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Georg Schramm ist zuzustimmen, wenn er meint, dass nicht Angela Merkel die “mächtigste Frau” im Lande ist, schon gar nicht in Europa. In Deutschland sind Liz Mohn und Friede Springer diejenigen, die Entscheidungen treffen. In ihrem Auftrag gegebenenfalls noch ihre Mitarbeiter und Hofschreiber. Die Affären um zu Guttenberg und Wulff, in denen Nikolaus Blome jeweils eine relevante Rolle gespielt hat, haben das für einen kurzen Moment ans Licht geholt; es war beinahe ein öffentliches Thema.

Der “Spiegel” will seit Jahren, vielleicht seit der sog. “Wiedervereinigung”, Politik nicht mehr kritisieren, auch nicht kritisch begleiten. Seine Herren seit Aust suhlen sich in dem Gefühl, Politik machen zu dürfen. Dass sie sich dabei schlicht zu Nützlichen Idioten der Herrschaft machen und immer bloß auf den größten Haufen brunzen, ficht sie nicht an. Spätestens seit dem offenen Eintreten für Merkel im Wahlkampf 2005 ist das jedem klar, der es wissen will.

Mitmischen statt nur berichten

Jetzt wollen sie erste Liga werden, und dafür haben sie konsequenterweise einen geholt, der bereits Erfahrung hat und regulär berüchtigt ist als Steigbügelhalter und Teilzeithenker für politisches Personal, das dem Kapital am Herzen liegt. Ob einer gegen jeden Anstand im Sattel gehalten werden soll oder eiskalt abserviert, diese Meisterprüfung der publizistischen Nützlichkeit hat Blome mit Bravour hinter sich gebracht. Das ist der Journalismus in der postparlamentarischen Plutokratie.

Die Qualitäten dessen, was künftig dort zu erwarten ist, sind in der Simulation einer Diskussion zwischen Blome und Augstein über zu Guttenberg klar erkennbar. Der talentarme Sozialdemokrat halbrechts läuft dem wendigen Rechten in jede Parade, zu der dieser sich animieren lässt. Was Blome da auffährt, um den Liebling der Atlantiker reinzuwaschen, ist in der Substanz lächerlich, Augstein hat dem aber nichts entgegenzusetzen als eine abstrakte Moral. Er ist entweder völlig unvorbereitet oder hat keine Ahnung, wie man hohle Phrasen entlarvt. Blome wischt den Boden mit ihm und schafft es sogar den Eindruck zu erwecken, “Bild” sei kritisch gegenüber ihrem Schützling gewesen. Welch eine Niederlage!

Endzeit

Guttenberg sollte mit aller Gewalt gehalten werden, stürzte dann aber doch. Wer die Entscheidung dazu getroffen hat, bleibt unklar, aber er hat sich auch so selten dämlich angestellt in der Affäre, dass irgendwann auf der Brücke entschieden wurde, ihn auszumustern. Hätten Springer und Blome ihm so mitgespielt wie Wulff, er wäre binnen Tagen abgeschossen worden. Blome vertrat aber bis zuletzt die Ansicht, der adelige Boulevardstar, Multimillionär und “Young Leader” hätte noch “Kredit”. Das stimmte in dem Sinne, dass der Pomp, mit dem die Medien ihn aufgebaut hatten, bei der manipulierten Öffentlichkeit noch wirkte. Es war dennoch nicht genug. Vielleicht werden wir irgendwann erfahren, worüber der Baron am Ende wirklich fiel.

Geschichten wie diese sind natürlich die große Ausnahme. Dass einer, der Kanzler werden sollte, so offensichtlich gepusht wurde, so dass dies selbst einen flüchtigen Blick hinter die Kulissen erlaubte, war ein Fehler. Inzwischen dürften seine Macher das erkannt und daraus gelernt haben. Die Stille Förderung in den esoterischen Zirkeln unter Mitarbeit der Medienmanager ist das bessere Modell. Karrieren wie Göring-Eckardt, Özdemir und von Klaeden sind gute Beispiele dafür. Aber wer weiß, vielleicht ist Blomes Beförderung zum “Spiegel” auch ein Zeichen dafür, dass man nicht nur in die Breite investiert, sondern mit der geballten Macht einer Medienlandschaft ohne Differenzen wirklich das politische Personal nach Gusto bestimmen will. Endzeit auch beim sogenannten “Journalismus”.