typstarDie Bundesregierung i.e. das Justizministerium hat bekanntlich behauptet, die eigentlich obligatorische Auskunftspflicht bezüglich der Tätigkeit seiner Beamten gelte ab sofort nicht mehr, da durch das gefährliche Internet® mit seiner gefährlichen Anonymität® eine Gefahr für die Sicherheit des Landes, der Welt und der umliegenden Ortschaften bestehe. Daher wurde es abgelehnt, zu veröffentlichen, wer für die BRD an den ACTA-Verhandlungen teilgenommen hat.

Dagegen hat Mathias Schindler Widerspruch eingelegt [pdf, via fefe], und seine Begründungen bzw. die seiner Anwälte lesen sich äußerst stichhaltig. Ganz anders als das allgemeine Blabla von Gefahren, die angeblich mit einer Veröffentlichung verbunden seien. Zurecht wird im Widerspruch darauf hingewiesen, dass Gefahren für die öffentliche Sicherheit konkret sein müssen und es künftig jede Behörde von jeder Auskunftspflicht enthöbe, wenn die Möglichkeit einer anonymen Schelte “im Internet” schon eine solche Gefahr darstellte.

Tödliche Gefahr

Vielmehr muss befürchtet werden, dass die Abwehr der Gefahr einer ungestörten Korruption durch solche Konstruktionen unmöglich gemacht würde. Gegen diese Argumente hilft wohl nur die Arroganz der Macht. Mit sachlichen Einlassungen ist da nichts mehr zu machen, und es riecht schon schwer nach Karlsruher Auflauf.

Das Ammenmärchen von der Anonymität im Internet® kann man ohnehin nur Leuten erzählen, die sich regelmäßig beim Üben des Doppelklicks Gehirnerschütterungen zuziehen. Die fest glauben, man müsste endlich alles aufzeichnen und nichts mehr verbergen, um die anonymen Verbrecher endlich zu finden, die uns alle gefährden. Wer bitte soll aber wirklich anonym sein im Internet?

Ich mache hier die Erfahrung, dass Leute teils jahrelang ihre Cookies nicht löschen. Ihre IP hinterlassen sie ohnehin. Sie geben sich hier Nicknamen, was auch sinnvoll ist, um in einer Diskussion wiedererkannt zu werden. Das ist die Regel. Da ist nichts anonym, und wer etwas über wen wissen will – zumal wenn es um rechtliche Dinge oder eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit geht, der findet das auch heraus. Wie lächerlich soll das noch werden, was da dementgegen amtlich abgesondert wird? Vollends karnevalistisch wird schließlich die Behauptung, “Blogger” seien anonyme Heckenschützen der virtuellen Öffentlichkeit. Niemand von uns ist auch nur annähernd anonym.

Stadtbekannte Geheimblogger

Fast alle, die gelesen werden, haben ein Impressum oder schreiben ohnehin unter ihrem Klarnamen. Und wenn nicht, findet man im Fall eines Rechtsstreits über den Provider heraus, wer da so gefährlich ist. Woher kommen wohl solche Begriffe wie “Abmahnwahn”, wenn hier alle anonym sind?

Aber so ist das mit der Kommunikation der Obrigkeit gegenüber ihren Untertanen: Offiziell sind sie zur Auskunft verpflichtet, tatsächlich verschanzen sie sich im Schutze der Anonymität. Wenn sie einmal ‘Auskunft geben’, sind sie gern bemüßigt, gefärbte Argumentationen abzuliefern statt präziser Informationen. Da wird die Wahrheitsfindung zum fröhlichen Eiersuchen im dichten Dickicht.

In diesem Sinne: Frohe Ostern!