Lucas zeise hat für die FTD zusammengefaßt, was den Amerikanern und der EU so alles nicht einfällt, um Regulierungen durchzusetzen, die tatsächlich etwas an den asburden Verhältnissen ändern könnten. Es ist im Großen und Ganzen: Nichts.
Was da zukünftig unter “Aufsicht” firmiert, ist so zu verstehen, wie es heißt: Da schauen ein paar offizielle Autoritäten den ihnen Anvertrauten beim “Spielen” zu, wie überforderte Lehrer in einer Schule, die von jugendlichen Kriminellen beherrscht wird. Wenn irgendwo eine Nase blutet, sprechen sie vielleicht vorsichtig einen Tadel aus. Daß in sämtlichen Ecken aber längst die Messer kreisen und es bereits Tote gab, macht die Pausenaufsicht zur Lachnummer.
Wenn ein “europäischer Ausschuss für Systemrisiken” “früh vor Risiken warnen und Empfehlungen abgeben” soll, fragt man sich, warum das nicht schon immer jemand getan hat. Und wenn es denn jemand getan hat, warum das keine Konsequenzen hatte. Vor allen aber: Wie sich in der Zukunft daran etwas ändern sollte.

Derweil ist nichts reguliert d.h. verboten, was das Zeug hat, die “Stabilität zu gefährden”. Im Gegenteil wird den “Opfern” ihrer eigenen Blödheit das Geld nachgeschossen. Und zwar nicht nur, um ihre Haut zu retten, sondern auch noch, um mit dem geforderten Eigenkapital ausgestattet zu werden, das sie brauchen, um weiter zu zocken. Wozu aber wird eine höhere Eigenkapitaldecke gefordert, wenn am Ende eh der Staat dafür sorgt – und zwar bei den größten Versagern zuerst?

Ein rigides Einschreiten der Politik müßte dafür sorgen, daß eine ganze Reihe von Geschäften nicht mehr möglich sind. Vor allem eben solche, deren Risiko zu hoch ist und von den Beteiligten selbst nicht getragen werden kann. Das klingt nicht zufällig schwammig. Denn einerseits ist es selbstredend, was damit gemeint ist: Ähnlich wie die Fusion großer Unternehmen von Kartellbehörden genehmigt werden muß, müssen Kreditgeschäfte ab einem gewissen Volumen genehmigungspflichtig sein. Zweitens muß das Risiko massenhaft vergebener Kredite durch eine bessere Prüfung der Solvenz der Kreditnehmer verringert werden. Was aber, wenn es dennoch zu großen Schieflagen kommt?

Hier liegt andererseits das Problem. Daß derzeit nicht einmal die Risiken gedeckelt werden, die schon in die Krise geführt haben, ist eine Schande. Die Vorsorge für die Zukunft muß aber auch Fälle und Konstellationen absichern, die bislang noch gar nicht vorgekommen sind. Was zu verhindern ist, sind Notlagen bei “systemrelevanten” Marktteilnehmern. Was aber heißt “systemrelevant”?

“Systemrelevant” ist eine Einheit, die alternativlos erhalten werden muß, um nicht ganze Staaten ins Chaos taumeln zu lassen. Und wenn es solche Einheiten geben darf, von der die Politik also auf Gedeih und Verderb abhängt, dann gehören diese Einheiten ohne Vorbehalt unter die demokratische Kontrolle des zuständigen Staates gestellt. Ist das nicht möglich oder von Seiten der Wirtschaft nicht gewollt, so darf etwas Derartiges nicht existieren.

Die Finanzwirtschaft, von der sich die Staaten abhängig gemacht haben, muß nicht beaufsichtigt, sondern kontrolliert werden. So lange die Geschäfte in einem halbwegs produktiven Rahmen bleiben, sollen sie weitgehend frei bleiben. Alles, was die Integrität von Staat und Gesellschaft aber gefährden kann, darf nicht dem “Markt” überlassen werden. Dies ist ein Imperativ der sozialen Marktwirtschaft.
Was stattdessen an Gerette und Gewurschtel, an “Aufsicht” und Pseudo-Regulierung veranstaltet wird, hat ein Haltbarkeitsdatum, das schon vor Auslieferung der Mogelpackung überschritten ist.