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Quelle: Wikimedia Commons

Schon immer bereitet mir die Konstellation aus ‘Konservativen’ und Marktliberalen Kopfschmerzen angesichts der Schizophrenie aus Sicherheitsfanatismus und Staatsverschlankung. Wie soll ein Staat für die Sicherheit seiner Bürger sorgen, wenn er seine Polizisten nicht anständig bezahlt, ausbildet und ausrüstet? Damit meine ich nicht Befugnisse zum Beschnüffeln nach Lust und Laune, sondern ausreichend entspanntes und gut bezahltes Personal, das gelernt hat, wie man effektiv und zurückhaltend den Dienst am Bürger leistet. Ausgerechnet die leicht zur Paranoia neigenden Angstbürger aber wählen sich stets das neoliberale Original, das alles verspricht und nichts hält. Am Ende ist das, was Konservative unter “Sicherheit” verstehen, eine Frage des Geldes. Nur mehr die Oberschicht kann sich das leisten; wenn der Kapitalismus so richtig zulangt, geht der Schuss für alle nach hinten los. Und das geht so:

Wo die Endphase eingeläutet wird und die Krise sich manifestiert, wie das derzeit lehrbuchmäßig in Griechenland der Fall ist, fällt die Staatssicherheit unter die Kontrolle privater Profiteure, bildet mafiöse Strukturen aus und entwickelt sich entweder zu einer Diktatur oder einer Gesellschaft konkurrierender Tyranneien wie etwa in Mexiko. Die Polizei ist Teil der Kartelle, die durch Drogenhandel, Entführungen und Auftragsmorde eine Infrastruktur des Terrors errichten oder sie wird zum ausführenden Organ eines Machtmonopols, das mit eiserner Faust regiert.

Die Mafia feiert

Einen wichtigen Schritt geht Griechenland derzeit mit der Vermietung seiner Sicherheitskräfte. Die Polizeibeamten werden zu Sicherheitshuren degradiert, die man für ein paar Euro mieten kann. Nun kommen hier zwei Aspekte zusammen, die man nicht belegen kann, die niemand sieht, auf die man aber getrost wetten kann: In einer völlig zugrunde gerichteten Wirtschaft und angesichts der geographischen Lage Griechenlands bietet sich ein Engagement im Drogenhandel samt der dazugehörigen Sicherheitsvorkehrungen absolut an. Gleichzeitig kann man sich Uniformierte kaufen, die einem nicht nur die Straßen freihalten, sondern direkt auch noch die Kollegen vom Hals schaffen. Wir werden erleben, dass der Drogenhandel floriert. Wir werden ein unerhörtes Erstarken der Mafias erleben. Wenn es ganz dicke kommt, wird das enden wie in Mexiko.

Die einen fahren dann in ihren gepanzerten Wagen zwischen den Gated Communities hin und her, die anderen leben im Dreck und nehmen sich, was im geschäftsmäßigen Bürgerkrieg für sie abfällt. Je mehr Waffen im Land sind, desto fürchterlicher wird das alles. So sieht er aus, der “Nachtwächterstaat”. Er braucht keine Ausgangssperren, weil sich ohnehin niemand auf die Straße wagt.

Was sagt der Qualitätsjournalismus dazu? Er ist ausgewogen bis zur Karikatur. Ohne erkennbare Ironie fragt Kai Strittmatter in der Sueddeutschen:

Hilft es da, wenn die Polizei sich nebenbei etwas dazuverdient? Oder ist es im Gegenteil eine weitere Schlappe für die öffentliche Sicherheit, wenn sich Firmen und reiche Privatleute die Sicherheit kaufen können, die dann anderswo fehlt?

Willkommen bei “einerseits – andererseits”. Vielleicht “hilft es ja”. Es ist doch ganz normal, dass man “sich nebenbei etwas dazuverdient”. Das kennen wir doch schon als “Eigenverantwortung” von denen, die mit einem Job nicht auskommen und nicht in der “sozialen Hängematte” leben wollen. Es schafft Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft. Das ist doch etwas Gutes?
Nein, das ist keine Karikatur. Das ist “Marktwirtschaft”, und die ist so sozial wie Kapitalismus eben ist. Fortsetzung folgt.