In einem halbwegs fairen Interview der Tagesschau/”Bericht aus Berlin” mit Oskar Lafontaine – sieht man einmal davon ab, daß die häufigste Frage der Zuschauer (“wie kann die Linke effektiv gegen die gezielte Medienkampagne vorgehen”) als “kleine Kampagne” bezeichnet wird, fällt mir eine Frage besonders auf. Sie ist ein Sinnbild jenes Qualitätsjournalismus, dessen Meinungsschmiede regelmäßig Chimären hervorbringt, denen man nicht mehr ansieht, ob sie Kabarett oder Propaganda sind. Rainald Becker fragt dort:
“Aber Herr Lafontaine, mit diesen Einsätzen geht es doch auch um unsere Sicherheit, um Schutz vor internationalem Terrorismus, das war ja mal die Begründung dafür. Wollen Sie Deutschland denn schutzlos für die Terroristen preisgeben?”
Daß Deutschland schutzlos sei, wenn die Brunnenbohrer aufhören, tageweise Taliban zu vertreiben, kann ja eigentlich nur ein blöder Witz sein. Ich fürchte allerdings, Becker meint das ernst. Jedenfalls hält sich dieser Fürbittensprecher für den Repräsentanten einer ungemein seriösen Nachrichtenredaktion.
Die verkorkste Grammatik mag subtil eine Wahrheit offenbaren: Deutschland wird für die Terroristen preisgegeben, nicht den Terroristen. Für Terroristen, so liest sich das also, wäre Deutschland damit preisgegeben. Das macht zwar keinen Sinn, läßt aber immerhin die Hintertür offen, daß solche Preisgabe nur in der Interpretation einer wirren Gruppe von Fanatikern stattfände. Das Gegenteil wäre für Menschen mit Verstand nämlich der Fall.
Spannender ist die offene Frage, wem denn Deutschland “preisgegeben” wird. Wirren Fanatikern, denen kein Argument zu dumm ist, ihre wahren Interessen zu offenbaren? Wer sind dann diese Fanatiker? Das ist hier die Frage.
Der Kern der Propaganda, so läßt sich vermuten, hat zu der sprachlichen Entgleisung geführt. “Für die Terroristen” ist die Nachricht, die transportiert wird. Wer gegen den Krieg sei, sei für die Terroristen. Das bleibt hängen, wenn man es nur oft genug wiederholt. Wenn keiner mehr wirklich Fragen stellt.
August 3rd, 2009 at 00:14
Ich hatte diese Frage beim Schauen eher so verstanden, dass Rainald Becker da Advocatus Diaboli spielte um Herrn Lafontaine Gelegenheit zu geben, seine Position klar darzustellen. Weil das die einzige Erklärung für die Frage ist, die nicht komplett hirnverbrannt wäre. Und ich doch immer noch Menschen in solchen Positionen eine gewisse Intelligenz zuschreibe. Vielleicht naiv, wenn ich drüber nachdenke. Und selbst wenn es so sein sollte, darf man wohl nicht davon ausgehen, dass dem Großteil der Zuschauer klar ist, dass die in der Frage dargestellte Argumentation selbstverständlich Blödsinn ist.
August 3rd, 2009 at 01:02
Du argumentierst also pro Kabarett?
“dass dem Großteil der Zuschauer klar ist, dass die in der Frage dargestellte Argumentation selbstverständlich Blödsinn ist” halte ich für eine gefährliche Ansicht. Dafür ist die Journaille warhlich zu einseitig und der Zuschauer zu unkritisch. Wenn ich mir anschaue, was in meinem Blog z.T. schon nicht verstanden wird, halte ich solches Vertrauen mit Verlaub für naiv.
August 3rd, 2009 at 01:11
Hm, ist mir gerade nicht ganz klar, die Antwort. Möglich, dass da das “nicht” durchgerutscht ist in meinem Satz? Ich meinte ja, dass man wohl nicht davon ausgehen kann, dass das für jeden (oder zumindest die meisten) Zuschauer ersichtlich ist.
August 3rd, 2009 at 01:12
Nach dem, was man in letzter Zeit so erleben musste (Höhepunkte: Illner Intensiv und das Frey-Sommerinterview) war diese Fragerunde ja fast human. Auch wenn die Herren Journalisten es sich natürlich nicht nehmen lassen konnten, ein bisschen verächtlich über diese Frage zu schmunzeln. Jetzt muss Oskar Lafontaine aber Taten folgen lassen. Meiner Meinung nach geht die Linkspartei immernoch viel zu defensiv mit der riesigen Medienkampagne gegen sie um.
August 3rd, 2009 at 01:17
@Felix K: Yapp, sorry, ich sollte mehr lesen und weniger überfliegen ;-)
August 3rd, 2009 at 09:35
Auch
nur ne Frage.
In de Papierkörbe inne Schtadt liegen immer mehr leere Flasche. Ich meine, die werde von Terrorischte rein geschmisse. Damit morr sch dran gewöhnt. Was isch, wenn de Flasche ma ni morr rischtsch leer sinn un explodiern?
Der Lafo, den interessiert das ni. Der guckt in de Papierkörbe doch gar ni rei.
August 3rd, 2009 at 10:55
wenns knallen soll, dann knallts. da koennen noch so viele buergerechte geopfert werden. das muss imho ein rechtsstaat aushalten koennen, genau wie eine jahrhundertflut oder einstuerzende neubauten! diese schwachsinnige begruendung des afghanistan feldzuges rollt einem die naegel auf.
wir sind dort, weil unsere buendnisspartner das wuenschen. und diese sind dort, weil sie einen haufen knallharter interessen haben! (wobei frieden und wohlstand der einheimischen ganz unten auf der agenda stehen!)
die politkasper von den sauberen parteien und ihre buettel in den medien verarschen uns nach strich und faden. und das wahlvieh frisst es einfach, waehrend sinnlos menschen entleibt werden. es ist zum heulen!
zum thema brunnenbohrer: die einheimischen in der naehe der militaercamps klagen seit langem unter wassermangel, weil unsere truppen soviel abzapfen.
August 3rd, 2009 at 11:04
Den Trailer zur Sendung hatten sie kaum verändert – Diffamierung blieb. Nur der letzte Satz: “Doch O.L. scheint das nicht umzuhauen”, war neu.
Sehr amüsant, die beiden “Witzbolde”, anders kann ich die s. g. Journalisten nicht nennen wirkten insgesamt ziemlich perplex.
Ja, es hat sie umgehauen, sie mussten Lafo reden lassen – Deppendorf setzte zwar mehrfach an, um ihn zu unterbrechen – doch vergeblich.
Das Schlimme dabei, diese Typen begreifen überhaupt nicht, welchen Blödsinn sie täglich verzapfen. Und auch hier war Oskar Lafontaine überzeugend:Diese dämliche Frage des Fragers Becker – ““Aber Herr Lafontaine, mit diesen Einsätzen geht es doch auch um unsere Sicherheit, um Schutz vor internationalem Terrorismus, das war ja mal die Begründung dafür. Wollen Sie Deutschland denn schutzlos für die Terroristen preisgeben?” hat er doch schlichtweg in das Reich der albernen Fabel disqualifiziert.
Es war einfach köstlich, die Körpersprache dieser beiden Deppen von der ARD zu beobachten.
Und – ich glaube, etliche Zuschauer haben es ebenfalls bemerkt – es war zu offensichtlich.
August 3rd, 2009 at 11:14
Wobei Oskar die einzig passende Antwort gab in dem er diese Frage zu Recht Unsinn (o.ä.) nannte… Aber es ist mitunter schon peinlich, was unsere Journallie so von sich gibt.
August 3rd, 2009 at 11:33
Die von dir angesprochene Verbal-Logik bestätigt meine These von Geschichte als Wiederholung des Immergleichen. Vor zirka 40 Jahren gab es ein “Gedicht”, welches herausarbeitete, dass Kriegsdienstverweigerer Kriegsbefürworter sind. Da das Heer der Aufrechterhaltung des Friedens dient, ist die Weigerung, im Heer dem Frieden zu dienen, eine Bejahung des Krieges.
August 3rd, 2009 at 18:13
@Huuh(Rrah)
Na höhr ma.
Dat liecht doch janz kla auf da Hand. Kein anständiga Deutscha schmeisst ne volle Pulle wech. Wat nich janz leer is, is voll.
So, nu hammer dat.
Sowatt tun nur Terorischte.
Und übbahaupt, wat tut sonne Kärl wie du anne Mülltonne? Da muss man ja auf schräje Jedanke komme.
August 3rd, 2009 at 19:26
So wie Morla sehe ich das auch. Dass Deppendorf dann bei der letzten User-Frage eine “kleine Kampagne” vermutet ist schon bezeichnend für diese beiden Deppen.
August 3rd, 2009 at 20:52
Wenn die Methoden unserer Journaille so offensichtlich werden, muss man vermuten, dass sie langsam verzweifeln.
Mal sehen, ob sie sich vor der Wahl nochmal fangen und aufrichten oder doch langsam untergehen.
Angesichts des Niveaus des durchschnittlichen Fernsehprogramms darf allerdings bezweifelt werden, dass der durchschnittliche deutsche Bier-Michel solche “Feinheiten” erkennt.
Aber auch die Zensurgesetze, die sich ja vermutlich gegen politische terroristische ;-p Blogs richten werden, sind ja langsam vor dem Hintergrund der langsamen Verzweiflung der deutschen Polit-Elite zu sehen. Diffamierung reicht halt nicht mehr, man kann viele Menschen zwar verdammt lange verarschen, aber eben nicht alle Menschen auf Dauer verarschen.
August 3rd, 2009 at 21:29
Für alle die das Interview sehen wollen
https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video542380.html
War schön zu sehen wie Oskar denen jeglichen Wind aus ihren dämlichen Fragen nahm, besonders zum Ende hin. Aber so unbehaglich hab ich auch schon lange nicht mehr 2 Personen sitzen sehen, v.a. der Ulrich der gar nicht aufhören konnte mit seinen Zettelchen zu fummeln. Klassische Übersprunghandlung…