In einem halbwegs fairen Interview der Tagesschau/”Bericht aus Berlin” mit Oskar Lafontaine – sieht man einmal davon ab, daß die häufigste Frage der Zuschauer (“wie kann die Linke effektiv gegen die gezielte Medienkampagne vorgehen”) als “kleine Kampagne” bezeichnet wird, fällt mir eine Frage besonders auf. Sie ist ein Sinnbild jenes Qualitätsjournalismus, dessen Meinungsschmiede regelmäßig Chimären hervorbringt, denen man nicht mehr ansieht, ob sie Kabarett oder Propaganda sind. Rainald Becker fragt dort:

Aber Herr Lafontaine, mit diesen Einsätzen geht es doch auch um unsere Sicherheit, um Schutz vor internationalem Terrorismus, das war ja mal die Begründung dafür. Wollen Sie Deutschland denn schutzlos für die Terroristen preisgeben?

Daß Deutschland schutzlos sei, wenn die Brunnenbohrer aufhören, tageweise Taliban zu vertreiben, kann ja eigentlich nur ein blöder Witz sein. Ich fürchte allerdings, Becker meint das ernst. Jedenfalls hält sich dieser Fürbittensprecher für den Repräsentanten einer ungemein seriösen Nachrichtenredaktion.

Die verkorkste Grammatik mag subtil eine Wahrheit offenbaren: Deutschland wird für die Terroristen preisgegeben, nicht den Terroristen. Für Terroristen, so liest sich das also, wäre Deutschland damit preisgegeben. Das macht zwar keinen Sinn, läßt aber immerhin die Hintertür offen, daß solche Preisgabe nur in der Interpretation einer wirren Gruppe von Fanatikern stattfände. Das Gegenteil wäre für Menschen mit Verstand nämlich der Fall.
Spannender ist die offene Frage, wem denn Deutschland “preisgegeben” wird. Wirren Fanatikern, denen kein Argument zu dumm ist, ihre wahren Interessen zu offenbaren? Wer sind dann diese Fanatiker? Das ist hier die Frage.

Der Kern der Propaganda, so läßt sich vermuten, hat zu der sprachlichen Entgleisung geführt. “Für die Terroristen” ist die Nachricht, die transportiert wird. Wer gegen den Krieg sei, sei für die Terroristen. Das bleibt hängen, wenn man es nur oft genug wiederholt. Wenn keiner mehr wirklich Fragen stellt.