Was ein Abschied vom “menschenrechtlichen Überschwang” bedeutet, kann wer es wissen will aus Afghanistan erfahren. Dort waren wir zunächst “uneingeschränkt solidarisch”, dann halfen unsere Truppen bekanntlich beim Brunnenbau und verteidigten anschließend “unsere Freiheit am Hindukusch”. Die Aufgabe, die höchste Priorität hatte und auch in Mali wahrgenommen werden soll, ist die Ausbildung der Sicherheitskräfte. Was machen sie denn so, die Polizei und die Sicherheitsdienste? Bereits 2011 wurde berichtet von systematischen Folterungen, und sexuellem Missbrauch in afghanischen Gefangenenlagern.

Der aktuelle Bericht der UN-Mission in Afghanistan zeugt von keiner Verbesserung:

Die UNAMA hat festgestellt, dass die Hälfte (326) von 635 interviewten Gefangenen Misshandlungen und Folter erlebt haben, in 34 Einrichtungen der Afghanischen Nationalpolizei (ANP) und der Nationalen Abteilung für Sicherheit (NDS) zwischen Oktober 2011 und Oktober 2012. Folter, wie sie nach afghanischem und internationalem Recht verboten ist, in Form missbräuchlicher Verhörtechniken, in denen afghanische Beamte schwere Schmerzen und Qualen eingesetzt haben, um Geständnisse oder Informationen zu erzwingen. 14 Methoden von Folter und Misshandlung wurden beschrieben, ähnlich den Praktiken, die bereits zuvor von der UNAMA dokumentiert worden waren.” (Übersetzung von mir)

Ende des Überschwangs

Da ist der Überschwang wohl im Blut ersoffen. Seltsam, und wir dachten, unsere “Hilfe” würde zu blühenden Landschaften führen. Hatten am Ende doch diejenigen Recht, die davon überzeugt waren, dass Krieg nicht zu Frieden und Freiheit führt, sondern zu … Krieg?

Bis heute weiß eigentlich niemand, was die Bundeswehr seit zwölf Jahren dort macht und vor allem wozu. Damit auch gar nicht erst dumm gefragt wird, marschiert sie also bald nach Mali. Das liegt wie der Rest der Welt bekanntlich “vor der europäischen Haustür” und darf kein Rückzugsraum für Terroristen® werden. Daher helfen wir auch dort. Warum? Weil der Islamterrorist Leute erschießt. “Per Kopfschuss”, wie der SpOn heute berichtet. Schrecklich! Zum 50. Jahrestag des Élysée-Vertrages wollen wir daher Seit’ an Seit’ mit dem Franzosen Krieg führen. Ohne Krieg können wir nämlich nicht, also besser miteinander, damit die Kämpfe in den Kolonien nicht zu innereuropäischen Spannungen führen.

Grün ist der Krieg

Der Terrorist ist Islam und Islam der Terrorist. So wie der Taliban, auch ein Islam. Den übrigens müssen wir natürlich töten. Allerdings nicht grausam per Kopfschuss, sondern aus dem königlichen Hubschrauber. Das ist gut und gerecht. Sobald wir dann den Islam zurückgedrängt haben, bilden wir die Guten wieder aus und ziehen ins nächste Gefecht. Ohne Überschwang und Menschenrechte, aber in Verantwortung®. Für die europäischen Handelswege.

kaaditDie Schlüsselposition der Militarisierung deutscher Politik haben übrigens die Grünen inne. Sie sind der Kitt der neoliberalen Front und haben äußerst erfolgreich auf dem Ticket vom Pazifisten den Angriffskrieg als Mittel der Politik wieder eingeführt. Ich rate dazu, jedem dieser Förderer von Folter und Mord genau zuzuhören. Was sie sagen, was sie nicht sagen und was sie tun. Bei der Gelegenheit empfehle ich sehr die Lektüre von Jutta Ditfurths Buch. Die Dame ist nicht jedem sympathisch und nicht unumstritten, aber sie weiß, wovon sie redet und belegt die allermeisten ihrer Aussagen akribisch. Wer wissen will, wie es wieder dazu kommen konnte, erhält einen tiefen Einblick. Geht dazu bitte in den nächsten Buchladen um die Ecke oder ruft einfach dort an. In der Regel ist das Buch am nächsten Tag da. Es gibt keinen Grund, bei Ausbeutern zu bestellen.