Die nächste Kochshow in Hessen
Posted by flatter under PolitikKommentare deaktiviert
18. Jan 2009 21:36
Es kam wie erwartet: Der Mann, den seit Jahren niemand mehr haben will, regiert weiter. Der Ministerpräsident und die CDU fühlen sich nun offiziell als Sieger, denn sie stellen weiterhin den Chef: Koch. Daß sie noch weniger Stimmen bekommen haben als bei der letzten schon als “Schlappe” geltenden Wahl, davon kein Wort.
Es ist gut zu wissen, daß die Hessen ihn schon wieder abgewatscht haben, auch wenn er es nicht merkt. Die FDP hat so viel dazugewonnen, daß sie ihn auf den Schild heben können. Dieser Zugewinn ist freilich fast allein der SPD zu verdanken. Die Scharen an “Nichtwählern” aus ihren Reihen sind schon einmal eine Menge für die anderen wert, es gibt dadurch mehr Prozent pro Stimme. Die vermeintlichen Wähler der “Mitte”, denen sich die Agenda-Fraktion so rückgratlos vor die Füße wirft, fühlen sich bei der FDP besser aufgehoben. Wenn schon neoliberal, dann richtig. Der Rest des Zugewinns für die FDP rekrutiert sich aus denen, die das Unvermeidliche zwar wollen, womöglich gar die CDU, aber bitte nicht mehr Roland Koch! Daß Koch sich jetzt hinstellt und posaunt, die FDP-Wähler wollten doch auch alle ihn, ist eine pathologoische Selbstüberschätzung.
Die Grünen gewinnen aus ähnlichen Gründen wie die FDP mächtig dazu, was sie sich ebenfalls nicht selbst zuschreiben sollten. Der Einäugige sieht besser als der Blinde, das kann sich aber bei der nächsten Begegnung mit dem Schwarzen Ritter ganz schnell ändern. Die Linkspartei schließlich wird sich freuen, es mit einem chaotischen Haufen dennoch in den Landtag geschafft zu haben – und kann sich auch artig bei der SPD bedanken.
Wir hatten das zur Genüge, das Jahr 2008 war das “Jahr Ypsilanti”, die von einer Kampagne der Neoliberalen in Parteien und Medien überrollt wurde. Sie hat es nicht geschafft, aus der Rolle der unfreiwillig nützlichen Idiotin heraus zu finden. Ihre Sturheit und die grobe Fehleinschätzung der Entschlossenheit ihrer Gegner waren ihr Beitrag zum Desaster. Daß sie jetzt zurücktritt, ist in Ordnung. Ich wüsche ihr die Weisheit, aus der Katastrophe zu lernen und gestärkt wiederzukommen.
Da die Hessen-Oper eine mulitmediale Farce war, lohnt sich auch heute ein Blick ins journalistische Umfeld. Drei aktuelle Beispiele dazu:
Bei Zeit.de liefert Ludwig Greven eine nüchterne Analyse der Lage. Es finden sich allerdings noch Nachwehen des Anti-Yps-Kurses: Die Formulierung vom “verhängnisvollen Kurs Ypsilantis” ist zwar akzeptabel, verschweigt aber mehr, als sie aussagt. Die Rede von den vier “SPD-Rebellen” hingegen ist schon grenzwertig.
Sensationell ist der live-Kommentar von Stephan Hebel für die FR: Bissig, informiert und gegen den Strom. Ein journalistisches Highlight, wie ich es lange nicht erlebt habe. Ich hoffe, dieses Dokument bleibt lange auf dem Server.
Sogar für das heruntergekommene Niveau des “Spiegel” noch eine Schande ist der Dreck, den C.C. Malzahn Frau Ypsilanti hinterherwirft. Schon die Eingangsphrase ist angesichts des Wahlsiegers so dumm, daß man sich fragt, ob Mahlzahn überhaupt je von einem Mann namens Koch, Roland, gehört hat:
“Die Wählerbotschaft an die SPD ist von simpler Klarheit: Du sollst nicht lügen.”
Kollege Hebel erinnert da ganz selbstverständlich an die erfundenen “jüdischen Vermächtnisse”, die Koch sich ausgedacht hat, um sein Schwarzgeld in Sicherheit zu bringen.
Ich habe den Spiegel-Artikel nur aufgerufen, weil mir dies in der Einleitung aufgefallen war. Motto: “Mal sehen, was C.C. sonst noch an Blödsinn erzählt”.
Aber selbst der kann mich noch überraschen, versteigt er sich doch in folgende Formulierung:
“Wie man zuletzt mit den sogenannten “Abweichlern” umgesprungen ist und sie mit Hass und Häme abstrafte, war mehr als unwürdig. Es war geradezu abschreckend, wie der kalte Hauch vom Hotel Lux da über Hessens SPD wehte.”
Gegen diese bodenlose Frechheit sind die allermeisten Nazivergleiche noch in die Kategorie “Kompliment” einzuordnen. Diese völlige Verdrehung der Tatsachen und der Vorwurf, die SPD sei gegen die Verräter vorgegangen wie bei einer stalinistischen Säuberung, sind selbst für Malzahn beachtlich niveaulos. Der Mann ist ein widerwärtiger Hetzer und tritt noch auf Leute ein, wenn sie längst am Boden liegen. Dieser Mist wird hier natürlich nicht verlinkt.
Januar 18th, 2009 at 22:43
[...] https://archiv.feynsinn.org/?p=1023 [...]
Januar 18th, 2009 at 22:43
[...] https://archiv.feynsinn.org/?p=1023 [...]
Januar 18th, 2009 at 22:49
Ich möchte, dass “der Koch” (SPD-Jargon) nächste Woche 10.000 Euro Studiengebühren pro Monat einführt.
Diejenigen Angehörigen der Mittelschicht, die “den Koch” gewählt haben oder die der Wiederholungswahl ferngeblieben sind, haben es sich verdient.
Januar 18th, 2009 at 22:49
Ich möchte, dass “der Koch” (SPD-Jargon) nächste Woche 10.000 Euro Studiengebühren pro Monat einführt.
Diejenigen Angehörigen der Mittelschicht, die “den Koch” gewählt haben oder die der Wiederholungswahl ferngeblieben sind, haben es sich verdient.
Januar 19th, 2009 at 00:02
Danke für den Link auf den Kommentar von Herrn Hebel. Das ist echt lesenswert und hat Stil, wirklich ein Highlight. Es wäre schon einiges gewonnen in diesem Lande, wenn es mehr solcher Highlights gäbe.
Januar 19th, 2009 at 00:02
Danke für den Link auf den Kommentar von Herrn Hebel. Das ist echt lesenswert und hat Stil, wirklich ein Highlight. Es wäre schon einiges gewonnen in diesem Lande, wenn es mehr solcher Highlights gäbe.
Januar 19th, 2009 at 01:57
[...] ist vielmehr, dass in Hessen ein Ministerpräsident an der Macht bleibt, "den seit Jahren niemand mehr haben will "(feynsinn.org). Abgesehen natürlich von Narragonien.de, das Roland Koch immer treu ergeben war und dem [...]
Januar 19th, 2009 at 01:57
[...] ist vielmehr, dass in Hessen ein Ministerpräsident an der Macht bleibt, "den seit Jahren niemand mehr haben will "(feynsinn.org). Abgesehen natürlich von Narragonien.de, das Roland Koch immer treu ergeben war und dem [...]
Januar 19th, 2009 at 12:06
Meine Theaterkritik lautet: Perfekt. Das isses!
Meine Demokratiekritik lautet: Das isses. Perfekt!
Januar 19th, 2009 at 12:06
Meine Theaterkritik lautet: Perfekt. Das isses!
Meine Demokratiekritik lautet: Das isses. Perfekt!
Januar 19th, 2009 at 13:17
man kann den Wahlausgang zynisch, spöttisch, zornig oder wie immer kommentieren.Fakt ist, dei Neoliberalen haben sich ihre Mehrheit gesichert. Über die Methoden brauchen wir nicht mehr zu diskutieren. Dazu ist vieles und richtiges gesagt worden. Nun ist so eine Wahl kein Fußballspiel, wo man nach der Niederlage grummelnd nach hause geht, und den Ärger vielleicht noch mit ein, zwei Bier hinunterspült.
Dieses Ergebnis hat Konsequenzen. Und zwar schlimme Konsequenzen für alle Schwachen und Bedürfigen im Land.
Wer von der SPD noch ein Rest Anstand und Gewissen hat, muß sich langsam entscheiden, ob er mit Münte und Steinbrück nach rechts in einen Steinzeitkapitalismus marschiert, oder anfängt, sich für die Belange der Menschen einzusetzen.
Januar 19th, 2009 at 13:17
man kann den Wahlausgang zynisch, spöttisch, zornig oder wie immer kommentieren.Fakt ist, dei Neoliberalen haben sich ihre Mehrheit gesichert. Über die Methoden brauchen wir nicht mehr zu diskutieren. Dazu ist vieles und richtiges gesagt worden. Nun ist so eine Wahl kein Fußballspiel, wo man nach der Niederlage grummelnd nach hause geht, und den Ärger vielleicht noch mit ein, zwei Bier hinunterspült.
Dieses Ergebnis hat Konsequenzen. Und zwar schlimme Konsequenzen für alle Schwachen und Bedürfigen im Land.
Wer von der SPD noch ein Rest Anstand und Gewissen hat, muß sich langsam entscheiden, ob er mit Münte und Steinbrück nach rechts in einen Steinzeitkapitalismus marschiert, oder anfängt, sich für die Belange der Menschen einzusetzen.
Januar 19th, 2009 at 15:11
@kalle05
Als SPD-Mitglied kann ich dir nur sagen: Ich möchte mit weder mit Münte, noch mit den Stones nach rechts marschieren. In meiner Position ist es aber sehr schwer darauf Einfluß zu nehmen.
Was passiert aber, wenn alle, die so denken wie wir, aus dieser Partei austrehten? Damit machen wir es diesen Leuten nur noch einfacher…
Januar 19th, 2009 at 15:11
@kalle05
Als SPD-Mitglied kann ich dir nur sagen: Ich möchte mit weder mit Münte, noch mit den Stones nach rechts marschieren. In meiner Position ist es aber sehr schwer darauf Einfluß zu nehmen.
Was passiert aber, wenn alle, die so denken wie wir, aus dieser Partei austrehten? Damit machen wir es diesen Leuten nur noch einfacher…
Januar 19th, 2009 at 17:42
@darmstaedter,
ich meine, ich höre mich selber reden :-)
15 Jahre habe ich in der SPD gekämpft, mit eben jenem Argument. Ich möchte auch den SPD-Mitgliedern nicht Anstand und Gewissen absprechen. Dafür habe ich noch zu viele honorige Freunde dort.
Aber gibt es nicht einen Punkt, wo die Schnittmenge zu einer Partei so klein wird, daß man sie Verlassen muss und ist nicht die SPD auf dem Wege zu einer neoliberalen Arbeitgeberpartei?
Januar 19th, 2009 at 17:42
@darmstaedter,
ich meine, ich höre mich selber reden :-)
15 Jahre habe ich in der SPD gekämpft, mit eben jenem Argument. Ich möchte auch den SPD-Mitgliedern nicht Anstand und Gewissen absprechen. Dafür habe ich noch zu viele honorige Freunde dort.
Aber gibt es nicht einen Punkt, wo die Schnittmenge zu einer Partei so klein wird, daß man sie Verlassen muss und ist nicht die SPD auf dem Wege zu einer neoliberalen Arbeitgeberpartei?
Januar 19th, 2009 at 18:23
Man könnte die SPD mit Schadenfreude überziehen – ob ihrer Niederlage und der selbst geschaffenen Gründe dafür. Aber wie sich zeigte, nützt das nur den Rechten, die trotz aller Krise schon wieder mächtig Oberwasser haben.
Danke für den Hebel-Link, den ich gleich bei mir eingearbeitet habe:
https://www.blogsgesang.de/2009/01/19/rechte-spd-als-geburtshelfer-von-schwarz-gelb/
Januar 19th, 2009 at 18:23
Man könnte die SPD mit Schadenfreude überziehen – ob ihrer Niederlage und der selbst geschaffenen Gründe dafür. Aber wie sich zeigte, nützt das nur den Rechten, die trotz aller Krise schon wieder mächtig Oberwasser haben.
Danke für den Hebel-Link, den ich gleich bei mir eingearbeitet habe:
https://www.blogsgesang.de/2009/01/19/rechte-spd-als-geburtshelfer-von-schwarz-gelb/
Januar 19th, 2009 at 18:41
Mich hat bis jetzt dieser Landesverband noch aufrecht erhalten. Sollte sich dieser nun der Sichtweise der Bundes-SPD anschließen wird es auch für mich langsam eng. Dann ist der Weg zur schlechten CDU/FDP-Kopie wirklich nicht mehr weit.
Januar 19th, 2009 at 18:41
Mich hat bis jetzt dieser Landesverband noch aufrecht erhalten. Sollte sich dieser nun der Sichtweise der Bundes-SPD anschließen wird es auch für mich langsam eng. Dann ist der Weg zur schlechten CDU/FDP-Kopie wirklich nicht mehr weit.
Januar 20th, 2009 at 00:21
@ Darmstädter und kalle05
Wenn das nicht ein klassisches Dilemma ist! Wie man es auch macht, man macht es irgendwie falsch. Kehrt man der SPD den Rücken, ist es falsch, weil dann die “Modernisierer” erst recht machen können, was sie wollen; bleibt man der Partei als Mitglied und/oder Wähler treu, macht man es auch falsch, weil man den unheilvollen Reformkurs der Parteiführung gegen die eigene Überzeugung mittragen muß.
Widerstand gegen den Zerfall der sozialen Werte in einer sich als zivilisiert bezeichnenden Gesellschaft ist in der SPD partiell zwar noch möglich, aber das Parteivolk dürfte sich nicht länger fremdbestimmen lassen. Und ohne die Sozialdemokratie wird es die Linkspartei gegen den konservativ-wirtschaftsliberalen Block nicht schaffen können.
Januar 20th, 2009 at 00:21
@ Darmstädter und kalle05
Wenn das nicht ein klassisches Dilemma ist! Wie man es auch macht, man macht es irgendwie falsch. Kehrt man der SPD den Rücken, ist es falsch, weil dann die “Modernisierer” erst recht machen können, was sie wollen; bleibt man der Partei als Mitglied und/oder Wähler treu, macht man es auch falsch, weil man den unheilvollen Reformkurs der Parteiführung gegen die eigene Überzeugung mittragen muß.
Widerstand gegen den Zerfall der sozialen Werte in einer sich als zivilisiert bezeichnenden Gesellschaft ist in der SPD partiell zwar noch möglich, aber das Parteivolk dürfte sich nicht länger fremdbestimmen lassen. Und ohne die Sozialdemokratie wird es die Linkspartei gegen den konservativ-wirtschaftsliberalen Block nicht schaffen können.
Januar 20th, 2009 at 02:15
[...] Die nächste Kochshow in Hessen Es kam wie erwartet: Der Mann, den seit Jahren niemand mehr haben will, regiert weiter. Der Ministerpräsident und die CDU fühlen sich nun offiziell als Sieger, denn sie stellen weiterhin den Chef: Koch. Daß sie noch weniger Stimmen bekommen haben als bei der letzten schon als “Schlappe” geltenden Wahl, davon kein Wort. [...]
Januar 20th, 2009 at 02:15
[...] Die nächste Kochshow in Hessen Es kam wie erwartet: Der Mann, den seit Jahren niemand mehr haben will, regiert weiter. Der Ministerpräsident und die CDU fühlen sich nun offiziell als Sieger, denn sie stellen weiterhin den Chef: Koch. Daß sie noch weniger Stimmen bekommen haben als bei der letzten schon als “Schlappe” geltenden Wahl, davon kein Wort. [...]
Januar 20th, 2009 at 03:41
… ich frage mich nur, wo die Sozialdemokratie denn herkommen soll, ohne die die Linke es nicht schaffen kann…
Vielleicht sollte die mal endlich wieder-begründet werden, da sie nun mal real nicht mehr existiert.
Januar 20th, 2009 at 03:41
… ich frage mich nur, wo die Sozialdemokratie denn herkommen soll, ohne die die Linke es nicht schaffen kann…
Vielleicht sollte die mal endlich wieder-begründet werden, da sie nun mal real nicht mehr existiert.