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Im folgenden wird es nicht um die hiesigen Kommentarregeln gehen, auch wenn es aktuell Anlass dazu gäbe. Möglicherweise wäre das gar kein schlechtes Beispiel für das zu schildernde Problem, ich fürchte allerdings, es führte die Sache in eine falsche Richtung.
Es geht um die Grenzen dessen, was private Regelungen leisten können. Und damit auch wieder um jenen ‘Staat’, der eingreift, wenn er eine Gefahr für die Allgemeinheit sieht. Im Grunde ist dieses Problem jenseits des Kampfes Kapital vs. Menschen das zentrale politische Thema auch dieser Zeit. Es wird jeden beschäftigen müssen, der sich mit dem Aufbau von Gesellschaften befasst.

Wo endet das Hausrecht? Welche Mittel stehen ihm zur Verfügung? Ist es denkbar, dass eine Gesellschaft sich ausschließlich um Hausrechte formiert oder ist ein öffentliches Recht, ein Staatsrecht, grundsätzlich notwendig? Letztere Frage kann ich aus meiner Sicht klar beantworten: Ohne ein übergeordnetes Recht möchte ich nicht leben. In meinen Träumen und schönsten Utopien schon, aber nicht mit dem Menschen, den ich kennengelernt habe.

Machtbalancen

Die Erklärung der Menschenrechte war vermutlich die größte Kulturleistung, zu der dieser dilettantisch programmierte Zweibeiner überhaupt in der Lage ist. Ich halte den Nachweis für empirisch erbracht, dass die Durchsetzung von Menschenrechten nur in einer Gesellschaft möglich ist, die allen Menschen die Möglichkeit gibt, auf die ‘politischen’ Vereinbarungen Einfluss zu nehmen, und zwar realen Einfluss und nicht bloß durch die rituelle Bestimmung von Stellvertretern. Wo es also mit den Menschenrechten nicht weit her ist, herrscht ein Demokratiedefizit, in der Regel durch Machtballung.

Eine Höchstschwierigkeit besteht daher andererseits in den Grenzen, in denen ‘politische’ Macht, also öffentliche Vereinbarungen, sich auf das jeweilige Hausrecht auswirken. Die Piratenpartei etwa hat sich um dieses Problem gebildet: Darf ich in meiner Privatsphäre kontrolliert werden? Was sind die Voraussetzungen, wie weit darf das gehen? In welchem Verhältnis steht das Recht der Öffentlichkeit/des Staates zur Privatsphäre, zum Hausrecht? Die radikale Lösung ist wie zumeist keine: “Ohne Staat gäbe es das Problem nicht”. Resultat wäre freilich, dass dann in den jeweiligen Herrschaftszonen irgendwer die Gewalt über Leben, Würde und Freiheit aller Anwesenden hätte.

Es ist nicht einmal sinnvoll, mit der Formel “so wenig staatlicher Einfluss wie möglich” zu operieren, denn das ist nicht ganz zufällig eine tragende Säule der neoliberalen Ideologie. Macht muss an allen relevanten Schnittstellen austariert werden. Die Grenzen des Hausrechts bilden eine dieser Schnittstellen. Es wird nicht einmal eine dauerhaft brauchbare Formulierung für entsprechende Regeln geben, denn sie müssen permanent neu verhandelt und an die Entwicklung der Gesellschaft angepasst werden. Auch für diesen Bereich gilt mein Ceterum Censeo: Macht muss möglichst breit verteilt sein und in ein System gegenseitiger Kontrolle eingebettet. Alles andere mündet früher oder später in Unterdrückung.

p.s.: Da das Ganze bis hierher abstrakt erscheint, versuche ich es mit einer Einstiegsfrage: Kann man nun alles irgendwie privat regeln oder gibt es die Notwendigkeit einer Gesetzgebung? Wo sind die Bereiche, in die kein Gesetz hineinregeln darf? Wie kann die Grenze zwischen privat und öffentlich, Hausrecht und Staatsrecht sinnvoll gezogen werden?