Nachdem wohl aus Krankheits-und Urlaubsgründen zuletzt bei Spiegel Online einige recht vernünftige Artikel erschienen waren, reiten heute wieder die desorientierten Amerikajünger in die Schranken und schreiten Seit’ an Seit’ mit George Ihrwißtschon in den kalten Krieg. Es gibt ja reichlich Gründe, Putin an den Frack zu urinieren, und es ist fürwahr erbärmlich, wie er seinen nuklearen Schwanzersatz präsentiert. Das kann aber kein Grund sein, den Amoklauf des Texaners zu bagatellisieren, die Tatsachen zu verdrehen und so zu tun, als sei es quasi Bush, der uns vor Putin schützen müßte.
Der Artikel ist kaum kaschierte Propaganda: Erst wird der böse Russe aufgebauscht wie weiland bei Springers:
Bellizistischer Tonfall” (was ist das?), “eiskalte Miene“, “martialische Sprache“, “Drehbuch [...] der Sowjetzeit” ,”Drohpotential der Sowjetunion” ,”autoerotische Großmachtfantasien“, “Anti-Amerikanismus zur einzigen Leitidee erkoren“.
Und nachdem also jeder weiß, mit welchem wahnsinnigen Verbrecher man es da zu tun hat, kommt der Salto mortale:
Am Vorabend hatte sich US-Präsident George W. Bush zu Wort gemeldet und von den Gefahren eines “Dritten Weltkriegs” gewarnt. Adressat war Wladimir Putin, der mit seiner Stippvisite in Teheran Anfang der Woche Mahmud Ahmadinedschad international aufgewertet hatte.”
Während der Bellizist Putin eiskalt drohend martialisch seine antiamerikanische Autoerotik nach Sowjetart betreibt, schwebt der amerikanische Präsident anmutig vor das Volk, “meldet sich zu Wort” und “warnt“.
Wen will SpOn mit diesem Hütchenspielertrick für spielsüchtige Blinde vereimern? Jeder halbwegs politisch interessierte Mensch hat gestern einen besoffenen Gnom sehen können, der in vollem ernst vom Dritten Weltkrieg faselte. Putin hat heute eine Antwort darauf gegeben. Dankbar nahm er die Gelegenheit wahr, sich als starken Widerpart des irren Aggressors aus Texas zu präsentieren. So wird ein Schuh draus. Aber halbwegs politisch Interessierte sind offenbar nicht mehr die Zielgruppe von Austs Gurkentruppe. SpOn setzt auf Deppen. Vermutlich, weil es so viele sind.