Das obige Zitat ist aus Heiner Flassbecks Vortrag, zu sehen und zu hören im folgenden Video. Wer Flassbecks Ansichten noch nicht kennt, findet sie hier in einem sehr kurzweiligen gut einstündigen Vortrag. Flassbeck argumentiert am Rande dessen, was den Kapitalismus noch stabilisieren könnte. Gerade deshalb gefällt mir das, weil jemand hier ohne jede ideologische Ablehnung das Ende des Spiels erkennt. Im Gegensatz zu ihm bin ich der Ansicht, dass “das Fenster” für Lösungen innerhalb des Systems längst geschlossen ist.
 

Wer nicht so viel Zeit aufwenden möchte, möge sich das Ganze ab Minute 58 anschauen, da kommen einige zentrale Phänomene zur Sprache.

Nicht ganz ohne Stolz stelle ich fest, dass ich offenbar schon vor einigen Jahren, nämlich in 2006, einige grundsätzliche Zusammenhänge ganz richtig eingeschätzt hatte. Damals wusste ich noch nicht annähernd so viel über Volkswirtschaft wie ich inzwischen quasi zwangsläufig gelernt habe. Defizite hat der Text vor allem, wo ich mir noch eingebildet hatte, es gäbe Lösungen auf der Ebene von Haushaltsentscheidungen.

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Die ewige Diskussion, ob ein Staat noch Steuern erheben darf, bricht sich spätestens in der Frage um Staatsschulden. Dazu werden gelegentlich große Zahlen publiziert, die Angst und Schrecken verbreiten. In Wahlkämpfen wird es jedesmal wüst, wenn es sich um die Finanzen dreht, denn hier geht alles und nichts:
Wir erhöhen die Steuern nicht, das ist Gift für die Konjunktur!
Wir machen keine Schulden, denn wir Leben nicht auf Kosten der nächsten Generation!
Wir sparen und bauen Schulden ab!

Diese Merksätze waren nicht nur schon immer gelogen, sie sind auch völlig unsinnig. Nicht erst, weil sie der Erfahrung widersprechen, sondern weil sie als Totschlagargumente nichts taugen.
Wer Schulden verteufelt, lügt, weil die Wirtschaft, die sie damit belastet sieht, auf Schulden basiert. Schuldenfreiheit? Wirtschaften auf Guthabenbasis? Wo gibt es das denn?

Wer ewig die Steuern senken will, sollte sich einmal die Geschichte der Staatswirtschaft anschauen und zwei Fragen klar beantworten: Warum hat das bis heute nicht funktioniert, und wie soll eine Steuersenkung finanziert werden, wenn die Ausgaben unabhängig vom Haushaltsentwurf steigen? Letzteres gilt unausweichlich für eine überalterte Gesellschaft mit hoher Arbeitslosigkeit. Da ist zumindest mittelfristig kein schlanker Haushalt drin. Das “Sparen” schließlich kann man sich sparen, wenn es unmittelbar Kaufkraft zerstört. In dem Zusammenhang ist eine Mehrwertsteuererhöhung freilich auch ganz großes Kino, zumal, wenn die privaten Haushalte dadurch nicht anderswo entlastet werden.

Was will der Dichter uns sagen? Die Lage ist kompliziert, und wenn eines nicht hilft, sind es Vereinfachungen und tumbe Versprechungen.Wir werden mit einer erheblichen Steuerlast leben müssen, und es ist dringend erforderlich, private Haushalte mit niedrigem Einkommen zu entlasten. Auch die Schuldenlast wird vorläufig hoch bleiben, aber das kann eine selbst nur schwach wachsende Konjunktur aushalten.

Selbstverständlich sind Verschwendung und Bürokratie Übel, mit denen man sich nicht abfinden darf. Daher dürfte das größte Potential in der Vereinfachung von Gesetzen und dem Abbau von Subventionen liegen. Dazu waren aber bisher alle Regierungen zu feige, weil sie ihren Lobbys damit auf die Füße gestiegen wären. Und schließlich: Wie mehrfach erwähnt, sticht bei den Debatten um die öffentlichen Haushalte eine Partei hervor, die schon immer die einfachen Lösungen angeboten und nie ein Versprechen eingehalten hat. Deren Adepten werden gebeten, einfach mal den Rand zu halten!