Am 15.10. finden weltweit (hier eine Übersichtskarte [Skripte müssen aktiviert sein]) Proteste der Indignados statt, und sogar deutschlandweit sind diverse Städte auf den Beinen, um Schritt für Schritt das Terrain zurück zu erobern, das das Kapital vereinnahmt und verzinst hat. U.a. in Frankfurt, Köln, Düsseldorf, Hamburg, Berlin, Freiburg, Stuttgart und Erfurt heißt es “Occupy”. Wir sind 99%. Leider sind die Organisatoren nicht fähig, Facebook vom Internet zu unterscheiden und informieren daher fast ausschließlich über diesen Kanal, den viele aus guten Gründen nicht nutzen. Sei’s drum. Wer dort seine Daten ablädt, kann hier mehr erfahren.

Mo hat schon einiges dazu zusammengetragen, ich warte noch auf Stoff von Indignado R@iner, der Beitrag wird also aktualisiert werden. Wichtige Infos aus den Kommentaren werden hier hochgeholt.

Im folgenden ein Artikel von R@iner dazu – es ist doch etwas mehr als ein Teaser geworden.
 

Man kann ja doch nichts ändern

 

Das ist der oft gehörte Kernsatz, der scheinbar plötzlich und unerwartet, vor allem jedoch unerhörterweise, dieses Jahr an mehreren Orten der Welt in Frage gestellt wurde. Es ist die alte Zauberformel, die an keinem Ende eines Gesprächs über Politik oder Wirtschaft fehlen darf. Kein Stammtisch dieser Republik, sei er auch noch so unterkarätig besetzt, darf sich ohne die Beschwörung dieses Mantras nach dem Lamento über die Zustände im Land auflösen.

Würden wir das abgesprochene Ritual nicht befolgen, gäbe es keine Zukunft für dieses Land. Es herrscht geradezu ein Denkverbot. Wer diese imaginäre Linie gedanklich zu überschreiten wagt, ist wahrscheinlich dem Tod geweiht, wird in eine Gummizelle gesteckt oder muß sich – hat man seine Zweifel an der Unabänderlichkeit des Satzes im Beisein Anderer geäußert – sogar als Spinner bezeichnen lassen.

Nach einigen Jahrtausenden Chaos und Kriegen haben wir die optimale Form des Zusammenlebens gefunden. An dieser Ordnung darf auf keinen Fall gerüttelt werden. Eltern haften für ihre Kinder und ermahnen sie schon deshalb frühzeitig nicht aufzubegehren. Bei einigen unangepassten Äußerungen hilft darüber hinaus die Schule bei der Korrektur der vorausgehenden Gedanken.

Bürgerinitiativen darf es natürlich geben. Die sollten ihre Forderungen aber auf möglichst kleiner Flamme halten, wenn es um Großprojekte von gesamtgesellschaftlicher Relevanz geht, von denen nur die Spezialisten etwas verstehen.

Unzählige Gesetze regeln bis in die feinsten Verästelungen unseres Lebens, was wir dürfen und was verboten ist. Manchmal übertreiben es die der bundesrepublikanischen Regierung unterstellten Behörden etwas in ihren Bemühungen um ein friedfertiges Miteinander in Deutschland und sehen auch mal auf ungesetzliche Art und Weise bürokratiesparend nach, was wir mit und auf unseren Computern alles treiben.

In anderen Ländern machen die das auch so und man kann es schließlich nicht allen zugleich recht machen. Terror bleibt Terror und Krise ist Krise. Außergewöhnliche Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Aber im Großen und Ganzen sollten wir doch zufrieden sein, auch wenn es weiterhin Chaos und Kriege gibt. Die Hauptsache ist doch, dass es uns gut geht, oder?

Wir Deutschen sind schon ein merkwürdiges Volk. Einerseits sind wir stolz darauf, die Nachfahren streng in Ehren gehaltener Dichter, Musiker, Naturwissenschaftler und Geistesgrößen zu sein, die bahnbrechend Neues schufen oder sogar Zeitenwenden Kraft der Brillanz ihrer Einsichten einzuleiten halfen.

Man sagt einigen der großen Geister nicht umsonst nach, dass sie das Bild von der Welt im Abendland nachhaltig beeinflusst haben. Humanitäre Ideen deutschen Ursprungs fanden internationale Anerkennung und flossen maßgeblich in die Rechtssysteme anderer Staaten ein. In allen Teilen der Welt versetzen längst zu Sternenstaub zerfallene Komponisten deutscher Geburtsstatt noch heute Menschen in eine solche Verzückung, dass sie Musiker werden und einen Teil ihres Lebens beispielsweise mit dem Studium von Johann Sebastian Bachs
Werken verbringen.

Später hieß es dann stolz “Made in Germany”, nachdem unseren Eltern und Großeltern – oder wahlweise Urgroßeltern – von den Siegermächten die Umsetzung des Morgenthau-Plans zumindest in der BRD erspart worden war, nachdem eine kaltherzige, autoritär geprägte Generation durch die Großmannssucht einiger gleich zwei Mal in kurzer Abfolge Schaden an Leib und Seele nahm oder gleich das Leben verlor. Das haben wir hinter uns. Das kann hier nie wieder passieren, so hofften und hoffen wir wenigstens.

Andererseits müssen wir uns meiner Ansicht nach die Frage stellen, was denn in der jüngeren Geschichte an Gutem aus deutschen Landen erwuchs. Ich wähne mich nicht alleine mit der Auffassung, dass die Zeiten der großen Gedanken, die Gutes für die Menschen bezweckten und durch entsprechend motivierte nachfolgende Taten die hehren Ziele auch erreichten, vorbei zu sein scheinen.

Ist es vielleicht die Idee Helmut Kohls eines geeinten Europas nach den Epochen von Bruderkriegen mit den Nachbarn, die ich einfach nicht entsprechend zu würdigen weiß? Möglicherweise tue ich mich auch nur schwer damit, weil ich das Gefühl habe, dass dieses Europa eines der Konzerne und Banken, jedoch keines der Menschen ist, wie man mittlerweile oft lesen kann.

Wir leben von der Exportwirtschaft, sagt man uns. Wir wollen Handel treiben mit unseren europäischen Partnern – zu unseren Konditionen. Diese Geschäftsfreunde sollten aber bezüglich ihres ökonomischen Fortkommens möglichst andere Zukunftsideen haben als wir, denn sonst funktioniert die einfache Idee, auf die wir uns versteift haben, nicht mehr. Überlegt wird dann höchstens, ob man die vertraglich gefestigte Freundschaft aufkündigen kann.

Nein, es ist nicht nur Stagnation auf breiter Ebene eingetreten und zum Konsens verklärt worden, es verhält sich gar so, dass bereits erreicht Geglaubtes scheibchenweise wieder abgegeben werden muss. Dazu gehört für den Einzelnen, neben einigen Bürgerrechten, auch das Geld, dessen Erwerb für die meisten kein rechtes Zuckerschlecken darstellen will. Um dieses nämlich sauer zu verdienen, muss man sauer sein oder man wird es mit der Zeit.

In Spanien zum Beispiel stehen mittlerweile über 3 Millionen Wohnungen und Häuser leer, weil die Bewohner die monatlichen Kreditraten nicht mehr bedienen konnten. Die Besitzer der Wohnungen und Häuser waren und blieben die Banken. Einen geregelten Mietwohnungsmarkt, vergleichbar dem
unsrigen, gibt es dort übrigens nicht.

Uns geht es doch gut

Das sagten uns früher schon diejenigen, welche die Wirren eines Krieges erlebt hatten. Zu Recht erinnern sie uns daran, dass es hierzulande schlechtere Zeiten gab, und ein kurzer Blick in die sogenannten Entwicklungsländer lässt uns dankbar und in Demut erschaudern, dass uns in der richtigen Zeit und den richtigen geografischen Koordinaten zu leben vergönnt ist.

Glück ist jedoch ein Gefühl, das wie alle Gefühle nur individuell empfunden werden kann. Keiner wird anzweifeln, dass Emotionen bei den meisten von außen beeinflussbar sind. Keinesfalls sind sie jedoch zu befehligen. Sehr wohl wissen wir aber inzwischen außerdem, dass es Rahmenbedingungen gibt, innerhalb derer Menschen innerlich wachsen können, und solche, die sie wie die sprichwörtlichen Primeln eingehen lassen.

Vielleicht geht es gar nicht allen gut.

Euch geht es zu gut

Auch das hörte ich früher oft. Jetzt redet man uns ein, wir wären “Wutbürger” oder “Berufsdemonstranten”, wenn wir uns, beharrlich und mit Argumenten bestens ausgerüstet, weigern, unsinnig erscheinende Entscheidungen einfach hinzunehmen. Inzwischen ist es scheinbar so, dass viele ihr Lebensglück in seiner Gänze nicht mehr fassen können. Unter- und Überforderung sind bekanntermaßen gleich schädlich und machen sich auf breiter Front im Arbeitsleben bemerkbar.
Kaum noch einem Drittel der Erwerbsarbeitenden wird es froh zumute, wenn sie an ihre Arbeit denken, sagt uns diese Studie, auf welche die Süddeutsche Zeitung im August diesen Jahres hinwies. Wir lesen dort, dass Zufriedenheit und Geld miteinander proportional verwoben seien, was jedoch nicht hiesse, dass viel Geld zwangsläufig auch viel glücklich machen würde.
Es scheint aber einen Zusammenhang zu geben.

Die Krankenkassen wissen bereits von einer breitflächigen Revolution in Deutschland zu berichten. Die Steigerungen an verschriebenen psychoaktiven Medikamenten innerhalb weniger Jahre und die Zahlen derer, denen man den Stempel Burnout, Depression oder Angststörung auf die Stirn drückt, sind klare Hinweise auf eine sich verbreitende Verweigerungshaltung. Man kann die Seele anscheinend nicht dauerhaft betrügen.

Als Arbeitnehmer ist man als psychisch nicht mehr belastungsfähig Angesehener weitestgehend erledigt, sind wir doch nach den Aussagen der gefühlten Zig-Millionen Jobtrainer geradezu verpflichtet, uns eine Rüstung bestehend aus Selbstvertrauen, unbedingter Loyalität bei höchstmöglicher Flexibilität anzulegen, bevor wir uns zu einem Einstellungsgespräch aufmachen.

Man kann aber trotzdem noch halbtags als Regalauffüller in einer der über achthundert Tafeln in Deutschland das Gemüse an andere Versager verteilen und sich derart gestärkt ein Zubrot verdienen.

Ganz anders sieht dies bei den Chefs aus. Nicht nur, dass einmal Chef sein, immer Chef sein bedeutet; in den Führungsetagen deutscher Unternehmen tummeln sich immer mehr Psychopathen,
die sich ständig neue Gemeinheiten einfallen lassen, um die Arbeitnehmer zu mehr Leistung anzufeuern, sie zu kontrollieren und ihnen dann anschließend die Löhne zu kürzen oder die durch den Produktivitätszuwachs überflüssig gewordenen Mitarbeiter postwendend zu entlassen. Entlassungen steigern den Börsenwert und mit den Wertsteigerungen für die Shareholder auch die Gehälter der ‘Sanierer’. Das ist der Pakt, der Tribut, den man der Kapitalisierung an den Börsen zollen muss.

Fördern und Fordern

Der von den Jungen zu allen Zeiten laut vorgebrachte Ruf nach Freiheit verstummt angesichts eines kurzen Blicks auf das Sparguthaben der Eltern der hoffentlich vielen noch immer aufbegehrenden Adoleszenten. Das mäßig bezahlte Austragen von Zeitungen hilft dann sehr schnell, die Füße auf den Boden der Realität zu stellen, sodass die meisten bereits im Teenageralter auf das Funktionieren in einer Welt, in der das Geld regiert, geeicht sind.

“Geld ist nicht alles, aber ohne Geld ist alles nichts”, lernen wir schon frühzeitig. Bereits in den Kindergärten zählen manche Naseweise die Automarken auf, die sich im Besitzstand ihrer Eltern befinden, während andere sich tunlichst von dieser Art Gesprächen fernzuhalten versuchen. Diesen bleibt die Hoffnung, dass schließlich jeder seines Glückes Schmied sei. Man müsse für seine Lebensziele kämpfen, man bekäme nichts geschenkt, kommt es schnell von vielen über die Lippen. So werden die Weichen in einer Gesellschaft gestellt, die maximale Produktivität fordert und das Dasein als Einzelkämpfer fördert.

In anderen Ländern ist man schon einen Schritt weiter und trennt tunlichst die Kinder der Besitzenden von denen der Habenichtse. So muss sich keiner seiner Herkunft schämen und allen ist genüge getan.

Diese Freiheit gönn’ ich mir

Es geht nicht darum, ob jemand seinen Fähigkeiten und Interessen nach handelt. Sein Handeln muss marktkompatibel sein, wenn er oder sie überleben will. Zum Überleben zähle ich hierzulande eine Wohnung nebst Kosten für Energie und Transport bezahlen zu können und die Möglichkeit, Nahrung und Kleidung zu beziehen. Die persönliche Freiheit beginnt und endet dort, wo Fähigkeiten nachgefragt und dementsprechend auch entlohnt werden.
Lebensperspektiven entnehme man bitte dem aktuellen Studien- und Berufswahlführer der Bundesagentur für Arbeit. Wer nichts passendes findet, kann ja immer noch bei Greenpeace, Robin Wood oder Amnesty International nach einer Arbeit fragen. Na gut, so einfach ist das dann auch nicht.
Früher wurde einem empfohlen, doch “nach drüben zu gehen”. Das geht auch nicht mehr. Auslandseinsätze bei der Bundeswehr bringen Spannung ins Spiel und etwas mehr Geld in die Kasse. Damit verbundene Tätigkeiten müssen nicht zwingend für jeden die höchste Form der oftmals beschworenen Selbstverwirklichung darstellen.

Die Krise als Dauerzustand

Nicht nur Wirtschaftsexperten sollte aufgefallen sein, dass wir in Deutschland, in Europa, in Asien, ja in der ganzen Welt, ständig von einer Krise in die nächste taumeln. Sind wir Menschen so unzufrieden mit dem, was ist, oder profitieren vielleicht einige davon, dass am Ende niemand auf der Welt sich eine Auszeit zu nehmen wagt?

Überall werden wir konfrontiert mit den aktuellsten Daten zur Wirtschaft.
Ich vermisse die Einblendung der DAX-Werte auf den Werbedisplays der Autobahntoiletten.

Während uns von den Bergführern aus Politik und Wirtschaft durch die Quartalszahlen der volkswirtschaftlich mit Bedeutung versehenen Indices ständig versichert wird, es ginge unablässig aufwärts, stellen wir beim täglichen Lesen der Nachrichten fest, dass es innerhalb eines einzigen Monats sein kann, dass es dreizehn Mal aufwärts und siebzehn Mal abwärts gehen kann. Es entsteht der Eindruck, dass höhere Mächte am Werk sind, die von niemandem beeinflusst werden können. Eine solche Springprozession würde niemand, der eine geführte Bergwanderung mitmacht, länger als eine oder zwei Stunden mitmachen.

Jeder ist ein Experte

Es käme zum Eklat, dem Bergführer würde man binnen Kurzem das Vertrauen entziehen, ihm die Karte abnehmen und die Wanderung auf eigene Faust durchführen, auf dass sie alle nur gesund heimbrächte und jedem Vergnügen bereitete.

Dieser – zugegeben einfachen – Metapher folgend, möchte ich selbsterklärend anbei stellen, dass ein jeder mit Stärken und Schwächen ausgestattet ist.
Persönliche Stärken können für das eigene Fortkommen eingesetzt werden, ermöglichen aber im Verbund mit anderen das Weiterkommen einer Gruppe. Ein wirklicher Experte in allen Lebenslagen ist man jedoch nur für die eigene Person. Die Welt ist komplex.

Sie repräsentieren uns nicht

Alleine schon aus dem Vorgenannten kann es meiner Auffassung nach nicht funktionieren, dass wir immer größere Staatengebilde formen, die durch eine immer rigider agierende Aufsicht mit nahezu beliebig vielen Hierarchieebenen immer mehr Menschen zu einen, zu dirigieren und in den Machtbereich einiger Ideologen zu ziehen versuchen. Das wurde in der Geschichte schon mehrfach versucht. Der Zerfall in kleinere Einheiten folgte immer, wenn auch erst nach Jahrhunderten.
“Sie repräsentieren uns nicht” war einer der Sätze, welcher zu Anbeginn der Bewegung 15-M in Spanien kreiert wurde. Im Mai fanden dort Regionalwahlen statt und immer mehr Menschen waren dort der Ansicht, dass sie weder von ihren Volksvertretern ordentlich vertreten wurden, noch dass es überhaupt einen signifikanten Unterschied zwischen den Parteien im Lande gäbe.

Demokratie oder Demokratur?

Letztlich kam man dort zu dem Urteil, dass die mittlerweile vor den Augen des staunenden Publikums durchgeführte Korruption ein Ausmaß an Unverschämtheit offenbart hatte, welches nur durch die Immunität der Abgeordneten, ein gebeugtes Rechtssystem oder Dummheit erklärbar war. Gut, dass in Deutschland so etwas nicht passieren könnte.

Wer in unseren Demokratien federführend ist, ob es die Politiker, die Wirtschaftskapitäne oder die Banker sind, möge sich jeder selbst überlegen.
Fest steht für viele, dass mit der jetzigen Verteilung der Werte etwas nicht hinhaut.

Wir sind die 99 Prozent

Die sich von der New Yorker Wall Street auf viele Städte in den USA ausbreitenden Proteste haben ein einfaches Motto, dass den prozentualen Anteil derer, die einen Großteil der Besitztümer des Landes auf sich vereinigen, und der vielen wirklich armen Schlucker in Relation zueinander setzen. Die Zahl stimmt nicht exakt, drückt aber weitestgehend gut gerundet aus, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung sich die Hälfte der geschaffenen Werte teilen muss, während ihnen eine kleine Minderheit gegenübersteht, der das Teilen wesentlich leichter fallen dürfte, zumal sie über das Geld direkten Einfluss auf die Politik des Landes ausübt. Dieses Motto versucht natürlich auch die Mehrheit zu einen und dabei dem “Gegner” mitzuteilen, dass er sich physisch in der Minderheit befindet. Ich weiß nicht, ob die Drohgebärde ankommt. Fest steht aber, dass die Menschen auf den Plätzen und in den Strassen zusammenkommen und miteinander kommunizieren.

Ich meine, wir haben viel von unseren Mitbewohnern des Planeten lernen können in den letzten Jahren, insbesondere in diesem Jahr. Tunesier, Ägypter, Griechen, Spanier, Israelis, US-Amerikaner und andere haben uns doch gezeigt, wie echte Demokratie gehen kann.

Einige müssen den Anfang machen, das ist klar. 40 Leute waren meines Wissens nach die Ersten in Madrid und haben sich auf der Puerta del Sol hingesetzt; parallel dazu lief eine Info-Kampagne im Internet. Schnell tauchten immer neue Twitter-Tags auf, die mit kurzen, knackigen Parolen die gemeinsamen Ideen stützten und mehrten.

In wenigen Wochen Vorlaufzeit wurden leicht verständliche Schriften mit einigen Grundforderungen verfasst, hinter die sich ein vernünftig denkender Mensch einfach stellen musste, weil sie nur die bereits zugrunde liegenden Leitsätze demokratisch orientierter Staaten herausstellten.

Wer würde schon einem Aufruf gegen Korruption widersprechen wollen?

Es ging nicht darum, ein fertiges und unangreifbares Programm zu präsentieren, das sich zur Aufgabe gemacht hatte, alle sozialen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu lösen. Es ging darum, die Menschen zusammen zu bringen. Man versammelte sich auf öffentlichen Plätzen und redete. Das Vertrieb die diffuse Angst. Sobald jeder gemerkt hatte, dass sein Nachbar ähnliche oder sogar die gleichen Gedanken oder Sorgen hat, haben die Menschen en passant gelernt, ihren Gefühlen Worte zu geben. Das erste Mal haben wir außerhalb irgendeiner Fußballmeisterschaft beobachten
können, dass sich Menschen über Landes-, ja sogar ontinentsgrenzen hinaus vernetzt haben. Ohne Anführer, ohne Ansicht von Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, Sprache oder der Zugehörigkeit zu den länderspezifischen Parteien. Die Themen waren nicht von der Konsumgüterindustrie vorgegeben. Es ging zur Abwechslung mal um die Gefühle und Gedanken der Erdenbewohner und nicht um das neue Telefon einer Firma, über dessen vermutete Features man sich austauschte. Was da passiert ist, hat das Prinzip vom Teilen und Herrschen vollständig unterlaufen und eine Dynamik entwickelt, die gleich mehrere Regierungen gleichzeitig zu reinen Verwaltungsinstrumenten zurückstufen könnte.

Empört Euch! – Vernetzt Euch! – Engagiert Euch!

Das wichtigste aber war die Empörung. Stéphane Hessel forderte sie Ende letzten Jahres mit seinem kleinen Pamphlet ein und ‘unser’ Georg Schramm beschwört sie auch schon seit 2-3 Jahren. Die Idee einer gesunden Empörung – auch Wut genannt -, die möglichst viele aus dem Haus treibt und den Fernseher kalt werden lässt, die gilt es zu verbreiten.

Wählt Euch doch selbst!

Scheinbar hat man bei uns auch in politischen Kreisen den Glauben an die Wirksamkeit von Wahlen verloren. Anders kann ich mir nicht erklären, wie lasch mit einem der Grundpfeiler unserer Demokratie, dem Wahlrecht, umgegangen wird. Lasst uns auf die Strassen und Plätze gehen und miteinander in Kontakt treten. Keiner weiß, was dabei herauskommt. Die Lenker von Wirtschaft und Politik treffen sich schließlich auch öfter, ohne sich persönlich zu kennen. Niemand hat “den Plan”. Niemand sollte zelten müssen. Keiner sollte zu etwas gezwungen werden. Wenn wir weiter warten bis etwas Gutes “von oben” kommt, dann dürfte es nach der Meinung einer sich vergrößernden Gemeinde um weit mehr gehen, als nur um die bessere Wurst.

Wir sind das eine Prozent

Da kann ich nicht mitreden. Für Bankenbetreiber empfehle ich die Anonymen Insolvenzler und für Finanzhassardeure diese Seite, auf der aktualisiert nächstmögliche Staatsbankrottwahrscheinlichkeiten errechnet werden, auf die man wetten könnte.

Begäbe sich unerwartet Herr Ackermann zu den zu erwartenden Protestlern, dann sollte man ihm einen Kaffee anbieten.

Für alle anderen, die noch einen Funken an Leben in sich tragen, ist dieser Termin interessant:

15. Oktober 2011 – Echte Demokratie jetzt!

Erste Informationen über die am kommenden Samstag beginnenden Aktionen können auf der Seite 15october.net eingesehen werden.

Um Spenden in Form brauchbarer Links in den Kommentaren wird ausdrücklich gebeten.