Auf dem 29c3 (Kongress vom CCC) gab es von Katharina König und Heike Kleffner einen Vortrag über den NSU [gut 300Mb, weitere Dokumente und Streams gibt’s hier], die Nazis und die “Dienste”. Ein hervorragender Überblick über die Verstrickungen und Strukturen sowie Berichte aus den Untersuchungsausschüssen. Inbesondere ab ca. Minute 27 hagelt es Namen von V-Leuten, die in der Nazilogistik ganz weit vorn sind.

Die Autorinnen kommen zu dem eindeutigen und belegten Urteil, dass ohne die staatlichen Dienste die Neonazis keine solchen Netzwerke hätten betreiben können und diverse Gewalttaten nicht geschehen wären. Dabei sind Hintergründe jenseits der auf den NSU fokussierenden Betrachtung noch gar nicht berücksichtigt, wie etwa das Thule-Netz, historisch gewachsene Strukturen in den Diensten oder der maßgeblich von Altnazis gegründeten Geheimdienst der CDU in den 70ern.

Damit sind wir auch bei einem nicht ganz unwichtigen Detail, mit dem ich nicht recht einverstanden bin. Zwar treten die Damen sehr forsch auf und fordern die richtigen Konsequenzen aus dem braunen Sumpf rund um die Verfassungsschutzstaffel, auch sie sprechen aber bedauerlicherweise von “Versagen” und “Inkompetenz”, sind völlig festgelegt auf die Perspektive, dass es sich bei den Vorgängen nicht um Vorsatz handelt.

Der Staat als Täter

Ich halte das für tendenziell fahrlässig. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich im Verfassungsschutz von Bund und Ländern, aber auch in MAD, BND und den politischen Polizeien gefestigte rechtsextreme Strukturen finden, und zwar ungebrochen seit Gründung der Bundesrepublik, mag man unterschiedlich einschätzen. Man kann diese Möglichkeit aber keineswegs ausschließen. Selbst wenn man glaubt, da hätte der Schwanz mit dem Hund gewedelt und braune Kameraden hätten die Dienste ‘missbraucht’ und zum Narren gehalten, muss man sich darüber im Klaren sein, dass ohne die Unterstützung von Überzeugungstätern in den höheren Ebenen der Behörden nicht solche Zustände hätten etabliert werden können.

Am Ende würde es ohnehin zu einer akademischen Frage, ob die Indifferenz der Behörden gegenüber Mord und anderen Gewalttaten gegen Ausländer und Randgruppen überhaupt von einer überzeugten Unterstützung zu unterscheiden ist. Die Dienste sind zutiefst mit den Nazinetzwerken verflochten. Auf die Frage, was sie damit bezwecken, fällt mir keine Antwort ein, die den Staat nicht mindestens zum Mittäter macht.