werkz

In den Diskussionen um eine nicht kapitalistische Produktionsweise wird immer wieder die Open Source- oder Free Software-Bewegung genannt, z.B. GNU/Linux und das ganze Drumherum. Hier sind tatsächlich höchst komplexe Strukturen und Produkte entstanden, ohne dass die Produzierenden dafür Geld bekommen haben, haben wollen, sonstwie davon leben können oder auch nur die Erwartung hegen dürfen, für ihre Leistung irgendwann einmal materiell entlohnt zu werden. Geschweige denn wäre das Recht an Programmcode eine Lizenz zum Gelddrucken wie bei der Konkurrenz unterm Kapital.

Lassen wir das “irgendwie davon Leben Können” einmal außen vor, denn es macht die Sache durchaus leichter, dass man davon auch nicht leben muss. Dennoch liegen die Motive und Tugenden, die zur einer Mitarbeit an solchen Projekten führen, jenseits kapitalistischer Lohn- und Belohnungsstrukturen. Der Lohn besteht im Großen und Ganzen im Erfolgserlebnis, dass etwas funktioniert und der Bildung, die man dabei erfährt. Man lernt etwas. Das wiederum kann man natürlich ggf. auch in Bares ummünzen, am Rande von Open Source finden sich überdies auch Übergänge zu kapitalistischer Verwertung; so manches freie Projekt wurde irgendwann zu Geld gemacht, aber diese Aussicht spielt bei der Entwicklung im allgemeinen keine Rolle.

Das Beispiel taugt in vielerlei Hinsicht nicht zur Übertragung auf andere Produktionsprozesse, schon gar nicht auf einen kompletten Gesellschaftsentwurf. Dessen muss man sich gewahr werden, vor allem wenn man lernen will, was aus Open Source durchaus zu lernen ist. Da wäre zunächst der vollständig modulare Aufbau von Software. Niemand muss ein komplettes Programm oder Betriebssystem entwerfen. Es gibt Schnittstellen, an die Software andocken kann und muss. Auf diese Weise kann in beliebigem Umfang Arbeit geleistet werden, ganz simpel oder sehr komplex. Dies leistet im Kapitalismus sonst das Geld.

Nerd for Noob

Man kann außerdem am Rechner oft unmittelbar ausprobieren, ob und wie etwas funktioniert, vor allem wenn es nicht funktioniert. Es braucht für das Feedback keine Kunden, Kollegen oder Aktionäre, sondern einen Rechner. Daher kann jeder seine Idee in ein bestehendes System einpflanzen und sich anschauen, was passiert. Im offenen Feldversuch, zumal wenn das tägliche Brot davon abhängt, ist das nicht möglich.

Leider sieht das dann auch oft genau so aus. Jemand frickelt sich etwas, das für ihn ein Problem löst oder eine Weiterentwicklung bedeutet, andere können damit aber ggf. absolut nichts anfangen; für sie ist die Veränderung womöglich sogar schädlich. Hier stoßen wir dann ganz schnell an die Grenzen dieser Produktionsweise, die teils noch weniger Sozialkompetenz aufweist als die Maloche für Geld. Höchst interessant wäre hier ein Blick auf die Prozesse, in denen aus Einzelleistungen dann doch etwas gemeinsam Nutzbares wird.

An der Schwelle zum sozialen Produkt könnte sich sehr viel mehr tun, nicht zuletzt ausgerechnet durch etwas mehr Marktfähigkeit. So wäre es ein Segen, gäbe es stabile Kooperationen von Programmierern und Hardwareherstellern; das kann zur Not auch einseitig besorgt werden. Am Ende gäbe es dann z.B. eine Liste von Hardware, die sicher mit einer Linux-Distibution läuft, bedienbar auch für Noobs und fertig zum Einstöpseln. Das wäre Service für den unbekannten Technikspacko, eine wahre Herausforderung für Nerds. Vielleicht markieren solche Beispiele die Grenzen des Vorbildcharakters von Open Source.

p.s.:

Persönlich möchte ich dann noch am äußersten Rand dieses Themas eine Frage aufwerfen, die mir ein Mysterium ist. Es gibt reichlich alte kultige Spiele, die auch ohne DirectX oder anderen Schnickschnack laufen. Kein Mensch braucht die neuesten Graphikengines, es tut der Spielidee keinerlei Abbruch, wenn man auf ältere Engines zurückgreift und z.b. OpenGl nutzt. Wieso ist bis heute keine Infrastruktur für Linux-Spiele entstanden, ja kaum etwas entstanden, dass die Idee höher schätzt als die Schatten der Gesichtspickel irgendwelcher Figürkes? Oder hab’ ich da was verpasst? Sind Programmierer anwesend?

 
Umfragen! Wer braucht Umfragen, außer jemand, der auf tumbste Art und Weise manipulieren will – ich meine hier nicht vorrangig durch manipulative Fragetechnik, die Auswahl der Fragen oder eine tendenziöse Auswertung; ich meine durch die schiere Existenz der Umfrage. Klingt komisch? Ist aber so, und zwar ungefähr deswegen:

Man stelle sich vor, jemand zeichnete eine Schatzkarte. Diese Schatzkarte wird über Jahrhunderte kopiert, geht vielleicht einmal verloren, wird rekonstruiert, wieder und wieder kopiert. Es wird aber nie gefragt, ob jemals ein Schatz dort vergraben wurde, wo sie hinführt. Immer wieder wird darüber gefachsimpelt, was die Karte darstellt, welche Gegend aus welcher Richtung, ob sie richtig kopiert wurde, wo Fehler liegen könnten, wer dafür verantwortlich ist … Aber nie kommt jemand auf die Idee, dass man den Schatz nicht findet, weil er nie da war.

So ungefähr ist das auch mit Umfragen und den sogenannten “Meinungen”, die sich nie jemand gebildet hat, die aber ständig vermeintlich eingeholt werden. Es sind ‘Meinungen’ über Meinungen über Meinungen, Vermutungen über das, was andere denken, denen man es gleichtun will, am Ende Umfragen über Umfragen, denn die ‘Ergebnisse’ von Umfragen gehören zu den wichtigsten ‘Informationen’, an denen sich ‘Meinungsbildung’ orientiert. “Was denken die anderen?”, davon will niemand zu weit abweichen.

Das will ich auch denken

Wenn also heute gemeinungsumfragt wird, ob sich jemand “durch die NSA bedroht fühlt”, ist das so unendlich leer, dass es gar nicht interessieren könnte, was dabei herumkam, entstünde nicht genau so die Meinung, der sich anzuschließen die Leserschaft damit aufgefordert wird. Quintessenz: Die NSA bedroht niemanden. Das muss man nur in ein paar Tagen oder Wochen wieder abfragen, und schon ist es wahr.

Wer die NSA eigentlich ist, was sie macht, in welchem Maße, von wem beauftragt, wie kontrolliert, zu welchem Zweck, mit welchem Ziel und welchen Folgen – wie viele der Befragten haben davon auch nur den blassesten Schimmer? Und wenn es klar ist, dass “quasi keiner” die richtige Antwort ist, was soll dann eine solche Umfrage wohl?

Nun ja, das Ganze spielt sich ab in einer Gesellschaft, in der sich die große Mehrheit als “unpolitisch” bezeichnet, schlimmer noch angibt, “nicht viel von Politik” zu verstehen. Es scheint aber, das nämlich ist des Pudels Kern, der Publizistik jener Umfrageritis schon unproblematisch, dass in ihrer “Demokratie” sich niemand für Politik interessiert. Wer in solcher Bewusstlosigkeit Begriffe bildet, kann genauso gut ein paar Zahlen ausmurmeln. Die Ziehung der Lottozahlen trifft bekanntlich auch auf großes allgemeines Interesse.

 
Am 04.11. jährt sich der abschließende Erfolg der Kampagne gegen Andrea Ypsilanti und den “Wortbruch”, eine Lehrstunde über Korruption in Deutschland, in der SPD und den Medien. Eine Zweitverwertung:

Die FR bringt heute einen weiteren Sample über den Korrumpator Koch heraus sowie ein Update zum Steuerfahnder-Skandal. Gleichzeitig erinnert Telepolis an den Wahlsieg Ypsilantis, der ihr von einer wildgewordenen “Öffentlichkeit” und Verrätern aus der eigenen Partei genommen wurde, um eine der widerwärtigsten Figuren der deutschen Politik im Amt zu halten. Zentral war dabei das Wort vom Wortbruch, das in den verlinkten Quellen wieder auf Koch bezogen wird, so wie es ursprünglich auch der Fall war. Schaut man sich die Häufigkeit der Erwähnung von “Ypsilanti + Wortbruch” an, so fallen zwei Peaks auf, Termine, um die herum die gesammelte deutsche Presse diese Kombination ihrer Leserschaft ins Hirn publiziert hat (Klick aufs Bild führt zu Google):

wortbruch

Demnach standen offenbar unmittelbar nach der Wahl bereits alle in den Startlöchern, um Ypsilanti einen “Wortbruch” vorzuwerfen, den sie noch gar nicht begangen hatte. Ebenso wurde um die Nichtwahl der Ministerpräsidentin herum noch einmal kräftig nachgelegt. Vor dieser Kampagne wurde die Kombination dieser Schlagworte auf Kochs gebrochenes Versprechen bezüglich des Flughafenausbaus bezogen.

Was die hessische Opposition also als eher schwache Kritik an einem “unerhört” selbstherrlichen Roland Koch an den Start gebracht hatte, wendete die PR des Sonnenkönigs und seiner Presse gegen Ypsilanti. Dabei tat sich vor allem ein PR-Mann hervor, der die Kampagne völlig unverblümt voran brachte: Alexander Demuth, Berater “für strategische Unternehmenskommunikation”, der mit der Site wortbruch.info die Kampagne auch offen im Netz betrieb. Schaut man sich die Liste der Medien an, die diese Vokabel übernommen haben und willig die Reihen der Kampagneros schlossen, so sieht man eine beinahe vollständige Liste der relevanten deutschen Massenmedien.

Der Erfolg, der erst durch diese Verstärker und ihren gnadenlos antilinken Kurs möglich wurde, ist die fortdauernde Herrschaft eines Landesregimes, dessen leidenschaftliche Zerstörung der demokratischen Kultur selbst von der Original-SED nicht übertroffen würde. Zu den täglichen Skandalen, die Koch und sein Mob sich leisten, hört man übrigens nichts von den ach so gewissenhaften “Rebellen” und ihren Seeheimern. Geschweige denn von der Mehrheit der willfährigen Journaille, die dafür mitverantwortlich ist.

p.s.: Alexander Demuth zählt heute neben anderen Großkunden selbstverständlich auch Bilfinger Berger zu seinen Referenzen. Koch ist dort Vorstandsvorsitzender.

 
typstarWollen Sie, dass Kinder vergewaltigt werden, wollen Sie Morde, Raub und Terror zulassen? Ja, das will ich. Das ist nämlich die Essenz des Rechtsstaats, dass er Kriminalität, sei es auch in ihrer fürchterlichsten Form, nicht um jeden Preis verhindern will. Es hat immer Kapitaldelikte gegeben, Mord, Serienmord, Sprengstoffanschläge. Es gibt kein Mittel dagegen, und wer die Verhinderung solcher Verbrechen über die Grundrechte der Menschen stellt, bereitet der Diktatur den Weg.

Das ist keinesfalls neu, aber sehr aus der Mode gekommen. Menschen werden verhaftet und schon einmal von willfährigen Medien vorverurteilt; wenn sie dann noch als Ausländer erkennbar sind, womöglich islamverdächtig, umso besser. Hier arbeitet der Hetzjournalismus Hand in Hand mit den rechten Kameraden der ‘Dienste’. Die Propaganda schert sich nicht um die Wirklichkeit, sie schafft sich eine eigene.

Auch das ist alles noch wenig erhellend, aber es liegt tatsächlich eine Zäsur in der Abhöraffäre um das Handy der Kanzlerin. Hier nämlich ist der unteilbare Beweis für die Lüge von der Terrorabwehr, es sei denn, jemand unterstelle Schröder oder Merkel, sie hätten Anschläge auf die USA geplant.

Das Ende der Erzählung

Nein, es ging niemals um Anschläge, Terror oder Islamismus. Das durchsichtige Totschlagargument hat nicht nur formal den Rechtsstaat überrollt, es ist auch inhaltlich bar jeder Substanz, und das weiß jetzt jeder. Es geht um Überwachung zum Machterhalt. Um den Überwachungsstaat als Vehikel der Machthaber. Es ist nicht weniger als der Beweis für die Existenz autoritärer Herrschaftsstrukturen, wobei völlig unklar ist, wer da in wessen Auftrag handelt. Klar ist nur, dass das alles weder legitimiert noch legal ist. Eine definierbare Verschwörung ist harmlos dagegen.

Im Grunde müsste ein krachendes Gewitter herabgehen in diesen Tagen, die Schlagzeilen müssten voller Selbstanklagen, öffentlicher Zweifel und Abbitten sein. Die uns jahrelang, jahrzehntelang das Lied vom “Kampf gegen den Terror” gesungen haben, die von “Ermittlungspannen” bei der Geheimpolizei erzählt haben, die uns jede Überwachungsmaßnahme als alternativlos im Sinne einer sogenannten “Sicherheit” verkauft haben, sie alle müssten sich jetzt entscheiden, entweder Merkel zur Terroristin zu erklären oder ihr völliges Versagen einzugestehen.

Damit meine ich nicht einmal die ranghöchsten Witzfiguren wie Pofalla oder Friedrich. Damit meine auch nicht Merkel selbst, die schließlich in ihrer kalten Arroganz diese Puppen hat tanzen lassen. Ich meine damit vor allem die Heerscharen abhängiger Journalisten, deren Welt laut krachend einstürzen müsste. Stattdessen sitzen sie da und warten auf den nächsten Schreibbefehl, den nächsten grotesken Unsinn, den sie selbst nicht ernstnehmen können. Wie immer stutzt das Murmeltier: Sind die so dämlich oder tun sie nur so? Sie wissen es selbst nicht mehr.

Wer zwingt wen

Dabei ist das alles nicht alternativlos, im Gegenteil ist ein einfaches deutliches Nein zur rechten Zeit das Mittel der Wahl. Japan hat es vorgemacht (via fefe; Javascript erforderlich). Als die NSA das Abhören der Verbindungskabel nach China verlangte, weigerte sich Japan.

Aber Tokio entschied, dass es dies nicht tun könne, denn unter der gegebenen Gesetzgebung kann es solche Kommunikationen nicht abhören, selbst wenn das Ziel die Verhinderung eines Terroranschlags wäre.

Eine Regierung, die sich an die eigene Gesetzgebung hält. Dergleichen sollen wir nach gängiger Propaganda inzwischen als sensationell auffassen. So weit ist es gekommen mit dem Niedergang des Rechtsstaats, der Zerstörung demokratischer Gesinnung und der Errichtung einer autoritären Welt aus dem Geiste des Feindstrafrechts.

Damit das nicht in Vergessenheit gerät, sei an dieser Stelle noch einmal betont, dass es nicht die Aufgabe deutscher Institutionen ist, der NSA das Handwerk zu legen. Hierzulande muss der braune Sumpf endlich trockengelegt werden, der sich gegen jede Kontrolle abgeschottet hat. Der sogenannte “Verfassungsschutz” in Bund und Ländern, der Bundesnachrichtendienst und auch der bislang nicht in den Fokus geratene MAD gehören aufgelöst, ihre Machenschaften offengelegt und die Strukturen zerstört. Man kann sich darauf verlassen, dass deren Truppen den Kampf längst aufgenommen haben. Wenn sie ihn gewinnen, brauchen wir uns nicht einmal mehr über sinnlose Wahlkämpfe zu ärgern.

 
pic

Ich hatte einmal beruflich mit einem Jungen zu tun, dessen Eltern äußerst gut betucht waren. Das hielt ihn aber nicht davon, sich als “Homie” aus dem “Geddo” aufzuführen, weil er sich eben für einen hielt und “reiches Muttersöhnchen aus der Villa” uncool gewesen wäre. Dieses Phänomen erinnerte mich wiederum an das Gebaren zugereister BRD-Bürger in Berlin in den 80er Jahren. Diese überangepassten Möchtergern-Berliner, die sich stante pede ein “Icke, wa”-Identitätssurrogat zugelegt hatten, mussten daher Besucher aus Restwest wie mich ständig als “Wessis” markieren.

Es durften fortan zum Beispiel keine “Brötchen” mehr geholt werden. Ich meine, selbstverständlich konnte ich bei begriffsstutzigen Altberlinern, die das nicht anders kennen wollten, auch Schrippen bestellen. Dass ich aber den Knilch, der 20 seiner 21 Jahre nicht einmal gewusst hatte, dass es Schrippen überhaupt gab, nicht mehr “Brötchen Holen” schicken durfte, machte mich wundern.

Ich wohne derzeit in einer der reichsten Wohngegenden ‘meiner’ Stadt und kann mir das nur zufällig deshalb leisten, weil es mich in eine Oase der Bezahlbarkeit verschlug. Ich empfinde das in der Regel als angenehm, wenn hier niemand auf die Straße scheißt und man seltenst von Prügeleien in der Nachbarschaft hört. Doch, ich mag Zivilisation, ich kenne nämlich auch deren Grenzen.

Brauch ich nicht

Wo ich herkomme, war es als Kind oder Jugendlicher erstens besser, Brüder zu haben und zweitens angesagt, austeilen zu können. Wer sich nicht traute, kriegte auf die Fresse, und zwar regelmäßig. Es gab alteingesessene Asi-Clans und eingebürgerte Türken-Gangs, Einzelschläger und lose Koalitionen. Es gab Ecken, da trieb man sich nicht herum, wenn man keinen dort kannte, Leute, mit denen man sich nicht anlegte und immer wieder Begegnungen, die mit einer Drohung nicht geregelt waren. Auf der Straße und in der Schule. In der Regel waren keine Waffen im Spiel, aber Gewalt war Alltag. Muss ich heute nicht mehr haben.

So, und jetzt mal kurz zu den “Kiezbewohnern”: Wer stolz darauf ist, sich auf seine Mitbürger hetzen lassen, weil er nicht das Hirn hat seine wahren Feinde zu erkennen, ist schlicht ein Schwachkopf. Wer mit ein paar besoffenen Pennern durch die Nacht zieht, Scheiben einschmeißt und das “Kiezmiliz” nennt, hat einen scheiß Pfeil im Kopf. Armselig genug.

Aber wer aus Muttis Rockschößen direktemang in ein vor Jahrzehnten mal verruchtes Viertel zieht, um als Kämpfer für Gott und Mittelschicht die Gentrifizierung zu ihrem veganen Abschluss zu bringen, möge mir gefälligst die Impertinenz der Behauptung ersparen, er sie es lebe jetzt “auffem Kiez”. Es gibt keinen Kiez. Nicht da, wo ihr euch hintraut. Könnt ihr ganz leicht erkennen: Wo Kiez ist, wird euch im Szenerestaurant die Schnabeltasse gereicht und das Gemüse schmeckt nach Blut.

 
roots

Im vorangegangenen Artikel und den dortigen Kommentaren habe ich versucht zu skizzieren, wie der Kapitalismus das ‘Streben nach Größe’ auf jeder Ebene fördert, ausnutzt und abbildet. Dabei sind Aneignung, Verfügungsgewalt und Ansehen/Anerkennung durch Erwerb (von Geld) Phänomene, die vor diesem Hintergrund betrachtet (!) demselben Antrieb folgen.

Geld, die Essenz dessen, was da nie genug werden kann, von dem es nie zu viel gibt, ist obendrein unmittelbare Verstärkung, “Lohn” im doppelten Sinne, als Entgelt und einen Konsum, der schneller Bedürfnisbefriedigung dient. Dennoch ist dieser sowohl dem Protestantismus zuwider als auch dem Neoliberalismus, dessen Prophet Hans-Werner Sinn Konsum sogar als grundsätzlich “schädlich” betrachtet. Lieber verzichten sie wohl auf die stabilisierende Wirkung des Lohns als auf den Selbstzweck des Profits. Hier ist ein Riss im System.

Was die These der Tendenz zur Größe ebenfalls stützt, ist dass gerade Reichtum offenbar nie obszön genug sein kann, um nicht nach noch mehr zu streben. Das ist völlig widersinnig, aber die Profiteure sind durchgängig der Auffassung, ihr Kapital müsse sich immer weiter vermehren. Dem entgegen stünde eine Vernunft, die ich als zwecklos, weil eben unattraktiv betrachte. Sie würde jede Form von Wachstum begrenzen, zumal die zerstörerischen, und müsste demnach schon im Keim ansetzen.

Es dürfte von vornherein nicht auf schiere Größe und Wachstum als Selbstzweck gesetzt werden. Der Wagen dürfte nicht erst gebremst werden kurz bevor er aus der Kurve fliegt, sondern nie unkontrolliert Fahrt aufnehmen. Tatsächlich wäre das eine Einschränkung der Freiheit von Anfang an; eine, die zwar verhindern würde, dass am Ende ganze Völker unfrei sind, aber dadurch obendrein noch paradox.

Gesucht wird …

Vernunft wäre also eine Form der Hemmung, aber eine kompetitive, deren unmittelbare Wirkung aufs Handeln und vor allem die Wünsche äußerst begrenzt ist. Selbst unter optimalen Voraussetzungen würde sie das Streben und Tun der Menschen nicht ausreichend beeinflussen, weil sie abstrakte Zielvorstellungen gegen unmittelbare Reize aufbietet. Sie ist lustfeindlich. Dieses Verfahren ist hoffnungslos.

Gesucht wird also nach wie vor ein Antrieb, der spontane Handlungen und soziales Verhalten so beeinflusst, dass das tumbe Streben nach Größe, mehr Besitz und kurzfristiger Spannung zumindest zum Teil ersetzt. Besser noch wäre aber eine Form der Kanalisierung, die das Streben nach Größe und Wachstum nicht bloß eindämmt, sondern im Sinne einer solidarischen Gesellschaft nutzt. Wie das gehen soll, weiß ich nicht.

Dass sich der Neoliberalismus mit seinem absurden Credo, Egoismus sei sozial, als Lüge entlarvt hat, ist derweil nur ein winziger Fortschritt. Es wurde auch zurecht angemerkt, dass das Streben nach Anerkennung unter anderen Bedingungen auch andere konkrete Handlungsziele bewirkt. Dennoch bedarf es eines starken Antriebs. Es braucht Formen der Solidarität, die anspornen. Die stärksten unter diesen sind allerdings brandgefährlich.

 
merkddrMehrfach hieß es heute im WDR Radio: Die Einbestellung des amerikanischen Botschafters durch den Bundesaußenminister “zeigt, wie ernst es der Bundesregierung mit dieser Angelegenheit ist“.

Nein, zeigt es nicht. Ebenso wenig wie die weinerliche Doppelempörung an der Seite des französischen Staatspräsidenten. Es zeigt das, was sich ständig zeigt in postparlamentarischen Zeiten: Dass man vergeblich nach Antworten sucht, zum Beispiel auf die perennierende Frage, ob Funktionäre und Journalisten so dumm sind oder so dreist.

Wie kann man so dumm sein anzunehmen, dass bei einer Totalüberwachung der elektronischen Medien einzelne Geräte – wie etwa das der Kanzlerin – ausgespart werden könnten? Das ist schon technisch nicht möglich. Glauben Merkel und ihre Hofreporter darüber hinaus ernsthaft, die Geheimdienste täten nicht, wenn sie könnten? Warum überhaupt? Weil sie Königin ist? Und hätte sie selbst dann nicht vergessen, dass der britische Thronfolger vom eigenen Geheimdienst nicht nur abgehört, sondern auch denunziert wurde?

Nächster Punkt: Dass die Völker abgehört werden, alle Daten über jeden Einzelnen gesammelt werden, das war in Ordnung, hat zumindest nicht einmal für einen lauen Wind gereicht. Aber dass die Oberfunktionärin auch dabei ist, das ist dann ein Skandal? Tatsächlich scheint Deutschland mehr Monarchie zu sein als England.

Wir glauben alles

Der Höhepunkt ist allerdings, dass alle Fakten ignoriert werden, die längst öffentlich sind: Es herrscht bekanntermaßen eine enge Zusammenarbeit zwischen den deutschen und amerikanischen ‘Diensten’. Es wurde völlig darauf verzichtet, den eigenen Stall auch nur im Außengelände auszumisten, man ließ das Parlament und den zuständigen Ausschuss nach allen Regeln infantiler Frechheit verkaspern.

Es spielt(e) weder im Wahlkampf noch in den Koalitionsverhandlungen irgendeine Rolle, dass wir einem mafiösen Überwachungsbündnis das Feld überlassen. Es wurde nichts, gar nichts und überhaupt nichts getan, um die eigenen Spitzel unter Kontrolle zu bringen, und jetzt soll irgendwer glauben, dass die Regierung der Affäre plötzlich höchste Priorität einräumt?

Wenn man sich täglich und in lebenswichtigen Belangen die Frage stellen muss: “Sind die so dämlich oder tun die nur so?”, ist ein Niveau erreicht, bei dem man sich eine anständige Diktatur wünscht. Da weiß man wenigstens, wer was gegen wen unternimmt und meist sogar warum. In diesem bizarren Komödienstadel hingegen entfleucht einem noch der schmutzigste Skandal wie ein Stück Seife. Wenn man genauer hinschaut: So dämlich sieht das am Ende gar nicht aus.

 
mump

Der Herr Bundestagspräsident ist der Ansicht, die Opposition aus Grünen und Partei “die Linke” sollten Rechte haben, als seien sie ernstzunehmen. Ihnen steht es aber nach Recht und Gesetz nicht zu, zum Beispiel Untersuchungsausschüsse einzusetzen oder Normenkontrollklagen anzustrengen. Das hat alles seine Gründe, warum gewisse Hürden im Wege stehen, wenn man der Regierung die Arbeit erschweren will.

Man stelle sich das nur vor: Die Grünen als linke Partei, für die es ein normales Mittel der Politik ist, Steuern zu erheben, tun sich zusammen mit jener selbsternannten “Linken”, die nicht nur von solchen Strafen für Leistungsträger begeistert sind, sondern sogar linksextremistische Ideen zulassen. Noch immer kennen mehrere Abgeordnete dieser Partei Wirrköpfe, die sich auf Marx berufen oder ernsthaft einen “Sozialismus” anstreben.

Exporte sichern

Nun behaupten boshafte Wort- und Tatsachenverdreher, im Parteiprogramm der SPD stünde auch ein Kapitel zum “demokratischen Sozialismus”, der dort ausdrücklich befürwortet werde. Desweiteren habe auch die SPD jahrzehntelang Auslandseinsätze deutscher Soldaten ausgeschlossen, ja, sie sei 1989 gar ausdrücklich für die Auflösung der NATO gewesen. Infam!

Natürlich steht das im Programm der Partei, aber das hat doch mit ihrer Politik nichts zu tun! Jeder weiß, dass die Sozen staatstragend sind und noch für jeden Kriegskredit artig die Hände erhoben haben, dafür musste man ihnen nicht einmal eine Waffe vor die Brust halten. Wir sehen doch gerade, wie von der inneren Führung über die Delegierten auf die Basis eingewirkt wird, dass die sich wie immer gegen das eigene Programm stellt. Schließlich steht die Regierungsfähigkeit® auf dem Spiel, da kneift der Sozi nicht.

Die SPD muss schon allein deshalb mitregieren, damit niemand auf die Idee kommt, einen Untersuchungsausschuss zur Machtergreifung der Geheimdienste einzurichten. Es könnte überdies wer fragen, ob sich die Abwehr der Boat-People im Mittelmeer mit dem Grundgesetz vereinbaren lässt oder die Beihilfe zum Mord per Drohne. Wie stehen wir da, wenn die Friedens®nobelpreisträger EU und Obama aus einem deutschen Parlament in Zweifel gezogen werden? Was soll aus unseren Exporten werden? Das ist den Radikalinskis nämlich egal. Darum wäre es töricht, ihnen auch noch das Recht dazu einzuräumen.

 
Es gibt große Unterschiede zwischen großen Koalitionen. Schon die letzte konnte fröhlich durchregieren; die Grünen waren bereits auf NATO und Hartz IV unterwegs, “die Linke” am Rand und ohne Einfluss, die FDP eh einverstanden mit der neoliberalen Regierungspolitik. Diesmal wird es aber schöner als je zuvor.

Die sogenannte “Opposition” im Bundestag ist so winzig, dass sie selbst bei Einigkeit keine Untersuchungsausschüsse einsetzen kann und keine Normenkontrollklagen führen. Sie besteht aus den “Grünen”, die aus dem Scheitern ihres neoliberalen Kurses den Schluss gezogen haben, dass sie wirtschaftsfreundlicher werden müssten und der “Linken”, die inzwischen ebenfalls ausdrücklich “marktwirtschaftlich” sein will.

Im Untergrund dürfen Geheimdienste immer noch die Morde ihrer V-Leute vertuschen, vielleicht neue planen, die totale Überwachung einrichten und sich jedenfalls jedweder Kontrolle entziehen. Hinter einer Regierung also, die durch niemanden kontrolliert wird, droht eine Geheimpolizei zu erstarken, die jüngst erfahren hat, dass sie machen kann, was sie will.

Kritische Masse

So viel Horror müsste den ganzen Rest der Republik auf die Beine bringen. Nicht ganz zufällig entstand die APO der 60er Jahre im Schatten einer großen Koalition, unter dem am 01.12.1966 vereidigten Kanzler Kiesinger, ein ehemaliges NSDAP-Mitglied wie viele andere in seiner Partei. Angesichts der fehlenden parlamentarischen Opposition, der ungebrochenen Karrieren von Altnazis und der Bedrohung durch den Kalten Krieg waren es vor allem Studenten, die auf den Straßen revoltierten und eine andere Republik forderten.

Ich möchte mich heute nur kurz zu diesem Detail äußern. Angesichts des erschreckenden Erstarkens antidemokratischer Kräfte, teils manifest faschistisch, teils infolge der Krise des Kapitals ökonomisch motiviert, müssten wie gesagt heute erst recht die Proteste durch die Republik wallen. Was sie bräuchten wäre allerdings eine kritische Masse (im Doppelsinne) aus Menschen, die den Zustand zur Kenntnis nehmen, Schlüsse daraus ziehen und sich dagegen organisieren.

Genau hier erweist sich das Desaster des “Bologna-Prozesses” als Glücksgriff, der Umbau der Universitäten zu Durchlauferhitzern für Halbbildung. Die nur 3-Jährige Regelstudienzeit in verschultem Dauerstress lässt die akademische Jugend weder ihr Studium als Lebensphase annehmen, noch lässt sie ihnen die Luft für ein Engagement nebenher. Politische Betätigung kommt noch weniger infrage als in den ohnehin schon ruhigen Zeiten vor 1999. Die Entsolidarisierung ist durchschlagend ebenso wie die Verödung der Bildung, die selbst im Fachbereich oft gerade zum Nötigsten taugt. Auf dieser Flanke droht kein Angriff mehr.

 
phaeton

Ich finde Stöckchen doof, aber ich finde sie. Solange niemand sie mir zuwirft, hebe ich sie vielleicht sogar auf. Max fand heute eines, das ich gleich mitnehmen werde. Er wurde ebenfalls nicht gefragt, was aber kein Grund zum Neid ist, denn was der BR da versucht, ist doofe Religion, und zwar obendrein christliche. Da muss ich als satanischer Christizismuskritiker natürlich meinen Senf dazu geben.

Woran glaubt die Netzgemeinde?

Wer glaubt an die “Netzgemeinde”? Natürlich der verschlagene Christizist, der nur “Gemeinde” hört und flugs seinen Kopf im Weihrauchkessel versenkt. Es gibt keine “Netzgemeinde”, schon gar nicht als kniefälliges Zwangskollektiv gehirngewaschener Jünger eines höheren Wesens. Gleichwohl ist die Nichtexistenz der Netzgemeinde keineswegs ein Symptom für die Überlegenheit der Kirche(ngemeinde). Im Zweifel glaubt übrigens auch das Gewürm im Netz an Marktwirtschaft® Siehe auch:

Was sind Werte im Netz?

Euro, Dollar, Pfund, nebst Betrag. Eine selten dämliche Frage, perfide so abstrakt in den Raum gekegelt, dass auch sie suggeriert, eine Illusion sei der Beleg für die Realität einer anderen. Wie schon oben: Gibt es keine ideellen Werte, gilt es also, sich solchen woanders (in der Kirche) zuzuwenden? Gibt es aber welche, so wirkt das höhere Wesen auch hier? Die verwüstete Grammatik lässt zudem entweder keine sinnvolle Antwort zu oder nur eine: Netzwerte.

Gibt es Rituale im Netz? Wenn ja, welche?

Gibt es Gespräche in Autos? Wenn ja, worüber? Nein herrgottnochmal, das Netz ist keine Kirche. Die holprigen Assoziationen sind gähnend langweilig, kreuzdumm und sinnentkernt. Nicht mal ein Ikearegal in dem Oberstübchen. Leere. Echo und Hall. Mensch, wie in der Kirche, ha!

Gibt es einen Netzgott?

Hier verengt sich endlich der religiöse Mief zum christlichen. Ein. Gott. Natürlich, wäre ich gefragt, müsste ich gegenfragen: “Na zu wem betest du denn gerade?”. Die Frage nach Netzgöttern, Plural, hätte wohl den Klerus auf den Plan gerufen und ewige Verdammnis ohne Bewährung nach sich gezogen? Hätte man sonst wenigstens mal drüber nachdenken können. Fail!

Die größte Sünde im Netz? Wenn ja, welche?

Dafuq? Muss ich zu Spenden aufrufen für einen Grammatikkurs? Wer die Frage beantwortet, geht ihr schon auf den Leim, der Suggestion, es gebe überhaupt “Sünden”. Gibt es eigentlich eine “größte Sünde” bei den Christizisten? Da der Tötung von Menschen ja nur eine Sollvorschrift im Wege steht und noch jede abgefuckte Tötungsmaschine einen eifrigen Pfaffen fand, der sie für gottgefällig erklärte, kommen Kapitaldelikte eher nicht in Betracht.
Aber, das wissen sie eh und das wollen sie hören, um ihrem Sadomasochismus genießerisch zu frönen, klar gibt es die: Unzucht. Mehr als reichlich. Geht mal schnell gucken!

Woran glaubst du?

Und noch einmal dasselbe Spiel. Ich glaube nicht, ich weiß. Ich vermute. Ich zweifle, prüfe und recherchiere. Weiß mehr und doch weniger. Darf an mir und anderen rumfummeln, bin für meine Taten verantwortlich, lasse mir von niemandem sagen, was richtig und falsch ist und meide einfache Antworten auf komplexe Fragen. Wie der verfickte Teufel das beschissene Weihwasser.

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