Obama in Europa. Der Abrüster, der Atomwaffengegner, der Kriegsführer, der neue Bush, der neue Freund Europas? Es wird viel kommentiert, aber herzlich wenig informiert. Was ich so an Kommentaren lese über diverse Äußerungen von Mr. President, hätte ich nach der Tagesschau auch selbst schreiben können. Das liegt wohl daran, daß ich meine Korrespondenten zu schlecht bezahle.
Sonst hätte ich sie so einiges gefragt. Zum NATO-Gipfel etwa: Die peinlichen handverlesenen Fähnchenschwenker gab es unter Bush und Breschnew auch schon. Wer hat sie bestellt und warum? Wer hat da Angst vorm Volk? Was sagt Obama selbst dazu? Will er wirklich diese antidemokratische Staffage, wenn er seine “Freunde” besucht?
Zur Lage der US-Armee etwa: Wie weit kann und will Obama gehen beim Rückzuck der Truppen aus Irak und Afghanistan? Wieviel Widerstand gibt es in der Armee, der Militärindustrie und im eigenen Kabinett gegen eine weniger militaristische Außenpolitik? Ist die Verlegung von Truppen nach Afghanistan in eine “Exit-Strategie” eingebunden? Gibt es Ziele, die beim Krieg in Afghanistan erreicht werden sollen? Inwieweit ist Obama selbst in die Planung einbezogen, wieviel Freiraum läßt er seinen “Experten”?
Wenn Obama das Schreckgespenst “Al Qaida” herumspuken läßt, wen spricht er damit an? Welche Alternative hätte er zu solchen Erklärungen? Wäre ein frisch inaugurierter Präsident so mächtig zu sagen: “Diese Kriege sind dumm und überflüssig, wir werden sie beenden”?
Und was bedeutet die Ankündigung, Atomwaffen abschaffen zu wollen? Sind die USA in einer Lage wie einst die Sowjetunion und können sich Rüstung auf dem heutigen Niveau nicht mehr leisten? Ist das ein Trick, um zu kaschieren, daß auch Obama weiterhin auf Intervention setzen wird?
Ilan Goldenberg hat in der Huffington Post nicht die großen Worte kommentiert, sondern die leiseren und stellt fest:
“Egal wie populär er überall auf der Welt sein mag, der Präsident könnte niemals die Schäden, die in acht Jahren angerichtet wurden, in drei Monaten reparieren”. Es sei eine gute Woche für die amerikanische Diplomatie gewesen.
Auch diese Weisheit kann einen vom Fernsehsessel aus erheischen, aber sie ist immerhin eine Beobachtung, die zu einer eindeutigen Feststellung führt.
Das ist es, was mir fehlt: Keine Spekulationen oder rührigen Bilder, keine Pros und Cons, die schon vorher feststehen. Wie wäre es einmal mit Informationen, die helfen können, das bunte Treiben des neuen Präsidenten einzuordnen? Ich jedenfalls habe kaum eine vage Ahnung, was ich davon halten soll. Ich würde mir Journalisten wünschen, die es mir einmal erklären, bevor ich es eh selbst weiß.