Es geht meilenweit am Problem vorbei, wenn man nur die falschen Zahlen vieler Neoliberaler korrigiert, mit denen sie ihre Diskriminierung sogenannter “Leistungsempfänger” untermauern. Es muß leider, quasi als Gegenfeuer, dauernd wiederholt werden, daß niemand “enteignet” wird, wenn Menschen, die nicht die Möglichkeit finden, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, alimentiert werden. Es muß wiederholt werden, wie infam es ist, mit Stereotypen von faulen versoffenen Nichtsnutzen die Lage der Verlierer in der “Marktwirtschaft” ihnen selbst als Schuld anzulasten, die sie zu büßen hätten.
Die Hauptaufgabe besteht viemehr darin, deutlich zu machen, daß der Reichtum, den die Menschheit durch die Unterwerfung der Natur errungen hat, zumindest soweit gerecht verteilt werden muß, daß ein Leben ohne Hunger und Depression für alle möglich wird. Die Frage, wie möglichst viele ihren Beitrag zum Aufbau und Erhalt der Zivilisation leisten können, ist in diesem Zusammenhang völlig nachrangig. Die Technik ist längst so weit fortgeschritten, daß Erwerbsarbeit für alle unmöglich geworden ist. Dabei ist die Automation noch lange nicht an ihrem Ende angelangt. Wie sollte wohl der Reichtum verteilt werden, wenn es eines Tages nur noch eines kleinen Bruchteils der Menschheit bedarf, um ein gutes Auskommen zu haben? Sicher nicht durch eine “Freiheit”, die in schierem Eigentum besteht.
Der ungleiche Meinungskrieg darum, wer sein Leben “verdient” und wer nicht, ist alles andere als neu. Ein Blick in die junge Vergangenheit zeigt, was dabei herauskäme, wenn die Blütenträume derer, die den Faulpelzen Beine machen wollen, wahr würde. Das gab es nämlich schon.
John Steinbeck etwa hat in “Früchte des Zorns” beschrieben, wie zwischen den Weltkriegen in den USA Millionen auf der Suche nach Arbeit gestrandet sind, wie die verzweifelt Fleißigen aufgenommen wurden und als menschlicher Dreck behandelt wurden.
Hoovervilles hießen die Siedlungen, in denen sich die Vertriebenen sammelten, die ihr Land nicht mehr bewirtschaften konnten, weil es nichts mehr hergab oder von denen okkupiert wurden, die sich große Landmaschinen leisten konnten. Sie hausten dort neben Wanderarbeitern, die fernab der Heimat zu überleben versuchten.
Diese Hoovervilles wurden regelmäßig in Brand gesteckt, um die “Parasiten” loszuwerden, die am Reichtum der Landstriche teilhaben wollten, in denen es noch etwas Besseres gab als den Tod. Die Eigentumsstrukturen waren durchaus vergleichbar mit den heutigen, die Mittel zu deren Sicherung freilich durchaus brutaler.
Die wandernden Hungerleider, die sich organisieren wollten, galten allesamt als “Rote”, “Kommunisten” und “Aufwiegler”. Die Staatsmacht und private Schlägertrupps setzten Hand in Hand alles daran, daß das Elend nicht zu gravierenden Veränderungen der Gesellschaftsstrukturen führte – oben, versteht sich, denn der weiße Unterschichts-Amerikaner sah sich längst in einer Lage, in der von “Gesellschaftsstruktur” kaum mehr die Rede sein konnte.
Wer so weit gesunken war und das nicht als gottgegebenes Schicksal hinnahm, hatte nicht nur Hunger und Krankheit zum Feind, sondern auch die (un)menschliche Gesellschaft. Selbst die Leidensgenossen waren sehr darauf bedacht, nicht zurecht als revolutionäres Pack identifiziert zu werden. Sie wollten nicht die Schuld auf sich laden, Umstürzler zu sein und dafür bestraft zu werden. Daher richtete sich ihr Zorn ausgerechnet gegen diejenigen, die für ihre ureigene Sache kämpften, und sei es noch so zaghaft gewesen.
Die Analogien sind zu offenbar, selbst in einem Land, das vor Reichtum kaum laufen kann. Man sollte beinahe befürworten, was die widerlichsten Propagandisten des Neoliberalismus fordern:
Schickt die Arbeitslosen auf die Reise durch die Republik, setzt sie alle in Bewegung. Schaut euch an, was dabei herauskommt, wenn sie alle sich eine Arbeit suchen müssen, weil sie sonst nichts mehr zu beißen haben. Wenn sie nicht mehr in Depression und falschem Unterschichts-Stolz daheim hocken und sich am Kiosk laut lamentierend die Birne weg saufen. Ihr würdet euch nach den Zeiten zurücksehnen, in denen sie euch friedlich auf der Tasche lagen – und würdet immer noch nichts gelernt haben.
Februar 19th, 2010 at 01:10
Ja, die Automation wäre in der Lage, die notwendige Arbeitszeit drastisch zu reduzieren, und allen Menschen eine großzügige Versorgung zu gewährleisten. Doch dies würde kollidieren mit kapitalistischen Ausbeutungs- und VErwertungsinteressen und mit der Aufrechterhaltung und Stabilisierung des bestehenden gesellschaftlichen Herrschaftssystems.
Februar 19th, 2010 at 01:19
Das denke ich auch.
Lasst das Pack verrotten!
Auf solchem Boden keimt es am besten…
Februar 19th, 2010 at 01:37
@flatter
“Es geht meilenweit am Problem vorbei, wenn man nur die falschen Zahlen vieler Neoliberaler korrigiert, mit denen sie ihre Diskriminierung sogenannter “Leistungsempfänger” untermauern. Es muß leider, quasi als Gegenfeuer, dauernd wiederholt werden, daß niemand “enteignet” wird, wenn Menschen, die nicht die Möglichkeit finden, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, alimentiert werden. Es muß wiederholt werden, wie infam es ist, mit Stereotypen von faulen versoffenen Nichtsnutzen die Lage der Verlierer in der “Marktwirtschaft” ihnen selbst als Schuld anzulasten, die sie zu büßen hätten.”
Was ja leider auch gerne vergessen wird, die Millionen “Leistungsträger” die aufgrund des Fehlens, bzw. im derzeitigen Gesellschaftssystem nicht finanzierbarer, produktiver Arbeitsplätze dazu gezwungen sind sich bei Callcentern, Anwaltskanzleien, PR-Agenturen, als Mietwissenschaftler oder selbstständiger Schelmexperte, geistig-moralisch zu prostituieren bzw. sich parasitär an seinen Mitmenschen gesundzustoßen und gewissermaßen zu anti-wertschöpfung “gezwungen” sind.
Von den negativen Folgen der totalen Ökonomisierung aller Lebensbereiche auf die funktionale Differenzierung der Gesellschaft selbst, infolge von Vertrauensverlust durch sich prosystemisch verhaltender Homo Ökonomikus, ganz abgesehen.
Februar 19th, 2010 at 05:57
@flatter
Warts nur ab.
Die Abfackelung von “Sozialschmarotzerunterkuenften” wird naechste Woche glatt vom Bundesbeauftragten fuer Staatrettung und Leistungstraegerschutz (Aussenminister im Nebenamt) in einer seiner aufruettelnden Ruckreden gefordert.
Februar 19th, 2010 at 06:04
“Diese Hoovervilles wurden regelmäßig in Brand gesteckt, um die “Parasiten” loszuwerden, die am Reichtum der Landstriche teilhaben wollten, in denen es noch etwas Besseres gab als den Tod. Die Eigentumsstrukturen waren durchaus vergleichbar mit den heutigen, die Mittel zu deren Sicherung freilich durchaus brutaler.”
Kann man so sehen, muss man aber nicht. Heutzutage sind die Mittel genau so brutal, sie sind nur in Neusprech gewandet, heimtückisch und hinterfotzig in ihrer Wirkung und erscheinen so harmloser und absolutionsfähig. Die ständige Betonung so genannter “Wahrheiten, die es mutig auszusprechen gilt” verdeckt die eigentliche Brutalität. Die Folge ist nämlich immer brutal: Menschen werden zerstört, wobei es für mich keinen Unterschied macht, ob tatsächlich physisch oder eben psychisch.
Noch brennen die Hütten nicht, aber ist das noch nötig?
Februar 19th, 2010 at 09:37
“Die Technik ist längst so weit fortgeschritten, daß Erwerbsarbeit für alle unmöglich geworden ist. Dabei ist die Automation noch lange nicht an ihrem Ende angelangt.”
Ich kann mich dem ersten Kommentar von Markus nur anschliessen. Darüber hinaus kollidiert aber eben auch die ‘Alimentierung’ zunehmend mit diesen Verwertungsinteressen, es schmälert die durch fortschreitende Produktivität und hohen Kapitaleinsatz ohnehin bereits im ‘tendenziellen Fall’ befindlichen Profitraten nur noch weiter, da die Alimente aus dem ‘Gesamtmehrwert’ bezahlt werden müssen. Wer dennoch – und natürlich völlig zu Recht – das ‘gute Leben’ für alle fordert, fordert und fördert damit gleichzeitig auch das Ableben von Marktwirtschaft und Kapitalismus. Und das wissen auch die ‘Neoliberalen’…
Februar 19th, 2010 at 10:50
Mir persönlich stoesst es ein wenig sauer auf, wenn Menschen wie ich, die ein kleines Unternehmen haben und noch keinen Porsche vor der Tuer, irgendwie unterschwellig als Ausbeuter und Kapitalisten deklassiert werden.
Nicht jedes Unternehmen hat die Moeglichkeiten wie BOSCH, OPEL und Co…
Aufgrund der fortschreitenden Automation, die zweifelsfrei sehr gut ist und unsere Lebenserwartung dankbarerweise verdoppelt hat in den letzten hundert Jahren, sollte das Steuersystem von Selbstversorgung endlich auf Fremdversorgung umgestellt werden.
Nur alleine die Grundsteuer und die Sektsteuer sind doch Paradebeispiele fuer die bitter notwendige Reformierung…
Februar 19th, 2010 at 11:26
@ stephan
Also, ohne dich beleidigen zu wollen, aber mir stößt es ein wenig sauer auf, dass es bei dir klingt, als sei der Unterschied zwischen dir als kleinem Unternehmer und den “Großen” nur der Mangel an Möglichkeiten deinerseits.
Man stellt sich moralisch wohl kaum besser, wenn man zwar gerne würde, aber halt bloss nicht kann.
Naja, vielleicht war es ja nur unglücklich formuliert deinerseits, man sollte wohl über jeden Unternehmer dankbar sein, der wenigstens ein Interesse hat, sich politisch abseits der Massenmedien zu informieren.
Und meiner Meinung nach wäre es nicht viel mehr als ein Pflaster auf einem Bauchschuss, wenn man etwas an den Steuerschrauben drehen würde.
Februar 19th, 2010 at 11:39
@stephan: Ich kann anhend des Artikels nicht erkennen, wo da Kleinunternehmer als Ausbeuter deklassiert werden. Die “Ich-AGs” waren übrig auch Kleinstunternehmer.
Ich versuche hier deutlich zu machen, wie das System funktioniert. Und was uns auf der anderen Seite vorgemacht wird.
Februar 19th, 2010 at 11:47
Wow, die Artikel gestern und heute. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, immer noch eine Steigerung möglich. Worte wie Silberkugeln gegen das neoliberale Vampirgeschmeiss. Kann denn niemand flatter zu einer größeren Plattform verhelfen. Vielleicht kommt ihm ja aber auch noch selbst die Idee, eine gezielt Provokation hart an der Grenze vielleicht ;-)
Februar 19th, 2010 at 12:19
Schön auf den Punkt gebracht!
Ich finde es auch komplett irrsinnig und widerwertig, wie ein Diskurs warm gehalten wird, der daran arbeitet, Menschen zu nutzlosen Subjekten zu proklamieren. Unverschämter war das Gesicht des Kapitalismus schon lange nicht mehr. Wenngleich man sagen muss, dass es spezifisch deutsche Zustände sind, in anderen Ländern Europas gibt es so was in dieser Form nicht, obwohl die ökonomische Anordnung ansonsten dieselbe ist.
Ich war und bin immer noch irritiert, wie dieser Zug der Zeit zur Fahrt einsetzte. Lange war ich der Meinung, es gäbe so etwas wie einen kritischen Geist in der Öffentlichkeit und im durchschnittlichen Verstand, der sich wohl der Ausbeutung bewußt war, geduldig geworden ob der errungenen Lebensqualität im Fordismus sich weiteren Emanzipationen zugewandt hielt. Irgendwann Ende der 90er drehte der Wind dann immer offensichtlicher. Um die dominanten Sozialcharaktere wurde wieder gekämpft und sie wurden umgeformt. Die Sprache wandelte sich in einen jugendlichen Neusprech von Erfolg, Leistung, Innovation, freien Märkten, ein zivilisatorischer Neustart wurde irgendwie aufgelegt, dessen jung-frisches Gesicht seine modrige Herkunft aus Autoritarismus, Patriarchalismus, Hass und Missgunst, Rücksichtslosigkeit und Gier, adeliger Reichtums- und Kniggevergötzung, industriekapitänischer Lenkungssucht, Narzissmus und Sadismus, Selbstleistungslügen und Mitmenschenaversion gelungen verdeckt wurde, dennoch über die Jahre hinweg geduldig gepflegt und gehegt wurde.
Dass ein Arbeitsloser ein fauler Hund sei, dieses Urteil kannte ich lange Zeit überhaupt nicht. Dass die Arbeit eine Mühe sei, aber irgendwie notwendig, aber auch einer Verbesserung zugänglich gemacht werden mußte, das meinte ich. Der Arbeitslose, er war halt arbeitslos, froh war ich, dass er trotzdem zu leben hatte, dass es genug Unterstützung gab und ich anerkannte sein etwaiges Unwohlsein und seinen Wunsch, doch wieder lieber etwas arbeiten zu wollen und sich wieder umzuschauen. Und wer das nicht wollte, der wollte das halt nicht. Ich rang meiner Arbeit genügend Freude ab, damit ich nicht neidisch werden mußte, auf das Leben in der Hängematte, was es ja auch niemals war. Sollte er zu Hause mithelfen, sollte er ein Buch lesen, sollte er seinen Freunden bei irgendwas helfen. Und wer in Sinnlosigkeit, Alkohol und Gewalt geriet, dem konnte ich zwar nicht helfen, aber ich dachte an all die sozialen Institutionen, die wohl auf ihn schauen würden und ihm wieder in ein erträgliches Leben führen sollten. Meine Welt war frei vom Unfug der Gegenwart. Im Gegenteil, dass der Sinn der ganzen Anstrengungen unserer Kultur, ihrer Wissenschaft und Technik bei allen so zum Zuge kommen sollte, dass wir weniger Arbeiten müssen, nicht gar nicht mehr, aber weniger, dass ich den Automaten an der Arbeit sehen kann, während ich in den Himmel schaue, das schien mir die ehrliche Neigung unserer Welt, dass sich die Folgen unserer Schwächen und Fehler, unserer Ängste und unseres Misslingens von der Lebensgefahr zum lebenserprobenden Experiment wenden würden, dass sich jeder mehr Zeit für das nehmen können würde, was ihm Freude und Unterhaltung bescherte, das ihn interessierte, das ihm für sich wichtig war, das er in seinem Leben einmal versuchen wollte. Ich war zwar nicht froh, dass global viel Kireg und Zerstörung gab, dass unsere Natur zerstört wurde, aber ich vertraute auf die vielen Bemühungen vieler Menschen, daran etwas zu ändern. Um so schmerzlicher ist nunmehr, wo eine solche, wie ich meine, humane Sicht der Dinge, in Verteidigung sich befindet und der Duktus der öffentlichen Meinung in die Gegenrichtung strebt. Der Nisus dieser Welt lief einer unbemerkt aus dem Nichts entgegenpreschenden Welt frontal in ihre Planken und scheint immer noch daran zu zerschellen. Gepflügt wird sie, die alte Welt, ihre Teile werden ausgesondert nach ihrer Affinität zur neuen Ordnung. Wie ein Orkan tobt dieser Welt über den Globus und erhitzt sich aus sich selbst an ihrer Handlungsbrachialität, lähmt und infiltriert die Gedanken, peitscht die Konturen der neuen Götzen auf die Häute der Welten, bis sie von innen her sichtbar sind. Der Profit und ihre Inhaber grasen uns ab, lassen Schwachsinn von sich, leisten sich ungeschoren Missetaten an unzähligen Seelen, Vogel friss oder stirb als Lebensmoral, Betonwände schützen diese Moral vor ihrer Entnaturalisierung. Seelen, die sich hektisch umschauen im Laufrad des Lebens und nur Entspannung erahnen, wenn sie im flüchtigen Blick über ihre Schultern hinter sich auf weiter Flur niemand mehr sehen, alle abgehängt haben, wenn sie unter sich eine sichere Distanz bis zur nächsten Einkommensklasse sehen, sich auf die Schulter klopfen und ausatmen, wenn sie gesschafft haben, was andere nicht geschafft haben. Es ist furchtbar und niederschlagend, wie kohäsionsstiftende Identitäten und Bezüge zu anderen zerstört werden und in die Leere von flexibilisierten Konsumtypen gewandelt werden, wie Intellektuelle sich an der globusweiten Zirkus der Systemmaschinerie ergötzen und Parameter ihres Funktionierens anbeten, in ihrer Erkenntnisanstrengung sich noch gut fühlen, weil hier die Leistungsforderung erfüllt wird. Der eine baut ein Haus, der andere eine Theorie samt Aplikationen im Schweiße seines Ansgsichts. Nur nicht nichts tun, nur nicht schwelgen und sinnieren, nur nicht fraglos sein.
Februar 19th, 2010 at 12:21
Ich denke, die Zersetzung ist weiter fortgeschritten als wir bereit sind zu glauben. Sonst würden sich manche Haßprediger, Marktschreier und vor allem die Teile der Medien die seit Tagen bemüht sind, gefährlichen Schwachsinn in Watte zu packen, einfach fürchten das zu machen was sie tun. Ich rede von Furcht, denn das mit der moralischen Hemmschwelle anzusprechen, wäre mir dann doch zu naiv…
Februar 19th, 2010 at 13:56
Super Artikel. Vielen Dank!
Februar 19th, 2010 at 19:35
[...] Gerade wollte ich zur Feder greifen, um meinem Unmut darüber Luft zu verschaffen, da blakt dieses Gegenfeuer zur vorherrschenden Neoliberalität in meinem Feedreader: Es muß wiederholt werden, wie infam es ist, mit Stereotypen von faulen [...]
Februar 19th, 2010 at 21:23
[...] ich irgendeinen sozialistischen Feiertag verpasst? Erst schreibt flatter eine flammende Gegenrede zum grassierenden Antischmarotzertum und dann legt Frank Thomas beim Spiegelfechter unter der [...]
Februar 19th, 2010 at 22:13
Seit der Steinzeit arbeitet der Mensch daran, weniger zu arbeiten. Vom Faustkeil bis zum Traktor war ein langer Weg.
Jetzt haben wir es endlich geschafft und könnten weniger arbeiten und trotzdem der ganzen Menschheit ein menschenwürdiges Leben garantieren, da passt das einigen (wenigen) auch schon wieder nicht, das wäre nämlich “Sozialismus” und “spätrömische Dekadenz”.
Das können aber nur die sagen, die noch nie gearbeitet haben.
Februar 19th, 2010 at 23:38
“Der ungleiche Meinungskrieg darum, wer sein Leben “verdient” und wer nicht, ist alles andere als neu.”
Flatter, das ist sehr genau erfasst und wiedergegeben.
Es ist zu erwarten, daß der neue Faschismus nicht mehr von braunen Horden der Straße kommt,
sondern diesmal neoliberal und ärgerlicherweise auch noch durch Wahlen abgesegnet, direkt aus dem Innenministerium.
Oskar hat recht….Generalstreik jetzt!
Februar 19th, 2010 at 23:52
Ich werde seit Tagen wütender und wütender. Richtig wütend. Das kannte ich bei mir bis jetzt in dieser Form noch nicht. Natürlich regt man sich mal über ekelhafte Äußerungen aus der Politik oder Wirtschaft auf. Aber das geht vorrüber.
Aber das was jetzt im moment abläuft macht mich extrem wütend. Und ich kämpfe dagegen an, so gut es geht, aber es macht mich auch radikaler in meiner Denkweise. Ich merke, wie Hass in mir aufkeimt. Und gleichzetig völlige Verzweiflung.
Es ist bald soweit… in Deutschland werden “Hartzer” auf der Straßen angespuckt, geschlagen und weggesperrt. Es scheint mir nicht mehr unvorstellbar.
Februar 20th, 2010 at 00:11
Interessant, zum Thema passend:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schule_der_Arbeitslosen
Februar 20th, 2010 at 13:12
@8+9:
so wars nicht gemeint. Eher in die Richtung, dass nur weil grosse Unternehmen wirkliche jede Moeglichkeit zur Gewinnoptimierung nutzen es nicht zwangslaeufig Alle machen wuerden, wenn sie koennten.
Aber dass man als Selbstaendiger schon desoefteren mit Anfeindungen (auch abseits des Webs) konfrontiert wird.
Das faengt mit dummen Formulierungen wie “Du kannst doch eh alles Absetzen” an und steigert sich teilweise ins Boesartige..
Ich betrachte die aktuell laufende Diskussion in den Medien nun eben von einem anderen Standpunkt, den ich versuche hier zu vermitteln. Und es gibt noch weitaus mehr Unternehmer, die das aktuelle System total Kacke finden. Und nicht nur, weil ich als Unternehmer Steuern zahlen muss. ;-)
Aber um erneut auf die Kausalitaet zurueck zu kommen: Die eigentlichen Uebel sind Shareholdervalue und Zinseszins. Und auf diesen Komponenten aufbauend haben wir dieses bereits erwaehnte System der exzessiven Geldvermehrungsstrategie ohne Ruecksicht auf Verluste.
Februar 20th, 2010 at 15:04
Danke Kulle, für den link zur “Schule der Arbeitslosen”, kannte ich noch gar nicht.
Und lass aus der deiner Wut bitte keine Verzweiflung werden.
Februar 20th, 2010 at 16:28
Versuchen wir mal, nicht nur uns aufzuregen, sondern mal positiv vorauszuschauen.
ES GIBT (mindestens) einen Weg, sehr schnell Vollbeschäftigung herzustellen, wenn wir alle bereit sind, von unserem Wohlstand ein klein wenig abzugeben. Und das Land zu den versprochenen “blühenden Landschaften” zu führen.
Folgendes 10-Punkte-Programm könnte dazu einen Beitrag leisten:
1. Senkung der Gesetzlichen Wochenarbeitszeit auf 30 Stunden (4 Tage a 7,5 Stunden oder 5 Tage a 6 Stunden), allerdings mit nur 50%gem Lohnausgleich
(das Mehr an Freizeit sollte uns einen Teil des Erlöses wert sein)
2. Senkung des Gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 55 Jahre, mit der Möglichkeit des Hinzuverdienstes, aber nur 15 Stunden pro Woche
(beide Maßnahmen lassen sich durch die infolge der resultierenden Vollbeschäftigung radide steigenden Steuereinnahmen des Staates locker gegenfinanzieren)
3. durchgängige Begrenzung (in allen Bereichen) der Lohnspanne zwischen den unteren Lohngruppen und den obersten Gehaltsgruppen auf den Faktor 2
(es ist nicht einzusehen, warum der Bank-Manager für eine SEINER Arbeitsstunden das z.T. Hundertfache von dem des einfachen Angestellten für dessen Arbeitsstunde bekommen muss)
4. Vereinheitlichung der Renten- und Pensionssysteme als steuerfinanzierte Umlageverfahren, in die JEDER einzahlt und jeder entsprechend Arbeitsjahren und Einkommen herausbekommt (aber das Ganze als separater Topf im Staatshaushalt!)
5. Kürzung der Entlohnung der Politiker und Abgeordneten auf einheitlich 250% des Durchschnittseinkommens und Orientierung des Zuwachses am Zuwachs des allgemeinen Durchschnittseinkommens, bei gleichzeitigem Verbot jeglicher Nebeneinkünfte während und 3 Jahre nach der Abgeordnetenzeit
6. Einführung des Straftatbestandes der Vorteilsnahme/Lobbyhörigkeit für alle Politiker und Staatsangestellten sowie des Straftatbestandes der Verschwendung von Steuermitteln
(letzteres feststellbar durch den Bundesrechnungshof und analoge Behörden auf Landes- und kommunaler Ebene)
7. Begrenzung der Wählbarkeit eines jeden Politikers auf allen Ebenen auf jeweils zwei Wahlperioden (lebenslang) und Einführung einer dreijährigen Ruhezeit zwischen Abgeordnetenzeit und Aufnahme einer Tätigkeit in relevanten Industrie- und Staatspositionen
8. Einführung einer Tauglichkeitsprüfung (“Führerschein”) für Politiker – und Eltern
9. Einführung einer Maschinensteuer mit Sätzen analog zur gültigen Lohn- bzw. Einkommensteuer
(es ist nicht einzusehen, warum die menschliche Arbeit gegenüber der Maschinenarbeit durch die zusätzliche Besteuerung dauerhaft in Nachteil gestellt werden muss)
10. Einführung der Besteuerung aller Deutschen nach dem Staatsbürger-Prinzip, unabhängig vom Wohnort weltweit
(damit würden auch unser alle Idole wie Schumacher und Beckenbauer wieder zum deutschen Volkswohlstand beitragen dürfen)
Na, Leute, gäbe DAS ein Land, in dem man gerne lebt? (auf jeden Fall lieber als im jetzigen, oder?)
Februar 20th, 2010 at 21:24
[...] gleichend) gegen die Schmarotzer und „Parasiten“ aufbringen sollte. Dieser „Trick“ ist nun wirklich nicht neu und genauso wenig auf Westerwelles geistigem Mist gewachsen, wie die neoliberale Bibel der [...]
Februar 20th, 2010 at 21:53
Wie soll denn bitte ein Führerschein für Eltern aussehen? Und die Kinder derer, die den dann nicht bestehen, werden in Flensburg gesammelt oder was?
Diese Mentalität, anderen Leuten beibringen zu müssen, wie sie ihr Leben zu führen haben und das dann abzuprüfen scheint nicht aus den Köpfen zu bekommen sein. Mehr Hilfestellungen für Familien, in denen es Probleme gibt, und keine “Fallmanager” im Jugendamt, die durch Überbelastung kaum dazu kommen, ihren Job ordentlich zu machen, das würde schon genügen.
Bei vielem kann ich dir jedoch durchaus zustimmen.
Februar 21st, 2010 at 07:28
@stephan, #20,
ja, auch das ist ein Ergebnis der Manipulation: man erzählt einerseits dem gemeinen Pöbel, dass der Kleinkapitalist sein Feind ist. Andererseits erzählt man dem Kleinkapitalisten die Politik für den Mittelstand, auf dass der sich zugehörig wähne.
Schon hat man wieder zwei Gruppen gegeneinander ausgespielt!
Irrtümer auf beiden Seiten, und die kleinen Unternehmer merken in ihrer Mittelstandsbesoffenheit gar nicht mehr, dass sie genauso verarscht werden.
Wenn immer so schön vom Mittelstand gefaselt wird, sollte man mal davon ausgehen, dass die Politik tatsächlich Familienbetriebe bzw. inhabergeführte Unternehmen ab 5.000 Mitarbeitern meint und bedenkt.
Sicher nicht Deine Liga…
Februar 21st, 2010 at 14:29
@Ralf2.0
Da hast du recht. mit unserem Umsatz sind wir sicher ein ziemlich kleines Licht.
Aber diese Hetze ist schon enorm: Einerseits die schmarotzenden Arbeitnehmer und andererseits die ausbeutenden Arbeitergeber..
@hans im glueck
An sich sind deine Vorschlaege durchaus gut. Nur wuerde ich die Verguetung der Mitarbeiter anders Regeln: Firmenbeteiligungen duerften nicht mehr an Investoren verkauft, sondern nur noch an die Mitarbeiter verteilt werden. Dadurch wuerde jeder am Gewinn der Unternehmung partizipieren.
Und Politikern wuerde ich jegliche wirtschaftliche Aktivitaet verbieten. Dafuer duerfen die dann ruhig auch 20.000,- im Monat oder mehr verdienen. Wieso auch nicht?
Die Maschinensteuer hat mein Vater bereits vor 30 Jahren vorgeschlagen.
Aber was bringt dir eine Besteuerung von Maschinen? wie kommt das Geld dann zu Demjenigen, der durch die Maschine seinen Arbeitsplatz verloren hat? Also muessten Maschinen staerker besteuert werden als menschliche Arbeitskraft. Das haette zur Folge, dass “unschoene” Arbeit wieder von Menschenhand erledigt werden wuerde. Dann gibts wieder Vollbeschaeftigung, aber die Tretmuehle wird auch wieder eingefuehrt. Kein toller Gedanke.
Februar 21st, 2010 at 23:20
@ stephan:
Gute Idee mit den Firmenbeteiligungen; suche noch weitere gute Ideen, da das 10-Punkte-Programm mal so aus der Erfahrung niedergeschrieben wurde, ohne lange an Formulierungen zu “doktern”.
Zur Maschinensteuer: es geht mir nicht um eine Verteufelung der Maschinen – nur um Gleichberechtigung von Mensch und Maschine. Momentan nicht gegeben, daher immer weniger Arbeit für die Menschen – also Arbeit besser verteilen UND Gleichgewicht wieder herstellen.
Keiner will wieder stupide Drecksarbeit einführen, die Maschinen besser können.
(wenn man sich allerdings einige neue Produktideen aus dem Heimwerkerbereich ansieht, dann fragt man sich schon ob dies wirklich sein muss…)
@ Amike:
Das mit dem Elternführerschein ist so eine Idee, die aus der teilweise bedrückenden Unkenntnis mancher Eltern über das Kind und seine Entwicklung/Erziehung resultiert; bessere Ideen sind stets willkommen.
Es sollte aber zumindest einen Elternkurs geben analog den Führerscheinkursen, und bitte auch mit Kontrollen, ob alles richtig verstanden wurde etc.
Kindern sind wichtiger als Autos! (und halten auch länger ;-)
At last: die 10 Punkte sind nur ein Anfang, der schnell die heftigsten Ungleichheiten etwas eindämmen würde; anschließend müßte dann ein grundlegender Umbau des Wirtschafts- und Staatswesens erfolgen, mit Rückkehr zum Primat der Politik gegenüber der Wirtschaft, Rückführung des Finanz- und Bankwesens auf die ursprünglichen Aufgaben und ähnlichem. Oder?
Februar 21st, 2010 at 23:46
naja, Gleichberechtigung MenschMaschine impliziert dann irgendwie auch rauchende und streikende Maschinen? Robogewerkschaft? Ausfaelle durch Krankheit, Schwangerschaft oder Tod, 37,5h-woche, 3 Wochen Urlaub, Mobbing? Das sind die menschlichen Faktoren der Arbeitskraft, die eine Maschine nicht hat. Demzufolge muesstest Du diese Kosten errechnen und als Umlage auf die Maschinensteuer draufpacken, sodass die Maschine insgesamt gleichteuer wird.
Ich verstehe sowieso nicht, wieso es hier des oefteren um Steuern geht.. Erbschaftssteuer, Maschinensteuer, Kapitalertragssteuer, Reichensteuer, …
Das sind doch gedankliche Sackgassen.
Als ob eine Steuer jemals einen sozialen Zweck erfuellt haette.
Was glaubt ihr denn, was mit solchen Steuereinnahmen finanziert werden wuerde? Etwa der Wohlstand? Mitnichten. Nur das Haushaltsdefizit und die Staatsschulden wuerden bedient werden.
Februar 22nd, 2010 at 21:38
Auch die Maschine braucht Wartung, Reparatur, Ersatzteile, Pflege, Reinigung etc., moderne Maschinen auch Software-Updates, Erneuerung der Steuerungen usw. – wir sollten die Analogie nicht zu weit treiben.
Mit dem “Steuern durch Steuern” hast du völlig recht, ist voll daneben. Das Durchforsten der Staatsausgaben nach Einsparpotenzialen wäre ein weiterer Schritt, ebenso (ENDLICH!) die Vereinfachung des Steuersystems.
Na und so weiter – das System hat noch viele Stellen, die nach Verbesserung schreien -
und wo Besserung recht einfach möglich ist!
Februar 23rd, 2010 at 09:00
Stimmt, hatte ich im Eifer nicht bedacht.
Mir viel nur eine Doku ein, in der ein von ALCOA in Zusammenarbeit mit einem japanischen Stahlkonzern ein neues Stahlwerk in den USA gebaut wurde, dass nur noch mit 12 Mitarbeitern komplett bedient werden kann. Und 10 davon waren Ingenieure, die nur mit weissen Kitteln rumgelaufen sind.
Keinerlei Ruhrpott-Flair mehr.
Verbesserungen sind ja auch moeglich, nur nicht solange eine inkompetente Fuehrungskaste rein kapitalistisch handelt. Wobei das ja lustigerweise politisch voellig neutral ist. Schroeder hat es ja vorgemacht, dass das Parteibuch keinerlei Rolle spielt, wenns um die Macht geht.