weitoIch fühle mich derzeit häufig in die 80er Jahre zurückgeworfen. Ein Grund dafür sind Debatten, die beizeiten mit dem Label “Feminismus” behaftet wurden. Die Geschichte der Kärtchen auf dem CCC-Kongress ist so eine, die um die Zoten und Anzüglichkeiten Rainer Brüderles eine andere. Es scheint keinen Schritt vorwärts gegangen zu sein, das wundert mich auch überhaupt nicht. Dass die Reaktion ganze Arbeit geleistet hat, darf man wohl annehmen. Dass die publizistisch erfolgreiche Variante des “Feminismus” das ihre dazu tat, ist ebenso zu diagnostizieren.

Was zuletzt als postmoderner Feminismus die Runde machte, war noch reichlich blöder als das, was Alice Schwarzer verbockt hat. Der Spackenporno einer Charlotte Roche und ihre Begrenztheit höchstselbst durften in der Öffentlichkeit suggerieren, die Frauenbewegung würde endlich dafür sorgen, dass es nicht so öde ist beim Ficken. Ich bin zwar kein Feminismusfachexperte, aber es dürften fraglos diverse Schreie ungehört verhallt sein, die dieser finalen Demütigung nach dem Sieg der Reaktion folgten. Darf man deshalb dankbar sein, wenn jetzt immerhin wieder die halbhirnigen Symboldebatten losgetreten werden?

Nach dem Scheitern die Demütigung

Ein fröhlicher Schwätzer wie Brüderle ist ein Symptom für das völlige Scheitern der Attacken auf die Symbole des Patriarchats. Es half kein großes I, kein Kampf gegen den Chauvinismus der Stehpisser und keine Diskriminierung von Männern und Frauen. Wie denn auch? ‘Divide et impera’ heißt das Spiel. Was die Frauen unterdrückt, unterdrückt auch Männer. Der Kollateralschaden des Machogehabes uneingestanden selbst unterdrückter Wichshähnchen und die Zoten bierseliger Männerrunden sind vielleicht der Schokostreusel. Wir müssen aber den Kakao auslöffeln, durch den wir – Männer und Frauen – ständig gezogen werden.

Ja, schon wieder ist die Rede von dem K-Wort. Technisch betrachtet, müsste so etwas wie Feminismus eigentlich im Sinne der Männer sein. Technisch betrachtet, weil mindestens 80% der Menschen nichts zu sagen haben. Weil immer mehr in schiere Lebensnot geraten. Weil der Kapitalismus ein Regime führt, das immer mehr Menschen überrollt und zurücklässt. Was mag das mit einer Stärkung der Rechte, nein der Macht von Frauen zu tun haben? Ganz einfach: Wenn man Unterdrückung und Entrechtung beenden will, müssen die Unterdrückten sich holen, was ihnen zusteht. Bei aller grundgesetzlich ‘garantierten’ Gleichheit weiß aber jeder, dass die Frauen noch übler ausgebeutet werden als die Werktätigen insgesamt.

Wir sagen ja zu diesem System

Was läge also näher, als diese ‘Gruppe’ – Frauen, die nicht einmal eine Minderheit sind, sondern die Mehrheit – mit aller Macht zu unterstützen? Männer, die sich nicht länger herumschubsen lassen wollen, müssten geradezu fordern, dass Frauen sofort real gleichgestellt werden. Mindestens, denn sie haben einiges zu korrigieren, also müsste man die Machtverhältnisse zwischen Mann und Frau vielleicht sogar auf den Kopf stellen.

Was steht dem nun entgegen? Ach ja – die soziale Marktwirtschaft® ist ja unantastbar. Wer etwas anderes will, ist nämlich linksradikal. Das kann niemand wollen, darum bekommt es auch niemand zu hören, zu sehen oder zu lesen. Auch in dieser Hinsicht ist übrigens das Reaktionärste, was der Markt zu bieten hat, “grün”:

Zumindest uns als zweite Generation interessiert es nicht, wie ihr euren Frieden mit der sozialen Marktwirtschaft gemacht habt. Hauptsache, es ist so. Für uns stellte sich die Systemfrage nur kurz, dann war für uns klar, daß wir ja zu diesem System sagen, obwohl wir seine Fehler erkennen und beheben wollen.” [Man beachte die Unterzeichnerliste]

Das Falsche am Falschen zu erkennen und zu beheben, ohne es infrage zu stellen – höchste politische Kunst, für die man wahrhaft fest im Glauben sein muss. Das geht wiederum am besten, indem man sich ganz und gar in Symbolik versenkt und keinen Gedanken zulässt, der die Rituale durchbricht.