Blogblues, Blueskrise und Finanzkrisenkrise
Posted by flatter under HintergrundKommentare deaktiviert
07. Mrz 2009 0:00
Wenn mir nichts einfällt, schreibe ich inzwischen auch schon mal nichts. Das kann man sich zwar kaum leisten, weil einem die Leserschaft wegbricht und man nicht weiß, wer einem noch Kredit gibt, um sie wiederzugewinnen, aber wir haben hier einen Qualitätsanspruch, nicht wahr. Ich muß mir gar nachsagen lassen, mein ganz privater Blues der letzten Monate wirke sich aus. Ja leck mich fett!
In diesen Zeiten sind andere besser, das ist mir schon klar. Zum Beispiel solche, die es einfach mit den Fakten haben, solche, die noch viel Welt zu erklären haben und solche, die sich wirklich auskennen. Ich mach ja nur Spaß, und der vergeht mir immer wieder. Was soll man zum Beispiel noch zur Krise der Krisen sagen, der der sich selbst fressenden Heuschrecken und ihrer gentechnologisch engagierten Ackermänner? Ich könnte ja jeden Tag weissgarnix verlinken, aber deshalb steht der doch auf der Blogroll, Herrgottnochmal!
Nee, das ist nicht einfach in diesen Tagen. Eine spannende Sache ist die mit dem Freigeld, auf die ich zunächst durch den Kontakt mit “Humane Wirtschaft” gestoßen bin und die auch weissgarnix anspricht, wenngleich durchaus spöttisch. Ich bin kein Ökonom (und das ist auch gut so), darum halte ich mich auch mit Referaten zum Thema hier zurück. Nur so viel sei gesagt: Wenn man sich auf eine Art Vermögenssteuer einigen könnte, die dem versammelten FDP-Präsidium den Herzkasper besorgt und überhaupt Kapital staatsmächtig (oder auch zentralbankmächtig) dort abschöpft, wo es sich nutzlos sammelt, wäre doch etwas getan. Nicht? Wer erklärt mir, was daran so verkehrt ist – und hat womöglich eine bessere Idee?
Wie dem auch sei, es ist die Ruhe vor den Sturm. Ein bißchen Dekadenz hier, ein wenig Depression dort – der Grauschleier der Krise liegt bleiern über allem anderen, und was uns gestern noch groß und wichtig erschien, ist plötzlich nichtig und hin. Daß wir gerade in einer solchen Phase keine Regierung haben, lädt die ohnehin gespannte Atmosphäre weiter auf. Da muß man halt warten, daß was passiert. Wer will schon jeden Tag etwas über den nahenden Sturm lesen, wenn alle am Strand liegen und die Sonne genießen?
März 7th, 2009 at 01:11
“Wenn man sich auf eine Art Vermögenssteuer einigen könnte, die dem versammelten FDP-Präsidium den Herzkasper besorgt und überhaupt Kapital staatsmächtig (oder auch zentralbankmächtig) dort abschöpft, wo es sich nutzlos sammelt, wäre doch etwas getan.”
Sehe ich auch so. Und auch was das zuvor geschriebene betrifft, geht es mir aehnlich – man kann eben nicht zur immer gleichen Misere jeden Tag was anderes (gar Neues) schreiben.
Zum Glueck gibt es hier und da aber noch andere Themen.
März 7th, 2009 at 02:26
vielleicht solltet ihr jungs die schriftsprache variieren. kisuaheli oder suomi waere eine echte herausforderung! ;-)
imho macht ihr eure sache wirklich gut. der scheiss in den “leit”-medien schmerzt nur noch, weil dadurch ein geschwollener kamm bei mir zum dauerzustand geworden ist. die taegliche lektuere eurer blogs bringt einen erstaunlicherweise wieder ein bischen runter. ;-)
März 7th, 2009 at 03:39
AUA!
https://www.bild.de/BILD/news/standards/gewinner-verlierer/gewinner-verlierer.html
März 7th, 2009 at 08:55
Freigeld und Freiboden, Fairconomy oder Humanewirtschaft.
Es lohnt sich zumindest mal ernsthaft darüber nachzudenken.
Falls du mehr darüber erfahren willst:
http://www.inwo.de
http://www.geldreform.de
Auch interessant ist, das es bereits einige “Freigeldversuche” in Deutschland gibt.
Hauptsächlich als Regionalgeld konzipiert:
http://www.Regiogeld.de
März 7th, 2009 at 09:19
Nicht so schüchtern – jeder versteht etwas von Ökonomie. Jeder geht mehrmals in der Woche einkaufen und stellt dabei fest, wie auf dem Markt Preise gefunden werden: Der Anbieter sagt, was es kostet, der Nachfrager akzeptiert, und schon haben wir einen Marktpreis. Oder hat schon mal jemand in seinem Supermarkt eine Preis ausgehandelt?
Nicht jeder versteht die herrschende Ökonomische Lehre – aber das ist Gott sei Dank so. Man stelle sich nur vor, wir hätten uns inzwischen alle in dem kleinen Legoland verlaufen, in dem die Mainstream-Ökonomen herumspielen und ihre “Erkenntnisse” in Politikberatung umsetzen. Die Katastrophe könnte nicht grösser sein.
Viele, viel zu viele haben sich einschüchtern lassen. 2005 haben 252 Professoren einen dringenden Appell an die Öffentlichkeit gerichtet, es fehle in Deutschland an ökonomischem Sachverstand und deshalb werde die falsche Politik gemacht (Anlass war eine drohenden Lohnerhöhung).
Die Professoren hatten recht; es war ihr eigener Sachverstand, an dem es schrecklich mangelte. Tatsächlich verwechseln sie ihre ziemlich alberne Modellspielerei mit der Wirklichkeit und können uns für die Wirklichkeit fast absolut gar nichts sagen. Ihre Funktion bestand und besteht ausschliesslich darin, eine “wissenschaftliche” Rechtfertigung für die Ergebnisse amoralischer Wirtschafterei zu liefern.
Jetzt ist der Schwindel aufgeflogen. Von jetzt an muss niemand mehr glauben, was ein Ökonom so von sich gibt.
Weinn einer sagt, die Löhne müssen herunter, dann können wir dem zustimmen.
Die Löhne der Ökonomen in der Politikberatung müssen herunter. Man sollte prüfen, ob sie nicht für die Fehlberatung in die Haftung genommen werden können.
März 7th, 2009 at 10:26
Sinn fuer Realsatire hat das Blatt ja irgendwie.
März 7th, 2009 at 11:28
Ich schau hier auch regelmäßig rein wenn ne Weile nix kam.
Es gibt einige gut recherchierte und fundierte Blogs über die wirtschaftlichen Ursachen und möglichen Lösungen Krise – aber noch sehr wenige Stimmen die sich mit den möglichen gesellschaftlichen und kulturellen Folgen beschäftigen.
Ich denke, dass es nicht reicht, in dunklen Worten einen kommenden Sturm anzukündigen – interessant ist eher wie sich dieser – falls er denn kommt – konkret darstellen wird.
Wo werden wir gesellschaftlich in 10 Jahren stehen – business as usual oder doch ganz woanders?
Vielleicht ist es die Möglichkeit die unselige Kopplung von Gesellschaft und Wirtschaft wieder rückgängig zu machen, die sich in den letzten 30 Jahren entwickelt hat.
März 7th, 2009 at 12:38
Ravi Batra
Gerald Celente
1929 gab’s Suppenküchen.
Und heute? Upps, auch!
Wer hat schon seinen eigenen Kartoffelacker?
Sicher ist sicher…
März 7th, 2009 at 12:58
I surrender!
I sit in my office watching the day turn to ice.
März 7th, 2009 at 13:29
Deine Verlinkung läßt darauf schließen, dass du der Zinsproblematik auf der Spur bist. Da kann ich nur raten: wende dich schleunigst von dieser Fährte ab, denn sie führt zu nichts anderem, als dass du den Schlamassel in seinem ganzen Ausmaß sehr schnell verstehst. Nicht nur jedes beliebige Produkt, sondern ausnahmslos (!) alle seine Vorstufen sind mit Zins belastet, woraus sich leistungsloses Einkommen speist. Aus den Zinsen für private Verschuldung natürlich auch. Aus den Zinsen für Staatsschulden sowieso.
Dir werden damit ganz unvermittelt alle vergangenen und alle kurz bevorstehenden Reformen einleuchten.
(Im übrigen freue ich mich, dass sich unter den Lesern deines Blogs der Hermann Keske eingefunden hat.)
März 7th, 2009 at 13:41
Dieser allseits herrschende Primat der Ökonomie in allen Bereichen geht mir gehörig auf den Sack. Insofern ist es eher ein Segen, die Dinge nicht zwingend durch eine geschulte ökonomische Sichtweise zu betrachten. Man sieht ja häufig, was dabei herauskommen kann ;)
Die Ruhe vor dem Sturm, genau das denke ich auch. Die meisten werden erst merken was die weltweite Wirtschaftskrise wirklich bedeutet, wenn es sie persönlich betrifft. Vielleicht dauert der Prozess noch einige Jahre, aber dann wirds mit steigender Arbeitslosigkeit, einer knallharten Kürzungspolitik usw. rasant abgehen.
März 7th, 2009 at 13:45
sehen wir wohl ähnlich
https://kritik-und-kunst.blog.de/2009/03/07/krise-agonie-5710124/
März 7th, 2009 at 15:23
@Bojenberg #3
Zu der Leibniz-Gesellschaft die Sinn da so schön gelobt hat – sollte es einen verwundern das diese Gesellschaft auch einen ‘Hans-Olaf-Henkel-Preis’ verleiht?
März 7th, 2009 at 16:04
@Alvar Hanso: Das paßt schon. Man sollte ihn in Form einer Plastik überreichen: Den Henkel zum Wegschmeißen.
März 7th, 2009 at 17:55
“Den Henkel zum Wegschmeißen.”
:-D
März 7th, 2009 at 18:21
@ snozin # 10
Welch freundliche Begrüssung!
März 7th, 2009 at 23:40
In Zeiten, in den die “Streiter für Gerechtigkeit” aus der demokratisch errungenen kapitalistischen (Durchgangs-)Phase der Sozialen Marktwirtschaft auszusterben scheinen, sollte man sich vielleicht mal wieder näher mit dem originär politischen Charakter der Gesellschaft befassen, dem also was uns die allwissenden Ökonomen der neoliberalen Zunft immerfort ausreden wollen: Markt und Wettbewerb regeln doch alles von selbst, gell?
März 8th, 2009 at 02:10
[...] Blogblues, Blueskrise und Finanzkrisenkrise … diesen „speziellen Blues“ kennt sicherlich jeder kritische und aktive Blogger … es wird in der Tat immer schwerer, sich als „Missionar“ oder „Aufklärer“ immer wieder von neuem zu motivieren, wenn die meisten Mitmenschen doch nur weiter so tun, als ginge sie das alles nichts an. Aber daran wird sich im exklusiven Internetbetrieb auch herzlich wenig ändern … [...]
März 8th, 2009 at 07:15
“politischen Charakter der Gesellschaft befassen”
Nur wie – die Mehrheit der Bevölkerung glaubt das Markt + Wettbewerb = Gesellschaft sind…
März 8th, 2009 at 17:18
“es wird in der Tat immer schwerer, sich als „Missionar“ oder „Aufklärer“ immer wieder von neuem zu motivieren, wenn die meisten Mitmenschen doch nur weiter so tun, als ginge sie das alles nichts an Aber daran wird sich im exklusiven Internetbetrieb auch herzlich wenig ändern …”
Eben: im Nebenher widersprechen! Orgineller Ort: im Supermarkt. Gelegenheiten ergreifen oder schaffen.Lautstarkes Kommentieren der Schlagzeilen der Printmedien bietet sich an; hat auch den Vorteil, dass für jeden intellektuellen Geldbeutel was dabei ist. Ansonsten alltäglich die Kommunikation suchen, (nicht nörgelnden Tones) fest anmerken was zu sagen wäre. Und wenn es gelingt die Mainstreamlogik des Gegenübers durcheinander zu bringen: sofort nachtreten und bspw. auf Seiten wie diese hier verweisen. Traut euch!
März 8th, 2009 at 21:07
@ 19
Da bin ich mir nicht sicher, ob so viele Menschen die allen eingetrichterten neoliberalen Wirtschaftsdogmen wirklich verinnerlicht haben. Eher denke ich, daß man mangels ansprechender politischer Alternativen resigniert hat oder zumindest eingelullt wurde.
März 9th, 2009 at 13:00
“Herzkasper für das FDP-Präsidium” – perfekt, ich bin dabei!
März 9th, 2009 at 13:38
@19
Das Problem ist doch…die eine Hälfte der Bevölkerung profitiert vom derzeitigen System ganz gut, oder glaubt noch profitieren zu können.
Die andere Hälfte profitiert nicht vom System – aber in einer Demokratie braucht es Mehrheiten.
Marsch der Feynsinn- und Wgn-Leser auf zum Reichstag?
Putsch?
Bürgerkrieg?
Es muss leider noch viel schlimmer kommen als jetzt bevor wirkliche Reformen in Angriff genommen werden.
Und ich fürchte, das sich in Krisenzeiten wo sich jeder der nächste ist, eher Pflaster-Reformen ala Agenda2010 kommen werden als solche die auf eine Bekämpfung der Ursachen abzielen.
März 9th, 2009 at 23:09
@ Alvar Hanso
Die “Montags-Demos” in der früheren DDR jähren sich dieses Jahr zum zwanzigsten Mal. Wäre doch gut möglich, daß sich bei zuspitzender Writschaftskrise auch träge Wessis mal auf die Straßen begeben, um dem neoliberalistischen “Politbüro” in Berlin kräftig einzuheizen.
März 10th, 2009 at 16:23
Ja, schon klar, nur gibt es da halt trotzdem noch eine nicht geringe Anzahl von Menschen die am System festhalten, auch wenn sie vielleicht keine Ahnung haben wie dieses System funktioniert oder besser warum es nicht mehr funktioniert.
Ich fürchte erst wenn die bessere Mittelschicht ihr Eigentum verliert wird sich etwas ändern können, solange ist Siechtum angesagt.
Bitte nicht den menschlichen Opportunismus und dessen klammern am Status Quo unterschätzen.
—
Bei ‘Unter den Linden’ war am Montag übrigens das andere intellektuelle Todesgespann zu Gast, Andrea Nahles und INSM-Hüther.
There is no hope…
März 10th, 2009 at 22:51
Warum sind die Ostdeutschen damals auf die Straßen gegangen – und sind ein hohes persönliches Risiko eingegangen -, die Wessis aber bleiben (bisher jedenfalls) lieber in der warmen Stube, obwohl sie auf einer Protest-Demo persönlich – noch! – nichts riskieren würden?
März 11th, 2009 at 10:06
@ Markus # 26
Ins Unreine gedacht: Dass die Wessis untätig bleiben, könnte etwas mit zeitweiliger Resignation zu tun haben. Da haben wir seit einem Vierteljahrhundert riesige Arbeitslosenzahlen und eine wachsende Kluft zwischen Arm und Reich; dann wählen sie die SPD und die GRÜNEN an die Regierung, und was passiert? Die Unternehmenssteuern werden gesenkt, Gewinne aus der heuschreckenähnlichen Verwertung von Unternehmen ohne Rücksicht auf Verluste werden steuerfrei gestellt, dafür wird die Mehrwertsteuer angehoben und die Rente abgeschmolzen und vieles andere mehr.
Was sollen sie tun?
Neoliberal-marktradikale Dauerindoktrinierung kommt hinzu. Wie in einer Diktatur mit zensierter Presse hören wir tagaus-tagein dieselben Sprüche von Eigenverantwortung und Individualisierung und dem überbordenden Sozialstaat und den Hängematten-Arbeitslosen Im Fernsehen predigen Wirtschaftswissenschaftler von erlesener Blödheit (Sinn und Straubhaar, Hüther und Zimmermann usw.usw.) ihre Weisheiten vor: Die Löhne sind zu hoch, die Unternehmensgewinne zu niedrig. Der Arbeitsmarkt muss “flexibilisiert” werden, womit nichts anderes gemeint ist, als dass arbeitnehmergünstige Bestimmungen möglichst restlos zu beseitigen sind, als hätte es nie sehr gute Gründe für ihre Einführung gegeben. Und akademisch ausgebildete Journalisten begleiten diese Tiraden, nickend und willfährig und schauen ins Publikum, als wollten sie noch hinzufügen. “Sehr Ihr, Ihr seid selbst schuld”.
Da braucht es dann schon eine Weile, gegen diese “öffentliche”, offenbar ungeteilte Meinung Widerstand zu entwickeln und sich gegen die so unglaublich massiv betriebene allgemeine Verblödung aufzulehnen.
Aber – man hüte sich vor dem Zorn der Geduldigen. Je länger dieses schmutzige Spiel betrieben wird, desto heftiger könnte die Reaktion ausfallen, wenn die Lethargie erst einmal überwunden wird und die Leute anfangen, sich über die wirklichen Ursachen ihrer Perspektivlosigkeit gedanken zu machen.
Das Internet und seine kritischen Blogs könnten die Keimzelle sein. Ein bisschen Hoffnung gibt es.
März 11th, 2009 at 22:54
@ 27
Dem Gesagten kann ich eigentlich nur zustimmen. Allerdings hatte die Ossis gerade ihre “beschissene Lage” zum Protest animiert. Die rasante Wirtschaftskrise heute könnte aber auch die Chance bieten, gestärkt daraus hervorgehen – aber anders als die politischen Schwadroneure der “ganz großen Koalition” sich das vorstellen.