Einen interessanten Kommentar zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung der Deals zwischen Angeklagten, Verteidigung und Gericht schreibt Wolfgang Neskovic in der TAZ. Ein Hinweis darauf, von welchen Gesetzentwurf er da redet, wäre allerdings recht hilfreich gewesen.
Neskovic beschwert sich darüber, daß reiche Betrüger und ihre juristisch gestählten Helferlein die Gerichte potentiell überlasten und dann mit Milde belohnt werden, wenn sie es nicht damit übertreiben. Daß Betrug in Steuer- und Finanzsachen komplexer ist als ein Banküberfall, mag in der Regel stimmen. Aber muß das sein? Man muß den besser Betuchten doch eingestehen, daß sie sich um das von ihnen unterschlagene, abgezockte und um die Ecke geklaute Geld wirklich einen Kopp machen. Wenn Herr Zumwinkel in seiner Steuererklärung einen Anfahrtsweg zu seinem PC von 40000 km angegeben hätte, wäre das nix geworden mit der Pendlerpauschale. Er ist halt komplexer vorgegangen. Bevor man also etwa im Supermarkt klaut, sollte man einige ganz legale Vorbereitungen treffen. Zum Beispiel im Auge der Kamera fein Sachen in die Tasche stecken, die man nachher wieder rausholt. Das wiederholt man 30 bis 40 mal und klaut nix, dann ist der Laden derart auf Trab, daß ein geschickter Diebstahl im Anschluß daran viel schwieriger nachzuweisen ist. Es gibt sicher noch bessere Ideen, aber ich möchte weder unterbezahlter Kaufhausschnüffler sein, noch Polizist oder Richter, der so etwas aufklärt.
Wolfgang Neskovic stellt auch ganz richtig fest:

Die Zumwinkels dieser Welt leisten sich hochintelligente und bestbezahlte Meister der Strafverteidigung. Sie sind intellektuelle Kampfsportler in der Disziplin der Konfliktverteidigung. Diese Anwälte tragen den höchsten juristischen Dan, und sie signalisieren Verhandlungsbereitschaft. Sie wissen genau, dass man sich lieber vor ihnen verneigt, als mit ihnen zu kämpfen.”

Das kann sich das diebische Proletariat natürlich nicht leisten. Aber ist es deshalb wehrlos? Weit gefehlt!
Wenn die Verhandlung durch geschickten Einsatz von Krankmeldungen, undeutliche Aussprache und eine Reihe besoffener Kumpels beeinflußt wird, die in der hergestellten Öffentlichkeit den Gerichtssaal vollstinken, womöglich gar unpäßlicherweise den Kasten Bier und die Pommes spontan ausspucken müssen, ist das ein echter Machtfaktor. Man wird sich vor ihnen zwar nicht verneigen, aber auf andere Art fürchten. Mit ein wenig Mühe und Phantasie kann so auch der kleine Mann vom neuen Gesetz profitieren.
Wenn man nur ordentlich in die kriminelle Logistik investiert, dann klappt’s auch mit dem Deal. Sicher wird die “sozialdemokratische” Justizministerin diese Möglichkeit soziale Gerechtigkeit herzustellen, in ihrem Gesetzentwurf bereits berücksichtigt haben.