Rettet das Eigentum, verzichtet auf Lohn!
Posted by flatter under WirtschaftKommentare deaktiviert
08. Nov 2009 17:21
Schon wieder einmal ist Lohnverzicht die grandiose Idee, um ein Unternehmen zu “retten”. Diesmal verzichten die Karstadt-Mitarbeiter, was an ihnen gespart wird, geht auf din Treuhandkonto und verschwindet, wenn ich es recht verstehe, bei erfolgreicher “Rettung” im Unternehmensvermögen.
Ich habe das noch nie so recht verstanden. Wenn eine Bank einen Kredit gibt, will sie Sicherheiten. Je höher das Risiko für sie ist, desto höher sind die Zinsen. Und wenn es sich lohnt, steigt die Bank auch gern bei Unternehmen ein.
Die Gläubiger wollen ihr Geld zurück haben. Ihre Forderungen werden so gut es eben geht befriedigt.
Verzichten die Arbeitnehmer aber auf Lohn, so wird ihnen das nicht als Einlage gutgeschrieben? Obwohl sie nichts anderes tun, als ihr Vermögen in den Betrieb zu investieren? Kann mir das jemand erklären?
November 8th, 2009 at 17:54
Ich weiß nur so viel, dass nach einem Lohnverzicht der Laden bald dicht gemacht wird.
November 8th, 2009 at 18:04
Ich erinnere mich an die Siebziger. Damals war die Motorradfirma Maico in Schwierigkeiten. Die Belegschaft arbeitete, glaub ich, ein halbes Jahr ohne Lohn — danach hat die Firma trotzdem dicht gemacht.
Nach meinem Verständnis [b]leihen[/b] die Karstadt-Mitarbeiter kein Geld, sondern sie [b]kaufen[/b] Hoffnung. (Wäre mein Erklär-Ansatz.)
November 8th, 2009 at 18:16
Die Deppen werden halt nicht alle.
Aber die brutalst mögliche anale Vergewaltigung für Arbeiter und Angestellte hat Rot/Grün beschlossen:
https://karlweiss.twoday.net/stories/4826887/
“In einem von insgesamt vier Fällen wurden die Löhne von mehreren Mitarbeitern (wahrscheinlich aber von allen) zurückgefordert und es gibt bereits ein Gerichtsurteil, das tatsächlich den Arbeiter Uwe Trautmann verurteilt, etwa 3 700 Euro an den Insolvenzverwalter zurückzuzahlen. Der zuständige Richter argumentierte, Trautmann habe ja bereits Verspätungen in der Lohnauszahlung bemerkt, also habe er Anzeichen gehabt, die Firma stehe vor dem Ende. Wenn er dort weiterhin arbeite und Geld in Form von Lohn für diese Arbeit aus der Firma abziehe, so sei er nach dem Wortlaut der neuen Insolvenzordnung verpflichtet , dies Geld zurückzuerstatten, damit es den Gläubigern der Firma zur Verfügung gestellt werden kann.”
Die gleiche SPD, die solch ein Glanzstück an Asozialität verbrochen hat, glaubt jetzt an Kommunikationsprobleme mit dem Bürger (die Grünen leiden an ihrer eigenen Form der Verblödung, die spare ich hier mal aus).
Dabei hat sie hervorragend kommuniziert: Wirst Du arbeitslos, machen wir Dich fertig.
Und die versammelte Medien-Camarilla hat auch dazu beigetragen, den Hass auf alles Schwache in die hohlen Köpfe zu kriegen.
Der Karstadt-Mitarbeiter nun fühlt intuitiv: noch heucheln Springer und Konsorten noch Mitleid, noch werden sie ja als Karstadt-Mitarbeiter wahrgenommen. Sollten sie jedoch arbeitslos werden, werden sie zu Hartz4-Abzockern und unnützen Essern.
Die haben einfach Schiss.
Aber erklären muss ich Dir das eher nicht.
November 8th, 2009 at 18:30
“die haben einfach schiss”
ja – nur jeder weiß, angst ist ein schlechter ratgeber.
und wer sich zum x-ten male von “seiner” gewerkschaft verarschen lässt so wie “der deutsche arbeitnehmer”, dem ist eben nicht zu helfen.
November 8th, 2009 at 20:01
Warum sollte man bei einem Lohnverzicht etwas zurück erwarten?
Es heißt ja Verzicht, nicht Investition oder Darlehen.
November 8th, 2009 at 22:21
Kapitalbesitz wird nicht erarbeitet, sondern ergaunert.
Es ist systemisch, dass es einen Anspruch auf Rendite, aber keinen Anspruch auf Lohn gibt.
November 8th, 2009 at 22:36
Mit Lohnverzicht reagiert nur,
wer das System nicht verstanden hat.
Aber es ist möglicherweise noch Zeit… ;-)
November 8th, 2009 at 23:46
Das Auszahlen von Lohn ist halt für die Unternehmen eine ständige Gefahr und man wird wohl langfristig davon Abstand nehmen müssen, den Leuten für ihre Arbeit Geld zu geben. Das war in guten Zeiten eine schöne Angewohnheit, auch wenn sie den Aktionären eigentlich immer schon gegen den Strich ging, aber in Zeiten wie diesen müssen halt Opfer gebracht werden.
November 9th, 2009 at 10:09
Der sicherste Arbeitsplatz ist zweifellos der, bei dem überhaupt kein Lohn gezahlt werden muss. Die Schäden, welche die Wirtschaft durch Entlohnung von Arbeit erlitten hat, sind rückschauend nicht mehr zu beziffern. Nun kann man nicht verlangen, dass neue Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaft sich sofort in den Herzen und Hirnen der Arbeitnehmer verankern. Die Forderung nach einem bedingungslosen Nichteinkommen bedarf daher bei aller Berechtigung dem Augenmaß der zuständigen Gremien. Auf jeden Fall ist der Aufbau einer bezugsscheinorientierten Konsumgüterindustrie zu forcieren. Man erkennt auch hier deutlich die Versäumnisse der münteferingianischen Ära.
November 9th, 2009 at 10:17
Knifflig, aber ich denke “willi” hat es schön zusammengefasst: Lohn ist ein Anteil an den Produktionskosten – nicht mehr und nicht weniger. Wer also auf Lohn verzichtet, senkt die Produktionskosten und wird somit noch lange kein Gläubiger, da jeder Verzicht definitionsgemäß freiwillig ist (Verzicht als eine Art Gnade); ein Gläubiger hingegen trägt Risiko…. Im eigentlichen Sinne fließen ja gar keine Gelder; es wird nur weniger ausbezahlt. Nicht gezahlte Löhne sind logischerweise keine Investion, da sie kein Risiko enthalten (sach das mal den Leuten, die Angst um Ihre Existenz haben, ich weiß).
Aus diesen Grund können die “Gelder” der Arbeiter auch nicht ins eigentliche Firmenvermögen einfließen, sondern maximal nur auf Rückstellungstiteln, die nicht beleihbar sind, fiktiv verwaltet werden.
Falls wider Erwarten dennoch Geld gesammelt werden sollte, muss es – im Falle einer Insolvenz – zur Befriedigung der Gläubiger / Investoren benutzt werden.
So pervers ist das nun mal. Wer auf’n Nachtisch verzichtet, wird morgen nicht notwendigerweise gespeist werden. Da hängt man von der Gnade der Eltern ab.
November 9th, 2009 at 10:28
Das sehe ich aber völlig anders. Wer Lohn nur als Kostenfaktor betrachtet, hat die Entrechtung der Arbeitnehmer schon verinnerlicht. Diese sind aber Vertragspartner, und so wie “Eigenleistung” sogar von Banken als Investition anerkannt wird, kann der Lohnverzicht selbstverständlich vertraglich als Einlage behandelt werden.
November 9th, 2009 at 11:56
@HAL2009: “Lohn ist ein Anteil an den Produktionskosten.”
1. Lohnverzicht wird auch (siehe Nokia bspw.) gefordert, wenn die anvisierte Marge seitens der Geschäftsleitung als zu klein definiert wird. Das geht völlig nach Gusto.
2. In die Personalkosten teilen sich Arbeiter, Einkauf, Vertrieb, Sekretärin, Vorstand und Pförtner hinein. Die Splittung ist dabei recht willkürlich.
@Feynsinn: “Je höher das Risiko für sie ist, desto höher sind die Zinsen.”
Wäre schön. Manche Unternehmen bekommen auch keinen Kredit, selbst wenn sie wie im Japan der 1990er 20% Zinsen hätten zahlen wollen. Fehlende Sicherheiten werden nur in sehr engen Grenzen durch höhere Zinsen geahndet.
Dem restlichen Artikel stimme ich fast zu. Lohnverzicht sollte keine Beteiligung an einem Unternehmen sein, da man mit einer Insolvenz seine Anteile abschreiben kann. Eher sollte die nicht in Anspruch genommene Lohnsumme als Kredit stehen. Da ist man im E-Fall wenigstens noch Gläubiger. Bündelt man das als Arbeitnehmer-Hedgefond, steht man auf Grund der Summe sogar recht weit vorne am Tisch des Insolvenzverwalters. Hm?
November 9th, 2009 at 13:25
@MNB: D’accord. Die Variante der Beteiligung wäre dann zu überdenken, wenn die Chancen aud bessere Zeiten gut stehen. Dann springt ggf. meher dabei herum als als ein paar Prozent Zinsen, wenn es wieder läuft – und selbst als Gläubiger sieht man ja nicht alles wieder, was man investiert hat. Als Miteigentümer sind auch die Chancen besser, an Entscheidungen beteiligt uz werden.
Generell ist aber wichtig, daß der Arbeitnehmer-Beitrag zur Sanierung nicht einfach verschwindet.
November 9th, 2009 at 16:08
@flatter #11
Kleine Korrekur: “Das sehe ich aber völlig anders..” muss wohl heißen: “Das wünsche ich aber völlig anders”. Diesem Wunsch kann ich mich anschließen; die marktwirtschaftliche Realität sieht anders aus:
Wo auf der Welt erhält denn der Lohnarbeiter Rechte am Eigentum seiner Firma indem er Lohn erhält?; oder noch besser in dem er auf Lohn vezichtet? Btw: Das trifft auch auf den angestellten Geschäftsführer zu.
Die einzige Möglichkeit bestünde darin, die Aktionäre mit ins Boot zu holen, d.h. wenn die Arbeiter einen Teil ihres Lohnes spenden, so müssten die Aktionäre auch etwas abdrücken – so eine Art negativer Devidende. Der Spuk mit dem Lohnverzicht wäre es schnell vorbei (- und es würde wieder viel mehr entlassen werden)
November 9th, 2009 at 16:32
Das ist doch die Verhandlungsmasse: Wir verzichten nicht auf Lohn, sondern wir stellen unsere Ansprüche zurück. Wir Arbeitnehmer geben der Firma Kredit, den sie sonst nicht bekommt – ob als solcher ausgewiesen oder Erwerb von Anteilen, das ist ja diskutabel. Aber es ist einfach dumm, auf berechtigte Ansprüche zu verzichten, während die Zecken das Blut noch aus dem toten Gaul saugen. Deutsche Gewerkschaften und Betriebsräte sind offenbar biedere Weicheier.
November 9th, 2009 at 17:28
Deutsche Gewerkschaften. Was ist das? Die mit dem Fördervertrag zur Bewahrung der deutschen Trillerpfeifenkultur?
November 9th, 2009 at 20:09
auf der prinzipiellen Ebene lässt sich die Frage, warum Arbeiter/angestellte für Lohnverzicht kein Vermögen bekommen, vielleicht so beantworten, dass der Lohn per se der Ausschluss vom Reichtum, den die Arbeiter/Angestellten schaffen, ist. Der Kapitalist – pardon Arbeitgeber – zahlt einen Lohn und erwirbt dafür doch die Arbeitskraft. Und das was Resultat von deren Anwendung ist, ist Eigentum des Kapitalisten. Da lustigerweise gerade im Kapitalismus der Reichtum einzig Produkt (abstrakter) Arbeit (ja, alles nur Marx nachgeplappert)ist, würde isch ja glatt sonst die Frage stellen, warum nicht alles den Produzenten gehört.
Aber auch ordnungspolitisch geht das schwer in Ordnung. Es werden Investoren gesucht für Karstadt und die Beschäftigten kommen dafür als Allerletzte in Frage. Der ganze Laden stünde ganz berechtigterweise im Verdacht nicht konkurrenzfähig zu sein. Dafür würde keine Bank Kredit hergeben. Und zwar einfach deshalb, weil die Angestellten als Vermögensbesitzer, ja versuchen würden, möglichst viel Lohn durchzusetzen oder aber zumindest keine Arbeitsplätze zu “vernichten”. Das aber ist Gift für jedes Unternehmen. Gerade das Umgekehrte – möglichst wenig Lohn, möglichst viel Arbeit(shetze) und möglichst viele Stellenstreichungen _ sind das Mittel sich in der Konkurrenz durchzusetzen und zu erhalten. Am Genannten sind übrigens die ganzen Genossenschaftsunternehmen gescheitert. Wer A (=Kapitalismus) sagt, sollte dann schon auch B(= unterstellt den Ausschluss der Proleten vom Reichtum) sagen.Und es ist eine grosse Leistung der Gewerkschaften und ihrer Mitglieder, dass sie sich so konsequent für A entscheiden, dass sie sogar b von sich aus anbieten (hallo, das ist Sarkasmus).
November 9th, 2009 at 20:34
#15
Ja, das wäre ein Versuch wert (Lohn-Kredit); nur leider sind die Gewerkschaften sind schwach; die Betriebsräte noch schwächer und der politsche Arm der Lohnabhängigen, die sPD, höhö, ja wo is’er denn?