Es geht meilenweit am Problem vorbei, wenn man nur die falschen Zahlen vieler Neoliberaler korrigiert, mit denen sie ihre Diskriminierung sogenannter “Leistungsempfänger” untermauern. Es muß leider, quasi als Gegenfeuer, dauernd wiederholt werden, daß niemand “enteignet” wird, wenn Menschen, die nicht die Möglichkeit finden, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, alimentiert werden. Es muß wiederholt werden, wie infam es ist, mit Stereotypen von faulen versoffenen Nichtsnutzen die Lage der Verlierer in der “Marktwirtschaft” ihnen selbst als Schuld anzulasten, die sie zu büßen hätten.

Die Hauptaufgabe besteht viemehr darin, deutlich zu machen, daß der Reichtum, den die Menschheit durch die Unterwerfung der Natur errungen hat, zumindest soweit gerecht verteilt werden muß, daß ein Leben ohne Hunger und Depression für alle möglich wird. Die Frage, wie möglichst viele ihren Beitrag zum Aufbau und Erhalt der Zivilisation leisten können, ist in diesem Zusammenhang völlig nachrangig. Die Technik ist längst so weit fortgeschritten, daß Erwerbsarbeit für alle unmöglich geworden ist. Dabei ist die Automation noch lange nicht an ihrem Ende angelangt. Wie sollte wohl der Reichtum verteilt werden, wenn es eines Tages nur noch eines kleinen Bruchteils der Menschheit bedarf, um ein gutes Auskommen zu haben? Sicher nicht durch eine “Freiheit”, die in schierem Eigentum besteht.

Der ungleiche Meinungskrieg darum, wer sein Leben “verdient” und wer nicht, ist alles andere als neu. Ein Blick in die junge Vergangenheit zeigt, was dabei herauskäme, wenn die Blütenträume derer, die den Faulpelzen Beine machen wollen, wahr würde. Das gab es nämlich schon.
John Steinbeck etwa hat in “Früchte des Zorns” beschrieben, wie zwischen den Weltkriegen in den USA Millionen auf der Suche nach Arbeit gestrandet sind, wie die verzweifelt Fleißigen aufgenommen wurden und als menschlicher Dreck behandelt wurden.

Hoovervilles hießen die Siedlungen, in denen sich die Vertriebenen sammelten, die ihr Land nicht mehr bewirtschaften konnten, weil es nichts mehr hergab oder von denen okkupiert wurden, die sich große Landmaschinen leisten konnten. Sie hausten dort neben Wanderarbeitern, die fernab der Heimat zu überleben versuchten.

Diese Hoovervilles wurden regelmäßig in Brand gesteckt, um die “Parasiten” loszuwerden, die am Reichtum der Landstriche teilhaben wollten, in denen es noch etwas Besseres gab als den Tod. Die Eigentumsstrukturen waren durchaus vergleichbar mit den heutigen, die Mittel zu deren Sicherung freilich durchaus brutaler.
Die wandernden Hungerleider, die sich organisieren wollten, galten allesamt als “Rote”, “Kommunisten” und “Aufwiegler”. Die Staatsmacht und private Schlägertrupps setzten Hand in Hand alles daran, daß das Elend nicht zu gravierenden Veränderungen der Gesellschaftsstrukturen führte – oben, versteht sich, denn der weiße Unterschichts-Amerikaner sah sich längst in einer Lage, in der von “Gesellschaftsstruktur” kaum mehr die Rede sein konnte.

Wer so weit gesunken war und das nicht als gottgegebenes Schicksal hinnahm, hatte nicht nur Hunger und Krankheit zum Feind, sondern auch die (un)menschliche Gesellschaft. Selbst die Leidensgenossen waren sehr darauf bedacht, nicht zurecht als revolutionäres Pack identifiziert zu werden. Sie wollten nicht die Schuld auf sich laden, Umstürzler zu sein und dafür bestraft zu werden. Daher richtete sich ihr Zorn ausgerechnet gegen diejenigen, die für ihre ureigene Sache kämpften, und sei es noch so zaghaft gewesen.

Die Analogien sind zu offenbar, selbst in einem Land, das vor Reichtum kaum laufen kann. Man sollte beinahe befürworten, was die widerlichsten Propagandisten des Neoliberalismus fordern:
Schickt die Arbeitslosen auf die Reise durch die Republik, setzt sie alle in Bewegung. Schaut euch an, was dabei herauskommt, wenn sie alle sich eine Arbeit suchen müssen, weil sie sonst nichts mehr zu beißen haben. Wenn sie nicht mehr in Depression und falschem Unterschichts-Stolz daheim hocken und sich am Kiosk laut lamentierend die Birne weg saufen. Ihr würdet euch nach den Zeiten zurücksehnen, in denen sie euch friedlich auf der Tasche lagen – und würdet immer noch nichts gelernt haben.