, um dieselbe Absicht zu erkennen: eine billige Fassade zu errichten, das Wahlvolk mit einer angeblichen Freiwilligkeit zu demütigen, Unfreiheit als Einsicht in die Alternativlosigkeit.

Kopflos, dafür ohne Rumpf

Lassen wir die völlige Irrelevanz von Partei- und sogar Wahlprogrammen kurz beiseite. Nachdem die auf dem Ticket von Pazifisten, Sozialisten und Atomkraftgegnern in die Parlamente geflutschten Grünen binnen kürzester Zeit zu den aggressivsten Bellizisten umgeschult wurden und Koalitionen mit der Linken ausschließt, da diese gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr sind (Trittin), gab es eine kluge Antwort der PdL: SPD und Grüne sollten doch einfach ihre Basis fragen. Innerparteiliche Demokratie, dieser kleine Rest an Einflussnahme – wenigstens für Parteimitglieder – sollte doch ein Anspruch sein, der Freie Westen® noch erfüllt?

Weit gefehlt. Von FdJ-Mädel und NATO-Zofe Göring-Eckart, der sympathischen Kirchenfunktionärin und Kriegsbefürworterin, kam postwendend, dies sei “durchsichtig”. “Transparent” heißt das mit einem anderen Wort, und das geht heute gar nicht mehr mit den Grünen. Die sind und tun, was ihre obersten Funktionäre bestimmen, und die wiederum lassen sich doch nicht von pazifistischen Sozialisten erzählen, sie sollten mal ihr Fußvolk fragen. Dafür werden sie nämlich nicht bezahlt. Am Ende wäre die Partei noch für die Ideen der Linken und gegen eine Nationale Front mit Zweidrittelmehrheit und einer “Opposition”, die weder Untersuchungsausschüsse einsetzen kann noch Normenkontrollverfahren anstrengen.

Freiheit von Alternativen

Nachdem die Grünen sich also auch noch aus der Restrumpfdemokratie verabschiedet und Transparenz für ein Ausschlusskriterium bezüglich politischer Zusammenarbeit erklärt haben, war die SPD am Zuge. Die verhält sich mäßig geschickter und lässt die Basis durch ihre Funktionäre fragen: “Ja? / Vielleicht ja? / Doch?”. Deren Basis soll zu einer Großen Koalition befragt werden. Nachdem also die Partei- und Fraktionsführungen den Mitgliedern deutlich gemacht haben werden, dass das Wohl von Volk, Partei und Vaterland an ihrer Zuverlässigkeit hängt und der Seeheimer Kreis prominente Abweichler eingeschüchtert und gemobbt haben wird, darf man dann zur Abstimmung schreiten. Über eine alternative Koalition wird aus Sicherheitsgründen natürlich nicht abgestimmt. Am Ende wird vermutlich noch das Ergebnis manipuliert, sollte sich etwas Unerwartetes ereignen.

Es muss ein gutes Gefühl sein, bei den Wahlen zu diesem Parlament einer dieser Parteien seinen politischen Einfluss übertragen zu haben. Schließlich ist man Demokrat und möchte nicht, dass Extremisten an die Macht kommen – oder schlimmer noch: die Mauerschützenpartei Einfluss auf die Flugpläne unserer Drohnen nehmen.