Thomas Knüwer berichtet über merkwürdige Anstrengungen der EU, Blogs quasi zu zertifizieren. Die Argumente, die für eine Kontrolle von Blogs angeführt werden, sind zum Teil abstrus und zeugen wie immer von grober Unkenntnis der Netzöffentlichkeit. Im Kern steht die Frage, ob Blogs eine Bedrohung darstellen. Was sie denn genau bedrohen sollen, wäre die Frage. Einen Hinweis gibt die Aussage:
…we do not see bloggers as a threat. They are in position, however, to considerably pollute cyberspace. We already have too much spam, misinformation and malicious intent in cyberspace“.
Die Vorstellung eines duch Blogs “beschmutzten” Internets will mir nicht recht gelingen. Allein der Begriff läßt nichts Gutes ahnen, impliziert er doch die Idee eines “sauberen” Internets und läßt nur die Folgerung zu, daß gesäubert werden soll. Das empfinde ich allemal als größere Bedrohung denn alle Hetzblogs zusammen.
Thomas Knüwer stellt in dem Zusammenhang die konsequente Frage, ob sich der Boulevardjournalismus nun “Sorgen machen” müsse, wenn “Prinzipientreue” abgefragt werden solle.
Überhaupt läßt sich (auch das ist üblich für solche Vorstöße) nicht erkennen, wo die Grenze zwischen Blogs und Journalismus verläuft, wer denn gemeint wäre und was das Ganze mit einer Öffentlichkeit zu tun hat, die nicht mehr in der Hand der Medienkonzerne wäre. Die Sorge sei, daß ausgrechnet Blogs Lobbyismus befördern könnten:
Bloggers cannot automatically be considered a threat, but imagine pressure groups, professional interests or any other groups using blogs to pass on their message. Blogs are powerful tools, they can represent an advance form of lobbyism, which in turn can be seen as a threat… any blogger representing or expressing more than their personal view should be affected by this report.
Selten so gelacht. Fehlt nur noch die Befürchtung, Blogger könnten ihre Leser überwachen.
Niedlich ist auch der Ansatz, die Aufrichtigkeit der Blogosphäre retten zu wollen, der die Öffentlichkeit so blind vertraut:
“I think the public is still very trusting towards blogs, it is still seen as sincere. And it should remain sincere. For that we need a quality mark, a disclosure of who is really writing and why.”
Mehr Unkenntnis der Wirklichkeit kann man kaum in paar Zeilen pressen. Ich denke vielmehr, die Öffentlichkeit schert sich bislang herzlich wenig um Blogs. Von “Vertrauen” zu sprechen, ist allgemein unsinnig und auf deutsche Verhältnisse angewandt die dümmst mögliche Behauptung. Auch hier der alte Quark: Der Zeitungsleser frißt, was das Papier hergibt, und nun sollen die armen Schäfchen vor den Raubtieren des Internets geschützt werden, die solche Naivität ausnutzen könntne. Ahnungslos, dumm oder verlogen? Eine akademische Frage.
Und natürlich auch wieder die schreckliche Drohung der anonymen Schmierfinken, die das Handwerk der ehrlichen Journalisten nutzen, um Übles zu verbreiten. “Wer schreibt da wirklich und warum”? Ja, wer puzzelt die Agenturmeldungen zusammen, und verdreht Fakten? Wer zahlt dafür? Welche Anzeigenkunden, welcher Verleger, welche Redakteure nehmen Einfluß und warum? Fragen, die der professionelle Journalismus mit unerschütterllicher Transparenz täglich auf die Titelseiten hievt.
Warum schreiben Blogger? Was sind ihre Motive? Es läßt sich, ganz einfach und offen, in ihren Artikeln lesen. Sie tun es, weil sie sagen, was sie sagen wollen. Niemand hindert sie daran. Das gilt für rechtsradikale Drecksäcke ebenso wie für Katzenblogger und Hobbyjournalisten. Wer auf einen gekauften Blogger nicht tausend korrumpierte Journalisten findet, hat sie nie gesucht. Selbst, letztere hinweg säubern zu wollen, wäre das Ende der Meinungsfreiheit. Ausgerechnet Blogger mit diesem Firlefanz zu terrorisieren, läuft auf das generelle Verbot von Meinungen hinaus.