Lernen, Leistung, Lust: Ein Systemversagen
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24. Mrz 2009 0:39
Fragt man heute Hauptschulabgänger danach, was “Exxon Valdez” bedeutet, wissen die beleseneren unter ihnen, daß es sich dabei um einen Fußballspieler handelt. Man würde ihre Leistung mit “drei plus” einstufen, da es sich immerhin bei beiden Valdez um Großkatastophen handelt und die Schüler ihr Ziel ebenso stets knapp verfehlen wie Nelson Valdez und der Öltanker. Letzterer zwar nur einmal und vor 20 Jahren, dafür aber umso gründlicher. Diese Bewertung paßt bestens in System, das planlos “Leistung” abruft, zu der sie nicht ausbildet, weil sie keine Zusammenhänge herstellt. Vor allem einen nicht: Den zwischen der Schule und dem Leben.
Zurecht bemängeln Andreas Poltermann und Stephan Ertner in der FR die “Erfolge” vor allem der Hauptschulen und daß sich ein riesiger Bodensatz von Abgehängten bildet, die schon nicht mehr fähig sind, eine Tageszeitung zu lesen. Das Drama beginnt aber nicht in der Hauptschule, und es ist nicht damit getan, einige weitere “Reformen” über die Schulen ergehen zu lassen. Das Leistungsprinzip als solches taugt nichts. Wenn zur Leistung erzogen und auf Leistung gelehrt wird, am Ende aber nicht einmal Leistungsfähigkeit dabei herumkommt, hat das Prinzip völlig versagt. Nicht nur die Hauptschulen gehören abgeschafft, sondern das Leistungsprinzip, zumindest in den unteren Klassen.
Erziehung zur Nützlichkeit
Es gibt hervorragende Lern-und Bildungskonzepte, die nicht ins System passen. Sie passen vor allem deshalb nicht, weil sie fördern und fordern, nämlich die Kreativität aller Beteiligten. Wenn Lehrer so gern zu Protokoll geben, was sie “nicht leisten” können, liegt das nicht nur daran, daß sie sich das Versagen des Systems nicht eingestehen wollen. Es liegt vor allem daran, daß sie die Phantasie für Alternativen nicht aufbringen. Wie denn auch? Verzahnte Lehrpläne, ein starrer Beamtenapparat, normierte Leistungsanforderungen, die dann nicht in Leistungs- sondern in Jahrgangsklassen beackert werden. Dümmer geht’s nimmer.
Warum wird in Grundschulen so wenig gespielt? Ein sechsjähriges Kind hat das Recht und das Bedürfnis zu spielen. Der Spieltrieb ist eine grandiose Motivation zu lernen. Die kindliche Neugier ein gigantischer Fundus an Lernbegierde. Wo sind die Konzepte, die dies aufgreifen? Wo findet eine ausgewogene Mischung aus Spiel und Wissensvermitllung statt? Etwa in den lächerlichen “Projektwochen”, wo Schüler plötzlich Eigeninitiative zeigen sollen, die man sonst systematisch unterdrückt? Die “Pädagogik vom Kinde aus”, auch “Reformpädagogik” genannt, ist so betagt wie der schulische Beamtenzirkus und wurde im Bildungssystem schmählich vernachlässigt. “Bildung vom Menschen aus” ist nur noch Utopie. Weder Humboldt noch die Reformpädagogik wurden so weiterentwickelt, daß man heute noch etwas von den guten Ideen und Vorsätzen wiedererkennen kann. Es wird zur Nützlichkeit erzogen, belehrt und zugerichtet. Der “Nutzen” selbst hat sich dabei noch weiter vom Menschen entfernt als die schulische Praxis: Es ist die Nützlichkeit im Wirtschaftssystem, worin das Ziel der Veranstaltung besteht.
Das Versagen ist allumfassend: Es werden eben nicht einmal die Kompetenzen vermittelt, auf die hingearbeitet wird, von sogenannten “sozialen” Kompetenzen ist da noch gar nicht die Rede. Warum quält man Schüler noch immer in solchen Schulen? Warum nimmt man nicht endlich zur Kenntnis, daß immer mehr Schüler völlig unmotiviert sind? Daß sogar diejenigen, die motiviert erscheinen, weil sie sich der Leistungsforderung beugen, nicht wirklich wollen, was sie da tun?
Schafft die Schulen ab!
Man hangelt sich von einer Pizzastudie zur nächsten, stellt fest, daß man noch mehr Mathematik, noch mehr Naturwissenschaften, noch mehr Textkenntnis braucht und ganz nebenbei natürlich auch höfliche wohlerzogene Kinder, die sich möglichst selbst gängeln sollen, weil weder Eltern noch Lehrer dieser Aufgabe mehr gewachsen sind. Das Ganze gemahnt an gängige Psychotherapien: Nach Jahren der Selbstoffenbarung und tiefsinniger Hirnschau ist der Klient “schon einen wichtigen Schritt weiter”. Welcher Therapeut wagt es festzustellen, daß der ganze Aufwand für die Katz war und weder das Problem noch eine Lösung wirklich erkannt wurden? Irgendwer zahlt ja dafür.
Zehn bis dreizehn Jahre Schule sind bislang Standard. Was dabei herumkommt, ist haarsträubend. Zehn Jahre jeden Tag, meist sechs Stunden plus Hausaufgaben und jetzt auch noch “Ganztag”. Dabei bleibt mehr auf der Strecke, als originär schulisch gelernt wird. Ich bin beinahe geneigt zu behaupten, daß eine ersatzlose Abschaffung aller Schulen ein Segen für die Menschheit wäre. Das durchschnittliche Leistungsniveau würde darunter vermutlich nicht einmal leiden. Und unsere Schulen sind so großartig, daß sogar das beste Argument dagegen nicht mehr sticht: Daß die “bildungsfernen” Schichten unter der totalen Schullosigkeit am meisten leiden würden. Das können die vorhandenen Schulen nämlich auch so bestellen.
Woran an eine echte Reform scheitert, liegt auf der Hand: Schüler und Eltern haben keine Lobby. Sie stehen gegen einen Beamtenapparat auf der einen Seite und eine Leistungsideologie auf der anderen, die alles im Blick hat, nur nicht die Menschen, die sie “Schüler” nennen. Daß Eltern oft ihren verdammten Job auch nicht im Mindesten tun, spricht nicht dagegen. Es macht das Ganze nur noch aussichtsloser.
Der Mensch und was er will
Es wird zu nichts führen, wenn man Leistungsbewertungen zu Kurven zusammenfaßt und sich dann fragt, wie man den Output verbessern kann. Es ist die völlig falsche Frage, wie man im internationalen Vergleich besser abschneiden könnte. Es macht keinen Sinn, zu fragen, wie man genügend Ingenieure und Krankenschwestern heranzüchtet. Die wichtigen Fragen sind: Was wollen Schüler, was können sie, wie bringt man beides zusammen und entwickelt anhand einer vorhandenen Motivation Fähigkeiten, die zu weiterer Motivation führen? Wie fördert man kindliche Neugier? Wie entfaltet man menschliche Kreativität? Wie bündelt man individuelle Kompetenzen so, daß junge Menschen sich mit Freude zu konzentieren lernen?
Wenn man etwa wissen will, was Schüler wollen und was sie interessiert, warum zur Hölle fragt man sie dann nicht? Wo ist der Unterricht, der sich an den Fragen der anwesenden Schüler orientiert? Wo ist die Lehrerausbildung, die dazu befähigt, solche Ressourcen zu nutzen? Etwa bei der Bertelsmann-Stiftung?
Der Fetisch “Leistung” zerstört sich selbst, weil er zwangsläufig außer Acht läßt, daß es Menschen sind, die da etwas leisten sollen. Wer Leistung fördern will, muß Menschen fördern, und zwar um ihrer selbst willen. Die mechanistischen Ansätze der gängigen Bildungspolitik vernachlässigen die simple Erkenntnis, daß Menschen keine Maschinen sind. Eine Maschine versagt nämlich nicht, weil sie keine Lust mehr hat.
März 24th, 2009 at 01:22
Ich stimme dir nicht ganz zu, was deine Einschätzung des Beamtenapparates angeht. Unter den Lehrern rumort und kracht es gewaltig, weil ständig neue Erlasse aus Bildungsministerium und Schulbehörden eintrudeln, weil die Evaluationen Unterrichts- und Vorbereitungszeit stehlen, weil Lehrer als “faule Säcke” tituliert werden, weil deren UnterrichtsVORBEREITUNGSzeit nicht gesehen wird oder nicht gesehen werden will usw.
Ich habe viele meiner Lehrer als ausgesprochen motiviert und intelligent erlebt (Gym), die zwar manchmal dröge Arbeiten verteilt haben, bei denen aber zum Schluss meist etwas herausgekommen ist, was sich zu erkennen lohnte.
Was Ansätze wie “Eigenarbeit” oder “Selbstmanagement” angeht, bin ich mir nicht sicher, inwieweit diese überhaupt funktionieren, denn sowohl in Schulbüchern als auch in der Lehrerausbildung ist der Trend zu bemerken, zukünftige Lehrer zu Einpaukern abzurichten. Als Englisch in Grundschulen eingeführt wurde, wurden dafür Zertifikate für Grundschulenglisch von Lehrern verlangt. Teilweise reichte bei privaten Anbietern 1 Wochenende (!), um dieses Zertifikat zu erwerben. Dazu gab es ein Buch in die Hand gedrückt, in dem komplett fertige Englisch-Unterrichtsstunden für die Grundschule lediglich abzulesen waren!!!
Es ist zu beobachten, dass zukünftige Lehrer nicht mehr das lernen/studieren, WAS sie später unterrichten (Fachwissen), sondern man bringt ihnen nur noch bei, WIE sie unterrichten sollen (Didaktik). Um irgendetwas zu unterrichten, muss ich aber wissen, WAS ich unterrichten soll.
So wie ich Schule erlebt habe, wusste der Lehrer mehr als wir, hat uns aber viele Dinge anhand angeleiteter Arbeitsaufgaben (deren Machbarkeit und Ergebnisse von IHM speziell auf die Klasse zugeschnitten wurden) durch viele Themen erstmal scheinbar selber durchgehen lassen. Dann wurden die Ergebnisse gesammelt, verglichen und ggf. vom Lehrer korrigiert / ergänzt.
DAS war hocheffektiver Unterricht, nur soll sich niemand der Illusion hingeben, die Schüler hätten sich das alles “ganz alleine” erarbeitet. Die Aufgaben waren vorausberechnet, auf Leistungsstand und -fähigkeit der Schüler zugeschnitten, gut strukturiert und natürlich wusste jeder, dass am Ende etwas vernünftiges herauskommen würde – denn so hatte der Lehrer das geplant.
DAS ist eben dem Kenntnisstand, dem Alter und den Schülern angemessen.
Der Lehrer weiß mehr als die Schüler und sollte das gelegentlich auch in Form von Lehrervortrag (effektiv, weil schnell + kompakt) nutzen, natürlich nicht immer aber durchaus gelegentlich, gelle!
In der Uni funktioniert das anders, da sind die Lernenden älter, selbstständiger und müssen auch mit Rückschlägen fertig werden, da haben die Dozenten nur noch beratende Funktion.
Das man alle Schüler motivieren kann, halte ich übrigens für eine Illusion. Wenn ein Lehrer gut ist, schafft er es, 5-10 Schüler richtig “reinzuziehen”. Ein mittleres Drittel tut dann brav, was verlangt wird, das letzte Drittel schläft / folgt wiederwillig.
Das Eigenarbeit so gut funktionieren soll, halte ich auch für einen Mythos. Der Nachteil ist immer, das bei viel Eigenarbeit der Schüler auch viel Mist herauskommt, weil der Lehrer die Fortschritte nicht so häufig und nahe überwachen kann.
Frontalunterricht und Unterrichtsgespräch haben durchaus auch Vorteile, was nicht heißt, dass man sie ständig praktizieren muss.
Der Lehrmeister hält seinem Lehrling ja gelegentlich auch einen Vortrag, gelle?
Und dann bitte noch die Ausstattung der Schulen berücksichtigen:
30-35 Schüler in einem Klassenraum für 25 Schüler – das ist eng und schränkt methodisch ein, weil z.B. Stationenlernen nicht möglich ist, weil es oft laut ist (sind halt viele Kinder, gelle), weil der Lehrer kaum zu den letzten Tischreihen durchkommt…
Die Schulbücher werden pro Schulform und pro Bundesland je neu aufgelegt. Das ist ökonomischer und logistischer Unsinn und kostet zuviel Geld. Lieber 1 gutes Schulbuch pro Klasse und Fach, mit Fach- und Hintergrundwissen, Aufgabenstellungen usw. als immer nur pseudo-modernen bunt aufgemotzten Schrott. Und wer kommt eigentlich auf die Idee, dass Schüler in den Fremdsprachenfächern keine Grammatik-Fibeln bräuchten? Da sind dann alle Grammatiklektionen über alle 5 Lehrbuchjahrgänge verteilt… selbstständig nacharbeiten ist da wohl als Witz zu verstehen.
DA liegen enorme Kosteneinsparungsmöglichkeiten, denn die Schulbuchverlage verdienen sich dumm und dämlich.
Ernsthaft, viele deutsche Gyms sind garnicht so schlecht, auch laut PISA nicht. Schafft die Hauptschulen ab, das Konzept ist schlicht nicht mehr Zeitgemessen.
Die Schultypen sind übrigens so entstanden:
Berühmtes und sehr zynisches Zitat:
“Drei Arten von Mensch braucht die Maschine…”
- Ingenieur: baut die Maschine: Gym
- Mechaniker: repariert die Maschine: Realsch.
- Arbeiter: arbeitet an der Maschine: Hauptschule.
DAS war die Ausgangslage, die den Mensch auf den Kapitalismus und die Industriealisierung zuschneiden wollte, und aus dieser Argumentation heraus wurden in Zeiten der Frühindustriealisierung die 3 Schultypen entwickelt. Die Gesamtschule kam dann später und ist eine Mischung aus Gym und Realschule.
Wenn Eltern wirklich mal etwas für die Bildung ihrer Kinder tun wollten, sollten sie mal die Lehrer in KONSTRUKTIVER WEISE fragen, was zu tun wäre, da kommen dann schon Anregungen, zumindest von den engagierten Lehrern, also gut überlegen, WEN man fragt.
So.
Langes Posting.
Nichtdestotrotz schöner Artikel, her Feynsinn ;-)
März 24th, 2009 at 01:22
Die wichtigen Fragen, die du am Schluß deines Beitrags nennst, werden absichtlich nicht gestellt – das System braucht unkritische Mitmacher, keine selbständig denkenden Menschen. Tja, und manche sind schon für “höhere Weihen” angedacht (Gymnasien für die Elite, Internate usw.), viele für die mittlere Karriere, tja, und einen bestimmten “Bodensatz” benötigt man als Druckmittel… – darum wehrt sich D auch so gegen die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems.
Und Pisa, diese Erfolgskontrolle der mechanistisch-materialistischen Maschinenmenschen-Mentalität ist doch das ideale Druckmittel, um den Weg noch zu verschärfen.
Zum Kotzen bittere Wahrheit, leider. Mich wundern die Amokläufe überhaupt nicht.
März 24th, 2009 at 01:24
Heute hörte ich im Autoradio, daß der erfolgreichste Film der letzten Woche mit 700.000 Besuchern die bescheuerte Komödie “Männersache” von und mit Mario Barth ist!!
Es ist nicht nur die Schule die verdummt, das ganze Umfeld Kino, Videos, TV und Zeitschriften helfen kräftig mit.
Peter
März 24th, 2009 at 01:37
@Denkerstirne: Du gehst freilich vom staus quo aus. Da ist nix zu retten. So lange Du innerhalb des Sytems denkst, wirst Du “Argumente” gegen jede Kritik finden.
Ein Beispiel:
“30-35 Schüler in einem Klassenraum für 25 Schüler – das ist eng und schränkt methodisch ein”.
Nein, das ist ein Skandal und hat nichts mit menschlichem Lernen zu tun. Unter solchen Bedingungen mag man vielleicht “arbeiten”, wenn das Geld stimmt und die Pension winkt. Schüler hingegen werden schlicht gezwungen, sich diesem Joch zu unterwerfen.
März 24th, 2009 at 01:57
Es sollte natürlich Herr Feynsinn heißen.
Hier nochmal ein paar Antworten von jemandem, der aus dem Sektor kommt:
“Was wollen Schüler, was können sie, wie bringt man beides zusammen und entwickelt anhand einer vorhandenen Motivation Fähigkeiten, die zu weiterer Motivation führen? ”
- Wird in Didaktik schon an der Uni besprochen, was Schüler können.
- Was Schüler wollen, ist schwieriger zu sagen: meist wollen sie etwas, was leider nicht zum Erwerb wichtigen Lehrstoffes führt. Ernsthaft, wer WILL deutsche Grammatik lernen? Da hilft dann nur gut durchstrukturierter Unterricht, gute Arbeitsaufgaben und durch.
“Wie fördert man kindliche Neugier?”
- Braucht man nicht fördern, wenn man sie nicht kaputt macht, ist schon viel gewonnen. Dazu gehören z.B. Kinderbücher, eine Bibliothekskarte ab Klasse 5, gute Sachbücher zu Hause (z.B. “Was-ist-Was”), Museumsbesuche, Fahrrad, Mitgliedschaft in einem Sportverein, Eltern, die die Fragen ihrer Kinder beantworten, ein Besuch im Zoo, Basteln …
Vieles davon findet also garnicht in der Schule sondern zu Hause statt. Nur wenn man “Erziehung” in der Schule stärkeres Gewicht gibt, könnte man solche Dinge in Ganztagsschulen bewirken, aber ich habe da meine Zweifel, ob das so unhinterfragt durchgezogen wird, (ideologisch vorbelastet: DDR) und auch weil es Geld kostet.
“Wie entfaltet man menschliche Kreativität?”
- Was ist Kreativität? Unbeantwortbare Frage. Wer das Fachwissen z.B. zu Kunst erwirbt, der holt sich Anregungen aus verschiedenen Kunstepochen, verschiedenen Mal- und Zeichenstilen usw. Bei nicht zu eng gefassten Aufgabenstellungen bzw. Aufgabenstellungen mit Übertragungsleistungen und gelegentlich ganz freien Aufgabenstellungen kann der Schüler dann “kreativ” lernen, aber man täusche sich nicht, Anleitung ist durchaus dabei.
“Wie bündelt man individuelle Kompetenzen so, daß junge Menschen sich mit Freude zu konzentieren lernen?”
- Man erlaube und fördere und finanziere und begleigt Hobbies bei jungen Menschen: Computerspielen, Tischtennis spielen, lesen und praktiziere dieses mit ihnen ………….
“Wenn man etwa wissen will, was Schüler wollen und was sie interessiert, warum zur Hölle fragt man sie dann nicht? ”
- Weil Bravo lesen zwar Spaß macht, aber keinen Lerneffekt bringt. Und weil eine “Zeitungs-Analyse” der Bravo den Schülern dann schon wieder keinen Spaß mehr macht, womit die ganze Sache mit dem “Interesse der Schüler” schon fragwürdig wäre. Schüler wissen weniger als der Lehrer, also wieso sollen sie die Themen vorgeben dürfen? Wieso soll ein Lehrer ihnen nix neues vorsetzen dürfen, was sie noch nicht kennen, aber dann vielleicht mögen? Und keine Sorge: wenn ein Lehrer merkt, dass Schüler ein Thema nicht mögen, verkürzt er es schon ganz alleine, und verlängert es, wenn es den Schülern liegt… so unterrichtet es sich nämlich leichter.
“Wo ist der Unterricht, der sich an den Fragen der anwesenden Schüler orientiert?”
- Tut der Unterricht, denn die Fragen der Schüler zeigen meist an, wo sie stehen- bzw. steckengeblieben sind.
- Wären mehr Lehrkräfte notwendig, wenn mehr auf die Schülerfragen eingegangen wird. Das Gym setzt regelrecht darauf, dass die Eltern Hausaufgabennachhilfe stellen können… ist so!
- Andererseits muss Unterrichtsstoff auch durchgenommen werden und Kevin Kuranys Leistungen auf dem Fußballfeld auf Stammtischniveau zu diskutieren, sind nunmal interessanter für viele als die Flugbahn eines Elektrons zu berechnen. Andererseits wäre es für die meisten Schüler auch wieder genauso langweilig, die Flugbahn eines Fußballs zu berechnen.
Das was man gerne tut ist nicht immer das, was man manchmal tun muss. Der Schüler hat Anspruch auf qualitativen Unterricht, darauf, Fachwissen erwerben zu dürfen. Aber Unterricht ist kein Stammtisch und Fußball, Makeup und Co. werden dort nicht auf Stammtischniveau diskutiert.
Es ist wirklich so, dass sobald Niveau verlangt wird, Schüler abschalten, auch wenn es dann um Fußball (Flugbahn) oder Makeup (Geschichte des…, Kunstgeschichte) geht.
Als Aufhänger kann man Fußball oder Makeup verwenden, aber nicht als Lernziel.
“Wo ist die Lehrerausbildung, die dazu befähigt, solche Ressourcen zu nutzen?”
- Die Fachwissenschaft geht im Lehramtsstudium nicht erst seit der Bachelor-Einführung flöten.
Frag mal im Bildungsministerium nach. Ist halt billiger, weniger Ausbildung zu machen.
“Etwa bei der Bertelsmann-Stiftung?”
- Leider ja, denn die haben das Evaluierungs-Gedöns, an dem sie ganz gut verdienen, und die Bachelor-Geschichte (reine Kostensparmaßnahme, mehr Studis in kürzer Zeit durch Inhaltskürzungen und mehr Druck durchdrücken, aber höhere Abbrecherquoten) über uns gebracht und da kommt noch mehr.
Bertelsmann ist auch Publizist und hat vermutlich auch die Finger in der Produktion derjenigen Schulbücher, die laut den von Bertelsmann mit ausgearbeiteten Schulrichtlinien und Co “gebraucht” werden.
Möchte garnicht wissen, wie genau das alles verdaddelt ist.
Anstatt selber eine Universität zu gründen bzw. anstatt Universitäten zu privatisieren, hat Bertelsmann sich mit fadenscheinigem Evaluierungs- und Effektivitätsgedöns der staatlichen Universitäten bemächtigt. Die Unis werden heute nicht mehr von Wissenschaftler-Gremien geleitet, sondern von Managern, die als erstes die Homepages und die Logos der Unis “verbessert” haben. Hat die Qualität natürlich gewaltig erhöht …
Die Studienbeiträge haben genau im Semester ihrer Einführung für mehr Seminare gesorgt, seitdem nicht mehr. Noch eine “effektive Maßnahme”. Auch Umzüge von einem Gebäude ins andere wurden “effektiv” organisiert, ein vollkommen ausreichender Steinfußboden in einem Bibliotheksmagazin wurde vollkommen sinnfrei mit PVC überzogen (=Bibliothek wochenlang teilgesperrt) und vieles wurde umgeräumt, dafür hat die Bibliothek jetzt eine 3-Stockwerk-hohe Glasfassaden-Eingangshalle mit Marmorfußboden und Statistik-Grundlagenlehrbücher (5 Jahre alt) werden durch neuere, unveränderte Auflagen desselben, Exemplars sinnfrei aber kostenträchtig ersetzt. Für so eine Scheiße ist jetzt Geld da.
Im Universitäts-Sektor wird Bertelsmann durch das CHE vertreten (Centrum für Hochschulentwicklung).
1984 lässt grüßen.
März 24th, 2009 at 08:59
Nein, ich stimme den Einschätzungen dieses Textes in weiten Teilen nicht zu.
Die Kritik der letzten Jahrzehnte, die sich politisch meist post-68er-motiviert gegen Schlagworte wie ‘Frontalunterricht’ oder ‘Lernfabriken’ wendet, geht meines Erachtens schon immer, und immer noch, am Thema vorbei.
Das hat viel mit politischer Linksideologie zu tun, bei der ja ebenso wie beim ‘rechten’ Neoliberalismus nicht sein kann, was nicht sein darf.
Daher möchte ich zwei Aspekte ansprechen: Zum einen der massive Influx wenig gebildeter Schichten nach Deutschland. Ich weiss, das darf man nicht sagen, und ich sehe schon viele Idealisten ihre Links auf meine Seite löschen. Aber Fakt ist doch, dass es die Mittelschichten anderer Länder auch politisch gewollt kaum zu uns gezogen hat und damit eben auch kein ‘Bildungsbürgertum.’
Zweitens haben wir seit Jahrzehnten das Privatfernsehen, und ganz unabhängig davon, dass hier mit zumindest Bertelsmann ein fragwürdiger ideologischer Unterbau herrscht, geht es diesen Sendern völlig verständlich nur um Profit. Und Chips schmecken nun mal besser als Kartoffeln. So ist, was dem Establishment sicher nicht unrecht ist, schon die zweite oder dritte Generation am heranreifen, die auf schlichte Gedanken gepolt ist.
Und all das soll die Schule kompensieren? Vergiss’ es!
Ich bin nach wie vor überzeugt, dass Bildung, und damit meine ich auch erlerntes Wissen, der Grundstein zu selbstständigem Denken ist. Und sich dieses Wissen anzueignen, das kann und darf auch ein bisschen weh tun.
März 24th, 2009 at 10:28
Ein Hallo an dem Blogbetreiber und die Kommentatoren!
Mit Begeisterung las ich diesen Aufsatz und stellte fest, hier ist ein Mensch, der dieses Thema aus einem anderen, (mir richtig erscheinenden) Blickwinkel, – als allgemein üblich – angeht. Ich meine zu erkennen, dass dem Blogbetreiber dieses Thema am Herzen liegt und er sich viele Gedanken dazu macht. Meinen herzlichen Dank dafür, dass Sie dies in die Öffentlichkeit tragen.
Die Kommentare habe ich zum größten Teil nur überflogen – wohl wissend, dass mir einiges an Sichtweisen verloren geht – da sie mir zu theoretisch erscheinen und meine Aufmerksamkeit sehr schnell nachlies.
Ich für meinen Teil, stelle diesen Aufsatz in Bezug zu mir. Obwohl ich mittlerweile fast 60 Jahre alt bin, sind meine Erinnerungen an meine Kindheit und Schulzeit noch sehr lebhaft, da sie mich all die Jahre begleitet haben.
Aus heutiger Sicht betrachtet, habe ich mich in großen Teilen der damaligen Anforderungen und Erwartungen an mich, ganz gut verweigern können.
Meiner Meinung nach hat Schule nur einen einzigen Auftrag zu erfüllen; nämlich den ihnen anvertrauten kleinen Menschen in erster Linie Rechnen, Lesen und Schreiben beizubringen. Damit gut ausgerüstet ist jeder in der Lage, das Wissen welches mensch zur gegebenen Zeit braucht, sich anzueignen.
Schule heißt für mich Leben, oder anders gesagt Das Leben IST die Schule!
Um es nocheinmal zu verdeutlichen: Wir befinden uns alle vom ersten bis zum letzten Atemzug in der Schule.
Meine Anmerkungen sind nur meine subjektiven Empfindungen.
In diesem Sinne
Liebe Grüße
Margitta Lamers
März 24th, 2009 at 11:14
@Denkerstirne:Deine Argumente sind die eine Menschen, der schon genau weiß, was andere wissen müssen und woran es liegt, wenn es nicht so läuft, wie es müßte. Das ist exakt die Einstellung, die dieses System am Laufen hält. Meine Aussage steht: Mit diesem Aufwand und solchen Opfern solche “Erfolge” zu erzielen, spricht für sich.
Um noch ein Beipsiel aufzugreifen:
“wer WILL deutsche Grammatik lernen?”
Jeder, der sich wirklich für die Sprache interessiert. Gegenfrage: Wer lernt denn deutsche Grammatik? Deutsche Unterschichtskinder können häufig nicht einmal die richtigen Artikel verwenden, nach zehn Jahren Schule! Ich frage mich: Wer spricht mit ihnen? Warum lernen sie es denn nicht?
@Demokratie…
“Und all das soll die Schule kompensieren? Vergiss’ es!”
Ganz im Gegenteil! Das Leben soll das kompensieren. Das findet aber in der Schule kaum statt, und Schule nimmt den Kindern viel zu viel von Leben. Dazu eine weitere einfache Frage: Warum begegnen sich Eltern und Lehrer nur zwei mal im Halbjahr? Warum sind Familienleben und Schule strikt getrennt? In einer arbeitsteiligen Gesellschaft mag die Frage lächerlich klingen, aber es geht mir darum, einmal den Blick zu öffnen für all das, was da jenseits des Bestehenden möglich wäre.
März 24th, 2009 at 11:42
[...] Arbeitskraft niemand mehr bezahlen will. Um die Kinder kümmern sollen sich unterdessen diverse Pädagogen und andere Päderasten , die dafür bezahlt werden, dass sie den Kindern möglichst allsinnlich vermitteln, dass es sich [...]
März 24th, 2009 at 13:07
https://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/939256/
Deutschlandfunk – Interview – “Die Disziplinpädagogen zerstören die Liebe der Kindheit”
März 24th, 2009 at 13:21
@demokratie ist wichtig:
“Die Kritik der letzten Jahrzehnte, die sich politisch meist post-68er-motiviert gegen Schlagworte wie ‘Frontalunterricht’ oder ‘Lernfabriken’ wendet, geht meines Erachtens schon immer, und immer noch, am Thema vorbei.
Das hat viel mit politischer Linksideologie zu tun, bei der ja ebenso wie beim ‘rechten’ Neoliberalismus nicht sein kann, was nicht sein darf.”
Die “linke” Ideologie der 68er richtete sich vor allem gegen die Ausgrenzung der Unterschicht von höherer Bildung durch das mittlere und gehobene Bürgertum, wenn man das heute noch als “links” bezeichnet, dann funktioniert die Eva-Herman-Medien-Gehirnwäsche-Linksbashing wunderbar.
Frontalunterricht ist nicht per se schlecht, sondern die unter dem Stichwort Frontalunterricht verstandenen SOZIALFORMEN und Lehrmethoden haben durchaus ihre Berechtigung, sollten eben nur nicht ausschließlich verwendet werden.
“Daher möchte ich zwei Aspekte ansprechen: Zum einen der massive Influx wenig gebildeter Schichten nach Deutschland. Ich weiss, das darf man nicht sagen, und ich sehe schon viele Idealisten ihre Links auf meine Seite löschen. Aber Fakt ist doch, dass es die Mittelschichten anderer Länder auch politisch gewollt kaum zu uns gezogen hat und damit eben auch kein ‘Bildungsbürgertum.’”
Andere Länder haben etwa genausoviel “Zufluss” an Ausländern. Die USA locken viele Akademiker an, das ist richtig, aber auch Frankreich und Großbritannien hatten viel Zufluss von “Unterschicht” aus ihren ehemaligen Kolonien und bei denen klappt die Integration besser.
Zudem kann man ernsthaft in Frage stellen, ob eine “türkische Familie”, die seit 2-3 Generationen hier lebt und bei der die Eltern- oder Großelterngeneration bereits in Deutschland GEBOREN wurde, wirklich noch “türkisch” ist.
Wenn Familien mit Migrationshintergrund seit 2-3 Generationen “Bildungsversager” produzieren, dann ist das ein Manko des Schulsystems und kein “Unterschichtproblem”.
“Zweitens haben wir seit Jahrzehnten das Privatfernsehen, und ganz unabhängig davon, dass hier mit zumindest Bertelsmann ein fragwürdiger ideologischer Unterbau herrscht, geht es diesen Sendern völlig verständlich nur um Profit.”
Zustimmung zum Schrott-Privatfernsehen.
Keine Zustimmung bei deiner Bertelsmann-Entlastung.
Bertelsmann ist ursprünglich ein Printunternehmen und wenn du dir den Schrott anguckst, den die drucken (Bertelsmann Buchclub und so), dann wird dir klar, dass für Bertelsmann dasselbe gilt wie fürs Privatfernsehen.
Ich hab es nicht geprüft, aber es erscheint mir nicht unwahrscheinlich, wenn Bertelsmann auch im Medien-TV-Bereich tätig ist, liegt fachlich nahe …
“Ich bin nach wie vor überzeugt, dass Bildung, und damit meine ich auch erlerntes Wissen, der Grundstein zu selbstständigem Denken ist. Und sich dieses Wissen anzueignen, das kann und darf auch ein bisschen weh tun.”
1. Erlerntes Wissen, also enzyklopädisches Wissen ist keine Bildung, sondern lediglich einseitige Paukerei. Dafür reicht ein Volksschullehrer preußischen Formates mit dem Rohrstock.
2. Selbstständiges Denken wird bei einer bestimmten Art der Vermittlung von Wissen erlernt, nämlich durch Diskussion, durch Infragestellung usw. Einfach auswendig lernen reicht nicht.
Wer Goethe liest, ist nicht unbedingt gebildet, denn Goethe kann man auch allein zu Unterhaltungszwecken lesen, eben wie die übliche Schundliteratur. Um einen Bildungseffekt beim Lesen von Goethes Werken zu erzeugen, muss mit dem Text gearbeitet werden (Struktur, Gliederung, rhetor. Mittel, Aufbau, Spannungskurve, Themen, Diskussion der Themen, Charakterisierung usw., wie man das so schön aus dem Schulunterricht kennt).
3. Unterschätz mir Bertelsmann nicht.
Die haben ihre Finger ganz tief drin.
März 24th, 2009 at 13:39
@ flatter
“@Denkerstirne:Deine Argumente sind die eine Menschen, der schon genau weiß, was andere wissen müssen und woran es liegt, wenn es nicht so läuft, wie es müßte. Das ist exakt die Einstellung, die dieses System am Laufen hält.”
Tatsache, ich stecke IM System drin, weiß daher, was funktioniert und was nicht.
Die Gyms funktionieren.
Die Hauptschulen nicht.
“Meine Aussage steht: Mit diesem Aufwand und solchen Opfern solche “Erfolge” zu erzielen, spricht für sich.”
????
“Um noch ein Beipsiel aufzugreifen:
“wer WILL deutsche Grammatik lernen?”
Jeder, der sich wirklich für die Sprache interessiert.”
Nope.
Wer Deutsch als Muttersprachler gut beherrscht, für den ist die deutsche Grammatik langweilig. Grammatik ist im Vergleich zu anderen Themen eher dröge.
Aber es hilft echt, wenn der Lehrer eine gute Grammatikunterrichtsreihe hat.
Guter Unterricht ist es, wenn ein Lehrer auch langweilige Themen gut strukturiert, konzentriert und gut erklärend durchzieht. Und das gilt für jedes Thema: guter Unterricht und es ist nur halb so langweilig.
“Gegenfrage: Wer lernt denn deutsche Grammatik? Deutsche Unterschichtskinder können häufig nicht einmal die richtigen Artikel verwenden, nach zehn Jahren Schule! Ich frage mich: Wer spricht mit ihnen? Warum lernen sie es denn nicht?”
Weil der Spracherwerb in der Kindheit nicht von Eltern/Kindergärtnern gefördert wurde.
Es gibt keine Regel, welche Nomen welches grammatische Geschlecht haben. Es heißt “die Frau”, aber auch “die Axt”. Es heißt “der Junge”, aber “das Mädchen”.
Die Verwendung der Kasi (Kasus), also “dem” oder “den” hängt wiederum vom Verb ab, das einen bestimmten Kasus “fordert”.
Beides ist enzyklopädisches Wissen und wird quasi nebenbei auswendig gelernt, jedenfalls von Muttersprachlern. Dann kommt noch Singular/Plural dazu.
Die Verwendung der richtigen Artikel erlernt man als also Muttersprachler automatisch in der sehr frühen Kindheit (0-5), wenn:
- die Eltern die richtigen Artikel verwenden
- die Eltern ggf. falsche Artikel korrigieren
- die Kindergärtner gut sprechen, die richtigen Artikel verwenden und korrigieren
- einfache gute Texte, Liedchen und Gedichte vorgelesen, gesungen und auswendig gelernt werden
Sprachdefizite in der Familie könnten also nur durch gute Kindergärten aufgefangen werden, denn wenn die Kinder in die Schule kommen und dem und den verwechseln und den Unterschied zwischen wie und als nicht kennen, ist es meist schon zu spät. Soviel kann eine Halbtagsgrundschule halt nicht leisten.
Aber Politiker denken nur in Geld und bezahlen daher auch nur das, was nach betriebswirtschaftl. Kalkulation daher anscheinend Sinn macht.
Da wir keine gebildete Unterschicht brauchen, kriegt diese eben auch keine guten Kindergärten, dann kommen die erst garnicht auf die guten Schulen.
ICH hasse diese Haltung auch nur ist sie leider vorhanden.
Hat von der Le yen mittlerweile eigentlich eine einzige Kindertagesstätte eröffnet? Hat sie jemals ein Bildungskonzept vorgelegt?
Die ehemaligen sozialistischen Länder waren übrigens, vor allem bis in die 70er, in der Hinsicht wesentlich fairer. Die mussten bildungsmäßig bei fast Null anfangen (Landbevölkerung in Ru oder china konnte um 1900 nicht lesen), haben riesige Bevölkerungsmengen relativ schnell alphabetisiert (in weniger als 1 Jahrzehnt, in Deutschland hat derselbe Prozess von den ersten Schulen bis zur allgem. Schulpflicht 300 Jahre gedauert) und auch danach entschied wirklich die Schulleistung über Universitätszugang oder eben nicht. Später wurde das dann korrumpiert: anstelle von Bildung für Wohlhabende wie im Westen war es dann eben Bildung für Apparatschicks.
März 24th, 2009 at 15:10
@Denkerstirne.Wir werden uns nicht einigen.
Allein die Aussage:
“Tatsache, ich stecke IM System drin, weiß daher, was funktioniert und was nicht.” ist repräsentativ für die Selbstgerechtigkeit der Zunft. Nur, wer vom System abhängig ist, kennt es und weiß bescheid? Ich habe täglich mit Lehrern und Schülern aller Schulformen zu tun und kenne diesen Blödsinn. Mal darüber nachgedacht, daß ein “Gym” nur “funktioniert”, weil es die nicht funktionierenden Hauptschulen gibt? Und daß auch ein “Gym” für den Aufwand von 13 jahren Unterricht verdammt wenig leistet und nicht einmal halbwegs studierfähige Menschen ausspuckt?
“Wer Deutsch als Muttersprachler gut beherrscht, für den ist die deutsche Grammatik langweilig”.
Auch so eine Weisheit von der allwissenden Müllhalde. Jeder, der Sprachen studiert oder sich intensiver mit Philosophie beschäftigt, kommt nicht an der Rolle der Grammatik (auch der Mutterprache) vorbei. Und wenn sich eben jemand nicht dafür interessiert, was soll er dann überhaupt damit?
Wie gesagt: Wir werden uns nicht einigen. Ich überlasse Dir as letzte Wort.
März 24th, 2009 at 16:41
und immer wieder die irrige Annahme, dass Kinder etwas bestimmtes lernen müssten… so kam ich in den Genuss von Drehkörperberechnung und anderem Schwachsinn, bei dem es nur um weitere Selektion geht (dagegen saß ich in 14 Schuljahren nur 45Min. an einem Computer. Wenn ich gerade 19jährige Studenten sehe, komme ich aus dem Lachen nicht mehr heraus. 1er Abi, aber nicht in der Lage einen einzigen selbstständigen Gedanken zu fassen…
Aber flatter, seien Sie beruhigt, niemand, wirklich niemand den ich kenne, der sich mit dem deutschen Bildungssystem beschäftigt (von Außen oder Innen) kann ein gutes Haar daran lassen. Allein, es ist der politische Wille, der es am Leben erhält.
März 24th, 2009 at 18:16
@Denkerstirne:
Nur zur Klarstellung, ich empfinde Bertelsmanns Rolle in Deutschland und Europa als hochproblematisch und liefere auf meiner Seite hierzu viele Informationen.
Ansonsten denke ich schon, dass man bei manch’ einer Familie, die zu Hause kein Wort der Landessprache spricht und auch kein besonderes Interesse daran hat, das zu ändern, es sich schon ein wenig leicht macht, von System- oder Schulversagen zu sprechen. Ich bin auch halber ‘Ausländer’, und ich weiss auch von Freunden, dass es drchaus anders geht. Im Rahmen meines Jobs kann ich mich gut daran erinnern, wie die Tochter einer Südosteuropäerin sich lautstark darüber beschwerte, dass es in der Klinik nur deutsches Fernsehen gäbe, obwohl ihre Mutter kein Deutsch könne. Da hört mein Idealismus dann leider auf.
März 24th, 2009 at 20:49
Gebe Dir nicht ganz Recht, Flatter, weil Du die Rolle der durchgeknallt-besorgtem Mittelstandseltern nicht siehst.
https://kritik-und-kunst.blog.de/2009/03/24/leistungsprinzip-5822583/
März 24th, 2009 at 20:57
@hartmut:
“Solange von allen guten Geistern verlassene Mittelstandseltern “Englisch im Kindergarten” und ähnlichem Quatsch zujubeln, weil es um die “Zukunft” der lieben Kleinen gehe, können wir jede schulpolitische Diskussion vergessen” -
Aber warum wird diese Haltung so offensiv vorgetragen? Diese “Mittelschicht” spricht ja weder für eine Mehrheit noch für Vernunft. Da sind wir dann beim Überbau, dem holden, der genau das Leistungsprinzip zum Fetisch erklärt, das im Schulsystem absurde Blüten treibt.
Ich sehe in Eltern und Schülern auch nicht das revolutionäre Subjekt, ich sehe in ihnen vielmehr Betroffene, die für Alternativen eher zugänglich sind als die professionell Abhängigen aus Politik und Lehrerschaft.
März 24th, 2009 at 22:19
@ flatter
ich wende mich einfach dagegen, jene leistungsorientierte mittelschicht (die ja sehr wesentlich derzeit als Ideal gilt) einfach nur für das Opfer von Manipulationen zu erklären. Die tun schon auch selber kräftig mit.
Und da sehe ich es schon auch ein wenig wie Dein Kontrahent: nein, es sind hie und da wirklich fast eher die Lehrer/innen (oder habe ich mit denen meiner Kinder einfach nur Glück gehabt?), die den Leistungswillen der Eltern etwas erden müssen.
Die Eltern sind keine hilflosen Objekte. Sie – ich spreche jetzt vo ordentlich situierten Mittelstand – wissen gan genau, was sie tun, wenn sie Druck, Druck nd noch einmal Druck auf ihe Kinder ausüben.
lg
März 24th, 2009 at 22:46
Gut, da hat jeder seine Erfahrungen, aber es geht mir um die Säulen des Systems. Hierzu gehören die Eltern nur sehr mittelbar, weil sie nicht organisiert sind.
Es geht mir auch nicht im geringsten darum, die “Schuldfrage” zu stellen – da machen ja alle anderen schon. Es geht mir um die Feststellung, daß die Bildungsorgansiation komplett für den Eimer ist. Eltern und Schüler sind hier eben diejenigen, die kein unmittelbares Interesse am Erhalt des Bestehenden haben.
März 25th, 2009 at 02:01
Der Beitrag weist auf streckenweise erbärmliche Schulverhältnisse hin.
Die Hinweise sind zwar zutreffend. Aber sie sind nicht neu. Ich habe Lehramt studiert, und die benannten Klagen waren zu meiner Studienzeit bereits “state of art”. Klingt zynisch, ist es aber nicht.
Was ich an diesem Beitrag vermisse, ist ein konkreter Hinweis, wie Ausbildung zielgerichteter und allgemein besser würde. So, wie ich es gerade gelesen habe, ist es ein Credo “pro bonum, contra malum”. Mehr nicht.
März 25th, 2009 at 02:58
Ich muss Hartmut bezüglich der Mittelschicht-Eltern zustimmen.
Die wollen kein Schulsystem welches allen Schülern das meiste bietet, die wollen ein Schulsystem was IHREM Kind am meisten ermöglicht.
Im Gegenteil, jedes fremde Kind das von Bildung ferngehalten werden kann ist ein potenzieller Konkurent weniger für das eigene Balg im späteren Berufsleben.
Und man stelle sich nurmal vor wenn das politeske Bildungsgeschwafel Wirklichkeit werden würde – unsere zukünftigen Hartzis also für z.Z. gutbezahlte Berufe qualifiziert würden und dort den armen Mittelschichtkindern ihre Jobs wegnehmen bzw. durch ein Überangebot an Arbeitskräften das Lohnniveau drücken…
Fragt sich nur wielange sich die Masse von eigenen Narzismus leiten lässt und ob das ganze nicht wieder in einen globalen Blutbad endet.
März 25th, 2009 at 08:04
Ich vermisse bei all den Diskusionen um Bildung, Schule und Erziehung die Betroffenen. Die Stimme des Kindes!
In meinem Umfeld sehe ich immer, Kinder die sich unbändig darauf freuen endlich in die Schule gehen zu dürfen. Spätestens nach ein oder zwei Jahren ist von der anfänglichen Euphorie, bei der überwiegenden Mehrheit, kaum noch etwas übriggeblieben. Immer öfter höre ich davon, dass Kinder und Jugendliche ihrem Leben ein Ende setzen. Also keine andere Möglichkeit mehr sehen dem Druck, der auf ihnen lastet, zu entkommen. Mich macht das wütend und traurig zu gleich.
Wäre ist nicht endlich einmal an der Zeit, dass WIR, die ach so ERWACHSENEN, uns von unserem Sockel des “WIR wissen wie es geht” herruntersteigen und uns auf die Stufe des Kindes begeben? Unsere Konzentration auf die Bedürfnisse der Kinder richten? Könnten wir vielleicht damit unsere Kinder erreichen und ihnen zeigen, dass SIE und IHRE Zukunft uns sehr wichtig sind?
Da kommt mir gerade ein Gedanke der mich sehr erschreckt.
Neiden wir ihnen eine glückliche und zufriedene Zukunft?
Haben WIR, ohne uns dessen bewusst zu sein, ANGST vor einer solchen Zukunft, weil WIR diese möglicherweise nicht mehr selbst erleben???
nachdenkliche Grüße
Margitta Lamers
März 25th, 2009 at 09:48
schade, daß weder von den “medien”, noch sonst jemand den beeindruckenden französischen film “heute trage ich rock!” auf arte (https://www.arte.tv/heutetrageichrock) gesehen hat, der plastisch viele probleme in der schule zusammenfaßt. arte scheint die wiederholung des films aus unerfindlichen [winnenden?] gründen abgesagt zu haben.
März 25th, 2009 at 10:23
Ein hervorragende Artikel der so vieles aufzeigt.
Ich möchte ihn auf meinen Blog kopieren mit Link hierher, wenn es recht ist?
Ich bin zwar nicht für die totale Abschaffung der Schule, da Kinder im Grunde lernen wollen und gerne zur Schule gehen. Nur wird ihnen dieser Wissensdrang dort meistens kaputt gemacht. Leider. Da zählen dann nur Noten, Zensuren und Punkte.
Zudem wird dieses von vielen Eltern unterstützt bzw. sogar gefordert. Aussage im Elternrat:”Wichtig ist doch, dass die Kinder später von z.B. VW eingestellt werden.
Da sollte die Schule sie noch mehr fordern.”
Und wenn man dazu sieht, wieviele Wochenstunden Kinder mit dem Unterricht und Hausaufgaben verbringen, da würde so mancher Arbeitnehmer sich beschweren.
Hausaufgaben in der heutigen Form vergiften zudem häufig das Familienleben.
Ich bin für eine andere Art von Schule. Die Hirnforschung weiss und sagt schon seit Jahren, wie und was geändert werden müsste, um einen Kindgerechten Unterricht zu gestalten. Nur leider interessiert sich von den verantwortlichen Politikern keiner dafür. Die scheinen alle resistent den Anforderungen gegenüber zu sein.
Zudem ist deine Bemängelung der zu hohen Klassenfrequenzen und der baulichen Mängel an Schulen, sehr gerechtfertigt.
Liebe Grüsse
sternenschein
März 25th, 2009 at 13:58
@sternenschein: Mit Verweis auf die Quelle darf der Artikel gern kopiert werden.
April 2nd, 2009 at 00:18
[...] fordert im Blog feynsinn fast die Abschaffung der Schule. Soweit würde ich nicht gehen, aber lest [...]
April 7th, 2009 at 15:33
@Denkerstirne:
Es heißt Kasus und nicht Kasi, sowohl im Singular als auch im Plural.