Schon vor einigen Wochen las ich vom Projekt “Desertec”. Die Gleichnamige Stiftung, die in Afrika Solarstrom mit Großanlagen produzieren und ihn nach Europa exportieren will, wird von gemeinnützigen Einrichtungen wie Deutsche Bank, Siemens und RWE hofiert, die auch etwas Gutes für die Menschheit tun wollen.
Hermann Scheer, der übrigens immer noch SPD-Mitglied ist, kommentiert dieses Projekt in der FR ganz nüchtern und kommt zu dem Schluß, daß Großanlagen in Afrika ökonomisch und ökologisch unsinnig sind.
Das mag zwar sein, und ich habe mir dasselbe gedacht, aber es verschließt sich einigen Argumenten, die “Desertec” selbst anbringt:
Die Afrikaner brauchen nämlich auch Strom, und der kommt ja nicht von deutschen Dächern. Es sei also
“nur fair wenn Europa die Einführung von Erneuerbaren Energien in MENA fördert”
Und, ganz wichtig natürlich:
“Dies führt zu Einkommen und dem Aufbau einer Mittelschicht.”
Und was macht die Mittelschicht? Richtig, sie bezieht Einkommen, sorgt dafür, daß sie mehr Einkommen erzielt und ist fortan denen dankbar verbunden, die auch etwas erzielen. Den Hauptgewinn nämlich.
Das sei keine “Ausbeutung”, weiß Desertec, weil ja die Sonne kein Bodenschatz ist und daher auch nicht versiegt.
Daß Kritiker mit “Ausbeutung” nicht den Boden meinen, sondern das Volk, hat sich bis zu den edlen Stiftern und ihren Fans aus der Industrie noch nicht herumgesprochen. Daß die zu erwartende Ausbeutung etwa darin besteht, daß Europäische Konzerne für etwas kassieren, was die Afrikaner auf andere Weise effizienter selbst hinbekämen, ist eine Sache. Vielleicht hätten die ja auch gar keine Lust und würden sich den Strom einfach sparen.
Eine andere wäre es aber, wenn zum Beispiel die dezentrale Erzeugung von Solarstrom nicht nur weniger gefördert, sondern nachgerade verhindert würde. Womöglich per Gesetz. Im ungemütlichen Europa ist es nämlich genau umgekehrt, da bricht den Großen gerade ein Markt weg.
Ein Schuft, wer behauptet, das einzige, das wirklich feststeht, wenn es zu Großprojekten kommt, sei der Gewinn der Großkonzerne. Die nämlich tun das alles nur aus Liebe zu sauberem Strom und Negerkindern.
Für Desertec darf man daher auch Spenden. Kunden der RWE können demnächst einfach ein paar Euro mehr mit der Stromrechnung überweisen und eine Spendenquittung anfordern. Sie können aber auch in der nächsten Filiale der Deutschen Bank ein paar Cent über die Glaswand werfen. Für einen guten Zweck bückt sich sogar Herr Ackermann gern.
Juni 21st, 2009 at 23:55
Ja so soll es nun leider laufen
hab das ja schon in meinem Artikel verlinkt:
..Jetzt hilft nur ein radikaler ökosozialer Umbau. Das Wort meint: Aufstand gegen das Preis-Profit- Prinzip. Die Rückgewinnung der Politik. Denn sonst machen nicht wir den ökologischen Umbau, sondern die Konzerne. So wie gerade in Deutschland mit der Operation «Desertec »: 20 deutsche Konzerne unter der Führung des Finanzmultis Münchner Rück planen in der Sahara für 600 Milliarden Franken grosse Solarkraftwerke, um Europas Haushalte mit afrikanischem Sonnenstrom zu versorgen. Bei 20 Prozent Verzinsung auf 600 Milliarden werden wir teuer blechen. Das wäre eigentlich ein sehr schönes internationales staatliches Kooperationsprojekt gewesen, zwischen EU, Algerien, Marokko, Mauretanien … …
Die Befürworter wollen das nicht hören, finden es abwegig sich darüber aufzuregen weil ja angeblich keine anderen Möglichkeiten geschaffen sind soetwas umzusetzen. Und die Gegner geben sich damit zufrieden wenn ihr Häusschen, oder auch Dörfchen solartechnisch autark wird.
Es macht mich nur noch irre, das ganze
Juni 22nd, 2009 at 00:24
sorry, hab den link vergessen für den obigen Textauszug
Der fossile Kapitalismus steht vor seinem Ende
n8
Juni 22nd, 2009 at 01:22
ersataunlich, wie eilig es die konzerne haben. koennte es befuechtungen geben, das ihnen ein teil des deutschen marktes wegbricht, wenn ein airbus zufaellig auf dem akw brunsbuettel oder neckar westheim landet? ;-)
Juni 22nd, 2009 at 01:23
.. befuerchtungen ..
Juni 22nd, 2009 at 09:11
“Hatte ich schon mal geposted – trotzdem”:
Vielleicht ein wenig zu lokal und technisch gedacht – die Kritik:
Hier ein Link, der das Ganze aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Klingt für mich äußerst logisch. Es geht einfach, um Wirtschaftspolitik. Es geht um den zukünftigen Standort der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA).
https://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57555?PHPSESSID=lsb5993pppsr6isl09roqvgmi5
Juni 22nd, 2009 at 11:44
Habe aus dem von dir verlinkten Artikel über Hermann Scheers Ansichten das m. E wesentliche herausgegriffen(u. auch in meine Artikel als Resümee verlinkt):
” Solarstromerzeugung in Nordafrika ist nötig – für die dortigen Länder selbst. Dafür ist EU-Hilfe angesagt. Und wenn diese damit ihren eigenen Energiebedarf gedeckt haben und wir noch nicht – und der Sahara-Strom tatsächlich deutlich billiger sein sollte – kann man vielleicht in zwei bis drei Jahrzehnten über den Bau von Übertragungsleitungen reden, und zwar für dann konkret nachvollziehbaren und kalkulierbaren Bedarf.”
Juni 22nd, 2009 at 14:25
Sagst mir ruhig wenn ich zu paranoid bin.
Aber dieses Projekt desertec ist eines der Lieblingsbabys vom Club of Rome. Denen würde ich nicht meine Welt anvertrauen wollen.
https://www.clubofrome.de/news/index.html
Ausserdem strickt deren Vize Koerber schon seit Jahren als Kurator mit an der INSM herum.
Und im IPCC hadder auch seine Finger drin.
Was mir noch auffällt das nirgends etwas davon steht wie man mit den möglichen beteiligten nordafrikanischen Staaten verfahren will. Die üblichen Arbeitsplatzrechnungen sind dafür kaum anwendbar. Da gibt es noch nicht mal ein vernünftiges Konzept über deren Mitwirkung, geschweige denn eine nachvollziehbare Planung. Ich denke diese Staaten interessiert auch keiner der Projekttreiber wirklich, solange die Wüste Wüste bleibt.
Ausserdem hat sich Herr Scheer (trotz SPD) bereits mehrmals gegen die Energielobby und insbesondere gegen W.Clement gestellt. Der Mann ist für mich einfach vertrauenswürdiger.
Juni 22nd, 2009 at 14:58
weiss auch nicht so recht, was ich davon halten soll. wenn die konzerne keine profite wittern, wird das niemals was. wenn ja, gibts wenigstens eine entwicklung weg von der kk. die brauchen eine zentrale technik, die sie kontrollieren koennen. dezentrale techniken oder gar energie sparen ist nutzlos fuer sie. kernfusion hingegen ist noch utopie. die fossilien energietraeger gehen demnaechst aus oder sind bald zu schade zum verbrennen. also ist das fuer die grosskonzerne ein gangbarer weg. die hauptkosten werden eh wieder auf die allgemeinheit abgewaelzt, das steht ausser frage. aber es waere wenigstens ein fuer europa gangbarer weg, raus aus der kk.
ach menno. man sollte die bastarde, die sich die daseinsvorsorge gekrallt haben, alle wieder enteignen….
Juni 22nd, 2009 at 16:03
Der Titel ‘Neues aus den Kolonien’ fasst es eigentlich sehr gut zusammen: Unser Staat setzt sich in Ausland für die Interessen der Energieoligarchen sein. Macht er das gut, redet man von Wirtschaftspolitik, macht er es schlecht, ist es moderner Kolonialismus (wie beim Oel).
Es geht vermutlich nicht, um eine sinnvolle Sache (Unabhängigkeit vom Oel), sondern darum den Oeko-Kuchen unter Großinvestoren schon aufzuteilen, noch bevor eine einzige Solarzelle installiert ist.
Und das ist eigentlich die Schade: Schon wieder sollen Steuergelder hierfür benutzt werden (genau wie bei der Bahn, Kommunikation, Energie, Wasser).
Da geht es mir wie wahrscheinlich vielen: Ich möchte Scheer widersprechen, weil ich das Vorhaben für eine gute Idee halte, die man mal probieren sollte. Wenn ich aber sehe, Wer die gute Idee umsetzen möchte, dann wird mir schlecht.
Juni 24th, 2009 at 06:53
[...] Flatter | Feynsinn | – Schon vor einigen Wochen las ich vom Projekt “Desertec”. Die Gleichnamige Stiftung, [...]
Juni 30th, 2009 at 16:39
Hier noch zwei Anmerkungen von Greenpeace zum DESERTEC-Konzept:
1. Imperialismus:
Die Skepsis hat einen berechtigten Hintergrund: Die derzeitige Situation des Imports von Energierohstoffen wie Erdöl, Kohle, Uran oder Erdgas beruht zum Teil auf einer Ausbeutung vieler auch afrikanischer Länder. Unmenschliche und ökologisch katastrophale Bedingungen für die Bevölkerung vor Ort sind damit verbunden. Die Bevölkerung hat nur in seltenen Fällen einen Nutzen vom Export der Rohstoffe.
Wüstenstrom soll dazu beigetragen, dass weniger dieser fossilen und nuklearen Rohstoffe genutzt werden müssen und somit die Ausbeutung abnimmt.
Für die Solarkraftwerke und der erforderlichen Netzinfrastruktur werden sehr wohl zusätzliche Flächen in den Wüstenstaaten beansprucht. Greenpeace unterstützt jedoch nur Ansätze für den Import von Wüstenstrom, durch die zunächst die Energieversorgung in den Regionen und Ländern selbst verbessert wird. Der enorm steigende Energiebedarf wird zuerst in Nordafrika und dem Nahen Osten klimafreundlich gedeckt. Darüber hinaus können die Regionen Strom in den Norden exportieren. Ein erheblicher Teil der Wertschöpfung muss und kann auch vor Ort bleiben. Das kann zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Wüstenstaaten beitragen. Deswegen müssen gemeinschaftliche Ansätze zwischen Europa, Afrika und dem Nahen Osten zur Erschließung des Wüstenstroms entwickelt werden.
2. Verfestigung der Monopolstruktur des Energiemarktes
Greenpeace kämpft seit Jahren gegen die Energiepolitik der großen Stromkonzerne und die monopolartigen Strukturen auf dem Energiemarkt. Daran hat sich und wird sich nichts ändern. Das führt jedoch nicht zu dem Schluss, Wüstenstrom-Konzepte abzulehnen, weil Großkonzerne daran beteiligt sein können. Monopolistische Strukturen sind für den Bau von Wüstenstromkraftwerken zum einen nicht zwingend erforderlich. Abgesehen davon haben die großen Stromkonzerne, die immer noch mehr als 80 Prozent des deutschen Stroms produzieren, bislang so gut wie keinen Beitrag zum Ausbau der Erneuerbaren Energien und zum Klimaschutz geleistet. Deswegen sollte man sie angesichts der zunehmenden Probleme verstärkt in die Pflicht nehmen. Es wäre ein erster richtiger Schritt, wenn die Konzerne verstärkt in Erneuerbare Energien anstatt in Atomkraft oder Kohle investieren.
Herzliche Grüße,
Tobias Staufenberg
Greenpeace Web-Kommunikation
Juni 30th, 2009 at 18:56
Alles wird also besser, wenn die, die bisher brutal und umweltzerstörend ausgebeutet haben, in Zukunft weniger brutal und umweltfreundlicher ausbeuten? Interessanter Ansatz.
Juli 13th, 2009 at 23:54
[...] reden sie alle über Desertec, das hatte ich hier schon vor Tagen Wochen. Und überdies schon vor drei Jahren, wie ich in der mir und meiner Kristallkugel [...]
September 11th, 2010 at 00:28
[...] in “erneuerbare Energien” investieren. Ein Schelm, wer jetzt darauf wettet, daß damit Desertec gemeint ist, ein schönes großes Brückenprojekt, das nur mit den Milliarden finanzierbar ist, die [...]