bruecke2 Was Eon-Chef Teyssen im Interview mit der FAZ an Riefenstahl-Rhetorik auffährt, um die Geldgier der Stromkonzerne zu kaschieren, verursacht spontanen Rückenmarksschwund. Die Propagandalyrik von der “großen Brücke” verzichtet auf keinen pompösen Tusch, für Inhalt war danach leider kein Platz mehr. Allein der verquaste Anspruch “alte und neue Energiewelten” zu verbinden, ist schon lächerlich. Da gibt es nichts zu verbinden, da gehört etwas schlicht abgeschaltet.

Was “neu” sein soll in Teyssens Wunderwelt der Monumente, beschränkt sich folgerichtig auf “Desertec“, ein Irrsinnsprojekt zur Gewinnung von Sonnenenergie in einer gigantischen Anlage. Er vergißt selbstverständlich zu erwähnen, daß nur die Monopole solche Anlagen bauen können. Und natürlich, daß kleine dezentrale Anlagen alle Vorteile auf ihrer Seite hätten. An denen verdient er bloß nichts.

Mal kurz zum Text:

Bundeskanzlerin Merkel hat als Bild für das neue Energiekonzept die Brücke zwischen alter und neuer Energiewelt benannt. Mich überzeugt dieses Bild. Brücken gehören zu den anspruchsvollsten Ingenieurleistungen, benötigen feste und tragfähige Pfeiler diesseits und jenseits eines Tals. Zudem basieren sie auf klugen und realistischen Berechnungen über ihre Tragfähigkeit und ruhen niemals auf bloßen Visionen oder Hoffnungen.”

Brücken. Anspruchsvolle Ingenieurleistungen. Aha. Und ich dachte, die Dinger werden seit Jahrtausenden gebaut und sind inzwischen nicht mehr ganz so der technische Hype.
Kluge und realistische Berechnung? Was ist “klug” an einer Berechnung? Die ist richtig oder falsch, gelle. Es könnte höchstens passieren, daß aus Kostengründen ein anderes Material verwendet wird als veranschlagt. So etwas soll vorkommen, unter anderem auch in Atomkraftwerken. Daß Mathematik und Physik überdies nicht auf “Visionen oder Hoffnungen” “ruhen” – beruhen wäre wohl das richtige Verb – haut mich jetzt glatt aus den Socken.

Laberlyrik, eine Definition von “Blabla”

Dummes Geschwätz. Für die Energieversorgung brauche ich keine Laberlyrik, sondern genügend Strom. Der ist auch dann da, wenn die AKWs morgen abgeschaltet werden. Die rhetorischen Rauchbomben sind bitter nötig, wenn uns einer weismachen will, es sei richtungweisend, Europa aus afrikanischen Großanlagen mit Strom zu versorgen. Man muß nämlich schon heftig vor den Pfeiler gerannt sein, um diesen Mumpitz zu glauben.
Garniert wird dieses schmackhafte Menü mit Kleister aus der neoliberalen Restetonne:

Schließlich müssen die Kosten der Energieproduktion aus neuen Quellen massiv gesenkt werden, damit der Standort Deutschland auch morgen noch für die deutsche Industrie und unseren Mittelstand wettbewerbsfähig in der Welt bleibt“.

Wer eine Definition von “Blabla” braucht – Voilà!

Eine “gewaltige neue Brücke” braucht er also, der Herr Teyssen, wo andere sich mit kleinen, aber effektiven Kraftwerken begnügen. Im Verhältnis zu dem ganzen “Boah-ey-Riesenbrücke”-Film erweist sich der Teil, bei dem es um den Kern der Sache geht, als bedauernswert mickrig. Lediglich ein Halbsätzchen, eine einzige Randbemerkung fällt dazu, die aber spricht Bände:

keine Stilllegungsdrohung, sondern schlichtes betriebswirtschaftliches Kalkül

sei die Drohung, alle AKWs abzuschalten. Leider kracht die Brücke an dieser Stelle nicht ein und fällt ihrem dilettierenden Architekten auf den Kopf. Ein einziges Schwadronieren um goldene Zeitalter, blühende Welten, kluge Techniker, Verantwortung und dergleichen, wenn es aber um die Moppen geht, ist ganz schnell Schluß mit Triumphbogen.

Ein umfassendes Beispiel von Phrasen-PR

Und als wollte er uns ein umfassendes Beispiel davon geben, wie Phrasen-PR geht, wartet der Propagandachef am Schluß mit einem Klassiker zum Dessert auf, einer Crême d’Air quasi, geschlagen aus purer heißer Luft mit dem eisernen Willen zur Verdummung:

Die jüngsten Gutachten anerkannter Rechtsexperten belegen, dass eine reine Laufzeitverlängerung unabhängig von der Jahreszahl allein Sache des Bundestages ist.”

Jüngste Gutachten – als sei das ein Qualitätsmerkmal. Es handelt sich vermutlich um solche, die noch niemand überprüfen konnte. Vielleicht sind sie ja noch gar nicht fertig?
Anerkannte Rechtsexperten’ heißt was? Daß sie wirklich Jura studiert haben? Daß er mit denen schon mal einen gehoben hat? Haben die auch Namen?

brueckeDaß selbst das Pfeifen im Walde noch im öligen Genäsel des Gebrauchtwagenhändlers daherkommt, würde mich zutiefst beunruhigen, hielte ich Aktien von diesem Verein. Werner Sturbeck, der das Interview geführt hat, scheint hingegen taub zu sein oder sonstwie über Schmerzen erhaben. Wie schafft man es sonst, sich den kompletten Text live anzuhören, ohne jeden Anflug von Widerstand?