Das Wort “sparen” hatte ursprünglich die Bedeutung “erhalten, schonen”. Etwas nicht zu verändern, schon gar nicht zu zerstören, sondern es zu schützen war der Gedanke, der dahinter stand. Was in der Propaganda inzwischen so genannt wird, ist das glatte Gegenteil, eine weitere Attacke des Neusprechs, der immer blöder Gewalt, Grausamkeit und Elend als Wellness verkauft. Beim Begriff “sparen” geht das einher mit dem Geldfetisch, der neben seiner eigenen Mathematik auch seine eigene Logik erschafft und zwangsläufig in Schizophrenie mündet.

Selbst im Sinne der Finanzen bedeutet “sparen” etwas zu erhalten. Sparen kann man vom Überfluss, es wird eben etwas beiseite gelegt, anstatt es dem Konsum zuzuführen. In diesem Zusammenhang mag man darüber streiten, ob Investitionen ebenfalls “Sparen” bedeuten. Sie bedeuten aber ganz sicher nicht Konsum, denn ihr Sinn ist nicht der unwiederbringliche Verbrauch von Ressourcen, der die Substanz verringert, sondern im Gegenteil ein Wachsen der Substanz – wenn sich die Investition amortisiert.

Der Staat zahlt immer

Die unerträgliche FDP in Gestalt des selbst ihr unerträglichen Vorsitzenden Philipp Rösler ruft einmal mehr nach Maßnahmen, die dem neoliberalen Markenkern entsprechen. Heute sind es Verkäufe von Staatsbeteiligungen. Wie sich schon angesichts der Versilberung von Telekom, Post, Energieunternehmen und anderem gezeigt hat, lassen sich mit den Betrieben enorme Gewinne erzielen. Wo das nicht dauerhaft gelingt, wird eben eine Weile geplündert, finden Massenentlassungen statt, werden Löhne gedrückt, und wenn das nicht reicht, wird die Leiche dem Staat vor die Tür gelegt. Soll der sich dann um den Erhalt der Infrastruktur kümmern.

Dabei wird massiv Substanz abgebaut. Es sind nicht nur Werte, die weg sind, sondern auch laufende Einkünfte, die wegbrechen. Natürlich wird das schöngerechnet, weil der Anteil, den der Staat bei Privatisierungen mitbezahlt, immer außen vor bleibt: Die Kosten für Entlassungen und Lohnsenkungen zahlen nämlich alle. Werden derart Gewinne erst möglich, heißt es nachher, “der Staat” könne “nicht mit Geld umgehen”. Staatsbeteiligungen haben den Staat noch nie ärmer gemacht; Privatisierungen schon. Man muss sich allerdings irgendwann klar machen, dass “der Staat” keine anonyme Bürokratie ist, sondern die Gesamtheit der Bürger und deren Verwaltung.

Kurze Leine, Stachelhalsband

Das Verhökern von Substanz also – sicher zu günstigsten Konditionen an die Privatiers, die sie übernehmen – nennt Rösler “sparen”. Ernsthaft. Wenn ich Aktien verkaufe, was hat das dann mit “sparen” zu tun? Auch wenn theoretisch (tatsächlich ist das seltenst der Fall) der Abbau von Schulden eine gute Investition ist, bedeutet das eben nicht zu “sparen”. Volkswirtschaftlich betrachtet, muss man solche Maßnahmen mit äußerstem Bedacht treffen. Nur wenn man mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen kann, dass die ggf. verminderten Zinsen am Ende mehr ausmachen als der Verlust an Einkünften und Investitionsmöglichkeiten, ist es sinnvoll, massiv Schulden abzubauen.

Was Rösler predigt, ist dasselbe, was die Warlords des Kapitalismus überall vorantreiben: Einschränkung, englisch “Austerity”. Daher ist mit dem etwas sperrigen Begriff “Austerität” immerhin einer im Umlauf, der sagt, was ist. Der Staat – das heißt die öffentlichen Haushalte ebenso wie die Bürger – soll immer weiter eingeschränkt werden, soll bewegungsunfähig sein, an der kurzen Leine des Kapitals herumgezerrt werden. Erst wenn es (scheinbar) keine Möglichkeit mehr gibt, selbst Entscheidungen zu treffen, weil alles unter Finanzierungsvorbehalt steht und kein “finanzieller Spielraum” mehr besteht, herrscht das Kapital absolut über den Staat. Das ist das Programm. Das nennen sie “sparen” und das nennen sie “Freiheit”.