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Wenn man den Begriff “Verräter” in eine Überschrift stellt, muss man sich vorsehen, denn nicht wenige Leser werden diesen spontan mit der SPD verknüpfen. In diesem Fall ist das auch in Ordnung, denn es geht um Claus Schmiedel. Den kennt zwar keiner, aber er wird dafür sorgen, dass das bundesweit bekannte Projekt Stuttgart21 durchgezogen wird. Mehr noch: Die Schlichtung wird im Nachhinein verhöhnt, weil geradezu demonstrativ Argumente ignoriert und stattdessen parteiinterne Machtspielchen entscheiden werden.

Dabei ist die SPD Juniorpartner einer von Grün geführten Landesregierung, und die Partei ist sich alles andere als einig. Das alles erinnert schwer an den Fall Ypsilanti, wo das Verrätergewissen der vier SPD-Rechten dafür sorgte, dass die Demokratie von der Koch-Bouffier-Bande vor dem Einfluss der Linken gerettet wurde. Es ist so dankbar, mit der SPD zu arbeiten. Es müssen nur ein zwei Leute von denen korrumpiert oder Abweichler gefördert werden, dann hat man den Laden im Griff.

Wer oder was ist die SPD?

Wenn die TAZ also schreibt: “SPD kontert Studie der Grünen“, dann ist das nicht richtig. Beziehungsweise ist es nur dann richtig, wenn man die “Sozialdemokraten” als Gefäß betrachtet und das mit ihnen identifiziert, was gerade oben heraus schwappt. Mit Claus Schmiedel ist es gar der Fraktionschef, der sich die Opposition gegen seinen Ministerpräsidenten zu eigen gemacht hat. Damit steht er aber noch lange nicht im Einklang mit seiner Partei, die zumindest zerrissen ist.

Schmiedel nimmt auf all das keine Rücksicht und erfüllt einsam seine Mission. Er war sich nicht einmal zu schade zu erklären: “Über dem Bahnprojekt Stuttgart 21 liegt Gottes Segen“. Zwar sei dies eine Replik auf die Erklärung der “Pfarrer gegen Stuttgart 21“, aber Schmiedel hat offenbar nicht verstanden, dass es für Pfarrer zum Geschäft gehört, mit Gott zu argumentieren. Darauf politisch zu antworten, fällt ihm offenbar ebenso schwer wie auf detaillierte Anfragen bei “Abgeordnetenwatch”. Dort geht er nur mit Schlagworten auf ihm genehme Anfragen ein.

Jene Details, in denen der Teufel liegt (ein Beispiel hier als pdf) speist Schmiedel mit erfundenen Zahlen à la Mappus ab und überbietet noch die worst case-Szenarios der Bahn, Diagnose: alternativlos. Es gibt nichts Wichtigeres für Schmiedel, so ist auf seiner Homepage S21 derzeit mit fünf Beiträgen dazu das einzige Thema auf der Frontseite.

Ich, die CDU und die Industrie

Man fragt sich, wie ein Ministerpräsident mit einer Fraktion koalieren kann, deren Chef sich derart vehement gegen die politische Linie der Partei seines Chefs richtet. Man fragt sich, wieso die SPD-Fraktion einen in diese Funktion wählt, der offenbar vor allem sich selbst und dann zuerst seine Freunde aus CDU und Industrie vertritt. Man fragt sich, wieso noch irgendwer die SPD wählt, wenn man nie weiß, wer für wessen Interessen von ihren U-Booten verraten wird. Denn eines ist gewiss: Die Richtlinien dort bestimmen stets von außen ‘geförderte’ Abweichler.

millspdPolitisch hat Schmiedel erreicht, was CDU und FDP nie und nimmer mehr gelungen wäre: Dass die blanke Propaganda den Prozess der Information, der durch die Schlichtung zustande gekommen war, wieder überlagert. Schwarzgelb hätte das niemand mehr geglaubt, man hätte ihnen auch nicht mehr gestattet, so aufzutreten. Anstatt also auf dem Hintergrund wohl diskutierter Fakten entscheiden zu können, wird das Wahlvolk jetzt doch noch in einen tumben Glaubenskrieg geschickt.

Von vornherein ist klar, dass das keinen Frieden bringt und eher die Koalition spaltet. Bei der nächsten Wahl wird die SPD dann vielleicht einstellig abschneiden, aber was ficht’s den Funktionär an, der dann halt mit der CDU regiert?
Am Ende fragt man sich also, worauf das für Schmiedel hinausläuft. Er wird ja nicht ewig nur Aufsichtsrat (der Landesbank Baden-Württemberg) bleiben wollen. Als gelernter Parteifunktionär und Berufsschullehrer ist er sicher zu Höherem berufen. Wir werden das beobachten.