Konservenfraß, leicht gepimpt
Posted by flatter under Best of , HintergrundKommentare deaktiviert
06. Nov 2009 23:40
Mal wieder keine Idee. Im Fernsehen spielt Jan Josef Liefers wie immer Jan Josef Liefers. In einer Talkshow, die ich einmal gut fand. Inzwischen quakt dort eine gewisse Charlotte Roche ihr fürchterliches Quaken, grinst ihr gräßliches Grinsen und labert ihr fürchterliches Labern. Was Anne Will und nicht kann, was “ill Maibrit”, wie der Brite sagt, verbrät, ist nichts gegen diese talentfreie Inkarnation des Untergangs von Literatur und Kultur im hiesigen Lalaland. Da guck ich lieber meinen Zehennägeln beim Wachsen zu. Und weil die Welt das nicht besser verdient hat, poste ich heute auch sinnfrei, ein Geschwätz von vorgestern, das ich in meiner Rumpelkammer fand:
Der Kreter, der angeblich gesagt haben soll: „Alle Kreter lügen“, hat der Welt nicht etwa ein Paradoxon hinterlassen, sondern eine Lüge. Abgesehen davon, daß, hätte er wirklich diesen Spruch getan, das Problem mit einer simplen Fallunterscheidung gelöst wäre (er hätte dann eben gelogen), hat der Kreter dies so nie behauptet.
Er meinte vielmehr, und damit hatte er zweifellos Recht: „Alle Schweizer lügen“. Das gilt nicht nur für gewisse Banker, sondern sogar für Paola und Kurt Felix oder DJ Bobo, obwohl diese mangels Verstand kaum etwas hervorzuwürgen wissen, dem man einen Wahrheitswert zuordnen könnte. Gelingt es ihnen aber einmal, lügen sie. Immer.
So ist natürlich auch die Geschichte vom Wilhelm Tell erlogen. Der einfältige Friedrich Schiller, von Fischliebhabern seiner Locken wegen auch zärtlich „von“ Schiller genannt, ist den perfiden Alpensäcken natürlich auf den Leim gegangen und hat den ganzen Mist aufgeschrieben. Wie hieß der Sohn des Tell? Niemand weiß es, es ist auch völlig unwichtig, weil schon der Name „Tell“ aus alter Tradition erlogen sein dürfte. „Tell“ heißt schließlich im Englischen auch „Erzählen“, was ja schon so viel sagt wie „Wer’s glaubt, wird selig“. Neuere geomorphologische Studien haben ergeben, daß wahrscheinlich sogar der Teil der Alpen, in dem die Lochkäsefresser wohnen, eine Fake ist. Und dann diese angeblichen “Städte” Bern, Luzern, Zürich? Was soll das sein? Erstunken und erlogen, billig wie Bergisch-Bielefeld.
Doch zurück zum Tell: Der Vater, also Wilhelm, war tatsächlich einer, der es nicht ertragen konnte, daß ein gewisser Geßler Landvogt war, weil er einen Hut auf einen Stock hängen konnte. Ein Kunststück, das der Rest der gestutzten Bande eben nicht beherrschte. Also wollte der Tell auch ein tolles Kunststück zeigen, nämlich seinem Sohn einen Apfel von der Birne schießen. Unglücklicherweise traf er denselben zufällig genau in der Mitte, als sein Filius, nicht sonderlich klug, weil eben Schweizer, gerade hineinbiß. Der Pfeil sauste darob durch Apfel und Birne, trat hinterkopfs wieder aus und hinterließ einen qiuetschvergnügten Tell Junior.
Das Schauspiel wurde damals beobachtet von einem Badenser Braumeister, der schon aus Vorsicht und Erfahrung nicht glaubte, was er sah. Immerhin inspirierte ihn das dazu, ein Getränk durch Destillation herzustellen, das ähnliche Schmerzfreiheit hinterläßt (jedenfalls vorläufig) wie der Pfeil des Tell sen. beim Tell jun.. Daher heißt das Zeug auch „Apfel- und Birnenschnaps“. Es hat nie einen Apfel oder eine Birne gesehen. Es dient einzig dazu, sich selbst oder mißliebige Gäste wegzubeamen. Schaltet den Schmerz, den Spalt, den Gast ab. Alles andere auch. Sofort.
Ich muß an dieser Stelle spontan eingeschlafen sein oder sonstwie autoimmun reagiert haben. Einiges deutet darauf hin, daß ich rund um das hermetisch abgeriegelte Areal meines Denkschwamms, dem dieser Nonsens entsprang, die Schädelfliesen mit Ätznatron zu schrubben begonnen habe. Bis heute blitzblank, die Ecke. Ich kann mich nicht erinnern, wann warum und in welcher Absicht ich zu dieser rüden Grätsche gegen mögliche Leser angesetzt habe. Was soll’s, irgendwer sollte wegen irgendwas bluten. Jetzt trifft es halt Blogleser. So ist das nun mal in der Gratisküche, liebe Agenturkunden: Hier wird gelesen, was auf die Tafel kommt. Wenn ihr euch auch partout den Qualitätsjounalismus aus der Oberstadt nicht leisten wollt.
November 7th, 2009 at 00:10
mein onkel franz hatte mich gewarnt, als er sagte: “spiel nicht mit den schmuddelbloggern”.
November 7th, 2009 at 00:11
bern gibt es tatsächlich. ich habe es gesehen.
November 7th, 2009 at 00:25
Das sagst du nur so. Du bist ein Agent der Agentur!
November 7th, 2009 at 01:10
@Hans Baum: Bern wird für dich jedesmal aufgebaut, wenn sie wissen, daß du dahinkommen wirst. Sobald du wieder weg bist, wirds wieder abgebaut und in die Lagerhalle getan.
Glaubs mir, ich weiß es. Bei mir machen die das so mit Zürich.
November 7th, 2009 at 08:33
Gegessen wird, was auf die Tafel kommt – das dachte sich auch schon der Wolf, der nichtmal bis sieben zählen konnte. Traurige Welt.
November 7th, 2009 at 08:46
“Sinnfrei zu posten…”: man braucht es von Zeit zu Zeit, wenn man einer sinngestörten Welt Sinnhaftes zu vermitteln sucht. Und wenn man nicht hin und wieder (bitter) lachen könnte, würde man weinen müssen. Damit letzteres kein Dauerzustand wird, hoffe ich, dass “flatter” seine lesens- und nachdenkenswerte Beiträge zum Zeitgeschehen sinnhaft fortsetzen möge!
November 7th, 2009 at 09:39
Na da geht doch wieder der Ferengi in mir durch.
“Pimp my blog” ?
Interessante Geschäftsidee. Niveauvolle Sinnlosigkeiten mit Charme und Witz. Immer noch besser wie Fernsehen. Übrigens, – wer sagt eigentlich das blogs immer einen Sinn haben müssen?
(War ein ziemlich sinnloser Kommentar, – oder ?)
November 7th, 2009 at 10:24
Solange nicht wieder jemand daherkommt um zu behaupten, er wäre schonmal in “Bielefeld” gewesen…
US-Wissenschaftler haben festgestellt, das 95% der Texte, die mit “US-Wissenschaftler haben festgestellt…” beginnen, völlig frei von Fakten sind.
November 7th, 2009 at 11:09
vor jahren haben die bern aber lange stehen lassen müssen. ich war dort ein ganzes semester.
November 7th, 2009 at 12:48
Das war sicher die Zeit, als sie einen Film über Wankdorf gedreht haben. Alles Kulisse.
Ich habe einmal einen Anhalter in Bielefeld abgesetzt. Kaum war er ausgestiegen, konnte ich ihn nicht mehr sehen. Beweis genug!
November 7th, 2009 at 14:00
@Hans Baum: Da kannst du mal sehen, wie flexibel die sind.
November 8th, 2009 at 02:26
Die Talentfreiheit der Inkarnationen ist im Zusammenhang mit TV et al. eine intrinsische Zustandsgröße. Man sollte sie daher Observable nennen.
Da es gerade sehr spät ist und niemand schaut, dachte ich, das könne man ruhig mal so hinschreiben. Richtig ist es zwar, aber interessieren tut es wohl wenig.
Denn und btw.: Wer eigentlich schaut heutzutage (immer) noch fern? wollte ich eigentlich fast gefragt haben. Das geht doch überhaupt gar nicht.
So man nur das eine Leben hat – es in die Glotze starrend stundenweise zu vernichten (auf der Suche wonach?), ist ein tragisch unkomisches Phänomen.
November 8th, 2009 at 02:40
@horatio:
wie ich schon bei anderen gelegenheiten sagte, kann das deppenmedium nicht nur gut meinen 15-minuten-schlaf einleiten und mein hirn entleeren, es ist auch wichtig, nicht den anschluß an das leben der anderen zu verlieren.
November 9th, 2009 at 19:49
@flatter:
Das ist ein klares Prinzip.
Ob aber Gewinn darin liegt, “nicht den anschluß an das leben der anderen zu verlieren “, ist keine leichte Frage: TV (das Leben der anderen) ist der zusammengekehrte Dreck von Bild, Kerner, Spiegel, Fußball, Promis, Schweinegrippe, Intimrasuren, Merkels Möpse ..; die deutsche mehrheitliche Gegenwartskultur.
Es ist das jesusmäßige Opfer in effigie: sich mit dieser Kacke überhaupt zu beschäftigen. Eine grauenhafte Quälerei. Vielleicht notwendig. Bestimmt notwendig.
November 10th, 2009 at 17:48
@antiferengi: Die Schlussfrage war aber eine sehr rethorische eine — Oder??
Im rosarot gepolsterten, dick verstaubten Hinterzimmerchen meiner schwarzen Seele liegt Haufenweise solche Literatur auf der Lauer.
Danke, Flatter, daß Du mir von Zeit zu Zeit das Betreten dieses Ortes ersparst!