Ich beginne mit Selbstkritik: Was nun folgt, ist einer jener Artikel, in denen genörgelt wird, ohne ein Minimum an Eigenrechereche zu leisten. Zumindest im ersten Teil werde ich unkritisch und unüberprüft die Meinung eines Journalisten über Kollegen übernehmen, obwohl ich gar nicht weiß, ob seine Kriritk konkret berechtigt ist. Allein, daß sie allgemein nicht fehlgeht, animiert mich dazu. Dies ist ein trauriger, beinahe unhaltbarer Zustand, und darum muß natürlich geklärt werden, warum ich mich zu einem Beirtrag derart verzichtbarer Qualität hinreißen lasse.
Es geht um den “Spiegel”. Im Kern um einen Artikel in der FR, der den Experten von der Brandstwiete vorwirft, daß sie “Hitler weiß waschen“. Im aktuellen Leitartikel werde der Zweite Weltkrieg zur unvermeidlichen Folge des Ersten dargestellt.
Das kann ich mir zunächst einmal gut vorstellen, denn die History-Entertainer und Knoppologen, die dort am Werk sind, greifen gern mal ins Klo, wenn’s der Auflage dient. Die sogenannten “Leitartikel” und ihre grafische Darstellung arbeiten mit denselben Effekten, mit denen auch SpOn stets die Augen fängt: Titten und Hitler.
In der Titten-Abteilung bedient Sie derweil Herr Reinhard Mohr. Der Mann geht mir jedesmal, wenn ich so fahrlässig bin, nicht zuerst den Namen des Autors zu lesen, unglaublich auf den Zeiger. Ich habe nicht einen einzigen Artikel von ihm gelesen, der nicht grottenschlecht und meist ebenso tendenziös war, sodaß es mir extrem schwerfällt, ihn nicht jedesmal dem Gespött der Menge preiszugeben. Mit Ignoranz ist derartiges freilich besser bedient.
Im gegebenen Zusammenhang erlaube ich mir aber, ein Beispiel dafür anzuführen, um das eingangs skizzierte Problem zu erläutern.
Mohr hat nämlich Claudia Pechstein auf außerordentlich raffinierte Weise des Dopings überführt. Sie ist schuldig, weil sie neuerdings Blond ist und überhaupt mit ihrer Attraktivität punktet.
Blutdoping, das ist, wenn benn Reinhard etwas anschwillt. Das muß ja irgendwo her kommen. Die Hexe wars, die blonde! Genau so hat die Inquisition funktioniert, es ist das schwül-erotische Element der Hexenjagd: Wer süß und unschuldig guckt, ist des Teufels. Verführung und Schuld sind eine Einheit. Dieser unglaubliche Mist überrascht mich nicht, weil “Mohr” darüber steht. Und der ist eben auch drin.
Daß beim “Spiegel” sogenannte “Journalisten” so etwas schreiben dürfen, stellt mich vor ein Problem. Denn dieses Blatt nennt sich “Nachrichtenmagazin”, wird so wahrgenommen und hat eine gigantische Reichweite. Man muß zudem konzedieren, daß bei allem unfaßbaren Murks, den man dort zu lesen bekommt, die Nachrichtendichte noch recht hoch ist. Man kommt am “Spiegel” nicht vorbei. Ich halte es ja schon mit der echten Boulevardzeitung, die schon immer nur gehetzt hat, so, daß ich nicht einmal ihren Namen erwähne. Dieses Prinzip kann ich nicht endlos ausweiten.
Andererseits fällt es mir natürlich im Leben nicht ein, auch noch Geld für diesen Käse auszugeben, um mitreden zu dürfen.
Das Resultat ist also das, was ich mir als Blogger sonst eben nicht vorwerfen lasse: Daß ich etwas abschreibe und mit der Meute brülle. In diesem Fall bleibt mir aber nichts anderes übrig. Und das ist mein Vorwurf an die Aufdecker von Hitlers heimlichen Huren: Qualitätsjournalismus ist ansteckend. Ich begebe mich auf ein Niveau, das mir nicht zu Gesicht steht. Das muß sich ändern!
Juli 6th, 2009 at 06:54
Leider kann man den kritischen Artikel der FR als “die Deutschen weiß waschen” bezeichnen. Denn der zweite Weltkrieg als “freie Tat Adolf Hitlers” ist mindestens genauso daneben, wie die von Spiegel propagierte Notwendigkeit der Geschichte.
Juli 6th, 2009 at 08:43
Komplexe Kiste. Wer bezüglich der Weltkriege monokausal argumentiert, zeigt, dass er unhistorisch arbeitet. Wenn der Spiegel, wie in der FR beschrieben, wirklich den Versailler Vertrag als Grund für den Zweiten WK propagiert, dann wäre das in der Tat ein Armutszeugnis. PISA plagt uns dann offensichtlich schon ziemlich lange. Obwohl: Jeder Abiturient hat mehr auf der Pfanne.
Juli 6th, 2009 at 10:50
Hitler als Folge des Ersten Weltkrieges? Nicht denkbar?
Juli 6th, 2009 at 11:14
Hm. Als “einzigen Grund” hätte ich schreiben müssen.
Juli 6th, 2009 at 11:50
@Roberto: Das ist nicht die Ausssage. So wie ich den Artikel verstehe, bracuhte es quasi nicht die Faschisten, sondern der Zustand nach Versaille wäre ohnehin nur durch einen Krieg zu korrigieren gewesen. Diese Ansicht ist zumindest phantasielos. Aber ich habe den Artikel ja nicht gelesen, deshalb ist mein Posting auch eben inhaltlich nicht auf die Goldwaage zu legen. ich sage ja, das ist die Qualität, die so entsteht ;-)
@Knut: Da hast du freilich recht. Wenngleich der Führer so entschieden hat und die Deutschen zwar die Nazis haben wollten, aber nicht unbedingt gleich den nächsten Krieg. Hätten sie doch damals schon den Güllner gehabt!
Juli 6th, 2009 at 17:01
Zum Schwundzustand des Journalismus in Deutschland lies mal das …
Die These des ‘deutschen Bürgerkriegs’, der von 1914 bis 1945 gedauert habe, ist ein wenig älteren Datums, das ist keine Spiegel-Erfindung. Sebastian Haffner fing damit meines Wissens mal an. Wenn man Hitler als Produkt auch der Kriegserfahrungen von 14-18 sieht, auch der Hyperinflation, die ein ganzes Volk enteignete, auch der ‘Lost Generation’, die als seelisch abgestumpfte Kriegsheimkehrerschaft nicht in die Zivilität zurückfand, dann ist das noch keine ‘Weißwäsche’. Unentschuldbar bleibt dieser missratene Künstlertypus namens Schicklgruber so oder so.
Juli 6th, 2009 at 17:42
Haffner kommt wohl gut hin, sicher ist Wehler einer der Vertreter des “Dreißigjährigen Krieges”, als den man diese Phase durchaus auch bezeichnen könnte. Dieser These kann man auch folgen, nimmt man eben Chats Argumente hinzu, aber nur Versailler Vertrag geht gar nicht. Nicht, dass uns der Spiegel irgendwann die Dolchstoßlegende für bare Münze nimmt…
Juli 6th, 2009 at 18:09
Nun erreicht diese Diskussion hier allmählich ein Niveau, dessen Fehlen doch Grund der klage war, die ich oben führte. Will der “Spiegel” womöglich auf subtile Weise genau dafür gesorgt haben? Ist dies der neue Weg der Aufklärung – Komplexität durch Simplifizierung?
Und warum sagt keiner was zu diesem Mohr, wenn ich mich schon derart überwinde und ihn hier erwähne?!
Juli 6th, 2009 at 18:22
@Chat Atkins: Was den heise-Artikel anbetrifft: mein Reden seit 1892. Nur das mit der Waschmaschine im GG habe ich in selbigem nicht gefunden.
Juli 6th, 2009 at 18:48
Zum Mohr fehlen mir die Worte. Wenn er wenigstens Bilder der neuen blonden Haarpracht beigefügt hätte, dann wäre sein “Argument” zwar nicht sinnvoller, aber immerhin anschaulicher. So bleibt nur zusammenhangloses Gefasel.
Juli 11th, 2009 at 00:36
[...] das geht seit Tagen so. Merke: Nie wieder ein Posting mit solchen Wörtern (”Titten und Hitler”) überschreiben! Dieses Werk ist unter einer [...]
Juli 11th, 2009 at 17:56
Grandios! Ich sehe eine echte Chance, meiner Seite den endgültigen Kick zu geben, und werde mir: sex-ist-wichtig.de , orgasmus-ist-wichtig.de und natürlich titten-sind-wichtig.de sichern. Hatte mich schon über die Erhöhung meines Pageranks neulich gefreut, aber jetzt tun sich wirklich ganz neue Welten auf. Sex sells!
In diesem Sinne, Gruß von, äh, http://www.demokratie-ist-wichtig.de
Juli 12th, 2009 at 12:46
Warum sagt keiner was zu R. Mohr? Hmm. Nun. Der Mann ist geistig nicht satisfaktionsfähig. Vielleicht deshalb.
Ich habe mich über den Typen etwa 3-4 Artikel lang geärgert. Und dann hat dieser Mann es geschafft, dass sich nicht nur mein Denken änderte, sondern auch mein Verhalten – und zwar langfristig: Seitdem lese ich vor jedem Artikel zunächst, ob es einen Hinweis auf den Autoren gibt.
Steht dann: “von Reinhard Mohr” oder irgenwelcher broderische Politkrimskrams, dann wird der Artikel nicht gelesen. Denn es steht nur verschwurbeltes dummes Zeugs drin.
Bei R. Mohr sogar mit Garantie!
(quasi: Qualitätsjournalismus made bey Brandtwiete)