Als ich jüngst schrieb, man möge sich bitte einmal die Tabelle der Fußball-Bundesliga anschauen und deren Stand mit Monopolbildung in einen Zusammenhang bringen, wusste ich noch nichts vom neuesten Coup des Paten Hoeneß und seiner gelehrigen Unterfunktionäre. Kenner der Szene erinnern sich noch an Del’Hayes Schicksal, des ersten Spielers, den Hoeneß für mehr als eine Million (DM) nach München geholt hat, weil er woanders zu gut gespielt hatte. Mit dem konnten die Bayern nicht einmal etwas anfangen und ließen ihn auf der Tribüne versauern. Seitdem weiß jeder, der es wissen möchte, dass die Bundesliga ein Geschäft ist und nur sehr bedingt etwas mit Sport zu tun hat.

Der Chef des durch gnadenlose Anwendung wirtschaftlicher Macht auch “sportlich” erfolgreichsten Clubs ist jetzt durch Steuerhinterziehung in Millionenhöhe aufgefallen, die er selbst angezeigt hat – bekanntermaßen kann das im Einzelfall vor Strafe schützen. Was sagt uns das? Und was sagt es uns, dass gleichzeitig ein ‘Transfer’ bekannt wird, nämlich des besten Fußballspielers des einzigen Konkurrenzclubs? 37 Millionen wechseln die Aktiengesellschaft, damit das Jahrhunderttalent Mario Götze nicht mehr für Dortmund spielt. Interessiert nicht, ist ja bloß Fußball?

Die FDP des Sports

Tatsächlich hat das übrigens auch noch mit Fußball zu tun, denn die Basis bröckelt nicht. In Deutschland spielen und schauen Millionen zu, ohne die das alles nichts wäre. Denen wird nun wie im richtigen Leben einmal mehr deutlich gemacht, dass nichts anderes zählt, wenn genug Geld fließt. Der Deal verstößt gegen alles, was im Geschäft irrelevant ist: Menschliche Werte, Emotionen, Identifikation, Fairness, eben alles. Das ist in diesem Fall auch nicht mehr alltäglich und nicht ‘normal’, weil es als symbolische Handlung brachiale Machtausübung präsentiert wie man es selten in dieser Deutlichkeit erlebt.

Egal. Warum tut der Hoeneß das? Weil er’s kann. Die “Fans” des FC Bayern, fürwahr fanatische Claqueure kapitalistischer Macht, finden das super, denn sie sind die FDP des Sports. Schwache bleiben halt auf der Strecke, wenn die Elite marschiert. Da hat es bestenfalls noch Platz für Almosen, mit großer Geste hingeworfene Gaben an einzelne Opfer, die man nicht zur Konkurrenz zählt. Ob bei der Charity Gala, auf der von den ergaunerten Millionen ein paar Hunderter fliegen oder bei Hoeneß, der sich gern mal als “Retter” feiern lässt, wenn er einen Club vor der Pleite bewahrt, den er selbst mit hineingetrieben hat durch seine Monopolpolitik.

Das sind Zusammenhänge, die einem draußen im Alltag kaum mehr auffallen oder die man nicht kennen will. Anlässlich dieses scheinbar banalen Vorgangs – es ist ja nur Entertainment – gibt es aber einen Aufschrei, den man bis weit übers Stadion hinaus hört. Was kann man daraus lernen? Das kommt darauf an, ob die Masse auch das wie immer ohnmächtig hinnimmt oder ihre Verachtung nachhaltig pflegt und zum Ausdruck bringt. Dann wird aus einem Fall Hoeneß vielleicht irgendwann einmal der Fall ‘Kapital’.