“Es war einmal vor langer langer Zeit”, möchte man anfangen, wenn es darum geht, Liberale bei den “Liberalen” zu finden, die etwas zu sagen hatten. Was ist der “Liberalismus” der FDP jeneits einer wirtschaftspolitischen Ideologie? Waren die Liberalen einmal eine Partei, die sich den Bürgerrechten verschrieben hatte, hatten sie einmal eine Idee von “Freiheit”, die tatsächlich die Freiheit aller Menschen meinte und nicht bloß die des Handels, so ist davon heute offenbar nichts mehr übrig.

Gerhard Baum war und ist ein Liberaler, dem Freiheit und Bürgerrechte noch etwas gelten, der dafür kämpft, und zwar zur Not auch gegen die “Freunde” in der eigenen Partei. Als Bundesinneminister der sozialliberalen Koalition hat er selbst in den heißesten Phasen des “RAF-Terrors” nicht das Maß verloren. Er steht heute weit abseits in der FDP.

Überhaupt, die Innenpolitik: Sollte diese nicht das wichtigste Anliegen des politischen Liberalismus sein? Der Parteivorsitzende kann sich zwar der Lächerlichkeit preisgeben, sich selbst als “Freiheitsstatue” zu bezeichnen, in Sachen realer Freiheit ist er allerdings mehr als zurückhaltend. Der einzige Innenminister, den die FDP seit Jahren aufzubieten hat, ist Ingo Wolf in NRW. Und ausgerechnet der hat ein Verfasssungschutzgesetz verbrochen, das an Bürgerrechtsfeindlichkeit nicht zu überbieten ist. Es wurde daher vom BVerfG gestoppt.

Wenn es darauf ankommt, ist die FDP so reaktionär, wie ihr favorisierter Koalitionspartner das gern hätte. Da ist nicht viel Widerstand zu erwarten, wenn die Freiheit beschnitten wird. Schon in der letzten Bundesregierung, an der sie beteiligt war, hat sie 1995 dem Großen Lauschangriff zugestimmt. Übrigens nicht nur die Fraktion – deren Votum war durch zwei Drittel der Parteimitglieder vorab in einer Urabstimmung erwirkt worden.
Eine der wenigen Liberalen in der Partei, Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, trat daraufhin von ihrem Amt zurück.

Als Jürgen Möllemann noch den Oberclown der Partei gab, ließ sich Westerwelle nicht nur vor dessen Karren spannen und ins Guidomobil sperren, sondern er nahm ihn auch ausdrücklich gegen den Vorwurf des Antisemitismus in schutz. Spätestens seit dem Bundestwagswahlkampf 2002 ließ es sich allerdings nicht mehr leugnen, daß Möllemann ein engagierter Antisemit war. An Westerwelle blieb davon nichts haften.

Mit Silvana Koch-Mehrin stellt sich nunmehr eine “freiheitliche Demokratin” zur Europawahl, deren Gesinnung in den letzten Tagen nur allzu deutlich wurde. Sie nimmt sich die Freiheit zu lügen, verweigert aber anderen die, darauf aufmerksam zu machen. Die Freiheit der Presse, geschweige denn der Netzöffentlichkeit gilt ihr nichts. Sie bekämpft sie vielmehr aus durchsichtigem Eigeninteresse.

Wenn sich die FDP heute also als “freiheitlich” bezeichnet und die eine oder andere Gelegenheit nutzt, um sich als “liberales” Gegengewicht zu einer CDU zu präsentieren, deren Hass auf die Grundrechte von ihrem ministeriellen Rollterrier exekutiert wird, so ist das der reine Etikettenschwindel. Die FDP interessiert sich nicht für Innenpolitik und schon gar nicht für Freiheit oder Bürgerrechte. Solange es nicht zu viele Steuerfahnder gibt, macht sie alles mit, was die Rechtskonservativen sich einfallen lassen.
Es kann aus den gegebenen Erfahrungen kein Zweifel aufkommen: Wer Westerwelle wählt, wird Schäuble serviert bekommen.