Mehdorns ungehaltene Rede
Posted by flatter under HintergrundKommentare deaktiviert
03. Feb 2009 23:45
Ich mache meinen Job auch deshalb unverändert gern, weil ich weiß, welch engagierte Mitarbeiterschaft die DB hat. Ich bin stolz auf diese Frauen und Männer – sei es in unseren Führerständen, in unseren Zügen, auf unseren Bahnhöfen, in unseren Speditionen, in unseren Werkstätten, in unseren Verwaltungen oder wo auch immer. Ich bin stets aufs Neue beeindruckt nicht nur vom Einsatz aller DB-Mitarbeiter, sondern vor allem auch davon, in welch hohem Maß Sie sich mit unserem Unternehmen identifizieren.
Sie identifizieren sich so mit diesem Unternehmen, daß Sie gar nicht merken, wie ich mit Ihnen Schlitten fahre. Ich lasse Sie Sonderschichten kloppen, streiche Ihnen die Wochenenden und zahle nur das Nötigste. Ich spare an Ihnen wie ein guter Manager und privatisiere anschließend den ganzen Laden. Die Kohlen, die ich an Ihnen einspare, streichen das Management und die Aktionäre ein. Ich behandle Sie fast so abschätzig wie einen Kunden auf dem Land.
Überhaupt – Sie und die Kunden! Das wäre ja eine Mischpoke, würden wir nicht dafür sorgen, daß Sie sich gegenseitig an den Karren fahren. Wir hetzen unsere Bluthunde auf die Schaffner, die Schaffner auf die Kunden und schließlich die Kunden wieder auf die Bahnmitarbeiter. Funktioniert genial, sonst hätten Sie sich längst zusammengerauft und dagegen protestiert, daß selbst unsere teuersten Züge lebensgefährliche Sparbüchsen sind. Ich bin sehr stolz auf Sie!
Allein, was Ihre Organisiationen für uns leisten! Erst lassen Sie sich von unserem blindesten Maulwurf führen, der die größte Gewerkschaft gegen die einzig entschlossene in Stellung bringt. Diese GdL nehme ich von meinem Lob übrigens ausdrücklich aus. Diese stasigestählten Arbeiter und Bauern gehören verboten, aber vor Gericht konnte ich mich leider nicht damit durchsetzen. Nun ja, aber die Transnet hat mir schon Freude gemacht. Inzwischen lasse ich den Hansen Personalmanager spielen und lasse ihn in Tarifverhandlungen auf die ehemaligen Kollegen los. Da kann er ganz lässig von oben herab zeigen, wo der Bartel den Most holt – wenn er ein guter Bartel ist. Wie liebe ich doch eine Arbeitnehmerschaft, die sich das bieten läßt! Anstatt den Hansen an seiner Krawatte aufzuknüpfen, verhandeln Sie mit ihm und nennen ihn “Partner”. Großartig!
Nicht zuletzt ist da Ihre Geduld zu nennen, Ihre bewundernswerte Bescheidenheit! Hansen erzählt Ihnen, zwölf freie Wochenenden im Jahr seien völlig inankzeptabel, und Sie feiern es als Riesenerfolg, wenn sie dann doch ab und an frei haben. Da draußen sind zweiundfünfzig Wochenenden üblich, ohne Kompromisse. Dafür haben echte Gewerkschaften schon in den Siebzigern erfolgreich gekämpft.
Was bin ich stolz auf solche Mitarbeiter! Selbstverständlich werden Sie nicht bespitzelt, wozu auch? Wir sorgen nur dafür, daß Sie auch gute Mitarbeiter bleiben. Damit wir auch morgen noch stolz auf Sie sein können – auf diejenigen von Ihnen, die dann noch für uns buckeln dürfen.
Ich danke Ihnen. Ich liebe Sie!
Februar 4th, 2009 at 08:09
Vor einigen Jahren bin ich nach sehr langer Zeit mal wieder Bahn gefahren (Berlin/Köln). Mal abgesehen davon, daß ich mit dem Zug wegen des Hurricans Kyrill liegengeblieben bin (über einen Baumstamm gerauscht), war ich vor allem über die unglaubliche Häßlichkeit des Interieurs erschrocken.
Ich kenne noch das Zugfahren in Umbauwagen, in denen man bequem in Abteilen saß, im Gang ein bischen herumlaufen konnte und auch mal ein Fenster öffnen konnte. Heute sitzt man in einer Wüste aus schwer entflammbaren Kunststoffen (hoffentlich) und hofft darauf, daß die Radreifen den letzten Ultraschalltest gerade hinter sich hatten. Von der Zeitersparnis durch die rasenden Geschwindigkeiten hat man ja auch nix mehr, wenn es einen dann am Betonpfeiler der nächsten Brücke zerbröselt.
Mehdorn hat es immerhin (wie viele andere Konzernlenker auch) geschafft, für Angestellte wie für die Kunden die gleiche Ausbeutungsfalle aufzustellen, von der am Ende die Aktionäre profitieren sollen.
Mit Sicherheit wünschen sich eine Menge Leute die sigenannten “guten alten Zeiten” zurück und das bezieht sich nicht nur auf die Bahn.
Ansonsten sollte man so selbstgewissen Menschen ohnehin keine Unternehmen anvertrauen und dem Mehdorn würde ich nicht einmal Märklin anvertrauen (die leider anscheinenend gerade pleite gehen).
Wie viele Wochenenden hat er eigentlich frei?
Modern Life is rubbish.
Februar 4th, 2009 at 08:09
Vor einigen Jahren bin ich nach sehr langer Zeit mal wieder Bahn gefahren (Berlin/Köln). Mal abgesehen davon, daß ich mit dem Zug wegen des Hurricans Kyrill liegengeblieben bin (über einen Baumstamm gerauscht), war ich vor allem über die unglaubliche Häßlichkeit des Interieurs erschrocken.
Ich kenne noch das Zugfahren in Umbauwagen, in denen man bequem in Abteilen saß, im Gang ein bischen herumlaufen konnte und auch mal ein Fenster öffnen konnte. Heute sitzt man in einer Wüste aus schwer entflammbaren Kunststoffen (hoffentlich) und hofft darauf, daß die Radreifen den letzten Ultraschalltest gerade hinter sich hatten. Von der Zeitersparnis durch die rasenden Geschwindigkeiten hat man ja auch nix mehr, wenn es einen dann am Betonpfeiler der nächsten Brücke zerbröselt.
Mehdorn hat es immerhin (wie viele andere Konzernlenker auch) geschafft, für Angestellte wie für die Kunden die gleiche Ausbeutungsfalle aufzustellen, von der am Ende die Aktionäre profitieren sollen.
Mit Sicherheit wünschen sich eine Menge Leute die sigenannten “guten alten Zeiten” zurück und das bezieht sich nicht nur auf die Bahn.
Ansonsten sollte man so selbstgewissen Menschen ohnehin keine Unternehmen anvertrauen und dem Mehdorn würde ich nicht einmal Märklin anvertrauen (die leider anscheinenend gerade pleite gehen).
Wie viele Wochenenden hat er eigentlich frei?
Modern Life is rubbish.
Februar 4th, 2009 at 09:42
Wunderbare Glosse!
Februar 4th, 2009 at 09:42
Wunderbare Glosse!
Februar 4th, 2009 at 12:25
Auf den Punkt gebracht.
Übrigens, @1, Märklin ist schon lange pleite, wurde im vielleicht noch rettbaren Zustand Opfer von Berater-Heuschrecken, die sich auf Kosten massiver Neuschulden über Jahre haben fürstlich auszahlen lassen. Prinzip: Marodes Schiff kapern, das Holz unter dem Wasser zu Brennholz verarbeiten und zugleich billige Schwimmtanks unter Deck einarbeiten, damit man länger was davon hat. Nennt sich auch Parasitismus. Siehe: Bandwurm, Virus, Hedge Fond.
Februar 4th, 2009 at 12:25
Auf den Punkt gebracht.
Übrigens, @1, Märklin ist schon lange pleite, wurde im vielleicht noch rettbaren Zustand Opfer von Berater-Heuschrecken, die sich auf Kosten massiver Neuschulden über Jahre haben fürstlich auszahlen lassen. Prinzip: Marodes Schiff kapern, das Holz unter dem Wasser zu Brennholz verarbeiten und zugleich billige Schwimmtanks unter Deck einarbeiten, damit man länger was davon hat. Nennt sich auch Parasitismus. Siehe: Bandwurm, Virus, Hedge Fond.
Februar 4th, 2009 at 13:24
Darf ich das vervielfältigen und den Passagieren und Mitarbeitern in der Bahn in die Hände drücken?
Irgendwo muss man ja anfangen.
Februar 4th, 2009 at 13:24
Darf ich das vervielfältigen und den Passagieren und Mitarbeitern in der Bahn in die Hände drücken?
Irgendwo muss man ja anfangen.
Februar 4th, 2009 at 19:33
@norm-worm: Gern, aber lies es ihnen besser vor ;-)
Februar 4th, 2009 at 19:33
@norm-worm: Gern, aber lies es ihnen besser vor ;-)
Februar 4th, 2009 at 20:14
Und das ganze Gezeter hilft nicht weiter, weil die, die auf die Bahn angewiesen sind (aus welchen Gründen auch immer), sofort auf die Beschwerdebarrikaden steigen mit dem Totschlagargument “aber ich muß doch zur Arbeit”, sollten es sich die von Mähdorn Geknechteten mal wieder erlauben, einen Zug streikbedingt ausfallen zu lassen.
Ein Teufelskreis.
Februar 4th, 2009 at 20:14
Und das ganze Gezeter hilft nicht weiter, weil die, die auf die Bahn angewiesen sind (aus welchen Gründen auch immer), sofort auf die Beschwerdebarrikaden steigen mit dem Totschlagargument “aber ich muß doch zur Arbeit”, sollten es sich die von Mähdorn Geknechteten mal wieder erlauben, einen Zug streikbedingt ausfallen zu lassen.
Ein Teufelskreis.
Februar 5th, 2009 at 08:41
@6: Das Streikverständnis der Franzosen würde den Deutschen sicher nicht schaden.
Februar 5th, 2009 at 08:41
@6: Das Streikverständnis der Franzosen würde den Deutschen sicher nicht schaden.
Februar 5th, 2009 at 20:50
Ein Erlebnis mit der ‘Perle’ des deutschen Journalismus, nämlich der Tagesschau bzw. deren Blog, bewog mich, dies hier kurz kundzutun.
Es geht um einen mit „Skandal“ überschriebenen Beitrag eines Dr. Kai Gniffke, der sich mit der Durchrasterung der Bahnmitarbeiter (auf der einen und Auftragnehmerkonten auf der anderen Seite) befasst. Dort schreibt er, er freue sich über die Detailversesseneheit der 20Uhr, die in der ersten Meldung als Schlagzeile über der Illustration eben nicht schreibt “Überprüfung von Mitarbeitern”, sondern “Überprüfung von Mitarbeiterdaten”.
In meinem Kommentar habe ich diese Unterscheidung als „neoliberale Rabulistik“ bezeichnet und eine Würdigung des Artikels des Dr. Gniffke durch die betroffenen Bahnmitarbeiter empfohlen.
Dieser Kommentar wurde nicht freigeschaltet. Warum hat Dr.Gniffke gekniffen? Kaine Ahnung!
Ist das Zensur?
Oder ein Skandal?
Ach was, das ist normal bei unserer öffentlich-rechtlichen Perle.
blog.tagesschau.de/?p=4901
Februar 5th, 2009 at 20:50
Ein Erlebnis mit der ‘Perle’ des deutschen Journalismus, nämlich der Tagesschau bzw. deren Blog, bewog mich, dies hier kurz kundzutun.
Es geht um einen mit „Skandal“ überschriebenen Beitrag eines Dr. Kai Gniffke, der sich mit der Durchrasterung der Bahnmitarbeiter (auf der einen und Auftragnehmerkonten auf der anderen Seite) befasst. Dort schreibt er, er freue sich über die Detailversesseneheit der 20Uhr, die in der ersten Meldung als Schlagzeile über der Illustration eben nicht schreibt “Überprüfung von Mitarbeitern”, sondern “Überprüfung von Mitarbeiterdaten”.
In meinem Kommentar habe ich diese Unterscheidung als „neoliberale Rabulistik“ bezeichnet und eine Würdigung des Artikels des Dr. Gniffke durch die betroffenen Bahnmitarbeiter empfohlen.
Dieser Kommentar wurde nicht freigeschaltet. Warum hat Dr.Gniffke gekniffen? Kaine Ahnung!
Ist das Zensur?
Oder ein Skandal?
Ach was, das ist normal bei unserer öffentlich-rechtlichen Perle.
blog.tagesschau.de/?p=4901