Die selbsternannte “Elite”, namentlich als “Frankfurter Zukunftsrat”, läuft Amok. Ich habe mich gestern schon sehr gewundert, welche Nützlichen Philosophen und neoliberale Vollpfosten sich da zusammengefunden haben. Tombox hat mich in seinem Kommentar auf ein kreuzdämliches, aber gefährliches Pamphlet aufmerksam gemacht, in dem “Neuroökonomie” als Lösungsansatz für die Probleme der Finanzmärkte angepriesen wird. Es liest sich wie eine Satire.

Die Gier im Finanzverhalten ist genbedingt.

Die Reaktionen des Belohnungssystems fallen bei den Menschen unterschiedlich aus. Eine Ursache dafür sind so genannte Polymorphismen in dem Gen, das den Rezeptor für die Überträgersubstanz Dopamin bildet. Polymorphismen sind kleinste Veränderungen der Erbsubstanz auf der Ebene einzelner Aminosäuren, die nicht zu Erkrankungen führen, sondern für die Individualität von Menschen verantwortlich sind. Besteht eine solche Veränderung in dem Gen, das den Rezeptor für die im Belohnungssystem aktive Überträgersubstanz Dopamin aufbaut, ist dieser Rezeptor nicht mehr so wirksam und das Belohnungssystem kann bei diesen Menschen weniger leicht aktiviert werden. Solche Personen sind weniger anfällig für Glücksspiele und wahrscheinlich auch für die „Gier“ im Finanzverhalten“.

Die Erklärung für den Spekulatius und die Zockerei, die zur Weltwirtschaftskrise geführt hat, ist also “Gen”. Da waren einige kaputte Individuen am Werk, deren genetisch bedingte Dopaminpannen Gier auslösten und den ansonsten perfekten Kapitalismus in Schieflage brachten.
Es gibt aber auch bessere Menschen, denen man also die Märkte überlassen sollte.

Was folgt nun daraus? Ritalin für alle? Oder suchen wir uns, ganz neuroökonomisch-molekulargenetisch diejenigen Individuen und Gruppen heraus, die als geeigneter erscheinen, den Markt zu steuern? Und wie soll das gehen?
Im Sinne einer Risikoabwägung verbindlich eine DNA-Analyse vorschreiben? Oder vielleicht niederschwelliger fürs Erste Risikogruppen ausschließen? Man könnte dann auf bereits vorhandene Forschungen aus dem 20. Jahrhundert zurückgreifen. Bestimmte Rassen gelten demnach ja bekanntlich als anfälliger für Geldgier.

Die Dimensionen des Schwachsinns im Gewande der Wissenschaftlichkeit, die da zielstrebig auf rassistische Selektion hinauslaufen, knüpfen nahtlos an das an, was der Nationalsozialismus unter “Wissenschaft” verstand. Sicher macht es einen entscheidenden Unterschied, ob an der Rampe selektiert wird oder beim Eignungstest. Daß derselbe Geist aber wieder schamlos herumspukt, wirft ein grelles Licht auf diese “Zukunftsräte”.
Und Herr Sloterdijk ist also einer von ihnen? Kann er das da oben wohl unterschreiben oder hat er nur die Clubcard, mit der man jederzeit ans fette Büffet darf?