Kann man etwas tun um zu verhindern, daß die Zinslawine das Geld nicht immer auf denselben Haufen rutschen läßt? Während sich in der Hand sehr weniger gigantische Vermögen sammeln, entsteht auf der anderen Seite Armut, bricht der Mittelstand ein, gehen der Realwirtschaft die Mittel verloren, um noch produzieren und investieren zu können. Mit Gerechtigkeit hat die Lage schon lange und gar nichts mehr zu tun. Man kann noch so laut und noch so oft dieselben Phrasen dreschen – Löhne unterhalb des Existenzminimums und Milliardenvermögen, Millionengehälter hie und Hungerlöhne da, das geht nicht zusammen.

Die Ideologen der freien Anhäufung von Geld gegen jede Vernunft sprechen sofort von “Enteignung”, wenn etwas aus ihrem Besitz in den Allgemeinbesitz übergeht. Sie lassen ihre Medien stakkatohaft verbreiten, Steuern seien etwas Böses und Steuersenkungen seien für alle gut. Dies aber ist eine nur zu offensichtliche Lüge, die nicht zuletzt durch die Wirtschaftskrise offenbar wird.

Daher ist es sinnvoll und notwendig, Vermögens-und Erbschaftssteuern in einer Höhe einzufordern, die geeignet ist, die schädliche Anhäufung von Geld und Macht in ihrer extremen Ausprägung zu reduzieren. Dies wurde schon häufig in diesem Zusammenhang erläutert.
Um diesen Vorgang deutlich zu kommunizieren, wird daher eine klare Forderung erhoben: 100 % Erbschaftssteuer! Was bedeutet das?

Zunächst einmal macht es wenig Sinn, bei einschneidenden Maßnahmen vom Status Quo auszugehen und jedes Problem, das sich bei der Umsetzung ergeben könnte, das Projekt für unmöglich zu erklären. Wenn ein neues Gesetz also mit anderen Vorschriften und Vorstellungen kollidiert, so ist das eine Aufforderung, solche Hindernisse zu beseitigen. Mit “Hindernis” ist hier ausdrücklich nicht das Grundgesetz gemeint. Alles andere ist verhandelbar.

Die 100 prozentige Erbschaftssteuer, bei der natürlich Freibeträge eingeräumt werden sollen, trifft also ausschließlich die Erben reicher Erblasser. Sie erben nur noch ein kleines Vermögen, der Rest kommt dem Staat zu. Was hat das zur Folge?

Die Reichen werden evtl. ihrerseits versuchen, das Vermögen zu Lebzeiten an die nächste Generation weiterzuleiten. Dies wird in Form von ebenfalls zu versteuernden Schenkungen geschehen und bereits zu einer breiteren Verteilung von Vermögen führen. Wahrscheinlich ist es, daß viele ihr Geld in diverse Investitionen geben werden. Es ist für sie attraktiver, der Welt etwas Nützliches zu hinterlassen. Sie werden vermutlich auch mehr Geld ausgeben. Geld, das der Realwirtschaft zugute kommt. Sie werden weniger auf Vermehrung des Vermögens setzen als auf sinnvolle Anlagen.

Womöglich werden die Oberen Zehntausend versuchen, ihre Nachkommen durch Posten in Unternehmen zu alimentieren. Das ist in Ordnung, denn diese Firmen müssen, um überleben zu können, funktionieren. Selbst ausgemachte Vetternwirtschaft dieser Art ist also darauf angewiesen, daß der Nachwuchs für seine Aufgaben qualifiziert ist. Es wird sich als Nebeneffekt ein Fokussieren auf das langfristige Gedeihen von Unternehmen ergeben. Familienunternehmen haben wieder mehr Konjunktur.

Der Haupteffekt besteht freilich in der neuen Dynamik in Wirtschaft und Gesellschaft. Es können keine Gelddynastien mehr entstehen. Der Zusammenhang zwischen Leistung und Lohn, der heute ein ideologisches Konstrukt ist, kann sich tatsächlich entfalten.
Das Geld fluktuiert, es dient den Lebenden, und jeder weiß, daß mit seinem Ende auch der Reichtum passé ist.
Wer hingegen geboren wird, hat echte Aufstiegschancen. Der Staat bietet ihm gute Bildung, und wer sich entsprechend qualifiziert, darf guten Lohn erwarten.

Da Steuern und Abgaben in sämtlichen anderen Bereichen entsprechend sinken bzw. investiert werden, steigen Einkommen und Grundsicherung. Vermögen und Kaufkraft steigen immens und sind optimal verteilt. Die neuen Möglichkeiten, zu Lebzeiten ein gutes Einkommen zu erzielen und für sich zu nutzen, machen den “Wirtschaftsstandort” äußerst attraktiv. Vermögen wird nicht sinnlos und zweckfrei angehäuft, sondern stets mit der Frage verbunden, welchem Zweck es dienen soll. Will jemand sein Vermögen sinnvoll “vererben”, sichert er nicht den Reichtum seines Clans, sondern den der Allgemeinheit. Er wird versuchen, bleibende Werte auf andere Weise zu schaffen.

Da die großen Vermögen in aller Regel deutlich kleiner sind als bislang und besser verteilt sind, bietet es sich an, in Projekte zu investieren, denen sich andere anschließen. Ein demokratischeres Investitionsklima ist die Folge.

Dies sind einige absehbare Folgen der Abschaffung des modernen Feudalismus. Was sich in einer solchen Kultur lebendiger Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum alles entwickeln kann, davon wagt heute noch kaum jemand zu träumen. Der Kapitalismus ist ein Wirtschaftssystem, das von Toten beherrscht wird. Man muß gar nicht so viel ändern, um ihn zu überwinden.