Es ist so eine Sache mit der Demokratie. Der eine hält sie für ein vorgeschobenes Vehikel, hinter dem es sich hinterlistig herrschen lässt, für den anderen ist es die vielleicht beste Staatsform der Welt. Ähnlich verhält es sich mit dem Rechtsstaat. Für manche ist er ein Instrument der Rechten und Reichen, wieder andere sehen darin den Kern einer gerechten Gesellschaft.

pflasterMancher Leser mag das nicht ganz glauben, aber die hier zumeist gepflegte Perspektive ist alles andere als naiv. Oft macht es den Eindruck, als werde hier das Zerrbild einer Demokratie einfach durchgepaust und so getan, als sei nicht völlig unmöglich, was da als Ziel der Veranstaltung ausgegeben wird. Die bürgerliche Demokratie eine friedliche gerechte Gesellschaft? Wie dumm ist das denn?

Radikale Zweifler und Aktivisten wissen es besser: Da ist nichts zu retten. Das kann bestenfalls zerstört werden in der Hoffnung auf etwas Neues. Dann tritt prompt der Konterrevolutionär auf den Plan, doziert, so werde alles nur noch schlimmer und fragt scheinheilig, wohin genau der Aufstand führen soll?

Bequemlichkeiten

Es erscheint bequem. Es scheint, als verweigere sich der Lampenputzer kampfhaft der radikalen Veränderung. Wie bequem ist es andererseits, einfach dagegen zu sein und die eigene Unfähigkeit zur Veränderung denen anzulasten, die sie nicht leugnen? Was ist das für ein Umgang mit der Ohnmacht, sie anderen Ohnmächtigen vorzuwerfen?

Es ist egal, wo man beginnt, eine Utopie zu formulieren. Es spielt keine Rolle, wo man mit der Kritik beginnt, wenn sie grundlegend ist. Und es ist eine wirksame Methode, Kritik als Utopie zu formulieren. Sie darf sogar illusorisch sein, und zwar umso mehr, je naiver sie die Versprechen der ‘Demokraten’ ernst nimmt.

Wie der brave Soldat Schwejk die Befehle wörtlich genommen hat, so ist es ein Mittel drastischer Kritik, die Preisungen der Demokratie und ihrer ‘sozialen Marktwirtschaft’ wörtlich zu nehmen. Zurecht wird hier immer wieder in den Kommentaren darauf hingewiesen, welch ein Unterschied herrscht zwischen Theorie und Praxis. Das ist Analyse live in stetiger Aktualisierung. Die kann auch ganz schön fad werden, aber wir sind ja nicht zum Spaß hier.

Trottelige Gutgläubigkeit

Noch naiver erscheint die Ergänzung der schon trotteligen Gutgläubigkeit durch Vorschläge, wie man das Ganze vielleicht verbessern könnte. Das, was längst entlarvt wurde als ungerecht, undemokratisch, korrupt und verlogen. Was nützt es, angesichts dessen schlaue Vorschläge zu machen? Ein bisschen anders Besteuern hier, ein wenig Justizreform da, ein paar Euro mehr für die Bedürftigen, was würde das ändern am System?

RLFWenig bis nichts. Dennoch würde es das Leben sichtbar verändern. Schon kleine Veränderungen im Rahmen der gegebenen Ordnung könnten entscheidende Erleichterung bedeuten für alle diejenigen, die sich nicht einfach kaufen können, was und wen sie brauchen. Millionen Menschen hätten wieder eine Vorstellung davon, dass Würde mehr ist als ein komischer Begriff im Grundgesetz. Die Vorstellung von Gerechtigkeit ließe sich wieder mit Politik in Verbindung bringen. Es wäre ein Leichtes, dies legal und ohne große Umwälzungen zu erreichen.

Es wird dennoch nicht getan. Darum schreibe ich darüber. Deshalb zeige ich das anhand konkreter und aktueller Ereignisse und Entscheidungen. Das ist das Zerrbild, das eine Demokratie abgibt, wenn deren “Vertreter” sie beschreiben und man dem einen Blick aus dem Fenster entgegen hält. Was daraus folgt, darüber habe ich nicht zu befinden. Dass daraus etwas folgen muss, das ist die Nachricht.