In einem ungemein lobenswerten Artikel bei SpOn – es fällt nicht ein einziges Mal das Wort “Populist” – wird unterstellt, Lafontaine sei nicht nur die größte Stärke der “Linken”, sondern auch deren größte Schwäche. Dies, weil mit ihm eine Zusammenarbeit mit der SPD auf Bundesebene nicht möglich wäre. Ein vernünftiges Argument, allerdings wäre mehr Weitsicht spannender.
Während nämlich Lafontaine gefragt wird, ob er sich mit 65 noch fit genug fühle, ist der SPD-Chef schon fast siebzig. Hinzu kommt, daß der aktuelle K-Kandidat die Partei in ein Desaster führen wird. Auf Landesebene gibt es zwar eine Menge Intriganten, aber kaum relevante Führungspersönlichkeiten. Und die es gibt, sind der Linken ggf. gar nicht so spinnefeind. Das gilt für die meisten im Osten und einige im Westen. Wer auf die Zukunft wettet, ist sogar bei Ypsilanti noch besser aufgehoben als bei Steinmeier.
Die Ministerriege kann man getrost ebenfalls einmotten. Steinbrück hat noch nie eine Wahl gewonnen und ist ohne jemanden, der ihn nach oben ruft, eine Nullnummer. Leute wie Tiefensee, Schmidt und Zypries haben nichts zu sagen, Wieczorek-Zeul kann auch weiter links und Gabriel wird die Zeichen der Zeit erkennen, wenn der Wind sich dreht. Ebenso wendig ist Andrea Nahles als Parteiauskennerin und Gelegenheits-Linke.
Die Agenda 2010 wurde zwar mit Zähnen und Klauen gegen jede Vernunft und jedes soziale Gewissen verteidigt, aber als Mutter aller Niederlagen hat sie sich definitiv erledigt. Die Front ist äußerst brüchig. Mit ein wenig Phantasie könnte man sich Lafontaine gar als SPD-Chef vorstellen. Ein großer Teil Partei würde weinen vor Glück über die Rückkehr des verlorenen Sohnes. Diese völlig unrealistische Vorstellung kann den Horizont erweitern. Es werden andere Personen sein, es wird eine andere Politik sein. So zerschossen wie das Schiff vor sich hin gurgelt, weiß niemand, wie es weitergehen wird.
Es macht daher keinen Sinn, auf personelle Konstellationen zu schielen, die scheinbar die Realität bestimmen. Die einzig relevante Frage ist die, ob die SPD weiter in einer Großen Koalition zu Tode regiert wird oder sich in der Opposition verändern darf. Lafontaine und Müntefering sind dabei völlig irrelevant.
August 30th, 2009 at 00:19
ich gurgle jetzt schon mal, am besten vor dem schlafengehen – mit einer flasche chateau mouton rothschild 82. immerhin ein roter.
August 30th, 2009 at 00:37
Ja, es bleibt zu hoffen, dass nach der Wahl in der SPD die Parteilinken (also die, welche eine Politik vertreten, die früher die einer sozialdemokratischen SPD war) wieder mehr Aufwind bekommen.
Das jetzige “Kompetenzteam” jedenfalls scheint ja eher eine Versammlung von neoliberalen “Seeheimern” und Netzwerkern ohne politische Überzeugungen zu sein.
August 30th, 2009 at 00:47
ich gurgle mit rorax! will nicht mehr….
August 30th, 2009 at 08:52
In dem Beitrag wird ein gewisser Tiefensee erwähnt. Ich habe zunächst versucht, mich dem Begriff “Tiefensee” über Wikipedia unter dem Stichwort “Pfütze” zu nähern und folgendes gefunden:
“Für Fußgänger und Individualverkehr gelten Pfützen auf Verkehrswegen als Beeinträchtigungen.”
Man muss wohl weiter in die Tiefe vordringen. Ich werde jetzt unter “Tropfen” suchen.
August 30th, 2009 at 11:26
@huuh ray, suche bei raymond chandler: die tote im see, da wirst du in den tiefen fündig. oder vielleicht doch besser bei sara paretsky: blacklist, ein roman, in dem ein toter farbiger journalist in einem gartenteich gefunden wird.
tiefensee – leichen pflastern seinen weg.
August 30th, 2009 at 12:05
@ Markus
Fraglich ist nur, wieviele “Linke” noch in der sPD sind. Vielleicht noch in der Basis, aber die haben sich bisher ja auch nicht als sonderlich Durchsetzungsfaehig erwiesen.
Nur, wenn ich mir da die ganze Baggage, die im Bundestag sitzt, anschaue, bekomme ich das Grausen.
Die meisten von denen kann ich mir genausogut in Union oder FDP vorstellen. Gewissenlose Karrieristen.
Was solls.
Diese Woche habe ich meine Briefwahlunterlagen bekommen, Deutschland ist also gerettet :)
Naechsten Monat wird die LINKE die absolute Mehrheit erringen und Lafontaine sein Kabinett der sozialen Erneuerung vorstellen.
Hier ein paar Auszuege:
Inneres: Gregor Gysi
Finanzen: Albrecht Mueller
Umwelt und Soziales: Jutta Ditfurth
Arbeit und Wirtschaft: Heiner Flassbeck
Mit Dieser Vision sollte es mir gelingen, mich bis zum Wahltag dazu zu motivieren, morgens aus dem Bett aufzustehen…
August 30th, 2009 at 20:13
@ Goldener Reiter:
Ja, du hast Recht, die Linken haben sich (bisher?) nicht durchgesetzt und die meisten, die im Bundestag sitzen, und fast alle in der Regierung sind gewissenlose Karrieristen.
August 31st, 2009 at 03:34
@7 Markus
Also mit den Landtagswahlergebnissen haben eventuelle Rest-Linke ja nun auch hinreichend Munition.
Wenn es eine Partei in Deutschland gibt, der man zutrauen kann, noch im Monat der Bundestagswahl die gesamte Fuehrungsmannschaft samt Kanzlerkandidat zu schwielowen, dass ist es die sPD!
Glueck auf, Genossen.