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Bilduelle: Wikimedia Commons / Colin Smith

Von Rechtsliberalen wird der Staat stets als Vehikel der Linken und Sozialisten verteufelt; dabei ist er vor allem eines des Bürgertums und der Rechten und für die Linke ein ewiges Dilemma. Wir bewegen uns nach wie vor auf dem Tableau, wo “links” als einschließend begriffen wird, als Versuch, die Menschheit als ganze zu befreien von eben den Ketten, welche die Rechte ihr anlegt, indem sie ausschließt, spaltet und unterwirft. Durch Diskriminierung werden Klassen, Rassen, Gruppen definiert, denen unterschiedliche ‘natürliche’ Wertigkeiten angeheftet werden, um die Unwerten zu versklaven.

Der Staat ist für die ausdrücklich nationale Rechte sogar ein Muss, denn wie soll die Nation sonst das Korsett der Gesetze schaffen, mit denen die Herrenrasse regiert? Eine spezielle Form des Staatsgedankens bildet dabei die Idee vom “Reich”, eine Möglichkeit, sogar viele Völker unter ein Gesetz zu zwingen, wobei in der Regel ein Kernvolk die Herren stellt. Das imperiale US-Amerika stellt dabei wiederum eine Ausnahme dar. Selbst auf Sklaverei und Völkermord gegründet, entdeckte eine Kaste von reichen Bürgern die Menschenrechte, nicht zuletzt als Hebel für ihre ökonomischen Interessen.

Divide et impera

Dieser Wandel öffnete tatsächlich die Tore für Individuen zunächst ausgeschlossener Bevölkerungsgruppen. Allerdings wurden nur die Mechanismen verändert; der Zugang zur herrschenden und zunehmend wieder geschlossenen Gesellschaft der Oberschicht wurde weiterhin stark beschränkt. Auch hatten dieselben Gruppen nach wie vor entscheidende Vorteile. Allerdings ist durch die oligarchische Struktur der Zugang zur Herrenriege für niemanden mehr absolut ausgeschlossen.

Das kann den 99,x Prozent, die draußen bleiben, relativ egal sein, aber nur auf diese Weise ließ sich die integrierende Erzählung von der angeblichen Chancengleichheit etablieren. Der Vorteil: Der Klassenkampf konnte für die Oberschicht erheblich entschärft werden, da die Abhängigen in Konkurrenz zueinander treten. Wer sich solidarisch verhält, riskiert also, im ‘Wettbewerb’ abgehängt zu werden. Wirksamer kann man das Prinzip des ‘Divide et impera’ nicht einrichten. Nach diesem Vorbild – wofür die USA vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg auch aktiv gesorgt haben – haben sich überall auf dem Planeten gleiche oder ähnliche Strukturen gebildet. Dem Staat kommt dabei die Rolle zu, die Ordnung aufrechtzuerhalten, also vor allem das Eigentum und die Geschäfte der Eigentümer zu schützen.

ddrDer Staatssozialismus, der sich in Opposition zum imperialistischen Kapitalismus bildete, entdeckte den Staat als notwendige Konstruktion des Selbsterhalts und knüpfte gleich die Erwartung daran, er könne seine Vorstellungen von Gleichheit und Solidarität darin verwirklichen. Nicht nur, dass paranoide Schlächter unter dem Banner der Verteidigung gegen den Feind ihrerseits Völker brutal unterjochten; es bildete sich wie selbstverständlich wieder eine unzugängliche Herrscherkaste. Knechte gab es ebenfalls wieder, die im Zweifelsfall auch faktisch rechtlos waren. Das Versprechen des Kommunismus, ein System zu sein, das vom Volk getragen und subsidiär organisiert ist, wurde auf den Kopf gestellt – ebenso wie drüben die bürgerliche “Demokratie”, in der die Beteiligung der zu “Wählern” degradierten Menschen an der herrschenden Macht nur mehr symbolisch ist.

Recht des Stärkeren

Die emanzipatorische Linke steht also zum Staat als solchem in Opposition; andererseits ist nicht zu erwarten, dass sich quasi anarchistisch und von selbst Gesellschaften bilden, in denen das Recht vor allem der Schwachen gesichert wäre. Erfahrungsgemäß bilden sich jenseits staatlicher Kontrolle ebenfalls sehr viel leichter autoritäre Strukturen, und das Diskriminieren hat der bürgerliche Staat ebenfalls nicht erfunden. Nur bodenloser Optimismus kann zu der Annahme führen, das werde schon alles gut, wenn man es nur ausprobieren dürfe.

Es gibt auf dieser Seite nicht einmal haltbare Ideen, wie ein universales Recht sich etablieren kann, ohne dass die Gemeinschaft ein kollektives Rechtssystem einrichtet, das sich wiederum zur Bildung von Klassen und Schichten missbrauchen lässt. Strukturell ist offenbar keine Form der Gesellschaft in Sicht, die das Recht des Stärkeren nicht fördert. Dabei haben wir das Problem “Geldwirtschaft” noch gar nicht berücksichtigt. Es scheint, als sei auch hier der Kampf schon verloren, ehe er begonnen hat.

Wird fortgesetzt.