Ich gebe es zu: Ich habe es gesehen. Nachdem ich ohnehin schon feststellen mußte, daß mir für ein wenigstens rudimentäres Verständnis fürs Wahlvolk aktuell jede Fernseherfahrung fehlt, konnte ich mich um “zwei Stühle, keine Meinung” nicht auch noch drücken. “Wieso vier Kanäle?” hatte ich mich bereits gefragt, und da meine Tochter am selben Receiver hing und etwas Relevantes gucken wollte, blieben mir noch Sat1 und RTL. Bei Sat fiel mir die Fernbedienung aus der Hand, als ich Stefan Aust sah, der ganz neoausgewogen darauf aufmerksam machte, daß nach den Kanzlern die Chefs von Grünen und FDP ihren Auftritt hätten. Tapfer verteidigen sie dort das Land vor Links. Chapeau!

Das unerträglich öde Geschwätz der Großkoalitionäre ist keines Kommentars würdig, ebensowenig das meinungslose Standardrepertoire aus der Fragengruft der vier anwesenden Journalistendarsteller. Welch ein Aufwand für nichts! Eigentlich wollte ich schon gestern die Phrasen zusammenkopieren, die Merkel im Interview mit der Sueddeutschen gedroschen hat. Wachstum schafft Arbeit, sozial ist, was Arbeit schafft, Wachstum ist sozial blablabla. Steinmeier hat leider nicht im Mindesten kapiert, daß sein geübtes Gebalze niemanden erreicht, keiner hat ihn gefragt, warum seine Agenda 2010 eigentlich immer noch zu Jobs zwingt, von denen keiner leben kann.

Grauenhaft. Immerhin hat es mich ein wenig aufgemuntert. Ich liege schon wieder mit so einem Grippescheiß auf der Schnauze und bin dementsprechend gelaunt. Angesichts dieses Brot-und-Spiele Syndroms fühlte ich mich dann spontan vergleichsweise gesund. Und habe immerhin die Wahl, ob ich auf der Couch husten oder im Bett rotzen will. Ganz wie im richtigen Leben.