Wer hält die NPD zusammen?
Posted by flatter under Best of , HintergrundKommentare deaktiviert
05. Apr 2009 23:24
Die Nebenstelle des Verfassungsschutzes NPD hat ihre Berliner Prunksitzung mit viel Tusch und Raketen hinter sich gebracht, und man hat den alten Prinzen in seiner Rolle bestätigt. Der Doppelscherzkeks wartet nunmehr mit noch mehr brauner Füllung auf, die bei hochsommerlichen Temperaturen im Saal zum Davonlaufen an ihm kleben blieb. Die Fraktion der kurzhaarigen Sakkoträger droht ihm abhanden zu kommen, nachdem die Jungs mit den hohen Lackschuhen und dem blanken Oberstübchen die Fahne übernommen hat und sie eifrig hoch hält.
Bei tagesschau.de heißt es, der “Neonazi-Flügel” habe Voigt zum Erfolg verholfen. Das ist ja ein lustiger Vogel, dachte ich, der aus einem einzigen Flügel besteht. Es ist aber auch wirklich nicht leicht, die Rechtsaußen der Rechtsaußen passend zu betiteln. Die TAZ nennt sie daher schlicht “Rechte Rechte”, die ZEIT aber hat hier ganz klar die Nase vorn mit dem schnörkellosen Begriff “Hitleristen”. Daß ein -ismus gemeinhin auf eine Theorie verweist, ist so weit in Ordnung, die “Theorie” dieser Charge bescheidet sich in Attitüde, Uniform und Stechschritt, und ein Buch kennen sie auch. Wie viele der ABC-Schützen von der Standspur der Reichsautobahn mögen wohl “Mein Kampf” als Kopfkissen benutzen?
Man könnte den Verfassungsschutz fragen, der reichlich vertreten gewesen sein dürfte im Bund der Kameraden. Fragt sich erstens, wie laut sie das Horst-Wessel-Lied mitsingen. Sind sie bei den “Hitleristen” oder geben sie den schäubleschen “geläuterten Patrioten” und Gelegenheitsantisemiten? Gibt es dazu Seminare, auf denen sie lernen, die Hacken zünftig zusammen zu knallen, ohne dabei den Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu verlassen?
Und was machen sie zweitens, wenn es zum Ärgsten kommt und, wie SpOn mutmaßt, die NPD auseinander bricht? Müssen sich die in Stadt und Land bekannten Geheimagenten dann für eine Seite entscheiden, die einen noch lauter singen und die anderen ihre Reichskriegsflagge verbrennen?
Schäuble, übernehmen sie! Die NPD darf nicht auseinander brechen! Die geläuterten Patrioten und ihre lautstarken Kameraden liegen Ihnen doch so am Herzen. Der Stall war bislang völlig unter Kontrolle und durfte nicht verboten werden, weil hier die deutschesten der Deutschen Hand in Hand mit einer Staatsschutzbehörde vorbildlich das ganze Programm besorgte: Antisemitismus, Rassismus, Geschichtsklitterung, Verherrlichung des Nationalsozialismus, Progrome, Aufmärsche und völkische Musikabende. Das alles soll bald wieder jedes Kleingrüppchen für sich allein abhalten? Soll die Szene wieder zersplittern in traurige Häuflein wie FAP, EAP, DVU, REP, Statt- und Schillpartei? Muß am Ende die FDP ihren Generalbundesanwalt von Stahl von der Kette lassen und eine FPD gründen, nach dem Vorbild der FPÖ? Verhindern Sie das, Schäuble, tun Sie, was Sie am besten können, und tun Sie es heute – verbieten Sie die Spaltung der NPD!
April 6th, 2009 at 00:30
schoener text! :-)
ich wuerd mich nicht darauf verlassen, das den spacken das geld ausgeht! die haben einige “traditionsbewuste” industrielle und mittelstaendler im hintergrund. die penner verbieten und es ist erstmal ruhe. es geht mir auf den sack, das fuer diese idioten mein hart erarbeitetes steuergelt verbraten wird!
April 6th, 2009 at 12:14
“Die NPD darf nicht auseinander brechen! Die geläuterten Patrioten und ihre lautstarken Kameraden liegen Ihnen doch so am Herzen.”
Ich meine, der Grund ist auch – und vor allem – ein anderer:
Man braucht eine rechtsextreme Partei, sonst würde der Verdacht der Bosheit und der Menschenfresserei (kurz: Sozialdarwinismus) auf CDU-CSU-FDP fallen. Folglich darf diese Partei einerseits nicht zu klein und auch nicht zu versplittert sein, sonst wäre sie irreal – propagandisch nicht erfassbar und nicht vermittelbar. Andererseits darf sie auch nicht zu groß sein, weil sonst würde dies auf die Kosten von CDU-CSU-FDP gehen – und das wäre doch zu schade. Deshalb muss man sie überwachen und auf ein richtiges Maß zuschneiden.
Und für noch etwas braucht man unbedingt eine sichtbare rechtsextreme Partei. Man braucht nämlich für die dummen Linken, die nicht denken können, eine permanente Beschäftigung: Diese sollen sich als große Humanisten und Antifaschisten profilieren, indem sie sich mit der NPD überall prügeln. Dann wird man immer sagen können: „Na bitte. Da sieht man. Links und rechts nur Vollidioten. Wir, die vernünftige und die anständige Mitte! Wir, wir, … “ Dieser Grund betrifft auch – und vor allem – die „postmoderne“ SPD.
April 6th, 2009 at 12:54
ganzrechts als feigenblatt fuer die buergerlichen parteien. interssanter ansatz. ist vor 76 jahren schon eimal schiefgegangen. hatte die unfreiwillige entleibung einer menge leute zur folge!
April 6th, 2009 at 13:21
[...] anderer Meinungen nicht zugrunde gehen wird. “Da sei Schäuble davor!” meint auch flatter via Feynsinn und schreibt ein flammendes Plädoyer gegen die Aufspaltung der NPD in [...]
April 6th, 2009 at 15:35
Claudia Grün sagte Anfang April, dass eine neue Kultur des Hinschauens entstehen muß. Bitte? Ja, natürlich in einem anderen Zusammenhang. Aber sie hat es gesagt und damit deutlich gemacht. Deshalb gebe ich dazu meinen guten Namen.
Huuh (Rrah)
April 7th, 2009 at 00:45
Die Kultur des Hinschauens wird ja bereits seit längerem recht erfolgreich durch unsere Medien betrieben (siehe Winnenden); noch mehr Hingucken? Das Merkel hat das ja auch schon gesagt; ich verstehe nur nie so genau, wie die das eigentlich meinen…
Darum glaube ich eher, daß sie halt mit Worten etwas schlampig umgehen und in Wirklichkeit die Kultur des Zuschauens meinen.
Mai 19th, 2009 at 23:47
[...] lauern. Nur die im Lichte sieht er nicht. Sein “Verfassungsschutz”, der vor Ort gern die Nazis vor der Verfassung schützt, hat sich auch dieses Jahr wieder größte Mühe gemacht dafür zu [...]