Ich bin kein Freund von Petitionen, denn meist sind sie da sinnvoll, wo das Recht, um das ‘gebeten’ wird, eigentlich selbstverständlich sein sollte. Die Menschen sollten lernen, es sich zu erobern, aber am Ende leiden immer auch jene unter dem Unrecht, denen kein Vorwurf zu machen ist und die einfach nicht die Möglichkeit haben, sich durchzusetzen, sei es legal oder nur legitim. Vor allem wenn unmittelbar solche Möglichkeiten beschränkt werden, wenn der “Rechtsstaat” sich herausnimmt, den Begriff “Recht” als bloße Reglementierung aufzufassen, das Recht des Staates, die Bürger zu knebeln, ein Rechtsbegriff, der nicht einmal die Konstruktion eines Bezugs auf Gerechtigkeit zulässt.

Ich kann mich daher Wolfgang Neskovic anschließen und dazu auffordern, die Petition zu unterzeichnen, die verhindern soll, dass die Entrechtung der Armen vor den Gerichten ohne Widerstand durchgepaukt wird. Ein Scheitern dieser Petition wäre vor allem eines vor der Ignoranz einer Maschinerie, die sich immer offensichtlicher der reinen Verwertung verschreibt. Stellen wir fest, ob sich noch Reste einer Rechtsstaatlichkeit finden, die als demokratisch gelten darf. Wir können dann unsere Schlüsse daraus ziehen, wenn der Staat offen dazu übergeht, wieder in Obrigkeit und Untertanen zu diskriminieren.

Grünes Rückgrat

Und wo ich gerade dabei bin, das Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern unter Einfluss der Parteien zu besprechen, geraten mir meine Freunde die Grünen einmal mehr ins Auge. Es ist ihnen inzwischen auf breiter Front vollkommen egal, wie die Wirklichkeit jenseits der funktionselitären Mittelschicht aussieht, sie haben alle ihre Prinzipien verraten und sind zu einer industriefreundlichen, Atomkraft fördernden unsozialen und militaristischen Funktionärspartei verkommen, deren Repräsentanten sich immer häufiger als Lobbyisten schmieren lassen. Diese Haltung führt zwangsläufig zu einem argumentativen Geeiere und Entscheidungen, denen nur der eingefleischte Fan noch applaudieren kann.

In Berlin wird die Treitschkestraße, benannt nach dem glühenden Antisemiten, der uns das geflügelte Wort “Die Juden sind unser Unglück ” bescherte, nicht umbenannt. Die Grünen, die ursprünglich selbst den Antrag zur Umbenennung eingebracht hatten, sehen sich jetzt aber an einen Vertrag mit der CDU gebunden und stimmen gegen sich selbst. Alles andere sei “Vertragsbruch” heißt es einerseits, andererseits stützen sie sich auf die Mehrheit der Anwohner, denen der Stress einer Adressänderung relevanter erscheint als jeder Rest von Anstand. Da plötzlich wird dann Volkes Stimme gehört von denen, die sich sonst ständig hinter ihrer Stellvertreterfunktion verstecken. Polityoga vom Feinsten – wer wissen will, wie biegsam Rückgrat sein kann, ist bei den Grünen bestens aufgehoben.