Es ist schon erstaunlich: Für die FAZ frotzelt Patrick Bernau über “vier Ökonomen” mit “fünf Meinungen”, um dann festzustellen, sie seien sich doch einig, übersieht aber das Wichtigste: Die verbotene sechste Meinung. Das äußert sich schon in seinem Fazit, als er es fertigbringt, die selbst aufgeworfene Frage zu ignorieren: Wie kann man das Geld “einsammeln”, von dem es “zu viel” gibt? Eine Frage, für die man nichts studiert haben muss und die auch noch keinen Marxismus auf den Plan ruft. Man muss es eigentlich nur lesen: “Geld einsammeln”. Seit der Antike kennt man diesen Vorgang als “Steuern erheben”. Der Neoliberaal darf aber das nasse Zeugs, das im Winter gefriert, nicht “Wasser” nennen. Putzig.
Natürlich hätten wir’s gern auch einmal tiefgründiger und täten wissen wollen – Steuern hin oder her, wieso überhaupt hie die Wirtschaft nichts zu tun hat und dort die Kohle Halden bildet. Wieso obendrein bei einer Arbeitslosigkeit in Europa, die auf die 20% zugeht und längst die kommende Generation abgehängt hat, von “Vollbeschäftigung” geschwafelt wird und die Ursache der Arbeitslosigkeit bei den Arbeitslosen gesucht.
Immer mehr Faulheit
Kurzum: Es wäre dann vielleicht doch an der Zeit, über den tendenziellen Fall der Profitrate im Kapitalismus zu sprechen? Die ihren empirischen Nachweis findet, wohin man auch schaut? Darf man also diskutieren, was zu tun ist, wenn das Kapital sich unter sinnvollen und zweckdienlichen Bedingungen nicht mehr vermehren kann und was dann passiert? Was macht also der Privateigentümer, wenn all sein Geld in der Produktion und den Dienstleistungen keine Rendite mehr abwirft? Wenn die Löhne zu Boden gedrückt, die Produktivität nicht mehr zu überbieten ist und schon alles, was einmal der Allgemeinheit gehörte, an die Privatiers verscherbelt wurde?
Er hält an seinem Glauben an “Wachstum” fest, wo es längst keines mehr geben kann. Er erfindet Geschäfte, die es gar nicht gibt, schließt Wetten auf alles und jedes ab und sieht zu, dass er am Ende die lebensnotwendigen Ressourcen an sich bringt: Immobilien, Energie, Nahrung, Wasser. Dann wird der Rest aus dieser Welt rausgequetscht. Danach wird er versuchen, das Universum zu verkaufen: Sonne, Mond, Sterne, die Wörter der Sprache und die Luft zum Atmen. Ähnlichkeiten mit der tatsächlichen Entwicklung sollen bereits erkennbar sein.
Dabei wird er stets behaupten, das alles sei notwendig, um Arbeit zu schaffen. Arbeit, die trotz aller Produktion für die Tonne und der skurrilsten Geschäfte nicht mehr entsteht.
Der leider nicht mehr ganz profitabel produzierte Zeitgeist hat auch dafür eine Erklärung: Weil es immer mehr faule Leute gibt. Die muss man nur bestrafen und im Elend allein lassen, dann hat es eine Eigenverantwortung und alles wird besser. Und der Mond ist aus grünem Käse, das Kilo jetzt für unerhört günstige zwölf Euro neunundneunzig.
September 9th, 2012 at 14:27
Yawn .. wieder welche die erklären wollen das “gib mir die Welt+5%” doch funktionieren kann ..Tschakka !
September 9th, 2012 at 15:23
@flatter, wollen wir uns nicht das alphabet patentieren lassen? dann muss jeder, der einen buchstaben verwendet, an uns eine nutzungsgebühr bezahlen.
September 9th, 2012 at 15:38
klaus baum
Mir reicht das E in allen Varianten auch diese -> € ;-)
September 9th, 2012 at 15:39
@klaus baum
Nennt man das nicht Leistungsschutzrecht?
September 9th, 2012 at 15:48
gibt es nicht dieses spiel, in dem man bereits vokale kaufen muß? ich kaufe ein €.
September 9th, 2012 at 17:21
Aber irgendwann muss doch da der große Knall kommen und dann die Frage: “Wem nützt es LETZTendlich?”
September 9th, 2012 at 17:31
Benjamin
“Wem nützt es LETZTendlich?”
Keinem ! Aber bis dahin den Besitzenden..und wer will schon an morgen denken ;-)
666
September 9th, 2012 at 17:45
In dem Dorf, in dem ich lebe, lebten vor 60 Jahren 95% aller Einwohner von der Landwirtschaft.
Es gab kaum Maschinen und die Landwirtschaft war eine Heidenarbeit. Meine Mutter (74 Jahre alt) erzählt ab und zu wie viele Arbeitsschritte und Menschen nötig waren, um z.B. das Getreide zu ernten.
Heute gibt es gerade noch fünf Familien im Dorf, die Landwirtschaft betreiben. Trotzdem sind die Erträge
höher als damals (relativ und absolut).
Verdanken können wir dies dem Traktor und dem Mähdrescher und damit dem Fortschritt.
Jetzt sollten wir eigentlich froh sein, dass so wie hier im Dorf in ganz Deutschland 94% der Leute nicht mehr für die Landwirtschaft benötigt werden und wir trotzdem alle genügend zu Essen haben. So wie in der Landwirtschaft verhält es sich inzwischen in beinahe allen Industriezweigen auch. Daher sollte man sich gemeinsam überlegen, was wir mit der gewonnenen Freizeit anfangen wollen. Oder wir können sinnentleert für alles nur Profit suchen und sagen, dass die Menschen nur dann etwas tun sollen, wenn hieraus ein Profit entsteht.
Diese Gesellschaft hat eine Sinnkrise und das
äußert sich darin, dass die heute nicht mehr benötigten Leute als Faulenzer beschimpft werden
anstatt dass man sich gemeinsam überlegt, was
getan werden sollte oder auch müßte. Aber hierzu
wäre in Deutschland endlich Demokratie notwendig denn die Märkte und damit der Profit als solches können einer Gesellschaft keine Richtung geben, die menschenwürdig ist.
September 9th, 2012 at 17:47
Das Problem ist ja, dass sie das Siechtum in unendliche Längen ziehen können. Sie können schließlich unendlich viel Geld drucken. Und nichts anderes machen sie gerade. Letztendlich kann kein Politiker dem süßen Gift der Notenpresse widerstehen. Am Ende kriegen die Bangster alle (sogar Frau Murksel).
Während das Wirtschaftswachstum asymptotisch gegen Null geht, geht das Geldmengenwachstum asymptotisch gegen unendlich.
Das ist die Weltformel, die gerade praktiziert wird.
September 9th, 2012 at 18:39
Ich bin eigentlich nicht prinzipiell dagegen, dass die Wirtschaft mit Hilfe der Technik und Rationalisierung wächst. Nur, dann müssen die damit zusammenhängenden Probleme gelöst werden, zum Beispiel, dass soundsoviel Millionen Menschen dann einfach kein lebenswürdiges Einkommen mehr haben, weil sie keine bezahlte Arbeit haben. Notwendig wäre, dass vor allem die Arbeitszeiten gesenkt werden, dass also mehr Leute Arbeit finden. Aber das geht gegen den Strich jedes Unternehmers, der so billig wie möglich produzieren will. Aber irgendwann müssen wir dahinkommen. Es ist nicht mehr die Frage, ob, sondern nur noch die Frage: wann.
September 9th, 2012 at 18:56
@ Schrödibar:
“Während das Wirtschaftswachstum asymptotisch gegen Null geht, geht das Geldmengenwachstum asymptotisch gegen unendlich.
Das ist die Weltformel, die gerade praktiziert wird.”
Sehe ich ebenfalls so. Aber – wie schon oft hier und woanders geschrieben, es sind die Taten, die diesen Umstand erhalten und es gibt sehr viele Bürger, die nicht mal den Adelsstatus haben und dieses System brav beklatschen.
Die aktuelle SPD-Trojaner Bande um den Gabriel hechelt ja wie wild um die Basis Rente und den 40 Jahren Berufstätigkeit. So ein schmieriges Theater. An dem ganzen Mist waren die Leutz mit verantwortlich. Naja, vielleicht ist ja etwas im Wasser, was das Volk vergessen läßt. SPD Versprechen sind nur bis zur Wahl gültig – siehe Gazz-Gerd.
September 9th, 2012 at 19:01
Ich durfte selbst miterleben wie der Roboter zuschlug.
Von Taktzeit 90 sec. mit 8 Robotern und 8 Mann pro Schicht
Zu Taktzeit 74 sec. mit 47 Robotern bei 4-5 Mann pro Schicht
Bei einem grande Automobilhersteller in Bawaria, das war 2002, keine Ahnung wo die jetzt sind.
Lasst uns für die 24 Std. Woche bei vollem Lohnausgleich kämpfen, Überstunden 100% Zuschlag, und Rente mit 50 bei 75%.
Wer macht mit???
Und, Ich hätt gern 2 Kilo Mond ;)
September 9th, 2012 at 20:00
Leute, was bin ich froh, dass ich in Thüringen wohne. Da ist die Welt noch in Ordnung. Wir wachstumen uns gerade zu Tode, wenn ich dem Wurstblatt Glauben schenken darf…
September 9th, 2012 at 20:20
“Es wäre dann vielleicht doch an der Zeit, über den tendenziellen Fall der Profitrate im Kapitalismus zu sprechen?”
Um Gottes Willen, Flatter. Das ist doch Marx und der ist doch widerlegt, weil die DDR untergegangen ist;-).
Dann doch lieber auf dem Holzweg bleiben und darüber diskutieren, ob die Bretter längs oder quer angenagelt sein müssen, damit es weitergeht.
September 9th, 2012 at 20:35
totschka
Leute, was bin ich froh, dass ich in Thüringen wohne.
….im Land des Verfassungsschutzes® und der vorsorglich geschredderten Akten, rundum Sicher® :D
September 9th, 2012 at 20:56
#12 Brissante
In der Zeitungsdruckerei wo ich vor 10 Jahren als Schüler an der Maschine stand um mir den Urlaub zu finanzieren hat sich die Anzahl der Arbeiter etwa halbiert seit vor ein paar Jahren neue Druckmaschinen angeschafft wurden. In 20-30 Jahren wenn es Zeitungen auf LCD-Folien geben wird, hört diese Branche komplett auf zu existieren. Die Ausbildungsberufe die es noch gab als mein Vater vor 50 Jahren in der Druckindustrie anfing – wie Bleigießer und Setzer – gibt es schon lange nicht mehr.
Mit zunehmender Robotisierung werden in den nächsten Jahrzehnten vermutlich jedwede manuelle Industriearbeiten wegfallen. Autos werden von Robotern gebaut die ihrerseits von anderen Robotern gebaut und gewartet werden. Dieser Wegfall von hunderten Millionen von Arbeitsplätzen kann niemals durch neue Berufe im Dienstleistungsgewerbe aufgefangen werden – global wird die Arbeitslosigkeit deshalb immer mehr zunehmen.
#10 Espanola:
Der wesentliche Effekt einer größer werdenden Reservearmee an Arbeitslosen ist der steigende Druck auf die Arbeitnehmerseite, Arbeit zu immer schlechteren Bedingungen anzunehmen. Die Verhandlungsmacht im Ringen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber wird sich immer weiter zu den Arbeitgebern verschieben.
Keynes glaubte dass wir dank der Automatisierung Heute eine 20 Stunden-Woche haben würden. Die zweite Möglichkeit, nämlich die Schaffung einer neuen Unterklasse an Arbeitslosen und Unterbeschäftigten (das sind gegenwärtig in Deutschland 10 Millionen, also fast ein Viertel der arbeitsfähigen Bevölkerung zwischen 18 und 65) hat er nicht vorausgesehen.
Die Grundprämisse des gegenwärtigen Kapitalismus wird in absehbarer Zukunft nicht mehr funktionieren – Diese würde ich subsummieren als: Nur wer arbeitet, darf auch essen.
Das dominierende Menschenbild der Gegenwart ist leider sehr konservativ und geht davon aus dass der Mensch in einem solchen Zwangssystem zum Arbeiten gezwungen oder doch zumindest genötigt werden muss.
Eine positive Arbeitsethik die von der Grundprämisse ausgeht dass Menschen gerne arbeiten wenn sie ihren Beruf als sinnstiftend empfinden, ein gutes Betriebsklima und eine gute Bezahlung haben, wenn sie Wertschätzung erfahren und mit Respekt behandelt werden, diese Einsicht ist bei unseren konservativen Eliten unbekannt.
Sie sehen die Plebejer wie ehedem als eine Klasse der Unmündigen, deren innewohnende Unterwürfigkeit nur durch Zuckerbrot und Peitsche zu ihrer natürlichen Vollendung gebracht werden kann. Für Frau Springer, Frau Mohn und Frau Quandt sind wir keinen Deut anders als die Ameisen welche den Pharaonen ihre Pyramiden bauen mussten.
The more things chance, the more they stay the same.
September 9th, 2012 at 21:24
@totschka:
“Leute, was bin ich froh, dass ich in Thüringen wohne.”
Du hast noch bis 2016 gut lachen, denn dann will die EU im gesamten Raum ihres Einflusses unbemannte Drohnen aufsteigen lassen. Unsere bürgerfreundliche Regierung hat ja Dez. 2011 den Weg in diesem ahnungslosen Land geebnet.
Aber ich will mich nicht aufregen, hat doch unser BP gerade beim Volksfest gefühlte Tausende umarmt/umgarnt, wenn man der ZEITung glauben darf. So eine Zustimmung, ja, herzlichst und bewundernd von der Presse geschrieben.
Kein Wunder, wenn hirntote Zombies hier im Lande bravo rufen, sobald der Mächtige sich in den Sattel schwingt um dem Fußvolk seine Sicht der Dinge zu präsidentieren. So wird das nichts mit Veränderungen. Weder BanKSTer, noch Contentmafia oder ähnliche Konsorten.
@bademeister:
“Die Grundprämisse des gegenwärtigen Kapitalismus wird in absehbarer Zukunft nicht mehr funktionieren – Diese würde ich subsummieren als: Nur wer arbeitet, darf auch essen.
Das dominierende Menschenbild der Gegenwart ist leider sehr konservativ und geht davon aus dass der Mensch in einem solchen Zwangssystem zum Arbeiten gezwungen oder doch zumindest genötigt werden muss.
Eine positive Arbeitsethik die von der Grundprämisse ausgeht dass Menschen gerne arbeiten wenn sie ihren Beruf als sinnstiftend empfinden, ein gutes Betriebsklima und eine gute Bezahlung haben, wenn sie Wertschätzung erfahren und mit Respekt behandelt werden, diese Einsicht ist bei unseren konservativen Eliten unbekannt.”
Mein Zustimmung. Viele Bürger wollen genau diesen Zustand, wobei sie ihre Rechte abgeben, so, als wären sie noch nicht unterwürfig genug. Hart wurde gekämpft, damit der Lohnabhängige noch mehr am Tropf zappelt und um weniger bettelt, weil “Hauptsache Arbeit” – Rentenarmut wird gänzlich verdrängt.
September 9th, 2012 at 22:26
Schön, dass die Produktivitätsexplosionen in der Landwirtschaft angesprochen wurden, damit versuche ich auch gerne zu erklären, dass diese ganze Fixierung auf “Aaaaarbeit” völlig hirnrissig ist. Seit Menschengedenken versucht der Mensch, sich die fürs Überleben notwendige Arbeit zu erleichtern, damit ihm Zeit für sich bleibt. Aber mit seiner freien Zeit kann er dann ja auch nix anfangen, weil ihm von Kleinauf eingeredet wird, nur wer aaaaarbeite, fleißig sei, jemand wäre.
Der Mensch hat Grundbedürfnisse, die lassen sich heute zu großen Teilen mit geringstem Aufwand maschinell herstellen; auch für eine eigene Bleibe wäre bei ausreichend umverteiltem Wohlstand für jeden drin. Das Problem, dass Roboter, die Autos bauen keine kaufen interessiert aber niemanden. Der Kapitalismus mag ja noch einigermaßen funktionieren, wenn er die Menschen ausbeutet – aber diesen wenigstens einen Lohn zahlt, der wieder in den Kreislauf zurückfließt… Es ist aber heute so, dass der komplette Mehrwert, der durch maschinell bedingte Produktivitätszuwächse entsteht nur noch beim Kapital hängen bleibt.
Das gegenwärtige System ist auch zum großen Teil pure Herrschaftssicherung. Divide et impera und Reservearmee. Und mit am wichtigsten: Man beschäftigt die Hamster in mehrfacher Hinsicht, die ansonsten auf dumme Ideen kommen könnten… also pfercht man einen Teil davon mindestens 40 Stunden die Woche in Jobs und lässt sie ackern. Da verlieren die allermeisten die Lust, sich am Feierabend noch grundsätzliche Gedanken zu machen (unzählige Male so gehört)!
September 9th, 2012 at 22:59
….und Samaras eröffnete den Griechen: „Dies werden die letzten Kürzungen sein“. Amen.
Sowas habe ich doch schonmal von anderer Seite gehört? Ach, bestimmt nur ein Traum. Soweit von der Wachstums- und Beschäftigung-für-alle Front.
September 10th, 2012 at 06:02
An diesem Diagramm ist was faul
Das größte deutsche Wunder geschah unter unserem liebsten Adolf, nicht nach dem Krieg
Das Trick mit dem funktionierenden Kapitalismus besteht immer darin, diejenigen zum Teufel zu schicken, die “wissen” wie die Marktwirtschaft funktioniert
September 10th, 2012 at 09:21
Dennis82
So schaut’s aus .. wie oft schon runtergeleiert, hilft’s was ..? Die Herde will seinen Schäfer..blabla und besonders den Zaun drumherum ..
September 10th, 2012 at 09:22
Wieso obendrein bei einer Arbeitslosigkeit in Europa, die auf die 20% zugeht und längst die kommende Generation abgehängt hat, von “Vollbeschäftigung” geschwafelt wird und die Ursache der Arbeitslosigkeit bei den Arbeitslosen gesucht.
Wiederherstellung des Leistungsprinzips ‘ex negativo’…
September 10th, 2012 at 09:50
@ totschka:
Damit haben wir doch nun ausreichend Erfahrung als gelernte DDR-Bürger. Die hochgesteckten Plan-Ziele wurden ihrerseits nochmals übererfüllt. Also auch im Osten nichts Neues. ;-)
Aber schön, dass in den Kommentaren so eindeutige Stellungnahmen dazu erfolgt sind. Es kann nunmal nicht dauerhaft und allüberall Sch… zu Gold (v)erklärt werden.
September 10th, 2012 at 10:04
@Lutz Hausstein: So sehen sie halt aus, die “blühenden Landschaften”. Die Idee dazu scheint schon älter zu sein: Die heutige Ausgabe enthielt einen Bericht der tatsächlichen Produktion, aus dem hervorging, daß die Voraussagen in jeder Sparte grob unrichtig waren. Winstons Aufgabe bestand nun darin, die ursprünglichen Zahlen richtig zustellen, indem er sie mit den späteren in Übereinstimmung brachte. Was die dritte Botschaft betraf, so bezog sie sich auf einen ganz einfachen Irrtum, der in ein paar Minuten eingerenkt werden konnte.
Noch im Februar hatte das Ministerium für Überfluß ein Versprechen verlautbaren lassen (eine »kategorische Garantie« hieß der offizielle Wortlaut), daß während des Jahres 1984 keine Kürzung der Schokoladeration vorgenommen werden würde. In Wirklichkeit sollte, wie Winston nun wußte, Ende dieser Woche die Schokoladeration von dreißig auf zwanzig Gramm herabgesetzt werden. Man brauchte nun nichts weiter zu tun, als statt des ursprünglichen Versprechens eine warnende Äußerung zu unterschieben, daß es vermutlich nötig sein würde, die Ration im Laufe des Monats April zu kürzen.
(George Orwell, 1984)
September 10th, 2012 at 10:10
Das dominierende Menschenbild der Gegenwart ist leider sehr konservativ und geht davon aus dass der Mensch in einem solchen Zwangssystem zum Arbeiten gezwungen oder doch zumindest genötigt werden muss.
So wie die Arbeitsplätze und die geleisteten Aufwandsentschädigungen (veraltet: ‘Lohn’) aussehen, ist das ja auch kein Wunder. Vor allem, was ‘basale’, also gesellschaftlich tatsächlich unverzichtbare Tätigkeiten angeht.
September 10th, 2012 at 10:23
Dieser Wegfall von hunderten Millionen von Arbeitsplätzen kann niemals durch neue Berufe im Dienstleistungsgewerbe aufgefangen werden…
Nicht nur zahlenmäßig – ein Großteil der Dienstleistungen ist zudem im gesamtkapitalistischen Sinne ‘unproduktiv’, dh erwirtschaftet für dieses nicht nur keinen Mehrwert, sondern muss im Gegenteil aus ‘produktiver’ Arbeit noch alimentiert werden. Guxtu zB hier.
… – global wird die Arbeitslosigkeit deshalb immer mehr zunehmen.
Und die ‘Profitrate’ – s.o. – sogar noch stärker fallen…
September 10th, 2012 at 10:31
Die Problematik steigender Produktivität bzw. (im Zuge technischer Innovationen) sprunghaft steigender Produktivität und die fehlgeleitete Nutzung dieser Produktivitätssteigerung müsste eigentlich jeder spätestens seit dem Geschichtsunterricht in der Schule kennen, wenn er denn aufgepasst hätte.
Maschinenstürmer
Schon damals wurde die sprunghaft angestiegene Produktivität nicht dafür genutzt, die Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zu verbessern. Stattdessen wurde ein Teil der Arbeiter arbeitslos und die Maschineneigner strichen den zusätzlichen Profit ein.
Obwohl wir nun bis heute, zusätzlich zu konstant steigender Arbeitsproduktivität (wegen Arbeitsverdichtung, besserer Arbeitsorganisation, gestiegener Spezialisierung der Beschäftigten und weiterer Faktoren), noch weitere Produktivitätssprünge aufgrund Maschinisierung, Computerisierung, Roboterisierung und Automatisierung erlebt haben, sind die Rahmenbedingungen (Arbeitszeiten) diesem nur unzureichend angepasst wurden. Demzufolge ist es simple Logik, dass immer mehr Menschen aus dem Produktionsprozess herausfallen.
Ende vom Lied. Immer weniger Menschen produzieren immer mehr. Aber aufgrund fehlender Erwerbsarbeit (und deswegen Einkommen) finden diese Produkte immer weniger Abnehmer.
Und all das, nur weil einige Leute in der Schule in Geschichte nicht aufgepasst haben. Ich würd´ mal sagen – bildungsferne Schichten. Diese Staaten- und Wirtschaftslenker. ;-)
September 10th, 2012 at 10:33
@ R@iner:
Ich greife seit Jahren sehr gern auf Orwell zurück, um die aktuellen Umstände zu beschreiben. Wenn er es nicht geschrieben hätte, man müsste es glatt erfinden. ;-)
September 10th, 2012 at 10:36
@Lutz Hausstein: Meine Achtung für diesen Mann stieg abermals, als ich begann, mich mit seiner Vita zu beschäftigen. Er war gewiß keiner, der im Elfenbeinturm lebte.
“Ich würd´ mal sagen – bildungsferne Schichten. Diese Staaten- und Wirtschaftslenker.”
Ich glaube eher, daß sie so eingespannt sind, daß sie nicht merken, welche Wirkung ihr Handeln oder Unterlassen hat. Sie sind selbst zu Maschinen geworden, die im Frommschen Sinne krank sind.
Zudem weiß ich nicht, welches Weltbild ich hätte, wenn mir den lieben langen Tag irgendwelche Lobbyisten ihre Bedürfnisse verkünden würden.
Ich bin aber weder für eine Generalamnestie, noch für die Generalamnesie.
September 10th, 2012 at 10:36
Das Thema “Nichtstun” findet sich nach meiner Wahrnehmung immer häufiger auf den Themenplänen der Redaktionen. Neulich war es Titelthema von brandeins, am Wochenende eine Rezension in der Neuen Zürcher Zeitung. Ich weiß nur nicht, warum. Zur Vorbereitung darauf, dass es bald nichts mehr zu tun gibt, oder um die vielen Spekulanten auf andere, geistig produktive Ideen zu bringen?
September 10th, 2012 at 10:43
@17 Presto
Ach Herrgott,der BuPrä wird wieder einmal erwähnt.Was mich ja besonders amüsiert ist der Umstand,daß der Begnadete vornehmlich Ehrenamtliche geladen hatte.Die Burschen die für lau Gutes tun.Die ohne solch ehrenvolles Amt sind,mußten draußen bleiben.
Der Gauckler führt die Spaltung ein gutes Stück voran,und wird vor allem von den Ausgeschloßenen wie Bolle beklatscht.
lg
September 10th, 2012 at 10:54
@R@iner(24): Das Ministerium für Überfluss heißt heute “Ministerium für Wachstum und Nachhaltigkeit”.
September 10th, 2012 at 10:58
@Rainer und Lutz: das hört sich so ein bisschen an, als käme es nur auf guten politischen Willen an. Dieser Marx allerdings hielt das nur für ‘systemlogisch’: “An sich betrachtet, verkürzt die Maschinerie die Arbeitszeit …, während sie kapitalistisch angewandt den Arbeitstag verlängert, an sich erleichtert sie die Arbeit, kapitalistisch angewandt steigert sie ihre Intensität, an sich ist die Maschinerie ein Sieg des Menschen über die Naturkraft, kapitalistisch angewandt unterjocht sie den Menschen unter die Naturkraft, an sich vermehrt sie den Reichtum des Produzenten, kapitalistisch angewandt verarmt sie ihn.” (K. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 465).
Was schlicht eine weitere Folge der Konkurrenz ist, die, wie wir wissen, das Geschäft so lange belebt, bis es endgültig tot ist. Und wohl deshalb fragt er an der Stelle weiter: “Aber: Ist eine andere als kapitalistische Ausnutzung der Maschinerie unmöglich?”…
September 10th, 2012 at 11:08
@Peinhart: Schon klar. Mmmh, schon wieder steht das E-Wort im Raum. Das ist aber Terr….
September 10th, 2012 at 11:17
@Lutz – Hab Orwell “Kaputt in London u. Paris” in den Anfängen meiner Twenties gelesen.Präzise Beschreibung der Arbeitswelt dunnemals und ich war nicht wirklich überrascht, als ich feststellen mußte, als ich in die Mühle gestiegen bin (Gastronomie,GALA-Bau,Lager), daß sich da nicht wirklich viel zum Positiven verändert hat.Ich hätte also vorgewarnt sein können, aber ich gehöre wohl auch zu den 90% Deppen (gell Lazerus ?).
September 10th, 2012 at 11:31
Hier bin ich mal auf den zweiten Teil gespannt… Und finde es immer noch erstaunlich, dass ‘so einer’ mal eine ziemliche Nummer bei der deutschen Financial Times war. Kolumniert er dort nicht sogar auch immer noch mal?
September 10th, 2012 at 11:39
Man könnte meinen, daß die verbreiteten Einsichten langsam an Richtung gewinnen. Deutsche Mittelstandsnachrichten – Euro führt zu unterschiedlichen Inflations-Raten in Europa
(Die Überschrift ist bescheuert, aber der Artikel recht gut.)
September 10th, 2012 at 11:41
piet
Zu denen würdest du gehören wenn du nichts dazu gelernt hättest. ;-)
September 10th, 2012 at 12:01
@ Peinhart:
Du wirst es nicht glauben. ;-)
Ja, ich bin der festen Meinung, dass der politische Wille eine der entscheidenden Stellschrauben ist (und sein muss). Die Politik kann und muss die Rahmenbedingungen so festsetzen, dass die Produktivitätszuwächse der gesamten Bevölkerung zugute kommen. Und die Rahmenbedingungen auch immer wieder den sich ändernden Verhältnissen anpassen. Die Politik hätte die Macht dazu. Und sie hat sowieso den grundgesetzlichen Auftrag (Gemeinwohlverpflichtung).
Der wtF ist dafür da, den Menschen das Leben zu erleichtern und zu verbessern. Deshalb lese ich z.B. auch immer wieder gern Stanislaw Lem, weil er es in seinen utopischen Romanen immer wieder als ganz selbstverständlich so beschreibt. Und seine Protagonisten schütteln über die ihnen unverständlichen früheren Verhältnisse nur mit dem Kopf. So z.B. nachlesbar in “Gast im Weltraum”.
September 10th, 2012 at 12:35
@Lutz Hausstein
Und den Rahmen der ‘Selbstverwertung des Werts’ sprengende Bedingungen oder Verhältnisse wären undenkbar oder zumindest (noch) nicht gegeben…?
September 10th, 2012 at 12:54
Kannst Du bitte etwas deutlicher darlegen, was Du damit meinst?
September 10th, 2012 at 13:36
Telepolis – Honduras will neoliberalen Traum von Städten des ungehemmten Kapitalismus realisieren
Boah ey! Was’n feuchter Traum.
September 10th, 2012 at 13:51
@ R@iner#29
“…Ich glaube eher, daß sie so eingespannt sind, daß sie nicht merken, welche Wirkung ihr Handeln oder Unterlassen hat. Sie sind selbst zu Maschinen geworden, die im Frommschen Sinne krank sind….”
Na dann glaube mal schön weiter, die meisten wissen nämlich sehr genau, was und vor allem, wie sie es tun müssen:
“Mr. Euro” J.-Claude Juncker 1999:
“Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert”, verrät der Premier des kleinen Luxemburg über die Tricks, zu denen er die Staats- und Regierungschefs der EU in der Europapolitik ermuntert. “Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.”
Quelle: Spiegel 52/99
September 10th, 2012 at 14:03
@Dirk: Juncker ist nicht “jeder” und ja, das Zitat kenne ich. Was ich damit aber sagen wollte, ist, daß die auch nur Zahnrädchen im System sind. Es widerstrebt mir grundsätzlich, was ja die logische Gegenannahme zu “Die haben alle keine Ahnung” wäre, alle Politiker als bösartig zu betrachten oder die Welt in den Händen weniger Mächtiger zu sehen.
Für meine These spricht u.a. ein Interview, das mit dem ehemaligen Wirtschaftsminister Glos einige Zeit nach dessen Rücktritt geführt wurde.
September 10th, 2012 at 14:07
Lutz Hausstein: dann zweimal anders gefragt: a) Kann die Poltik diese ‘Krise’ noch mit systemimmanenten, sprich kapitalistisch-marktwirtschaftlichen Mitteln lösen? b) Kann sie, wenn doch nötig, diesen Rahmen so ‘ohne weiteres’ verlassen?
September 10th, 2012 at 14:55
@ Peinhart #45:
ich sage zweimal “Ja”.
a) Wieso mit der Einschränkung “kapitalistisch-marktwirtschaftlich”? Dagegen wehre ich mich. Es gibt nirgendwo dies als zwingende Voraussetzung anzunehmen.
Ja, vielleicht ja bei Madame Weißnichtsorecht, als Behauptung der marktkonformen Demokratie. Diese Annahme ist jedoch nicht einmal vom GG gedeckt. Dort steht nirgendwo etwas von Kapitalismus oder Marktwirtschaft. Nicht die Demokratie hat sich am Markt auszurichten, sondern, falls notwendig, der Markt an der Demokratie. Sollte er sich als demokratieunfähig oder gar -feindlich erweisen, muss dagegen eingeschritten werden.
Und dort sehe ich auch die Möglichkeiten/Notwendigkeiten der Politik. Sollte der Markt den Grundprinzipien der Demokratie zuwiderlaufen, müssen ihm Restriktionen auferlegt werden. Oder richtiger, um endlich einmal diesen so ominösen und anonymen Markt zu enttabuisieren, den entsprechenden Marktteilnehmern. Denn nichts anderes ist DER Markt.
Aus diesen Gründen sehe ich die Fixierung auf “systemimmanent” eben nicht als zwingend an. Theoretisch wäre dies möglich. Der “Markt” könnte sich den entsprechenden Rahmenbedingungen unterwerfen. Das hat er ja früher auch getan und da ging es auch. Wenn die Marktteilnehmer aber partout nicht dazu bereit sein sollten, dann gibt es auch andere Wege, demokratischen Grundprizipien zu ihrer Durchsetzung zu verhelfen.
Die Demokratie ist das unveräußerliche Grundprinzip. Und zwar bedingungslos. Dem hat sich der “Markt” zu unterwerfen. Mit allen daraus resultierenden Konsequenzen. Auch der Markt hat den Menschen zu dienen. Das oberste Primat hat nunmal der Mensch.
September 10th, 2012 at 15:45
Der von mir sehr geschätzte Dichter Albert Ehrenstein hat bereits 1928 mit dem ihm eigenen Fatalismus ein kleines Gedicht verfasst, das sich (wie so vieles aus jener Zeit) mühelos auf den heutigen Zustand der wieder einmal untergehenden kapitalistischen Welt übertragen lässt:
“Inserat
Das Meer hat seine Gestade verändert,
Übel riecht sein Mund,
Wild bellt es durch die Regenwindnacht.
Die Sterne hausen in undurchsichtigen Wolken,
Im Auto sinnt ein Bankier:
‘Was bezahlt der Mond für sein Licht?
Was hat die Sonne davon?’
Ich aber möchte in allen Welten groß inserieren:
Komet gesucht,
der die Erde zertrümmert.”
Oder, um es mit den Worten George Orwells zu sagen: “Wenn Sie ein Bild von der Zukunft haben wollen, so stellen Sie sich einen Stiefel vor, der auf ein Gesicht tritt. Unaufhörlich.” (aus “1984″)
September 10th, 2012 at 16:47
@Bademeister
>>Mit zunehmender Robotisierung werden in den nächsten Jahrzehnten vermutlich jedwede manuelle Industriearbeiten wegfallen. Autos werden von Robotern gebaut die ihrerseits von anderen Robotern gebaut und gewartet werden. Dieser Wegfall von hunderten Millionen von Arbeitsplätzen kann niemals durch neue Berufe im Dienstleistungsgewerbe aufgefangen werden – global wird die Arbeitslosigkeit deshalb immer mehr zunehmen.<<
Was noch fehlt sind die Konsumroboter, die die Produkte der Produktionsroboter konsumieren. Die Sinnhaftigkeit dieses Entwicklungsziels muss sich jedem Eigentümer von Fabriken sofort erschließen, soweit er den neoliberalen Weltenplan zu Ende gedacht hat.
Allerdings mag es sein, dass sich das Halten menschlicher Sklaven doch insofern als zukunftsfähig erweist, als es dem Sklavenhalter mehr Lustgewinn bescheren kann.
September 10th, 2012 at 17:52
An Populär-Science Fiction wäre hier natürlich auch das Konzept der Föderation aus Star Trek zu nennen. Dort führt die Entwicklung des Replikators zu einer Gesellschaft die nicht mehr auf Konkurrenz durch Konsumgütererwerb und materiellen Reichtum ausgelegt ist, da der Replikator jedes Konsumgut umgehend für Jedermann herstellen kann. Besitz als Selbstidentifikations- und Abgrenzungsmerkmal gegenüber den Mitmenschen und somit als primäre Triebfeder hinter Arbeit entfällt damit.
Der Mensch in dieser fiktiven Zukunft arbeitet nicht um Reichtümer zu erlangen, sondern weil ihm die Arbeit Sinn stiftet, Freude bereitet, seinen Charakter bildet und zum Erkenntnisgewinn beiträgt. Das ist der Unterschied zwischen Beruf und Berufung.
Die Ironie des Ganzen besteht darin dass unsere “Eliten” selbst das beste Beispiel dafür abliefern dass Menschen nicht zum Broterwerb gezwungen werden müssen nur um nicht permanent faul in der Hängematte zu liegen. Die wirklich Reichen können schließlich anstrengungslos von ihren Kapitaleinkünften leben ohne einen Finger rühren zu müssen – und dennoch gehen sie arbeiten. Der Unterschied zu uns Lohnsklaven besteht darin dass die Freiheit vom Broterwerb ihnen die Möglichkeit gibt zu arbeiten worauf sie Lust haben und was ihren Talenten entspricht.
Die zunehmende Automatisierung und Produktivität würde eigentlich sukzessive immer breiteren Bevölkerungsschichten diese Möglichkeit einräumen können, wenn es denn umgesetzt würde (z.B. in Form eines bedingungslosen Grundeinkommens).
Leider haben die “Eliten”, wie ich schon im vorigen Beitrag ausführte, immer noch ein Menschenbild bei dem sie eine scharfe Trennlinie zwischen sich selbst (verantwortungsbewusst, selbstständig, kreativ, leistungsbezogen) und dem Plebs (unmündig, nur durch Zwang zu motivieren) ziehen und ihren Mitbürgern nicht dieselbe Reife zugestehen die sie für sich als selbstverständlich reklamieren.
Da hat sich seit den Zeiten des Feudalismus wenig getan, die gotteslegitimierte Standesherrschaft wurde lediglich durch andere Pseudoreligionen wie den Neoliberalismus abgelöst. Statt Gott, Jesus oder Muhammed beten deren Adepten eben Friedman, Hayek oder Laffer an.
September 10th, 2012 at 18:28
@ 45-46-47
es wird eine neue Form des Faschismus geben…
“Sündenböcke” werden dem Plöb genug gezeigt
fängt meistens mit “die…” an
tja und ansonsten werden die “Kollateralschäden” als bedauerliche Einzelfälle oder als Verfehlung einzelner Mitarbeiter “verurteilt”
auf GG Demokra-waaas? und diverse Rechte würde ich nicht pochen, da ist immer “Ermessensspielraum” was, wann wo für wen gilt, gibt
September 10th, 2012 at 18:54
@Lutz Hausstein
Die Demokratie ist das unveräußerliche Grundprinzip. Und zwar bedingungslos. Dem hat sich der “Markt” zu unterwerfen. Mit allen daraus resultierenden Konsequenzen. Auch der Markt hat den Menschen zu dienen. Das oberste Primat hat nunmal der Mensch.
Das klingt mir fast utopischer als ein Aufruf zur sofortigen Revolution. ;) Oder anders gesagt: meine Wahrnehmung ist eine ganz andere. Seit ‘der Markt’ (oder die Arbeits- und Warengesellschaft) das bestimmende Organisations- und Formprinzip ist, hat Staat (und damit auch Politik) doch immer nur in dem Rahmen stattgefunden und stattfinden können, den dieses Prinzip in seiner jeweiligen ‘historischen Erscheinungsform’ diesen gesteckt und gelassen hat. Da waren mal bessere Zeiten, in denen ‘mehr ging’, keine Frage. Aber nie konnte und kann der bürgerliche (Steuer-) Staat tatsächlich die Rahmenbedingungen ‘nach Belieben’ und zum wirklichen Vorteil für das Gemeinwohl, noch nicht einmal für eine Mehrheit, gestalten. Die ‘wirklichen’ Grenzen waren immer die der Ökonomie und ihres jeweiligen Zustandes. Oder wieder als Frage: warum tut die Politik nicht, was sie sollte und deiner Meinung nach wohl auch könnte? Warum sind und bleiben sie so ‘verhaftet’? Alles nur Korruption und Indoktrination? Es müsste doch eigentlich mindestens eine Partei mit einem überzeugenden Gemeinwohlkonzept geben, und dies auch ganz demokratisch umsetzen können.
September 10th, 2012 at 19:22
Mich würde wirklich interessieren, wie Ihr Euch jeden Tag motiviert aufzustehen, in die Arbeit zu gehen und dieses völlig absurde Wirtschaftssystem am Laufen zu halten.
Mir fällt es immer schwerer meinen Widerwillen zu überwinden. Ich kann das bald nicht mehr.
Ich hielt es für eine gute Idee, meinen kaufmännischen Beruf an den Nagel zu hängen und stattdessen in den sozialen Bereich zu gehen. Derzeit arbeite ich in einem katholischen Kindergarten. Die Kinder sind wirklich toll, aber was ich von meinen lieben Kolleginnen dort an Mobbing, abgrundtiefer Dummheit (natürlich wird tüchtig über Hartz-IV-Empfänger gelästert, von der sehr einfachen Ausdrucksweise dieser Damen mal ganz abgesehen) und Frust erleben darf (der an den Kindern und bevorzugt auch an mir ausgelassen wird), das passt auf keine Kuhhaut.
Nochmal zu den Kindern – was tun wir als Erwachsene diesen kleinen Menschen an, dass diese im Grundsatz netten, offenen, interessierten und sozialen Wesen als Erwachsene solche angepassten Arschlöcher werden? Na ja, wenigstens wird zum Mittagessen demonstrativ gebetet (und zwar so demonstrativ, dass es selbst mir aufstösst und ich bin Katholikin).
Dieses System ist eine einzige riesengroße Lüge. Und mein Problem ist, dass ich mich weder mit der Lüge abfinden kann, noch mitlügen will.
September 10th, 2012 at 19:30
Andrea
Mich würde wirklich interessieren, wie Ihr Euch jeden Tag motiviert aufzustehen, in die Arbeit zu gehen und dieses völlig absurde Wirtschaftssystem am Laufen zu halten.
….weil ich meinen Beruf mag, es mein Laden ist und ich eine große Familie habe was nicht gerade billig ist !
kaufmännischen Beruf an den Nagel zu hängen und ..__.. arbeite ich in einem katholischen Kindergarten. Die Kinder sind wirklich toll,
Ich habe/hatte meinen eigenen Kindergarten “nur noch 3″ unter meinem Dach … wobei wir wieder bei Antwort 1 sind ;-) …Ach so, meine bessere Hälfte arbeitet natürlich seit Jahr und Tag zuhause …
Und … Ich hasse Römer genau wie ihr ;-)
September 10th, 2012 at 19:55
@Andrea (52): Wie kann man leben und wie sich motivieren in einer verlogenen, ja letztlich mörderischen Mitwelt. Das ist genau die Frage, die mich seit Jahren umtreibt. Man lebt da praktisch ständig im Nahbereich zur Depression. Wenn man Glück hat findet man eine Nische: etwas bei dem man morgens noch in den Spiegel sehen kann, was Soziales oder was im kulturellen Bereich, etwas wo man nicht das Gefühl haben muss, dass Blut an den Fingern klebt… Glücklich, wer das schafft….
Es kommt mir vor als würden da ein paar Idioten in ihren Sportwagen mit 250km/h durch die Fußgängerzonen rasen. Und anstatt sie daran zu hindern, lassen wir uns seit der frühesten Kindheit darin erziehen, wie geil es doch wäre, auch mit 250km/h durch die Innenstadt zu rasen. Jeder will ein großer Rennfahrer werden, und wenn du sagst, dass du gerne zu Fuß gehst, dann erfährst du ein mitleidig-abschätziges Grinsen. Der Arme, nicht leistungsfähig, ein wettbewerbschwaches, unnützes Subjekt…
Das Wettbewerbs-Paradigma wird nicht so schnell verschwinden. Ja selbst, wenn man mit Menschen redet und sie zugänglich für Argumente sind, gelangt man irgendwann einfach an die Barriere der Sachzwänge…
September 10th, 2012 at 19:55
@Lazarus09
Volksfront von Judäa oder Judäischen Volksfront?
willst du nicht lieber Brian sein
ich mach auch die Loretta :-D
September 10th, 2012 at 19:58
Wofür morgens aufestehen? Ich hab den Kühlschranl vom Bett weggeschoben, seitdem muss ich aufstehen, um ans Bier ranzukommen.
September 10th, 2012 at 20:00
@ Andrea:
Dem Wahnsinn der Propaganda kannst Du nicht entkommen, so sehr ich das auch gerne täte. Ich bin da ganz bei Dir und kenne diese beschissenen Situationen im Betrieb.
Es wird gerne auf den Schwächsten der Gesellschaft herumgehackt, um abzulenken von den eigentlichen Schmarotzern. Das Volk verhält sich da wie zu Zeiten des “Oberlippenbärtigen”, vielleicht genau so exakt dämlich und hochgradig blind.
Du bekommst den Sack Würmer nur von innen auf, wenn die Mitläufer ihre Augen öffnen wollten. Sie tun es nicht, weil ihnen der Frust bis zu den Ohren steht und sie sich nicht drehen und wenden können. Billige Hetze ist immer wieder ein Problem, egal bei welchem Bildungsgrad. Agenda 2020 wird immer wahrscheinlicher, was dann folgt, will ich mir nicht ausmalen. Es wird sehr übel werden.
September 10th, 2012 at 20:07
druzba
Nein .. wenn schon dann einer von den Typen im Raumschiff ..Muhahahaha
Und ansonsten was wird einen motivieren, bestimmt nicht die Langeweile. Du kannst eben nur versuchen in deinem Umfeld was zu ändern..thats it
September 10th, 2012 at 20:10
@ Bademeister #49:
An Populär-Science Fiction wäre hier natürlich auch das Konzept der Föderation aus Star Trek zu nennen. Dort führt die Entwicklung des Replikators zu einer Gesellschaft die nicht mehr auf Konkurrenz durch Konsumgütererwerb und materiellen Reichtum ausgelegt ist, da der Replikator jedes Konsumgut umgehend für Jedermann herstellen kann. Besitz als Selbstidentifikations- und Abgrenzungsmerkmal gegenüber den Mitmenschen und somit als primäre Triebfeder hinter Arbeit entfällt damit.
Von der Motivation her erscheint es trotzdem noch ein bisschen anders, weil es den Erwerb von Eigentum nur erleichtert, aber nicht so sehr die Motivation für Eigentum beseitigt. Lems Beschreibung bei “Gast im Weltraum” macht es z.B. unnötig, nach vielen Dingen als Eigentum zu streben. Dieses Eigentum wird in vielen Fällen sogar als Belastung emfunden.
Da braucht beispielsweise niemand ein eigenes Flugzeug, obwohl jeder eins haben könnte. Verkehrsmittel sind überall verfügbar und können von jedem genutzt werden. Da braucht niemand dieses als Eigentum. Es wird nur eine gesamtgesellschaftlich ausreichende Anzahl dieses Gutes benötigt, um den gesamtgesellschaftlichen Bedarf zu decken.
September 10th, 2012 at 20:13
@ Peinhart:
Alles nur Korruption und Indoktrination?
Ganz ehrlich? Ja.
September 10th, 2012 at 20:16
Presto
Wie schon tausendfach geschrieben ..solange der Michel noch einen hat den er Spucken kann versucht er sich in seinem Elend zu arrangieren. Ich muss da an einen Bericht bei Duckhome denken Anfang des Jahres ..Es ging um einen der mit Sozialamts Gutscheinen beim Supermarkt einkaufen wollte und extra in die Nachbargemeinde gegangen ist, dort wurde er im Discounter von einer Angestellten drangsaliert er könne nur Hausmarken ( keine Markenwaren) kaufen etc obwohl es weder eine Vorgabe vom Amt noch vom Discouter war … Eigenmächtig im Vorrauseilenden Gehorsam hat die “elitäre Spitzenverdienerin ” ( wir wissen welche Spitzengehälter im Discount Handel gezahlt werden )aus dem Handel den armen Teufel drangsaliert … da weiss man wie das im 1000 Jährigen Reich kommen konnte ;-)…
90% der Pfostenmichels jämmerliche Idioten … nicht neu ;-)
September 10th, 2012 at 20:18
yeap Lazarus, der stete Tropfen …
September 10th, 2012 at 20:25
zu den Michels und Michelinnen…
die gibt es nicht nur hier
auch wenn ich sagen muß, die Fahrradfahrer (nach oben buckeln nach unten treten) sind bei uns verbreiteter
September 10th, 2012 at 20:37
druzba
tell me about .. Ich sage nur London riots .. da riefen die braven Pürger nach der Army und nach abschalten des “rioting tools” BBM* .
*BlackBerry Messenger und social networks wie Twitter etc
September 10th, 2012 at 22:18
@Lazarus:
BTW London und die Freiheit des Einzelnen….In Sachen des Gesetzes bzgl. der Arbeitslosigkeit – british workfare…
Es haben nicht mal ne handvoll Leute geklagt, wobei diese Regelung mehr als 100tsd Arbeitslose betrifft – und folgend. Gegen Hartz könnten noch so viele Betroffene ( ihre Fälle und weitere ) wie auch gegen den ESM klagen – machen sie nicht, weil oft schon im Ansatz aufgegeben oder einfach Desinteresse.
UK: Selbes Spiel wie bei uns – fehlende Gemeinschaft, jeder kämpft für sich. USA – nicht anders.
Manchmal kommt mir das vor wie Monsanto. Viele Landwirte ( food inc. ) kämpfen alleine, stechen sich gegenseitig aus und wer durchhalten will verliert – den Prozeß und am Ende seine “Freunde” – die er eigentlich nie hatte. Richtig beschyssen.
September 10th, 2012 at 22:43
Presto
Wem sagst du dass *seufz* … die meisten spielen lieber weiter ” Jeder gegen Jeden ” und sind so mit sich, dem blankem Überlebenskampf und halten des Status Quo beschäftigt ..während sich die Veranstalter der Spiele die Taschen voll stopfen.
September 11th, 2012 at 10:40
@Lutz Hausstein
So ganz begreife ich das noch nicht. Einerseits beschreibst du via Lem eine Gesellschaft als erstrebenswert, die sich offenkundig vom ‘Markt’ emanzipiert hat, inklusive der oft unterschätzten Schnittmenge von privatem und persönlichem Eigentum (ich muss etwas erst erwerben oder mindestens mieten, um es überhaupt nutzen zu können), andererseits scheinst du den Markt für ‘zähmbar’ zu halten und führst ‘Verwerfungen’ nicht auf das Wirken seiner ‘Gesetze’, sondern sozusagen auf den ‘bösen Willen’ seiner primären Nutzniesser zurück.
Apropos – kennt jemand eine Statistik oder wenigstens begründete Schätzung, welcher Anteil menschlicher ‘Arbeit’ allein darauf zielt, Eigentum zu sichern, Eigentumtransfers zu managen (vom Kassieren bis zur notariellen Beurkundung) und Geld zu verwalten? Eine Aufteilung nach Branchen oder gar Sektoren hilft da natürlich wenig, da ja schon im simpelsten Kioskbesitzer beides steckt – die dezentrale Bereitstellung von Gebrauchsgütern einerseits, kassieren, wechseln, Buchhaltung andererseits. Und selbst beim HartzIV-Haushalt dieses ‘Tätigkeitsfeld’ mit dem Ausfüllen der Anträge beginnt und einen ganzen Rattenschwanz ‘ausschließlicher’* Bürokratie nach sich zieht…
Anders gefragt, wie ist wohl das Verhältnis Bereit- und Herstellung von Gebrauchswerten zum bloßen Management von Tauschwerten?
*Ha, wat’n Wortspiel…
September 11th, 2012 at 13:13
@Lutz 59:
Es würde mich interessieren wenn Du das einmal näher ausführst. Ich habe das Buch nicht gelesen und wurde mit Lem bisher nicht so wirklich warm (Solaris habe ich als Teenager gelesen, später dann noch den kosmologischen Kongress und den Unbesiegbaren).
Soweit ich es über die Kürze ergoogeln konnte ist das eines seiner Frühwerke welches ihm später ob seiner jugendlichen Naivität eher verhasst war.
Ein “eigenes Flugzeug” braucht in Star Trek auch niemand, da durch den Transporter Jedermann jederzeit und umgehend überall hinkommt. Individualverkehr gibt es dort nicht.
Übrigens durchaus eine Utopie die sich schon Heute weitgehend umsetzen lässt, in Belgien gibt es z.B. die Stadt Hasselt welche einen kostenlosen ÖPNV anbietet und dafür Autos weitgehend aus dem Stadtbild verbannt hat. Auch wirtschaftlich hat sich das für die Stadt positiv ausgewirkt, da die gestiegene Lebensqualität ohne Autoverpestung anscheinend viele Besucher und Zuzüglicher anzieht.
Je teurer Öl und andere Energieträger werden desto zwingender ist so eine Umstellung des Individualverkehrs auf öffentliche und engmaschige Massenverkehrssysteme (primär Bahnen im Überlandbereich und S- U- und Straßenbahn sowie Busse im Nahverkehr).
Bei uns in Deutschland, dem Land dessen Autoindustrie wie kein Anderes überdimensionierte Spritfresser baut, ist diese Erkenntnis leider noch nicht in die Verkehrsministerien durchgedrungen.
Die Porsche Cayenne-Dichte hat sich hier in München verdoppelt binnen der letzten Jahre und einen Parkplatz in der Innenstadt zu finden ist ein tägliches Nadel-im-Heuhaufen-Spiel. Diese Karren sind so breit dass sie gar nicht mehr in normale Parkplätze passen, was nicht etwa dazu beiträgt ihre Verbreitung einzudämmen sondern im Gegenteil eher Plänen Vorschub leistet die Parkplätze noch breiter zu machen.
Mir ist bisher noch kein einziger Mensch begegnet der dieses Oberschicht-Hausfrauenauto gebraucht hätte um damit in der Wildnis herumzufahren (was die eigentliche Funktion eines Geländewagens ist).
September 11th, 2012 at 13:38
Es gilt die Milliarden der Welt maximal auszubeuten.
Obwohl nicht unbedingt “Ringe”-Fan, finde ich
“Ein Ring sie zu knechten, sie alle zu finden;
in’s Dunkel zu treiben, und ewig zu binden.”
muß nicht einer paranoiden Verschw.theorie entspringen.
September 11th, 2012 at 13:44
Lutz Hausstein:
“..Wenn die Marktteilnehmer aber partout nicht dazu bereit sein sollten, dann gibt es auch andere Wege, demokratischen Grundprizipien zu ihrer Durchsetzung zu verhelfen…”
Welche?