Was haben sie sich für eine Mühe gegeben, uns weiszumachen, dass Internetsperren nur gegen Kindermörder und Säuglingsvergewaltiger installiert werden sollten. Dazu wurden die absurdesten Reden geschwungen und alle Register der Gruselliteratur gezogen. Inzwischen, da man festgestellt hat, wie nutzlos das ist, ist keine Rede mehr davon. Statdessen sollen so furchtbare Verbrechen verfolgt werden wie Glücksspiele. Da hört sich ja doch alles auf, und der Eingriff in die Grundrechte darf als allgemein gerechtfertigt gelten.

Es bleibt die Melange aus völliger Ahnungslosigkeit, Lust an sinnloser Repression und natürlich einer stramm kapitalistischen Grundhaltung. Denn das einzig rationale an dem Ansatz, Netzsperren gegen Sportwetten einzurichten, ist die berechtigte Aussicht, damit ein Geschäft zu beeinträchtigen. Nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel fragt da freilich niemand mehr. Dass die Grünen, die sich fleißig an der “Diskussion” darüber ebenso beteiligen wie an der zuständigen Landesregierung, zeigt einmal mehr, wie weit sie bereits Teil der “Mitte” geworden sind, die irgendwann kollektiv über den rechten Rand aus dem Rechtsstaat kippt.

Rechts raus aus dem Rechtsstaat

Ein Bild des Elends ist diese Republik, und die FR gibt sich leider immer öfter Mühe, sich dem Niveau anzupassen. Dort darf Guido Westerwelle seine gesamte Inkompetenz in die Waagschale werfen und unter dem Brechreiz erregenden Großweisheit “kein Rechtsfreier Raum” über eine “Cyber-Außenpolitik” delirieren. Um zu unterstreichen, dass die FR für ihre Leser knallhart recherchiert, erfahren diese aber immerhin: “Guido Westerwelle ist deutscher Außenminister.” Hatten wir tatsächlich schon vergessen.

sotpglck

Der ist also Fachmann für “Cyber-Attacken“, “Wettrüsten im Cyberraum“, “Cyberkrieg-Szenarien” und “Cybersicherheit“, weswegen er einen “Stab für Cyber-Außenpolitik eingerichtet” hat. Wenigstens Cyber-, mag sich der eine oder andere denken. Wäre in all dem Gecyber bloß irgend ein Inhalt zu finden. Was aber anhebt mit “Der demokratische Aufbruch in Nordafrika ist ein Triumph des Freiheitswillens der Menschen” und dröhnend verschweigt, dass die Völker sich gerade gegen genau die Oligarchie erheben, die der FDP als Paradies gilt, endet nicht zufällig in dem Phrasenkonzentrat: “Wir sollten das Internet als einen internationalen Raum der Freiheit und der Sicherheit gestalten – zum Wohle aller.” “Raum der Sicherheit” – Ein Schelm, wer dabei an Knast denkt.

Gecyber und Phrasenkonzentrat

Oft genug wurde hier darauf verwiesen, dass die Freiheit à la FDP ausdrücklich die des ungehemmten Erwerbs und streng geschützten Privateigentums ist. Die Freiheit des Netzes muss dafür nicht erfunden werden. Das Internet ist frei oder zensuriert, dazwischen liegt eine einfache Entscheidung. Wer “Netzsperren” will, braucht Zensur-Infrastruktur. Das ist dann das Ende der Freiheit.

Das dumme Märchen vom “rechtsfreien Raum” bleibt ein Trugbild für Law and Order-Anhänger, die schon mit der rechten Maustaste überfordert sind. Es geht überhaupt nicht ums Recht, das täglich tausendfach in Form von Abmahnungen, Klagen und Anklagen praktiziert wird. Es geht um die Mittel, solches ‘Recht’ durchzusetzen. Und die Frage nach der Grenze, an der das Recht der Willkür unterworfen wird.

„Netzsperren gegen Glücksspiel“, das klingt banal und irrelevant, aber darin besteht ein ernster Angriff auf die Bürgerrechte. Ironischerweise droht damit der staatliche Zugriff auf das Netz tatsächlich “rechtsfrei” zu werden. Frei von rechtsstaatlichen Prinzipien.