Ich habe heute seit einer kleinen Ewigkeit mal wieder die Tagesschau geguckt. Es war nicht ganz so schlimm wie beim letzten Mal, immerhin scheinen sich da ein paar Leute große Sorgen zu machen über den kommenden Überwachungsstaat bzw. die weltweite Überwachungsgesellschaft. Das Thema nahm erstaunlich viel Raum ein und es wurde auf “weitere Informationen” hingewiesen auf tagesschau.de. Die müsste ich mir jetzt zu Gemüte führen, um das letztendlich zu beurteilen, leider fehlt mir die Zeit dazu und die Muße sowieso.
Es wurde wie schon traditionell eigentlich kein Zusammenhang geboten, zwar – beinahe löblich – eine Zusammenfassung der Abfolge von Snowdens Enthüllungen, aber keinerlei nachvollziehbare Erklärung, was das alles bedeutet. Wie gehabt: Nach dem Wetter alles vergessen. Nun kann man einwenden, das sei eine Nachrichtensendung, die eben Nachrichten verbreitet, aber das haben sie ja auch nicht wirklich gemacht. Nun, wenn das denn relevant ist, dann wäre vielleicht der eine oder andere Hinweis auf die Auswirkungen in der Praxis und vor allem die Rechtsstaatlichkeit angebracht gewesen. Man weiß nachher nicht mehr als vorher, weder inhaltlich noch die Hintergründe betreffend.
Was weiß ich …
Es gab durchaus Informationshäppchen, die man verwerten könnte, hätte man sonst noch nichts Neues gehört, zum Beispiel dass Mailservices wie GMX, Web.de und “Telekom” “Mails sicherer machen” wollen. Das aber ist eine reine Beruhigungspille. Wie sie das machen wollen und inwiefern was da sicherer wird – dazu gar nichts. Fazit: Es gibt da so ein Problem, und das wird gerade gelöst. Wo ist der Unterschied zwischen solchem ‘Journalismus’ und einem staatlichen Dienst zur Gegenaufklärung? Sie behaupten stets von sich, sie ordneten Nachrichten ein, bewerteten sie und klärten auf. Sie haben keine Probleme damit, den albernsten Alarmismus zu pflegen, wenn es um angebliche Terrorgefahr geht. Wenn aber dem Konstrukt des Rechtsstaats der Boden unter den Füßen weggezogen wird, dann sorgen sie dafür, dass einem die Füße dabei einschlafen.
Das interessiert mich inzwischen derart nicht mehr, dass ich doch noch überrascht wurde. In irgend einem Zusammenhang, den ich brav vergessen habe, kam der Ministerpräsident von Niedersachsen zu Wort. Doch, ich erinnere mich, es ging um die Verlegung eines Stromkabels zu einem Offshore-Windpark. Der Mann ist von der SPD, ich kenne ihn nicht. Muss gleich noch mal nachsehen, wie er heißt. Man will ja nicht als uninformiert gelten.
August 9th, 2013 at 23:25
Habe heute (weiß nicht mehr wo) den schönen Satz gelesen: ‘Wer nichts zu verbergen hat, der hat auch nichts zu sagen.’
Der Staat billigt dem Bürger keine Geheimnisse mehr zu, und dies aus Gründen, die der Geheimhaltung bedürfen.
Demokratie geht anders.
August 9th, 2013 at 23:31
Ja,ja MP von Niedersachsen….. komischer Name glaube ich…..
Anfang der 70er war ich in nem Seminar… es war Sommer…
abends ca. 21 h kam ein Dozent in unsere Runde und einer fragte na habense die Nachrichten gesehen.. ?
Die Antwort werde ich nie vergessen… : “nein ich sehe keine Nachrichten, weil ich da nichts dran ändern kann”
Es bezog sich auf die Tagesschau… ist allerdings über 40 Jahre her……
Ich denke es hat sich in der Hinsicht wenig geändert…..
August 10th, 2013 at 08:41
Es gibt doch eine Alternative:
“Tagesschaum” mit Küppersbusch.
August 10th, 2013 at 08:54
Auch ich, immerhin Einlieger dieses Bundeslandes, wüsste den Namen jetzt nicht ohne nachzusehen. Ich hätte auch Schwierigkeiten, mehr als die gerade unmittelbar skandalträchtigen Minister des Bundes aufzusagen, vom Land wieder ganz zu schweigen. Vor einigen Jahren hätte ich das nicht nur gekonnt, ich hätte auch diejenigen, die es nicht gekonnt hätten, misstrauisch bis verächtlich beäugt. Die ‘Nachrichten’ zu verfolgen wäre ebenfalls eine Art Pflicht gewesen. Nicht dass ich das etwa geglaubt hätte, was da erzählt wurde, aber ich hätte es dennoch wichtig gefunden, ‘informiert’ und ‘auf dem Laufenden’ zu sein – am Laufen gehalten zu werden…
August 10th, 2013 at 08:56
Ja, auch seine Kolumnen auf Radio Eins und der TAZ sind zu empfehlen. Tagesschaum gibt es im Übrigen auch als Youtube Channel, so dass man die verpassten Folgen auch nachholen kann. Unter Anderem sind die Erklärungen (z. B. wer ist die Syrische Opposition etc.) bemerkenswert. Da kann man dazulernen, auch sprachlich.
Allerdings: Warum sollten bei uns die offiziellen Nachrichten “besser” dargereicht werden, wenn es schon unsere inoffiziellen Nachrichtendienste verkacken?
August 10th, 2013 at 08:57
Tagesschau: “Und nun zum Wetter. Angesichts der anhaltenden Schönwetterlage ist die Seeheimer Jusogruppe nach Rückkehr aus dem Ferienlager Hoyerswerda auch richtig braun geworden.”
August 10th, 2013 at 09:23
Nachrichtenreinhaltung…
August 10th, 2013 at 09:29
@Hartmut B (2)
Geile Geschichte. Mir kam spontan in den Sinn, man könnte auch fragen: “Nimmst Du die Realität war?” “Nö, da kann ich doch nix dran ändern!”
August 10th, 2013 at 10:33
Apropos “Terrorwarnung”, ist da jetzt irgendwo schon geterrort worden, oder muß das geheimgehalten werden ? Oder ist überhaupt irgendwas dbzgl. passiert ? So viele “Nachrichten”, und man weiß immer weniger….
MfG
August 10th, 2013 at 10:38
Beachtlich – ein Landesvorsitzender der ‘Linken’ entdeckt die ‘innere Schranke’. Vielleicht sollte man sich diesen Namen merken – und schauen, was aus seinem Träger wird…
August 10th, 2013 at 12:22
für mich der satz der woche, des monates, des jahres:
Wenn aber dem Konstrukt des Rechtsstaats der Boden unter den Füßen weggezogen wird, dann sorgen sie dafür, dass einem die Füße dabei einschlafen.
August 10th, 2013 at 12:47
Hallo, ich fühle mich hier (und von einigen anderen unabhängigen Qualitätsjournalisten) immer sehr gut informiert. Beispiel:
@4 Dieser Text von telepolis ist ja wirklich sehr interessant, das ist Allgemeinbildung! Das ist Internetz, was ich ausdrucken will!
Ähem, unter uns *lol* , ein guter Freund von mir arbeitet für die Tagesschau (deren einzige Daseinsberechtigung m.A.n der alte Anfangsgong war), und er berichtet hauptsächlich über eine gewisse Borniertheit der Redakteure sowie öffentlich-rechtlich-verkrustete Strukturen generell. Ansonsten sind da wohl auch einige mit kritisch-menschenfreundlicher Grundhaltung dabei, aber die kommen halt nicht so zum tragen.
Was haben eigentlich die Parteien in den entscheidenden Rundfunkgremien verloren? Ist das überhaupt in Einklang zu bringen mit (dem Anspruch) der Unabhängigkeit?
Solche Organisationen werden irgendwann immer zum Selbstzweck, schätz ich.
August 10th, 2013 at 13:10
“Was haben eigentlich die Parteien in den entscheidenden Rundfunkgremien verloren?”
Das gleiche, was auch die Think Tanks in ihr verloren haben: Sie ins Interessengefüge der Oberschicht einzuspinnen.
August 10th, 2013 at 13:31
@13 lustiges Bildchen, erinnert an ein Spinnennetz.
Die Parteien wirken halt bei der Meinungsbildung(Edit: Willensbildung/Sozialkunde über mein Haupt) des deutschen Volkes mit. Haha, und nicht zu knapp…
August 10th, 2013 at 14:49
@Peinhart Du schreibst unter obigem Kommentar 4 über eine Problematik, über die ich mir in den letzten Monaten sehr viele Gedanken gemacht habe. Kannst du dich konkret erinnern, was für dich der Auslöser war, geschilderte Sachverhalte ernsthaft und unmittelbar zu hinterfragen und selbständig nach Antworten und Erklärungen zu suchen, warum wieso und weshalb die öffentliche Darstellung so und nicht anders erfolgt? Was wirklich dahinter steckt?
Ich kann das für mich leider nicht mehr festmachen. Ich weiß aber, dass ich mich zuvor nicht für den dummen und desinformierten Menschen gehalten habe, der ich war. Und zwar weil diese in deinem Link beschriebenen Mechanismen genau so funktionieren, wie es dort steht. Ich habe mich befasst und ich habe mich informiert. Genau an dieser Hürde scheitere ich heute, wenn ich mit Menschen aus meinem Umfeld diskutiere, die in einer Form von politischer Teilhabe stecken, die eben auf diesen gelenkten Wissens(oder eben Nichtwissens)strukturen beruht.
Wenn ich erzähle, dass ich die mir früher heilige Tagesschau nicht mehr gucke und auch die allermeisten Ergüsse der bedeutenden Medien nicht mehr so lesen kann und will, wie ich das früher getan habe, stößt das meistens auf nicht so viel Verständnis.
Und eines muss man der ganzen Propaganda wirklich lassen. Argumentativ ist das alles so runtergekocht. Da ist immer 1 und 1 gleich 2. Wer einmal anfängt, sich eine Problematik genauer zu betrachten kommt hingegen vom Hölzchen auf’s Stöckchen. Wer anfängt an dieser Stelle zu dozieren, weil er meint aufklären zu können, muss bedrohlich weit ausholen, hat zumeist keine eingängige Patentlösung in der Hand und wirkt somit entrückt, abgehoben und umfassend dämonisierend (um mal nicht die Verschwörungstheorien und Aluhüte zu bemühen).
Es sind nicht die Lebensumstände, die wirklich dazu führen, sich anders auseinanderzusetzen. Dafür kenne ich zuviele Beispiel, wo Menschen beharrlich an einmal gepflanzten Ideen festhalten, ohne dass ihr eigener Status und ihre Aussichten das hergeben.
Die große Frage also, was ist es, das Menschen dazu bringt umzudenken? Was ist diese Initialzündung?
edit: Peinhart, die letzten Fragen waren jetzt nicht konkret an dich gerichtet, falls das so angekommen sein sollte. Die beschäftigen mich derzeit einfach nur verstärkt.
August 10th, 2013 at 15:20
@Uena – wirklich geglaubt habe ich den Zinnober von ‘Demokratie und Marktwirtschaft’ eigentlich nie. Dazu bin ich zu früh mit der ‘Realität’, in meinem Fall mit der Atombewegung der späten 70er, in Kontakt gekommen. Was ich da an Maßnahmen vor allem des Staates, aber immer im Namen bzw zum Zwecke ‘der Wirtschaft’ konkret erleben durfte, passte nicht unter das Hütchen, das uns die Schule unter dem Etikett ‘Gemeinschaftskunde’ aufsetzen wollte. Aber ich hatte im Laufe der Zeit so etwas wie einen ‘Frieden auf Zeit’ mit dem ganzen Wahnsystem geschlossen, vor allem auch, weil wirkliche Alternativen so wenig zur Verfügung standen wie irgendein tatsächlicher Wille gesellschaftlich erkennbar war, so etwas auch nur zu suchen.
Dieser Frieden auf Zeit bewirkte aber auch eine gewisse Gewöhnung, einen Glauben immerhin daran, dass das Ganze wenigstens einer Art innerer Zweckrationalität genügte, dass politische Auseinandersetzungen zu einem Großteil auch tatsächlich meinten, was sie vorgaben. Rot-Grün 1998ff kam die ehrenvolle Aufgabe zu, mich diesbezüglich eines Besseren zu belehren. Ich begann erneut zu lernen, was ich eigentlich schon gelernt haben sollte…
Ich glaube, dem auch vom Hausherrn in letzter Zeit immer wieder angesprochenen ‘Narrativ’ kommt tatsächlich eine Schlüsselrolle zu, und zwar, wie du ja auch bemerkt hast, weitgehend unabhängig von den persönlichen Lebensumständen. Ich hatte mich schleichend an eines gewöhnt, das nach 1998, nach Jugoslawien und insbesondere nach HatzIV einfach (erneut) nicht mehr zu halten war. Und habe gewissermaßen wieder dort anzusetzen begonnen, wo ich ‘damals’ aus Resignation aufgegeben hatte.
August 10th, 2013 at 16:12
@Uena, daß “die Lebensumstände allein dazu führen, sich anders auseinanderzusetzen” – davon gehe ich auch nicht aus.
Dann wären ‘wir’ ja wieder bei einem historischen Determinismus, den es, so finde ich, eben nicht gibt.
Ich meine nicht die Lebensumstände ‘an sich’; die Hoffnung, die jemand aus diesen zieht, daß und ob es so (für ihn und vielleicht noch die seinen, letztere aber immer weniger inbegriffen) weitergehen kann, ist mE das entscheidende, ob es eine Veränderung gibt.
August 10th, 2013 at 17:03
@Vogel (8)
ach,weisst Du, wer Nachrichten mit Realität gleichsetzt, der tut mir nur noch leid…..
mindestens 95% Lüge……. in den Nachrichten…..
August 10th, 2013 at 17:15
@Peinhart Gut, wer die Anti-Atombewegung offenen Auges wahrgenommen hat, ist ganz sicher schon deutlich weniger vertrauensselig. Ich war auch immer skeptisch, habe ich zumindest gedacht. Zurückblickend habe ich allerdings nichts anderes gemacht, als Argumente zu übernehmen, die mir seitens mir vertrauenswürdig erscheinender Medien/Personen vorgekaut wurden. Aber im Grunde ist es so, wie du es beschreibst, man hat trotz allem an eine gewisse Sinnhaftigkeit geglaubt.
Da sehe ich für mich auch die Krux. Sich im Detail uneins zu sein, lässt viel Raum für Schaugefechte. Die meisten sind damit zufrieden und auch daran gewöhnt. Die Basis stimmt, nur Kleinigkeiten müssten anders laufen. Wie ich schon oben geschrieben habe, steht dem gegenüber die verlockende Aussicht, sich von allem zu verabschieden, was man bisher als sinnvolles Walten betrachtet hat, sich dem erschütternden Zustand hinzugeben, dass all diese Details zusammen einen gigantischen Teppich aus Schwachsinn ergeben.
@Wat Hm. Ja. Und ein Glaube, etwas ändern zu können, wäre auch Voraussetzung, sich gedanklich einlassen zu können/wollen? Alternativen zu unserem System und unserer Lebensweise tauchen für viele Menschen höchstens als SciFi im Fernsehen auf. Und damit meine ich keine Dokumentationen, sondern Star Trek. Dass man auch anders leben könnte, ist für die meisten Leute daher völlig aus der Welt. So wie wir jetzt leben, erscheint es es schlüssig und quasi zwangsläufig durch historische und technische Entwicklung. Und die Vorstellung es könne eventuell nicht immer nur in (gedacht) gerader Linie weiter gehen, dämmert bisher eher randseits. Aber trotzdem hast du recht, den Glauben an die Zukunft der eigenen Lebensgeschichte zu verlieren, ist ganz sicher eine Kraft, die dazu führt, sich zu wenden und zu drehen.
Aber Glauben kann ja bekanntlich sehr hartnäckig sein. ;o) Dazu fällt mir übrigens ein, dass unfassbar viele Leute glauben, wir könnten alle diese Probleme technisch lösen. Entsprechende technische Entwicklungen, die unsere drängendsten, existenziellen Fragen beantworten. Da wird dann komischerweise auf ‘SciFi’ gesetzt, ganz im Sinne der passiven Konsumhaltung, die wir verinnerlicht haben.
Mir ist vollkommen klar, dass ich euch jetzt nichts neues erzähle, auch wenn das so klingt als würde ich das wollen. Ich muss mir das aber gerade mal selber wieder zusammenstricken. Ich hatte so einige komische Gespräche in letzter Zeit, die mich etwas arg irritiert haben.
August 10th, 2013 at 17:34
@Uena(19)
“Und ein Glaube, etwas ändern zu können, wäre auch Voraussetzung, sich gedanklich einlassen zu können/wollen?”
Ist es ein Glaube etwas ändern zu können, gleich zu Anfang? Denke nicht.
Anfangs steht mE: Es muß sich was ändern und es wird nach Wegen gesucht: Wie.
August 10th, 2013 at 18:08
Wat, glaubst du nicht, dass die verbreitete Vorstellung von politischer Teilhabe/Einflussnahme oftmals so reduziert ist, dass es fast unmöglich scheint, etwas in Bewegung zu setzen.
Es gab und gibt Bewegungen, außerparlamentarische. Aber die haben es extrem schwer und sind doch in unserem gesellschaftlichen Bewusstsein allerhöchstens als Randerscheinungen vorhanden.
Deshalb habe ich das oben so formuliert. Natürlich bedingt das Erkennen von Missständen nicht den Glauben an die Fähigkeit, etwas ändern zu können. Aber die Frage schließt sich meines Erachtens unmittelbar an. Du nennst es das ‘wie’. Ich würde sagen, viele bleiben im ‘ob’ stecken, zumindest erstmal gedanklich. Sich als passiver Politikempfänger vieler Jahrzehnte als aktiven und gestaltenden Part sehen zu können, ist nicht so einfach.
Aber vielleicht bin ich auch einfach derzeit eine Unke. Dein Ansatz mit dem ‘wie’ trägt jedenfalls eine positivere Note, die mir eindeutig besser gefällt als meine Schwarzmalerei.
August 10th, 2013 at 18:16
@Uena: Was du schreibst macht mich nachdenklich. Ich versuche mich zu erinnern wie ich Nachrichten empfunden habe, früher als ich sie noch mit der Aura von Kompetenz und Neutralität umgeben sah:
1) Wissen: mit Zunahme an eigenem Wissen, damals durch Bücher (heute durch Internet) verflüchtigte sich mein Vertrauen in die Medien… Es war schnell klar, dass sie nie ein vollständiges Bild zeichneten… oder dass bestimmte Bereiche einfach ausgeklammert waren, die mir jedoch wichtig erschienen (Ausbeutung der ‘Dritten Welt’, Ökologie)
2) Ästhetik: Man sollte sich stets vor Augen führen, dass Menschen (und ich nehme mich da gar nicht aus) ihre Entscheidungen eher von ästhetischen Gesichtspunkten abhängig machen. Es ist ein ‘Stallgeruch’, den sie suchen und wenn sie ihn finden, dann verteidigen sie ihn… Die Suche nach Argumenten folgt dann rückwirkend… Es gab ja schon Leute, die noch während der Schulzeit ‘Forbes’ lasen und sich für die Immobilienpreise der Vorortvillen interessierten… genau diejenigen konnten auch später Veranstaltungen von Jungliberalen schmerzfrei ertragen… Und dasselbe mit den Gestalten in den Nachrichten: was dem einen Inbegriff von Kompetenz, rhetorischer Brillianz und Weltgewandtheit ist, das ist dem anderen schon beim Zuschauen peinlich und lächerlich…
August 10th, 2013 at 18:38
@Tristan Aura von Kompetenz und Neutralität, ja, das bringt es schön auf den Punkt. Das hat bei mir jedenfalls dazu geführt, rekordverdächtig lange in der Blase der Ahnungslosigkeit zu bleiben. Rückblickend kann ich mir so manche Denkleistung (bzw. das Fehlen solcher) wirklich nicht mehr so recht erklären. Ich bin zum Beispiel lange Zeit nicht mal auf die Idee gekommen, dass die Propaganda anderer Staaten, die ich vorgeführt bekam, hier einfach nur ein anderes Kleidchen anhaben könnte. Denn ich habe ja schließlich die ‘echten’ Nachrichten, nicht die gebogenen gehabt. Vielleicht ist sowas nicht nur Dummheit, sondern auch Arroganz. Und die eigene Arroganz pudern können sicher nicht nur Deutsche, aber die schon ziemlich gut.
August 10th, 2013 at 18:46
@Uena, klingt vielleicht etwas eigenartig: Wenn jemand für sich feststellt, daß es so (mit ihm) nicht weitergeht, was meinst Du, überwiegt der Suizitgedanke oder das: Es muß anders gehen.
“Ob es überhaupt anders geht/ resp. eher nicht” kommt, so lange es (im alten) doch noch einen Ausweg, der vermeintlich irgendwie zu ertragen ist, zu geben scheint.
August 10th, 2013 at 19:14
@Wat Uff, ehrlich gesagt, mit dem Suizid machen wir hier noch ein Thema auf, dass so komplex ist, da bezweifle ich den Nutzen, das als Konterpart für eigene Aktivität aufzumachen.
Da bringt uns dein folgender Gedanke um die Nischen, die gesucht werden, um darin weiter existieren zu können, sicher näher an ein realistisches Szenario. Ich zumindest würde den Jetzt-Zustand genau so beschreiben. Die Tendenz sich irgendwie durchzuwurschteln, sich zumindest teilweise aus dem System zu verabschieden (entweder geistig oder auch physisch) und sich im Kleinen zu bestätigen, ist doch deutlich stärker ausgeprägt als eine Bewegung zu aktivem Wandel der Umstände. Bislang ist fast alles Anpassungsleistung.
August 10th, 2013 at 19:22
Jo @Uena, sehe ich auch so: Anpassungsleistung. Wir haben einen verflixt gut ausgeprägten Selbsterhaltungstrieb und der läßt uns mE darüberhinaus auch nicht so schnell ins s.g. Unbekannte düsen, wenns im altbekannten noch irgendwie erträglich ‘durchwurschtelbar’ geht.
August 10th, 2013 at 19:30
Ich verweise hier mal auf die Bremer Stadtmusikanten, mein liebstes Märchen nach Hans im Glück… ;)
August 10th, 2013 at 19:56
@Uena (23): Ich denke in jeder Biographie gibt es diese Momente, die einem einen völlig neuen Blick auf die Realität geben… die endgültig eine bestimmte Blase zerstören, in der man gelebt hat… Bei mir war das u.a. Anfang der 90er Jahre die Dokumentation “Noam Chomsky and the media”…
Ich habe noch in der Schulzeit ein Politisches Seminar über die DDR mitgemacht, das war 1988… das war hilfreich, weil uns dort Techniken der Manipulation vorgestellt wurden anhand von Fernsehberichten der DDR-Rundfunkanstalten (zB. Kameraführung)…
Gerade lese ich historische Quellen aus dem 17. Jahrhundert, Reisebeschreibungen von Expeditionsmitgliedern in den Vorderen Orient oder Russland… Erstaunlich daran: das Fremde, Ungewohnte, zB. religiöse Riten von Urvölkern führt längerfristig immer dazu auch die eigenen Vorstellungen zu hinterfragen…
Aber dieser Schritt zur Hinterfragung der eigenen Grundlagen ist offensichtlich für viele Menschen schmerzhaft: da müssen eventuell Vorstellungen, an denen man doch so hängt aufgegeben werden (Patriotismus, in sich stimmiges Weltbild, in dem wir die Guten sind)… von frühkindlichen Prägungen (Rebellion gegen die eigenen Eltern) mal ganz abgesehen…
August 10th, 2013 at 20:37
Und es bleibt schmerzhaft, ich zumindest vermag noch kein Ende abzusehen. Das ‘aufgeklärte Subjekt’, mehr noch die ‘Warenmonade’ sind so vielfältig und so ‘selbstverständlich’ konditioniert und verkorkst, dass es gewissermaßen schon fortlaufender ‘Häutungen’ bedarf, um da wenigstens ansatzweise rauszukommen. Und je weiter man kommt, desto größer wird auch die Sorge, dass da vielleicht am Ende gar kein ‘Kern’ mehr ist…
August 10th, 2013 at 20:47
@Peinhart *g* Ja, genau, die Stadtmusikanten. Jeder zieht für sich los und am Ende ist man doch ne ganz coole Combo, die zusammen viel erreichen. Siehste, selbst die Grimms, immer wieder aktuell.
@Tristan “Erstaunlich daran: das Fremde, Ungewohnte, zB. religiöse Riten von Urvölkern führt längerfristig immer dazu auch die eigenen Vorstellungen zu hinterfragen…”
Und ob ich das so unterschreiben würde? Für Expeditionen mag das vielleicht sogar gelten. Da zieht zumeist auch ein bestimmter Menschenschlag aus, die Ferne zu erkunden und ist offen für das Fremde.
Es hat meiner Meinung nach in bedeutenderer Anzahl aber genau die gegenteilige Bewegung stattgefunden. Wenn es eben nicht Forscherleidenschaft, sondern imperialistische Tendenzen waren, die einen aufbrechen ließen. Da wurde das Fremde schnell zunichte gemacht, das Bekannte importiert und etabliert. Alles im Wissen um die eigene Überlegenheit hinsichtlich Zivilisationsstufe/Bildung/Wissen und technischem Know how.
Die Neigung heute lebender Menschen, sich der Geschichte überlegen zu fühlen, diesen Stadien entwachsen zu sein, entspringt einer ähnlichen Egozentrik. Rein faktisch hat sich abgesehen von technischem Schnick Schnack herzlich wenig getan, was wirklichen Fortschritt im Sinne von Weiterentwicklung betrifft. Heute werden genau die gleichen Fehler mit genau der gleichen Vehemenz gemacht. Selbst die Motive dahinter sind dieselben.
Witzig übrigens, dass du ausgerechnet Chomsky erwähnst. Der ist mir in der letzten zeit öfter mal aus Initiator anderer Sichtweisen untergekommen. Und heute habe ich noch ein Video mit ihm gesehen, wo ich mir den alten Mann angesehen habe und gedacht: Meine Güte, mit welcher Gelassenheit der jetzt seit Jahrzehnten den Rufer in der Wüste gibt.
Aber wie man sieht, ist ja nicht nur Wüste. ;o)
August 10th, 2013 at 20:58
OT
hier mein gutster, habs ja angekündigt:
links vs. rechts
film folgt später
August 10th, 2013 at 21:09
@Tristan 28 :
Der Schritt zur Hinterfragung der eigenen Grundlagen ist offensichtlich für viele Menschen nicht nur einfach schmerzhaft sondern entspricht einer Totaloperation.
Kompetenz, Neutralität, Ästhetik.
Viele Menschen aus meinem Umfeld würden erst mal ziemlich ins Schwimmen geraten, wenn sie auch nur ansatzweise die Bedeutung erklären sollten. Ich bin bei den Werktätigen aufgewachsen und dort hängen geblieben. Immer zu doof die eigene Intelligenz in Penunze umzusetzen.
Ich laufe seit über 40 Jahren nur vor Wände, weil ich einfach immer wissen wollte, warum, wieso, weshalb. Keine Sau in meinem Umfeld interessiert das.
Toll, du Nase, Hannibal ist mit Elefanten über die Alpen ? So’ nen Mist weißt du, aber wer das 4:3 im Länderspiel geschossen hat, nicht ?
Echt, Mann, hört sich total interessant an, das der Kapitalismus …. was für nen Akku ? Akkimilurt ??? Ich kannte mal nen Fußballer, der hieß ähnlich ?
Wie das ZDF, äh ARD, ne, na dieser Ami-Geheimdienst kopiert alles ? Hähähä, die werden aber staunen über die Fotos von unserem letzten Malle-Urlaub !
Was sachse eigentlich wieder über Angie ? Die ist klasse, keine Kohle für faule Griechen, stand jetzt wieder in der Bild !
Irgendwo stand mal, keine Gesellschaft sei in der Durchlässigkeit der Gesellschaft von Unten nach Oben so abgeschottet wie die Deutsche.
Gemeint war der Bericht wohl als Kritik, das die Oben keinen rein lassen. Mag stimmen, nur Unten, soweit ich es kenne, will da gar keiner hin.
NIEMAND, absolut NIEMAND von mir bekannten Personen wird jemals irgendeine Verantwortung für sein politisches, gesellschaftliches oder kulturelles Umfeld übernehmen.
Die 3 oder 4 Piepels die hier kulturell die Ausnahmen bilden gehen dann zu Volker Pispers und folgen dessen Empfehlung die Eintrittskarten zu verwahren, „als Beweis im Widerstand aktiv gewesen zu sein !“
August 10th, 2013 at 21:12
@Uena: Historisch betrachtet gebe ich dir natürlich recht. Was sich hinter dem lapidaren Wort von “Handelsbeziehungen” versteckte, dürfte jedem klar sein. Und damit die Preise auch schön billig blieben wurde über die lokale Bevölkerung in der Regel eine Art von ‘Tributverpflichtung’ verhängt, d.h. Jagen oder Arbeiten als Zwang und ohne Gegenleistung…
Aber es gab (zum Glück) immer einzelne Individuen, deren Horizont über Zobelfelle, Gold- oder Silberminen hinausreichte… und um die ging es mir… wäre ja sonst ein wahrlich zu optimistischer Entwurf…
August 10th, 2013 at 21:25
@31: Pfui, das ist ja fast RL :-P
August 10th, 2013 at 21:38
@Freigesetzter: Das hört sich bitter an… Der Anspruch Menschen politisch beeinflussen zu wollen ist bei mir glücklicherweise nicht sehr ausgeprägt vorhanden… Manchmal schmerzt es wenn Menschen, die man eigentlich für klüger gehalten hat, Dummheiten von sich geben… Es gibt da so einen Typus, auf den ich immer wieder treffe… gewissenhafter Mülltrenner, kennt seinen C02-Fußabdruck genau und schimpft auf Merkel, aber entpuppt sich dann doch als Agenda-Befürworter (‘hat Deutschland wieder nach vorne gebracht’) und hält Privatisierungen für das Allheilmittel um “die Wirtschaft anzukurbeln”… die schmerzen mich mehr als die Masse…
August 10th, 2013 at 22:07
Tja, wann ist die Blase geplatzt … bei mir platzt da immer wieder mal was. Ich habe mich ernsthaft noch 2002 gefreut, dass ‘Stoiber verhindert’ wurde. 2003 war dann ziemlich Schluss mit lustig und ich hab endlich zur Kenntnis genommen, in welchem Maß und mit welcher Verachtung ich da verarscht worden war. Da war es noch nicht einmal so weit, dass die Grünen Verräter im Verein Atlantikbrücke mitgebombt haben. Da war es noch nur FührerFischergewesen, aber das hatte ja mehr als satt gereicht.
Dass es mitder parlamentarischen Demokratie® nichts werden kann, wurde mir klar, als ich via Internet den Zugriff auf das ganze Maß der Korruption hatte; jederzet jeder Fall aufrufbar und es bleibt kein einziger Spitzenfunktionär übrig.
Dann kamen die sogenannten “Finanzkrisen”, die mich wie mit dem Kopf auf die Tischplatte auf “das Kapital” zurückwarfen – einen Text, den ich seit Jahzehnten kannte, den ich aber nur verstanden hatte und nicht realisiert. Dass es eben keine freundliche, gestutzte Variante “Marktwirtschaft” geben kann, die Instrumente zur Einhegung des Kapitals vorhält; dass die Logik sinkender Profitraten eben tatsächlich unausweichlich an einer Wand landen, die durch kein Wachsstum mehr zu durchbrechen ist. Dass es an dieser Wand wieder so kommt. Viel Aufwachen ist da nicht mehr. Ich kann es nicht einmal mehr wem durchgehen lassen, der meint, es werde schon keinen Holocaust mehr geben. Ich mache mir aber noch immer noch vor, dass es wohl nicht so dicke kommen wird.
August 10th, 2013 at 22:15
so, hier der Film der heutigen Kreidemal-Lektion
Links vs. Rechts
Die Leute auf der Strasse hat es wieder einmal bewegt, so langsam spricht sich die Sache in der Stadt herum.
Dank für die Munition
August 10th, 2013 at 22:17
Der Hauptgrund dafür, das die meisten Menschen sich weigern oder nicht in der Lage sind/zu sein scheinen, irgendetwas zu hinterfragen, ist m.E. Angst. Die Feinheiten zu erläutern, um welche Ängste es geht, ist zu umfangreich, um es hier in einen Kommentar zu pressen. Ich vertraue da ganz auf eure Fähigkeit zum selber denken ;-)
Gedankensplitter:
Angst behindert das Lernen …
Ständige “Horrormeldungen” in den Medien …
Selbst “wache” Geister blicken kaum noch durch …
Idee:
Statt selbst noch das Bedrohungsgefühl bei den Menschen zu erhöhen, sollten wir eine “neue Geschichte” erzählen, welche die Vorteile einer Änderung hervorhebt.
Sorry wg. mangelnder Erläuterungen, Sommergrippe, leicht fiebrig, kann mich nicht gut konzentrieren, wollte aber meine Idee dazu beitragen.
cu
renée
August 10th, 2013 at 23:18
@renée “Statt selbst noch das Bedrohungsgefühl bei den Menschen zu erhöhen, sollten wir eine “neue Geschichte” erzählen, welche die Vorteile einer Änderung hervorhebt.”
Also die Idee ist ganz sicher nicht verkehrt. Ist ja nun nicht so als würde man sich nicht durchaus auch gegenseitig mal etwas ankotzen in der ganzen Düsternis, die man um sich herum wabern sieht. Und wenn man immer nur wirr sein Pappschild hochhält mit krakelig druff jepinseltem “Das Ende ist naaah!” kann man nicht unbedingt darauf hoffen, dass alle denken *Och, wie hübsch, das hör ich mir doch mal genauer an.’
Problem ist nur, Scheiße kann man immer noch nicht polieren und somit ist es halt nicht so ganz einfach, Leuten zu vermitteln, denen es noch nicht so recht schlecht ergehen will, dass trotzdem was geändert werden muss. Zumindest ist mir jetzt ne richtig pfiffige Strategie dafür noch nicht so begegnet. Andererseits ändert das nichts daran, dass man zumindest mal versuchen könnte, Sachverhalte andersherum aufgezäumt zu schildern. Also vom hoffentlich positiven Ende her und nicht immer nur aus der traurigen Ausgangslage heraus.
Und eine gute Besserung wünsche ich dir! :o)
August 11th, 2013 at 11:07
Statt selbst noch das Bedrohungsgefühl bei den Menschen zu erhöhen, sollten wir eine “neue Geschichte” erzählen, welche die Vorteile einer Änderung hervorhebt.
Ich bezweifle, dass wir das wirklich könnten. Zum einen stelle ich auch bei mir, oder ‘uns’, immer wieder fest, wie sehr wir noch unserer alten Konditionierung unterworfen sind, zum anderen gilt das erst recht für das gedachte Gegenüber, dem es “noch nicht so recht schlecht ergehen will”. Nach meiner Erfahrung wird so eine ‘neue Geschichte’ dann immer in ‘Effizienzkriterien’ und in Kategorien bedacht und bemäkelt, die der ‘alten’ Geschichte entstammen – und denen sie natürlich nicht genügen kann, weil sie ihnen gar nicht genügen will. Die Zerstörung des Alten ist theoretisch noch weniger zu hintergehen als leider wohl auch praktisch.
Oder andersherum – wenn wir das praktische Leiden verkürzen wollen, müssen wir versuchen, es theoretisch sozusagen vorwegzunehmen, also doch genau das ‘Bedrohungsgefühl’ zu erzeugen, bevor die Bedrohung sich tatsächlich erfüllt (‘real’ ist sie ja ohnehin schon).
Ich glaube wie gesagt auch, dass uns noch etwas die Phantasie fehlt, uns wirklich schon eine neue Geschichte auszudenken. Allein schon ‘Wirtschaft’, also ‘Reproduktion’, als weiterhin eigenständigen, getrennten Bereich zu betrachten, als die Sphäre von ‘Arbeit’ einerseits und ‘Konsum’ andererseits, scheint mir momentan immer wieder in Sackgassen zu führen. Selbst wenn die ‘Waren’ – die ja dann eigentlich gar keine mehr sein sollten – alle ‘umsonst’ wären.
Kurz – ich muss feststellen, dass ich mir schon selbst gar keine schlüssige ‘neue Geschichte’ erzählen kann, wie dann erst einem anderen? Ich fürchte, wir stecken vorerst weiterhin in der Phase von Kritik und Theorie.
Was man höchstens angeben könnte – und unbedingt auch sollte – sind allgemeine Prinzipien, nach dem Muster ‘Kooperation statt Konkurrenz’. Um auch nur dafür ein offenes Ohr zu finden, muss allerdings auch erst wieder ‘theoretisch’ zerstört werden, was der Konkurrenz von diesem System positiv angedichtet wurde, zB ihre ‘Innovationskraft’. Und zuallererst natürlich die ganz große Fiktion, es mit etwas ‘Naturgegebenem’ zu tun zu haben.
Angst ‘produktiv’ zu machen allein erstmal dadurch dass wir zeigen, dass das Bestehende – das zu recht Angst macht – nicht das einzig mögliche ist: ich fürchte, einen höheren Level können wir erstmal nicht spielen. Zumindest sollten wir im Hinterkopf behalten, dass alle ‘neuen Geschichten’ erstmal nur vorläufige sein können. Jedenfalls nicht mehr als grobe Skizzen…
August 11th, 2013 at 15:24
@Peinhart(40)
Mehr als “grobe Skizzen” sind mE nicht nur deshalb nur drin, weil uns selbst möglicherweise durch Konditionierung etc. die Vorstellungskraft fehlt.
Dreist wenn wir sie hätten, dürfte es doch nicht mehr als diese sein, wenn sie von Kooperation ausgeht. Sie würde doch erst in und mit der Kooperation zum ‘Tatsächlichen’, könnte ausgefeilt, feingeschliffen, angepaßt werden, an die Vorstellungen der Vielen.
Es bliebe also von der Möglichkeit (des anderen) überhaupt ‘zu erzählen’, immer und immer wieder…., oder nicht?
August 11th, 2013 at 16:08
Doch, unbedingt! Dekonstruktion ist angesagt, auf allen Ebenen und Stufen, vor allem aber des vermeintlich ‘Natürlichen’ dieses Systems. Mit soviel Theorie wie halt nötig. Das was ist muss weder sein noch ‘kann’ es überhaupt noch sein. Selbst das, was vielleicht mal nicht ganz zu Unrecht als ‘Vorteil’ gegolten hat, ist spätestens jetzt unter den Bedingungen des Niedergangs keiner mehr und verkehrt sich in’s Gegenteil.
August 12th, 2013 at 01:33
@peinhart (10)
Großartiger Artikel von M.Sohn – dort Hinweis auf R.Kurz und Weiterentwicklung. Habe mir kürzlich dessen nur noch antiquarisch (und das zum Mörderpreis, dagegen PDF frei zum Download im Inet) erhältliche Schrift “Schwarzbuch Kapitalismus” ausgedruckt und begonnen sie zu lesen (ca. 500 S.). Die auf youtube veröffentlichten Vorträge von R.Kurz sind auch durchaus sehenswert. Danke für den Hinweis. Ja, und hoffentlich hört man in Zukunft auch weiterhin etwas von M.Sohn! Offensichtlich gibt es in der “Linken” doch noch andere als nur die leider immer mehr überhandnehmenden “Pöstchenwurschtler”!
August 12th, 2013 at 14:29
Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich erst durch eine – zwar äußerst umstrittene/idealistisch naive – positive “Vision” aus meiner Lethargie (“klappt doch eh’ nie – Menschen alle zu doof, egoistisch blahblah”) aufgerüttelt wurde. Das war dieser 3. “Zeitgeist”-Film, genauen Titel habe ich vergessen, Moving forward glaube ich. Vieles darin war mir zu reißerisch (halt für US-Publikum gedacht), aber einige angesprochenen Punkte haben meine Sensoren für’s Hinterfragen von “Tatsachen” weiter geschärft.
Außerdem hat es meine Vorstellungskraft stark angeregt und mir dadurch Kraft gegeben, trotz aller Widerstände mich weiterhin zu engagieren. Auch wenn die Vision noch nicht völlig ausgereift ist, zeigt sie mir, wie wenig Bestand viele der “Wenns und Abers” eigentlich haben. Darum werde ich weiterhin die Geschichte erzählen, ob’s euch gefällt oder nicht.
Lieber als Traumtänzer gelten als auf der Friedhofsbank verschimmeln ;-)
cu
renée
August 12th, 2013 at 17:46
Uena,15.
“Die grosse Frage also, was ist es, was die Menschen dazu bringt umzudenken?”
Der Fehler liegt meiner Ansicht darin zu glauben,dass man Menschen dazu bringen kann “umzudenken”. Wenn sie das nicht von selbst schaffen, schaffen sie es auch nicht mit fremder Hilfe, und auch nicht mit Unterstützung der Linken.
Vielleicht ist dieses Denken auch darin begründet, dass es sich auf ein Massenbewusstsein bezieht, das in der alten Arbeiterbewegung noch vorhanden war .
Dieses Massenbewusstsein existiert heute nicht mehr und wenn es keine Massenbasis für Veränderung gibt, dann gibt es auch keine Veränderung.
Was dann vorläufig bleibt ist, theoretische Arbeit zu leisten, auch wenn diese Arbeit sich noch nicht in die Praxis integrieren lässt. Verkürzte Kapitalismuskritik beim Namen zu nennen und zu kritisieren (die Partei “Die Linke” eingeschlossen).
Alle diejenigen zu unterstützen, die von Prekarisierung betroffen sind und dagegen kämpfen.
Ebenso alle Versuche zu unterstützen, die sich aus der Ware- Geld-Beziehung lösen wollen und sich damit nicht nur wieder
Fit für den Markt machen.
Eine Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft wird es für mich nicht mehr geben. Das würde voraussetzen, dass das Kapital weiter akkumulieren kann wie bisher und die sozialen Gemeinheiten nur in dem bösen Willen des Kapitals auszumachen sind.
Wenn dem nicht so ist, so sollte auch der Zusammenbruch des Kapitals immer mitgedacht werden und keine falschen Hoffnungen in seine Reformierbarkeit gesetzt werden oder darauf irgendwelche Nischen in diesem System zu finden, in denen es sich noch einigermassen leben lässt.
Meine individuelle Nische ist voll vom Markt besetzt!
August 12th, 2013 at 18:26
“Wenn sie [die Menschen] das [Umdenken] nicht von selbst schaffen, schaffen sie es auch nicht mit fremder Hilfe”
Ich habe ja auch ein Kapitel in meinem Poesiealbum mit der Überschrift: Meine schönsten Erweckungserlebnisse. ;-)
Wenn ich das durchblättere, stelle ich doch fest, dass auf die eine oder andere Art meist andere Menschen daran beteiligt waren. Menschen, deren Bücher ich las, Freunde die mir unverhofft beim Bier in der Kneipe die Augen öffneten, Lehrer, Dozenten, eine persische Freundin, die Bäckerin um die Ecke, wenn sie mir von ihrer Heimat, dem Kosowo, erzählt …
Maeeutik kann durchaus Früchte tragen …
August 12th, 2013 at 18:47
Ich habe vom Massenbewusstsein und Massenbasis gesprochen und nicht von Erweckungserlebnissen.
August 12th, 2013 at 19:00
Man kann ja auch das eine tun und das andere nicht lassen. Soviel Multitasking muss einfach sein!
Seid doch nicht so verbissen, menno! DIE perfekte Methode wird es eh’ nicht geben, allerdings scheinen die meisten Linken vorwiegend auf der Suche nach dem Stein der Weisen zu sein – und solange sie den nicht gefunden haben geht mal überhaupt nichts. Leben funzt anders.
cu
renée
August 12th, 2013 at 19:13
@47 Troptard
Möglicherweise wachsen derzeit reichlich “innere Widersprüche” bei “den Massen”, allerdings ist das “Bewusstsein” häufig von der alltäglichen Propaganda ziemlich verschüttet. Manche trauen sich gar nicht, eine andere Meinung zu haben/äußern, da ja angeblich fast alle mit dem System zufrieden sind und sie sich nicht ins Abseits stellen wollen. Ich kenne allerdings keinen, der dieses System wirklich aus Überzeugung unterstützt, sie machen nur notgedrungen mit, weil sie es nicht anders kennen/denken können. Und das Hamsterrad läßt einem auch wenig Zeit und Kraft zum Nachdenken.
cu
renée
August 12th, 2013 at 20:48
Ich halte den Ball mal etwas flacher und bezeichne die “inneren Widersprüche” als latente Unzufriedenheit.
Diese Unzufriedenheit zu kanalisieren,die eigentlich immer vorhanden ist, dafür sind eigentlich die Wahlen das Ventil schlechthin.
Wenn heute kein Wahlkampf mehr stattfindet, das heisst diese Schaukämpfe sich von anderen Parteien zu unterscheiden und seinen Wählern Versprechungen zu machen, dann könnte der Wähler daraus schliessen, dass es keine Unterschiede mehr zwischen den Parteien gibt und dass auch Versprechungen an den Wähler nicht gewollt sind, weil es da nichts mehr zu versprechen gibt.
Wenn die Partei “Die Linke” aus den Koalitionskalkülen herausgehalten wird, so denke ich nicht deshalb, weil diese Partei für ihren “Radikalismus” gefürchtet wird, sondern weil man eine sog. “gestrige Debatte” um den Sozialstaat nicht wieder befeuern möchte (Umverteilung über Steuern, Mindestlohn, Anhebung der HartzIV-Sätze etc.)
Nach der Wahl sollen dann die nächsten Gemeinheiten in Ruhe durchgezogen werden.
Wohin sich dann die latente Unzufriedenheit bewegt oder sich die inneren Widersprüche bewegen werden, ich habe zumindest eine Ahnung davon.
Vielleicht gibts dann doch so etwas wie einen Erweckungsmoment auf kollektiver Basis. Hoffentlich nicht nur in Richtung Volksgemeinschaft.
Ich glaube, die Möglichkeiten der Linken sind da doch sehr begrenzt entscheidend eingreifen zu können. Dazu ist die Gemeinde zu klein. Und diejenigen, die die PDL wählen müssen nicht die fortschrittlichsten sein.
So, etwas abgewichen!