Sicher werden die meisten bereits vom neuen JMSTV gehört haben, jenem “Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz“, mit dem sich die politische Elite in diesem Land wieder einmal eine Kugel gibt. Dass die mitten durchs Hirn pfeift und hinten wieder austritt, ist deren Glück. Das beeinträchtigt nicht weiter und führt nicht einmal zu Gewichtszunahme.

Über den Staatsvertrag, dem von allen Bundesländern zugestimmt werden muss, ist eine Menge zu sagen, ich will mich inhaltlich aufs Gröbste beschränken. Grobe Beschränkung ist ja auch in jeder Hinsicht der Kern der Sache:

18Es geht vordergründig darum, Angeboten im Internet einen Stempel aufzudrücken, anhand dessen man ersehen kann, für welche Altersgruppe die jeweiligen Angebote noch geeignet sind. Es werden bürokratische Auflagen gemacht, die ggf. mit Aufwand und Kosten verbunden sein werden und sich somit einmal mehr an kommerziellen Angeboten orientieren. Dem Ganzen liegt die Ansicht zugrunde, Internet sei auch bloß Fernsehen, und – ‘das ist Deutschland hier’ – um 22 Uhr schicken wir die Kinder ins Bett.

Dimensionen der Inkompetenz

Konkret: Alle Inhalte von Webangeboten müssen künftig mit einer Altersfreigabe gekennzeichnet werden und dürfen z.T. erst ab 22 Uhr online gestellt werden. Dies ist keine Übung. No Joke.
Obendrein muss ein “Jugendschutzbeauftragter” benannt werden, der im Impressum angegeben wird. Kommentare dazu gibt es bereits reichlich (Blogger bitte hier entlang), ich schließe mich dem Tenor an und stelle fest: Die Dimensionen der Inkompetenz unseres Staatsrats haben wieder einmal jedes Plansoll übererfüllt.

Was einem aber endgültig den Kaffee aus der Tasse haut, ist das Verfahren, mit dem dieser Schwachsinn durch die Länderparlamente geprügelt wird bzw. die verlogene Waschlappenmentalität, mit der die Parteien da auftreten. Wohl wissend, dass ihnen jeder halbwegs orientierte Bürger diesen Mist am liebsten um die Ohren hauen würde, bilden sie einen Kreis. In dem glaubt dann jeder, er könne sich hinter dem Vordermann verstecken, und wenn alle umfallen, ließe sich nicht mehr feststellen, wer dafür verantwortlich ist.

Einige Beispiele: In Berlin machen die Grünen eine große Welle gegen das Gesetz, während die Linke, die überall sonst dagegen ist, dort nicht gegen den JMSTV stimmt – sie habe es dem regierenden OB Wowereit halt versprochen. Im Saarland stimmt die komplette Regierung aus CDU,FDP und FDP2 (Ulrichs Grüne) dafür, obwohl die Grünen ja eigentlich dagegen sind und die FDP auch. Die allerdings auch nur dort, wo sie nicht regiert, zum Beispiel in NRW.

Der Wahnsinn steht am Steuer

jagdHier wird der Landtag gleich komplett mit Gummi ausgekleidet, der Wahnsinn steht am Steuer und hält kichernd aufs Riff zu: Die Minderleistregierung aus SPD und Grünen will sich enthalten! “Nicht-Zustimmung” nennen die grünen Mitmacher das, wenn man der CDU-Restmehrheit die Zustimmung zum JMSTV überlässt. Dann sind die schuld. Breitmaulfrösche? Hier gibt es keine Breitmaulfrösche!

In Schleswig-Holstein hat immerhin ein pfiffiger Bürokrat, vermutlich AStA-gestählt, für eine Ablehnung der Novelle im zuständigen Ausschuss gesorgt – gegen die Regierungsmehrheit. Ob das einen Einfluss auf die Entscheidung hat? Wohl kaum.

Wir steuern also auf eine bundesweit geltende Regelung mit fataler Wirkung zu, die endlich wirklich niemand gewollt haben wird, die Bürger sowieso nicht, die Fachleute nicht und die Hampelmänner in den Parlamenten auch nicht. Sie berufen sich diesmal auf Zwänge, deren Urheber ihnen völlig unbekannt sind. Eine kollektive Neurose offenbar.

Die anderen dürfen raten oder warten, bis irgendwer leakt, wessen Geisterhand die Strippen da zieht, wer also die Urheberrechte hat am zwanghaften Handheben der psychisch zerrütteten politischen Handlanger. Und bei den nächsten Wahlen wieder diejenigen an die Tröge wählen, die nicht nur dokumentieren, dass sie nicht wissen, was sie tun. Sie tun inzwischen nicht einmal mehr, was sie angeblich wollen.