Journalismus ist eine Krankheit mit vielen Verlaufsformen. Eine der am wenigsten beachteten ist die des “Sportjournalismus”, eine Variante, die sich hervorragend zur Immunisierung gegen Wahrnehmung, Sprache und Verstand eignet. Somit dürfte es sich dabei um die Kaderschmiede der aktuellen Generation von Lohnschreibern handeln. Nicht umsonst erklären mir die routinierten ‘Leser’ des gehetzten Boulevards regelmäßig, “der Sportteil” sei so gut, daher müsse man das kaufen. Das Zucken im rechten Arm nach getaner Lektüre rührt also sicher von Informationsüberflutung betreffs Speerwerfen, Handball und Turnen. Aber ich schweife schon wieder ab.
Eben im Radio – ich kann es nicht lassen, mich auf Autofahrten einlullen zu lassen, um im winterlichen Adrenalin- und Testosteronnebel die Sichtweite nicht unter 25 Meter sinken zu lassen – hörte ich ein – nennen wir es “Sagmalwas” aus dem Fußballsport. Ich kann das nicht “Interview” nennen, denn selbst wenn man den Niveaulimbo auf Teppichkantenhöhe beherrscht, gibt es Grenzen, an denen ein Begriff sich in Nichts auflöst. Vor solchem Nichts habe ich Angst.
Allein die Vorstellung, mir kämen solche Fragen in den Sinn, wie sie bei nämlichen Sagmalwas gestellt wurden, bereitet mir Alpträume. Ich stelle mir vor, ich müsste ein Interview führen und fragte dann: “Wie breit ist die Brust, mit der Sie heute auflaufen?” sowie “Wie wichtig ist es, heute zu gewinnen?” Ich bin ein Mann des Geistes – wie immer man meine diesbezüglichen Bemühungen auch geringschätzen mag, aber ich lebe dafür. Dass er einem gänzlich abhanden kommen könnte – ein schrecklicher Gedanke.
Nur die Harten
Ich habe mich also ein wenig umgeschaut und bin auf etwas gestoßen, dass mir das Graue unter der Kopfhaut in Scheiben fallen ließ. In einem Institut für angehende Sportjournalisten werden Fragetechniken gelehrt, die einzig dazu dienen, Rezipienten zu verstören, ihre intellektuellen Ressourcen zu verzehren, einen brutalst möglichen Kahlschlag zu bewirken im zerebralen Zentrum des ahnungslosen Zuhörers, Zuschauers, Zeitungslesers. Es ist eine gigantische Waschmaschine für Gebrauchtgehirne, der niemand entrinnen soll.
Sie sind als “alternativen Befragungsmethoden” ebenfalls in CIA-Gefängnissen zur Anwendung gekommen. Einige Probanden sollen um Waterboarding gebettelt haben, um dieser Tortur zu entkommen. Eine internationale Ächtung wird nicht ausgeschlossen, wenngleich die USA bereits angekündigt haben, dass sie diese zu betrachten gedenken wie bereits die Genfer Konventionen und den Gerichtshof in Den Haag. Aber nicht nur die USA werden eine Sonderrolle einnehmen in bezug auf die ‘Folter durch Befragung’.
Auch Deutschland wird davon ausgenommen bleiben. Ebenso gilt die als besonders brutal geltende Methode “Volksmusik” hier demnach weiterhin als erlaubt, weil ungefährlich. Wie es heißt, empfinde die hiesige Bevölkerung dergleichen sogar als angenehm. Es handele sich um eine kulturelle Eigenheit, die ihr nicht genommen werden dürfe. Über entsprechende Warnhinweise auf journalistischen Erzeugnissen aus Deutschland befindet in Kürze die UN-Kommission für Reaktorsicherheit.
Februar 9th, 2013 at 20:26
es gibt keine dummen fragen, nur solche die sie stellen :P
Februar 9th, 2013 at 21:56
OT:
Die G**gle-Bildersuche nach “pussy” listet derzeit unsere GröKaZ auf Platz 1.
————-
Gefunden:
Sie sind als “alternativen Befragungsmethoden”
Februar 9th, 2013 at 22:01
Auch OT: Endlich ermitteln die Behörden gegen Extremisten im den Institutionen!1
Februar 9th, 2013 at 22:08
@Horst Horstmann: Das ist ja obszön. Wieso wird das nicht rausgefiltert? Wozu ist dieser Scheiß SafeSearch denn gut?!!!!! Wenn einem SOWAS ZUGEMUTET WIRD!!!!!!
Ich hab dann gleich mal auf full gore gestellt und muss sagen, dass mich der Kontrast doch sehr verstört.
Februar 9th, 2013 at 23:05
“Ich bin ein Mann des Geistes – wie immer man meine diesbezüglichen Bemühungen auch geringschätzen mag, aber ich lebe dafür. Dass er einem gänzlich abhanden kommen könnte – ein schrecklicher Gedanke.”
Das ist ja richtig, andererseits fragt man sich unweigerlich, ob die ganzen Hirntoten, die einem täglich über den Weg laufen und die man permanent im Fernsehen vorgesetzt bekommt, denn so komplett falsch liegen. Scheinbar lässt es sich ohne diesen Ballast an Hirntätigkeit lustig dahinvegetieren. Daher habe ich mich schon öfter gefragt, ob man nicht mit einem beherzten Schritt die augenscheinlich überzähligen Hirnzellen in einem großen Alkoholbad ertränken sollte, um sich danach frohgemut den Zombies anschließen zu können.
Allein die Irreversibilität dieses Vorgangs liess mich bisher davon Abstand nehmen. Vielleicht reicht die Geistlosigkeit allein doch nicht aus, über die Unzulänglichkeiten der Gesellschaft hinwegzusehen…
Februar 10th, 2013 at 00:24
@3.
alle Wahljahre wieder …
Februar 10th, 2013 at 00:26
Apropos “Sportjournalismus = Kaderschmiede der aktuellen Generation von Lohnschreibern”. Nicht nur bei denen; auch etliche Herren und Damen der “emotionalen Pißrinne” (G. Schramm) haben sich vormals als Sportreporter, Sport-Talkmaster o.ä. profiliert: Kerner, Jauch, Beckmann, Will fallen mir gerade ein… So ein Training scheint die geradezu überbordende Intelligenz und den in der Interview-Fragetechnik demonstrierten Scharfsinn noch weiter zu steigern.
Zur stabilisierenden Rolle (im Sinne des herrschenden Systems) der Sportberichterstattung in den Medien findet man u.a. bei Noam Chomsky interessante Beiträge und Analysen.
Februar 10th, 2013 at 01:02
Passt zwar nicht ganz zu Sport, aber wenigstens zu Journalismus und denkwürdig (oder eben auch nicht!) ist das auch.
Da schrubte der werte Journalist über prügelnde Polizisten in Bayern. Und der letzte Satz im Einführungstext lautet dann etwa so, dass man jetzt Lehren aus dem Geschehenen ziehen müsse – damit Polizisten künftig zweimal nachdenken, bevor sie gefesselten Frauen die Nase brechen.
Samma!? Die Nase nicht zu brechen, ist zumindest sprachlich da offenbar keine Option. Ich frag mich immer, ob das keine Sau Korrektur liest.
Zurück zum Spocht!
@Wischi Tja, wenn man jetzt wüsste, ob’s besser wär nix mehr zu wissen… Ich werd zwar jeden Tag auch ohne Alkbad schusseliger, aber bei dem Tempo, das die mit ihren Gruseligkeiten vorlegen, weiß ich nicht, ob ich’s rechtzeitig schaffe.
Februar 10th, 2013 at 07:41
bernd-r
perfekt!!!!
Februar 10th, 2013 at 07:57
Die Sportjournaille ist eben wie alle anderen Sparten der Lohnschreiberlinge voll auf Linie getrimmt und weiß ganz genau, was gefragt, recherchiert, geschrieben werden darf wenn am Monatsersten die gewohnten Flocken auf dem Konto sein sollen. Daß der Leser (Zuhörer, TV Glotzer), sofern sich der IQ nicht auf Schuhgrößenniveau befindet, ob all dem verzapften Schwachsinn Schreianfälle kriegt (geht mir immer so wenn mal wieder zum x – ten mal der Wetterbericht aus USA an erster Stelle der sog. “Nachrichten” kommt) ist dem Lohnschreiberling doch völlig Latte, seine Kohle kommt ja von der Bank.
MfG
Februar 10th, 2013 at 09:37
@3 -> Verfahren gegen Gysi
Ist doch klar, dass eine einzige “rechts-schaffende” Stimme ausreicht, wenn es möglich erscheint, der Linkspartei einen ihrer Sympathieträger abzuschießen. Da sind dann auch die vielstrapazierten Stasi-Akten wieder was wert – wie fragwürdig sie sich auch immer als Quellen erwiesen haben. Etwas bleibt immer hängen.
Der hätte sich doch nur, so wie andere “Blockflöten”, einer “rechts-schaffenden” Partei anschließen müssen, dann wäre jetzt diese Stasi-Wühlerei nicht erforderlich.
Februar 10th, 2013 at 09:47
Dilletierender Sportjournalismus. Wieso muss ich da imer zuerst an Werner Hansch denken?
Dann muss ich auch noch diejenigen ertragen, die nicht abtreten können und als sogenannte Experten dem Moderator ego- äh fachtechnisch gern ins Wort fallen: Katha Willhelm, Fransika Schenk, Franziska van Almsiek, Nicki Lauda und so weiter. “Wir sehen jetzt, wie sich Sveltana Slepzowa ganz langsam an Miriam Gössner heranarbeitet! Magdalena Neuner ist mit ihren 2 Minuten Vorsprung auf den letzten 500 Metern Platz 1 sicher.” Fernsehen für Blinde.
Februar 10th, 2013 at 10:37
“In einem Institut für angehende Sportjournalisten werden Fragetechniken gelehrt,…“
Ja, bei vielen „Interviews“ – “Wir_sagen_uns_Stichworte“ (WsuS) wäre eine bessere Bezeichnung des Vorgangs – geht mir der Draht aus der Mütze. Schema: Frager: Stichwort mit Fragezeichen? – Antworter: Stichwort mit Ausrufezeichen! – nachdem das zwei/dreimal gelaufen ist, besitzt der Antworter u.U. die Chuzpe und sagt etwas mehr … sofort kommt ein vorheriges Stichwort mit Fragezeichen – der Antworter versteht den Wink, wiederholt ein bereits zuvor Gesagtes und das ganze klingt, Gottseidank, endlich aus! Daraus ziehe ich den Schluss: Es muss auch eine Schule für diese “Interviewten” geben, eine Antwortschule! Könnte die einfach nur Mehnschtriem heißen? Hm?
Was wollen die damit? (Iss klar) Was sollen wir damit? (Dess iss mir noch unklar)
Am Ende eines solchen Ereignisse krieg’ ich dann noch’mal Schluckauf: Der Frager „Danke schön“, der Antworter: „Ja! Auch meinerseits vielen Dank!“ (…dass ich hier ins Mikro pissen durfte *arrrgh*). Ich habe als Kind gelernt – und bis heute beibehalten – auf Danke schön sagt man Bitte schön. Gilt das heute nich mehr? Iss dess aut?
Februar 10th, 2013 at 11:15
Möchte aber auch mal einen von den Guten hier vorstellen: Jens Weinreich.
https://www.jensweinreich.de/2013/01/21/interview-with-lance-armstrongs-bike/
Februar 10th, 2013 at 11:38
Aber oft genug gibt’s auch wirklich was zu lachen durch die Kommentatoren. Wenn ich da an so Klopper denke wie den Beckmann. Ich meine, es war ein Länderspiel mit italienischer Beteiligung. Der italienische Torwart faustet den Ball weg und Beckmann trumpft mit Hintergrundwissen auf: Jaaa, das hat er gelernt, seine Mutter war schließlich italienische Kugelstoß-Meisterin!
Jut, ich weiß nicht sooo genau, ob man in Italien die Kugeln wegfaustet, aber ich stell mir doch vor, dass es bisschen weh tun könnte…
Aber gehören diese depperten Fragen und Kommentare nicht dazu? Ball is rund, Spiel dauert 90 Minuten. Was will man da auch immer groß labern? Bei den meisten Herren, die ich so kenne, gehört es jedenfalls genau so zum Sport, alles besser zu wissen als der dämliche Kommentator. Wenn die auf einmal nicht mehr dämlich wären, wär doch nur noch der halbe Spaß. Lässt sich jedenfalls hervorragend bei einpennen.
Die schon angesprochene Zweitverwertung der Sportjournalisten im Polit-Talk ist dagegen um einiges schwerer erträglich. Da kann ich alle Schmerzen verstehen. Deswegen schau ich es mir auch nicht mehr an.
Februar 10th, 2013 at 11:50
14: Ich vergass, die Metapher hinzuzufügen “im Vergleich zur übrigen Sportjournaille “schon FAST eine Lichtgestalt”!
Februar 10th, 2013 at 12:16
@Uena: Haste ma wieder falsch verstanden. Dem Beckmann seine Mutter war die Kugelstoßerin unn hat ihn immer durch die Küche gefaustet.
Februar 10th, 2013 at 12:28
Ich hab da noch son Phänomen. Fußball, ja? Zum Beispiel gibt es einen Bremer, der heißt Aaron Hunt. Spricht sich “Eren Hant”, mit weichem R. Das können auch alle, niemand nennt ihn “Hund”. Andererseits gibt es da einen, der ist immerhin deutscher Nationalspieler, namens Gündogan. Spricht sich “Gündoan”, ohne g inner Mitte. Nun gibt es den einen oder anderen Mikrofonlutscher, der sich beharrlich weigert, das zur Kenntnis zu nehmen. Ich bin sicher, die haben schon tausende Zuschriften gekriegt, in denen ihnen das erklärt wird. Ist denen aber offenbar wurscht. Was ist das für eine Haltung? “Das ist Deutschland hier, da haben die Türken sich anzupassen” oder wie?
Februar 10th, 2013 at 12:41
flatter: “Wir müssen gewinnen, alles andere ist primär!” Weitere Bonbons hier:
https://www.tu-chemnitz.de/phil/leo/rahmen.php?seite=r_sport/schuld_sprueche2.php
“Wir müssen körperlich und physisch top fit sein.!”
Februar 10th, 2013 at 12:55
Anthony Baffoe
(zu einem weißen Gegenspieler) Du kannst auf meiner Plantage arbeiten.
Februar 10th, 2013 at 13:26
off-topic, mir aber egal, da wohl interessieren dürfte:
“Gegen den Fraktionschef der Linkspartei, Gysi, läuft ein Ermittlungsverfahren. Wie die “Welt am Sonntag” berichtet, ermitteln die Strafverfolger wegen des Verdachts einer falschen eidesstattlichen Versicherung. Gysis parlamentarische Immunität wurde laut ARD-Hauptstadtstudio bereits aufgehoben.”
ajaaaaaaaaaa!
mal unabhängig davon wie man zu gysi steht, ob man also sozialist ist oder nicht, finde ich das eine totale ……………………….. war es nicht mal sinn und zweck der immunität (rhethorische frage!) abgeordnete vor einer verfolgung zu schützen die allein aus politischen gründen (wie auh immer diese taktik aussehen mag) erfolgt???? hallo?
wie sieht es mit der immunität mit — sagen wir mal kohl aus? na, der war wohl immer auf linie
wulff? auch klar.. esm
was für eine farce -,-
Februar 10th, 2013 at 14:10
@13: Es ist ja sicher richtig, dass diese “Interviews” (oder Wortwechsel) nicht als Höhepunkte in die Kulturgeschichte eingehen werden, aber ist das so schlimm? Was soll man auch einen Menschen fragen, der gerade n-mal um das Stadionoval gerannt ist? Ist es da nicht viel schlimmer, wenn man sich da die üblichen Politiker- oder Wirtschaftsinterviews ansieht? Was sagt man einem Klaus Kleber nach seinen dümmlichen Wortwechseln? Und der war nie Sportjournalist.
@altautonomer: „Hass gehört nicht ins Stadion. Solche Gefühle soll man gemeinsam mit seiner Frau daheim im Wohnzimmer ausleben.“ (Berti Vogts)
Immer noch mein Lieblings-Sportlerzitat und spricht für eine lebhafte Ehe bei den Vogts.
Februar 10th, 2013 at 14:32
Literarisch haben sich vor allem Ror Wolf und Eckhard Henscheid um den Fussball und seine Kommentatoren verdient gemacht. Nur mal so als kenntnisreiches Einsprengsel… ;)
Februar 10th, 2013 at 14:40
@wischi(22)
Genau diese “Wortwechsel” (auch schön) hab’ ich gemeint: Der Wechsler iss’n Politnik, “Experte” oder sonst irgenwie …!