Hartmut hat recht. Tatsächlich schaue ich schon in die Nachrichten und rechne mit dem Rücktritt des Kandidaten, was ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des Versagens von Peer Steinbrück wäre. Aber auch wenn er sich durchschlägt bis zum Wahltag, wird er der SPD einige weitere Sargnägel ins Holz geschlagen haben.

bribeNun kann es einem fast egal sein, welches Schicksal die ehemalige “Arbeiterpartei” mit einem erleidet, der es als Lobbyist und gedungener Schönredner von Gnaden des Kapitals zum Millionär gebracht hat. Interessanter ist die Frage, wie der Laden funktioniert. Wo sind die SPD-Mitglieder, die jetzt unnachgiebig Antworten fordern auf die Frage, wie diese Nominierung zustande kam? Wer mit wem gesprochen hat, wer wann was entschieden hat und mit wem besprochen wurde, dass die Kandidatur öffentlich gemacht werden sollte, bevor jedwede Gremien befragt wurden.

Steinbrück ist der Typ des Adabei, der eingeladen wird, bevor er eine relevante Position innehat. (“Adabei” bedeutet “auch dabei” und meint vermeintlich Prominente, die in den Zirkeln der Wichtigen geduldet werden, um sich gebauchpinselt zu fühlen. Wenn man sie dann einmal braucht, hat man einen kurzen Draht.) Das ist immer ein Risiko. Als Schröder von Maschmeyer, Hartz und Konsorten umgarnt wurde, war er immerhin schon Ministerpräsident und ein echter Anwärter auf die Kanzlerschaft. Steinbrück hat noch nie etwas zustande gebracht, ist noch nie gewählt worden und hat nicht einmal Rückhalt in der Partei. Wer kam auf die Idee, ihn zu pushen und warum?

Wer was wann wo?

Ganz nebenbei musste einmal mehr alles über den Haufen geworfen werden, was SPD-Funktionäre vorher angekündigt hatten, und zwar wegen eines ernsthaften Konkurrenten für die zurückgetretene Karikatur im Amt des Bundespräsidenten, wenn es um die Auszeichnung “Offene Hand des Jahres” geht. Das beginnt mit Steinbrück selbst, der lange damit kokettiert hatte, ein einfacher Abgeordneter ohne Ambitionen zu sein, und endet beim Parteivorsitzenden, der behauptet hatte, die Partei in wichtige Entscheidungen einzubeziehen. Sogar Sympathisanten sollten gefragt werden. Mehr Demokratie sollte es werden. Bei der ersten Gelegenheit wurde ein Hinterzimmerputsch daraus.

Das Erfreuliche daran ist der grandiose Misserfolg, der sich da andeutet. Dieser führt zu Unmut und wirft Fragen auf. Ich rechne nicht ernsthaft damit, dass wirklich jemand auf den Busch klopft in der Partei. Die Gelegenheit war aber noch nie so günstig, etwas über die Entscheidungswege im Hintergrund zu erfahren. Dazu muss man Siggi Pop wohl die Kelle aus der Hand nehmen und die Granden zur Aussage zwingen. Wer sollte das bewerkstelligen? Wohl niemand. Schade.

Das Schlimmste, was jetzt passieren könnte, wäre ein schneller Rücktritt Steinbrücks (von einem Amt, das er gar nicht hat) und eine aussichtsreichere Nominierung, die das Parteivolk fix “versöhnt”. Das könnte derzeit ggf. Hannelore Kraft bewerkstelligen. Die Dame sollte man ohnehin in Zukunft beobachten; vor allem die Kreise, in denen sie sich bewegt. Ich würde glatt ein paar Taler drauf wetten, dass sie zumindest sehr bald gefragt werden wird. Bislang konnte man sich nämlich darauf verlassen, dass die Spezialdemokraten immer den Worst Case gewählt haben.