Es ist schon putzig. Da raunt es allüberall in den herbstlich-matschigen Blättern “Kapitalismuskritik”, aber so recht kommt man nicht zur “Kritik”, weil es mit dem Kapitalismus schon nichts wird. Der ist nämlich, wo von ihm gesprochen werden darf, nur das Böse, das sich in die gute Marktwirtschaft eingeschlichen und die perfekte Welt mit der fiesen Gier infiziert hat.

Hätte man ein weniger infantiles Bild von der schnöden Wirklichkeit, man scheute sich nicht davor, das K-Wort auch dort einmal in Anschlag zu bringen, wo der Teufel das Detail durchseucht hat. Wirtschaft hat nichts mit Moral zu tun, höchstens mit deren konsequenter Abwesenheit. Weil aber die Buchstabenfinken so nicht denken können und dürfen, suchen sie bei jedem hässlichen Auswuchs, den das Phänomen hervorruft, nach einem Schuldigen, der sich vermeintlich leichter findet als die Ursachen. So gibt es etwa Schuldige am Urheberrecht, nämlich die bösen Raubkopierer, die dagegen verstoßen. Die Bösen, die den Künstlern die Butter von Brot nehmen, weswegen deren fürsorgliche Beschützer, die Verlage, strengere Urheberrechte fordern. Und härtere Strafen, was den Konservativ natürlich freut, denn er mag härtere Strafen.

Marktwirtschaft® vs. das Böse

Und natürlich müssen die herben Verluste, die das böse Gesindel den armen Urhebern beibringt, wieder reingeholt werden. Dazu tragen härtere Strafen nur geringfügig bei, also braucht es andere Möglichkeiten. Zum Beispiel die, die “Rechte” der Verlage immer länger zu “schützen”. 70 Jahre lang sollen künftig auch Musikstücke darunter fallen, so dass jeder, der eines spielt, vervielfältigt oder öffentlich hörbar macht, zur Kasse gebeten werden kann. Neueste Erklärung dafür: Die armen Künstler hätten dann auch im Alter etwas davon. Die. Künstler. Im. Alter.

Auch das könnte irgendwann jemandem auffallen, dass die Lügen immer blöder werden, wenn es darum geht, sorry, Profite niemals so zu nennen und sie immer, grundsätzlich und nur zu sozialen Errungenschaften zu verklären. Schon das Wort findet man in kaum einem Text zu wirtschaftlichen Zusammenhängen. Praktisch nie wird auch nur in Erwägung gezogen, irgend etwas könnte aus Profitinteresse geschehen.

In einer Zeit, in der aber aus allem und jedem noch das letzte herausgequetscht werden muss, in der längst die Gesetzgebung zum Instrument des Kapitals geworden ist, zur grenzenlosen Vermarktung aller Lebensbereiche, werden die Erklärungen dazu, die sich das K-Wort und das P-Wort streng verbieten, zum schieren Irrsinn. Wenn ein breiter Konsens herrscht darüber, dass zwei plus zwei fünf ist, dann ist das keine Willkür der Herrschaft. Es ist der gnädige Wahn, der einzig noch dazu taugt, den inneren Zwang erträglich zu gestalten.