Es nervt. Da kommt ein Club daher, den keiner kennt, der keine Fans und keine Geschichte hat und spielt allererste Liga. Jeder weiß, daß es das Geld eines Milliardärs war, das dies ermöglichte. Geld kauft nämlich doch Tore, auch wenn das nicht immer funktioniert.
Ich habe lange darüber nachgedacht, ob es nicht sogar begrüßenswert ist, wenn Vereinen wie den Bayern einmal gezeigt wird, daß mit ausreichendem Geld jeder Erfolg kaufen kann. Hoffenheim hat ja nicht einmal die teuersten Spieler der Welt eingekauft, sondern nur erstklassiges Spielermaterial, das von einem ebenfalls gekauften Trainer-Team hervorragend eingestellt wird. Wo ist das Problem?
Daß es noch immer nervt, zum Beispiel. Wer will derart dreist vor Augen geführt bekommen, daß man sich nach oben kaufen kann, wo andere sich jahrelang abmühen? Der Sport, zuallererst der Fußball, ist längst ein Geschäft, in dem einige den Hals nicht voll bekommen können. Längst haben sich in vielen traditionsreichen Clubs Strukturen breitgemacht, die dem Gewinn dienen und parasitär von einem Jahrhundert Fußballkultur zehren.
Ist es angesichts dessen wirklich schlimm, wenn ein Milliardär seinem Noname-Club einen Platz in der Bundesliga kauft?
Ja, es ist, denn es könnte ein Dammbruch werden. Ein Ausverkauf der Clubs könnte daraus entstehen, ein Hype, der den Sport als Geschäft durch das vollends unsportliche Geschäft ablöst. Hoffenheims Besitzer Hopp spielt sich dabei selbst noch als Retter auf vor dem, was er womöglich gerade lostritt:
Wenn irgendwann mal ausländischen Investoren die Tür geöffnet wird in der Bundesliga und Leute kommen wie der Scheich aus Abu Dhabi, dann wird man vielleicht sagen: Wäre schön gewesen, wenn wir noch den einen oder anderen Hopp hätten.
Wir sind ja so dankbar! Wohin das führt, was Hopp da treibt, konnte man jahrelang in der Eishockey-Bundesliga/DEL sehen: Meisterschaften wurden von Clubs gewonnen, die in den Folgejahren nicht mehr aus dem Quark kamen, weil sie ihre Schulden abzahlen mußten – oder sie sind gleich ganz bankrott gegangen. Dabei ist im Eishockey nicht ein Minimum dessen zu holen, was im Fußball durch die Kassen fließt. Die DEL hat zwischenzeitlich sogar den Auf-und Abstieg abgeschafft, der finanziellen Planung wegen. Gerade in Zeiten, da Großinvestoren nicht wissen, wohin mit ihrem Geld, droht hier der totale Ausverkauf.
Von gekauften Siegen will Hopp freilich nichts wissen. Der Mann, der keine Betriebsräte braucht, ist ein Sympath ohne Vergleich und macht sich sogar Sorgen um seine Feinde: Die bösen Fans anderer Clubs. Er zeigt sie zwar an, zieht seine Anzeige aber mit großer Geste zurück, wenn sie sich “entschuldigen”. Er hat Verständnis für alle. Zum Beispiel für Leute, die ein Transparent mit der Aufschrift “Hoppe hoppe Reiter – wenn er fällt, dann schreit er” ins Stadion mitbringen wollen. Aber auch für den Club, der auf Hopps Drohgebärden gehorsam reagiert und die Leute damit nicht reinläßt:
Der DFB will wohl unterbinden, dass Leute im Stadion festgenommen werden müssen.”
Eine höchst interessante Ansicht von Strafrecht und Demokratie – und eine kaum verhohlene weitere Drohung.
Sein Pressesprecher läßt sich öffentliche Kritik schon gar nicht gefallen und boykottiert deswegen den “Tagesspiegel”.
So dreist ist nicht einmal Uli Hoeneß, und der hat Jahrzehnte gebraucht, um seine Arroganz auf den heutigen Stand zu bringen.
Nein, solche Privatclubs braucht kein Mensch, in keiner Liga der Welt. Es ist nur zu hoffen, daß der zu erwartende Niedergang des 1899 Hoffenheim sich ereignet, ehe das Beispiel Schule macht. Die zerstörerische Wirkung des Kapitalismus auf die Kultur muß gebremst werden – wahrlich nicht nur bei den Banken.