Ralf Stegner ist der Agenda-Fraktion in der SPD ein Dorn im Auge. Der Mann weiß, was er will, macht keinen Hehl daraus und vertritt Positionen, die den Rechten in der Partei nicht passen. Das beginnt damit, daß er Koalitionen mit der Linken nicht ausschließt. Er läßt sich vielmehr klugerweise gar nicht auf die Diskussion ein, unter welchen Bedingungen wer mit wem koalieren würde und weist stattdessen auf programmatische Überschneidungen und Unterschiede zwischen den Parteien hin. Sehr deutlich macht er dabei, daß ihm die große Koalition in Schleswig-Holstein, deren Innenminister er bis Anfang 2008 war, zuwider ist. Er schied dort im Streit mit dem CDU-Minsterpräsidenten aus und bewirbt sich bei der Wahl im nächsten Jahr selbst um dessen Amt.
Wer so konsequent sein Ding macht und ausdrücklich ein Gegner von Koalitionen mit der CDU ist, macht sich verdächtig. In Hessen wurde deutlich, wie die Neoliberalen in der SPD gegen solche Leute vorgehen: Die Spitze der Bundes-SPD, insbesondere die Fraktion im Bundestag, macht Vorgaben, wobei selbst der Parteivorsitzende auf der Liste steht, wenn er nicht mitzieht. Die Medien berichten derart tendenziös, daß eine andere Position als die der Rechten nicht vermittelbar ist. Den Rest besorgen U-Boote wie die gewissenhaften Verräter in Wiesbaden, die Roland Koch endgültig gerettet haben. Die SPD selbst sorgt dafür, daß ohne die CDU kein Regieren möglich ist.
Eine ganz besondere Rolle kommt einem SPD-Rechten zu, der an der Schnittstelle zwischen Partei und Medien steht, wobei er sich herausnimmt, ständig selbst das Tagesgeschehen zu kommentieren und obendrein der Chef eines Meinungsinstituts ist: Manfred Güllner, Gründer von “Forsa”. Roberto J. de Lapuente nennt ihn zurecht “Meinungsmacher“. Moralische Empörung über einen solchen Hanswurst, der den Leuten als “wissenschaftlich” verkauft, was nichts anderes ist als in Zahlen gepresste Demagogie, wäre berechtigt, ist aber zwecklos. Güllners Hetze gegen Stegner, dieser sei ein “Kotzbrocken”, disqualifiziert sich selbst.
Der Mann ist in jeder Funktion, die er ausfüllt, untragbar. Als SPD-Mitglied gehört er achtkantig rausgeschmissen, aber damit ist er nur einer von vielen in jener Riege von Antidemokraten, an der gleichermaßen die SPD und die Demokratie in Deutschland zugrunde zu gehen drohen.
Die Politik Ypsilatnis, inhaltlich wie machtpolitisch, wurde von den Antidemokraten brutal und erfolgreich bekämpft. Güllner bläst jetzt zum Halali auf den nächsten Sozialdemokraten, der etwas anderes will als den Neoliberalismus Schröderscher Prägung. Was Stegner anbelangt, so wird es spannend, ob er die leichte Beute ist, die quasi nur noch zerlegt werden muß. Der Intrigantenstadel von Kiel, dem schon Heide Simonis zum Opfer fiel, gibt Anlaß zu guter Hoffnung. Man kann Stegner nur verdammt viel Glück wünschen und ein mächtig breites Kreuz.
Was Güllner und seine “Forsa” anbelangt, so ist die Sache mehr als eindeutig. Wer “Forsa” zitiert, weiß, auf wen er sich da bezieht. Wer für den tendenziösen Schund dieser Hetzschmiede auch noch Geld bezahlt, sollte sich nicht wundern, wenn er dafür der Untreue angeklagt wird. Hier wird der Kuhjournalismus eindeutig Farbe bekennen, und das muß man aufmerksam beobachten: Wo “Forsa” drauf steht, ist alles drin, nur keine Wahrheit.
Januar 2009
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