“Leistungsträger, die in Arbeitslosigkeit geraten, haben bisher kaum die Möglichkeit, etwas hinzuzuverdienen. Fördern und Fordern passt hier nicht zusammen“, erklärte Roland Koch dem Hamburger Abendblatt ohne erkennbaren Zusammenhang. Dieser Sinnspruch wird quer durch den Blätterwald getrommelt. Kein Wunder, denn es sind ja reichlich Reflexfloskeln darin enthalten.
Ich gelte gemeinhin nicht als Pisa-Versager, aber es fällt mir äußerst schwer, dies sinnentnehmend zu lesen. Anders formuliert: Hä??
War es bislang Konsens der Rechten, das “Fordern und Fördern” vor allem so zu verstehen, daß faulen Arbeitslosen Beine gemacht werden sollen, vor allem solchen, die sich aushalten lassen und noch mehr verlangen als Almosen, von denen man nicht in Würde leben kann, soll es jetzt Ausnahmen geben – für “Leistungsträger”. Damit sind vermutlich diejenigen gemeint, die noch nicht von Hartz IV leben. Hieße das, daß ehemals hochbezahlte Angstellte ihr ALG I noch aufstocken dürfen? Oder ist Hartz IV womöglich “Leistungsträgern” gar nicht zumutbar? Oder sollen diese bei Langzeitarbeitslosigkeit den vollen Satz bekommen und abzugsfrei einen gut bezahlten Halbtagsjob tun dürfen?
Wie dem auch sei, was Koch da abläßt, hat mit der Situation Bedürftiger nichts zu tun, seien es einfache Arbeitslose oder “Aufstocker”. Es klingt ganz danach, als solle die Solidargemeinschaft auch noch reiche Arbeitslose von den Mitteln der ärmeren alimentieren.
Wie es wirklich gemeint war, hätte man ja nachfragen können. Aber mehr als sinnfreies Zitieren ist von einem Journalistensalär wohl nicht zu leisten.
Januar 13th, 2010 at 00:21
Aha, Koch möchte arbeitslosen Leistungsträgern noch ein paar fette Jahre gönnen, derer sie sich der Illusion ihrer Leistungsträgerschaft hingeben und auf die herabsehen können, zu jenen sie alsbald auch gehören werden. Spätestens nach einem Jahr sind sie ja auch keine Leistungsträger mehr, sondern Langzeitsarbeitslose Hartzies, denen all das nicht mehr zusteht, was sie sich jahrelang erarbeitet haben. Sollen sie doch schon mal üben, was es heisst sich etwas dazu zu verdienen, zum Almosen, dann wirds später nicht ganz so hart, für nen Euro zu buckeln.
Januar 13th, 2010 at 00:23
Korrektur: Es sind in dem Fall natürlich keine fetten Jahre, sondern lediglich Tage…
Januar 13th, 2010 at 01:01
“Arbeitslose, die in Arbeit geraten, haben bisher kaum die Chance, etwas zu verdienen.” So passt der Satz vielleicht eher. Meine ehemalige Mitbewohnerin bekommt als sehr gute Diplomantin Azubigehalt, was ohne ihren Freund nicht für Miete und Sonstiges reicht. Weitere ehemalige Kommilitonen haben Deutschland in Richtung Österreich verlassen, um überhaupt einen Groschen zu sehen. Fordern? Was denn noch? Fördern? Was genau gleich?
Januar 13th, 2010 at 05:55
wer weiß, vielleicht denkt der koch über ein hartz 4 a la rente nach. hinzuverdienstmöglichkeit prozentual nach dem letzten gehalt gestaffelt. so könnte man die “leistungsträger” belohnen und die “träge masse” weiter im elend schmoren lassen.
1. das hat sich bei rentnern ja jahrelang bewährt.
2. es dividiert die hartzis auseinander.
Januar 13th, 2010 at 06:33
Vielleicht war Koch ja besoffen und hat daher in einem überraschend klaren Moment den Begriff “Leistungsträger” auf alle bezogen, die was leisten (unabhängig von der Entlohnung)?
Januar 13th, 2010 at 06:34
Die Herren an der Spitze lassen immer deutlicher erkennen, fuer wen sie ihre Politik machen.
Ich wuenschte, man koennte das als Groessenwahn abtun, und daraus den baldigen Zusammenbruch der Leistungstraeger-Diktatur ableiten.
Aber wie ich meinen Michel kenne…
Januar 13th, 2010 at 06:48
Ist doch schön, wenn sich die Arbeitslosen jetzt auch untereinander bekämpfen. Krieg den Hütten, Friede den Palästen!
Aber anderes war von Kotz-Koch (O-Ton Merkel :-D)nicht zu erwarten…
Januar 13th, 2010 at 10:02
Die Anmerkung von Koch ist in sich völlig unsinnig, aber leider vermutlich nur eine Verschleierung der wirklichen Absichten, nach denen zu fragen die Presse – wieder einmal – versäumt hat.
Leistungsträger können, folgt man der Diktion der bürgerlichen Parteien, nur die sein, die soviel verdienen, dass sie nicht mehr sozialversicherungspflichtig sind. Die Pläne der FDP sehen ja die “Förderung” der Leistungsträger durch Steuersenkungen vor – also können nur Leute gemeint sein, die auch Einkommenssteuern zahlen. Die Pläne der FDP sehen darüberhinaus vor, die Krankenverischerungsbeiträge anzuheben – und gerade diesem Zweck dienen die Steuersenkungen, wie Rösler in kleinerem Kreis ausgeführt hat. Das heisst logisch, dass nur diejenigen als zu fördernde Leistungsträger angesehen werden können, deren Einkommen nicht auch sozialversicherungspflichtig ist. Denn Sozialversicherungspflichtige bekommen nicht mehr netto – Vorteile aus der Steuersenkung werden durch höhere KV-Beiträge wieder wettgemacht.
Leistungsträger sind folglich nur Selbstständige, Unternehmer, Privatiers, Fussballprofis, Show-Stars etc., von denen Westerwelle sagt, sie zögen den Karren.
Diese Leute brauchern das Fordern nicht zu fürchten. Wer könnte sich auch schon vorstellen, dass Franz Beckenbauer gezwungen würde, als Müllwerker zu arbeiten. Oder, wenn die Firma Schlecker demnächst an zu hohen Löhnen pleite geht, dann soll nicht daran gedacht werden, deren Inhaber zu Aufnahme von Zeit- oder Leiharbeit zu zwingen.
Diese Leute Leute werden dann nur noch gefördert. Das könnte es gewesen sein, was Koch gemeint hat.
Januar 13th, 2010 at 13:35
können leistungsträger denn überhaupt arbeitslos sein?
.~.
Januar 13th, 2010 at 13:40
@ dot tilde
Logisch natürlich nicht – wenn sie arbeitslos sind, können sie keine Leistungsträger mehr sein.
Aber das ist nur eine Konsequenz aus der mangelnden sprachlichen Genauigkeit. Der Fehler wäre behoben, würde man von “ehemaligen” Lesitugsträgern reden.
Januar 13th, 2010 at 13:41
Muss es nicht heißen: “Was redet Koch?”
Januar 13th, 2010 at 13:51
@ Klaus Baum
Ist wahrscheinlich eine Verballhornung des Satzes: “Was erlauben Strunz”.
Januar 13th, 2010 at 14:02
@ Hans Baum
Sorry falschen Vornamen geschrieben. (An die Stirn fass)
Januar 13th, 2010 at 14:23
das ist doch reines wahlkampfgetoese, flankiert von den ueblich verdaechtigen qualitaets-medien. nach der nrw-wahl ist alles wieder business as usual. so daemlich, wie sich die sozialistischen parteien gerade gerieren, wirds leider wohl auf schwarz-gruen hinauslaufen. im prinzip also die gleiche scheisse wie schwarz-gelb!
Januar 13th, 2010 at 14:28
@possimist: :–))
Koch, Rede, Ende – alles gut.
Januar 13th, 2010 at 15:34
Soso, nachdem man jahrelang nur gefordert hat, möchte Herr Koch jetzt also das Fördern wieder in den Vordergrund holen. Nachdem man dies bisher etwas vernachlässigt hatte, kann man es ja bei in Not geratenen “Leistungsträgern” nachholen.
Toll dieser Mann!!!
Januar 13th, 2010 at 19:16
Gemütlich und fäkal wie immer, geht es Koch darum, den Begriff “Leistungsträger”- mit willfähriger Hilfe der Medien – zu rehabilitieren, zu pushen, zu etablieren als: Nicht jeder wird als Leistungsträger geboren:
Quod licet Iovi, non licet bovi.
Wenn der Pöbel das erstmal verinnerlicht hat, wird auch das Regieren leichter, weil selbstverständlicher – gottgewollt, dafür steht schließlich das C. ER hat nicht ohne Grund entschieden, was dein Platz ist: Pöbel oder Adel.
Januar 13th, 2010 at 20:43
Nicht “Reflexfloskeln”, sondern “Rektalreflexe” ;-)
Iss doch ganz klar: Mini-Löhne plus (HartzIV oder AlgII) also ein teilstaatlicher Lohn für Vollzeitarbeit in der Privatwirtschaft soll zur Normalität werden.
So drückt man das Lohnniveau und bankrottiert den Sozialstaat, den man dann, konsequent logisch, abbauen und schließlich ganz abschaffen muss.
Denn wenn die wenigen Leistungsträger (die, die kein HartzIV/AlgII bekommen) soviele faule Sozialschmarotzer mitfinanzieren müssen, die nur mit Kombi-Lohn überleben, dann ist das ja der Beweis, dass der Sozialstaat nicht funktionieren kann.
Und dann ist die größte Steuerzahler-Gruppe ja nicht die Angestellten, sondern die Wirtschaft und man übergibt ihr dann wohl am besten gleich das Lohn-, Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialpolitik, auf dass ein Volks-Lohn eingeführt wird, den alle bekommen, die unterhalb der Direktionsebene arbeiten.
Freie Wahlen müssten dann natürlich entweder offen abgeschafft oder heimlich getürkt werden, aber letzterer Verdacht drängt sich mir bei den Wahlergebnissen der FDP bei der BuWahl sowieso auf.
Und da Umfrageinstitute und Medien alle an einem Strang ziehen bzw. denselben Leuten / Führungsschichten gehören….
Massenhaft Kombi-Löhne für Erwerbsarbeit in der Privatwirtschaft ist volkswirtschaftlicher, undemokratischer und absolutistisch-autoritärer Wahnsinn.
Soetwas kann doch nur zur Abschaffung eines freiheitlichen, gleichen und demokratischen Staatswesens führen.
Soetwas kann doch nur autoritär-diktatorische, oligarchische Führungsschichten erzeugen, die ein scheinselbstständiges Staatswesen zur Durchsetzung ihrer Interessen (Profit um jeden Preis) missbrauchen.
Januar 13th, 2010 at 20:53
Koch stellt die Arbeiterschaft und den größten Teil der Angestellten und Einkommenssteuerzahler auf zukünftige Ausbeutungslöhne ein.
Das Volk muss wieder zu Untertanen abgerichtet werden und nach der in den letzten Jahren zu beobachtenden Glorifizierung des gottseidank untergegangenen, autoritären Militärstaats Preußen, müssen wir jetzt wieder ganz von vorne anfangen.
Und wo lernt ein relativ freies Volk wieder die Untertanenmentalität?
Tip: Genau wie bei den Preußenkönigen.
Richtig, in Schule und Militär!
Am besten gleich beides vereinen.
Denn zu einer undemokratischen, autoritär-diktatorischen, oligarchischen Führungsschicht gehört auch eine gehorsame Armee! Irgendjemand muss ja für die Profite der Ölindustrie im Irak, Pakistan und Afghanistan den tumben Schädel hinhalten. Aber bitte nicht so viele ineffektive weil zurückgebliebene, körperlich nicht leistungsfähige weil betrunken/bekiffte/mangelernährte Schulversager!
https://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Bundeswehr/schule.html
“Kriegsspiele im Klassenzimmer
Dutzende Jugendoffiziere werben an Schulen und Unis für weltweite Militäreinsätze der Bundeswehr
Von Michael Schulze von Glaßer *
Die deutsche Armee schließt immer mehr Kooperationsabkommen mit Landesschulministerien. Doch der Protest gegen diese unselige Zusammenarbeit von Militär und Schule wird lauter.
»Globale Konfliktvermeidung und Krisenbewältigung« sowie die »nationalen Interessen« Deutschlands sollen baden-württembergischen Schülern von nun an näher gebracht werden. Dazu unterzeichneten Kultusminister Helmut Rau (CDU) und Generalmajor Gert Wessels, Befehlshaber des regionalen Wehrbereichskommandos, am 4. Dezember vergangenen Jahres eine Kooperationsvereinbarung. Neben der Durchführung von Vortragsveranstaltungen in Klassenzimmern werden die 94 hauptamtlichen Jugendoffiziere der Bundeswehr – junge, rhetorisch geschulte Soldaten mit Führungserfahrung – nun auch in die Aus- und Fortbildung von Referendaren und Lehrkräften eingebunden.
Zudem bietet die Bundeswehr den Lehrkräften sowie Vertretern der Schulaufsicht Besuche in militärischen Einrichtungen an. Es ist die bundesweit vierte Kooperationsvereinbarung zwischen der Bundeswehr und einem Landesschulministerium.
Bereits im Oktober 2008 feierte die nordrhein-westfälische Schulministerin Barbara Sommer (CDU) die erste vertraglich geregelte Zusammenarbeit zwischen Armee und Landesministerium. [...]“
Januar 13th, 2010 at 22:04
Wahrscheinlich hat der Koch einfach nur einen besseren Einblick in die nächste Zukunft: bei der noch ausstehenden Implosion des Bankenwesens (hallo Griechenland) werden sicherlich haufenweise leistungstragende Parasi.. Investmant-Banker freigesetzt. Diese Kreaturen haben in die Soialversicherungen eher nichts eingezahlt und deswegen versucht Koch gemeinsam mit der speichelleckenden Medien-Bagage einen Anpruch auf Förderung zu generieren.
Aber auch ohne den ganz großen Crash muss man sich doch um all die Konkursler des letzten Jahres kümmern. Ich denke da z.B. an die Fachkräfte, die Märklin mit ihren Beratungshonoraren in die Insolvenz getrieben haben. Also Umschulung zum Hochsee-Segellehrer auf den Bahamas oder Ähnliches.
Die Mercklesche Lösung ist wegen der Unzuverlässigkeit der Bahn ja leider nicht für alle erreichbar.
Januar 14th, 2010 at 00:23
Und die FR basht froehlich die Linke in Hessen! Ganz grosses Kino! *sonescheissewoistdieroyalairforcewennmansiebrauchtverdammich*
https://www.fr-online.de/top_news/2204861_Hessen-Fuer-die-CDU-ist-die-Linke-wie-die-SED.html
Januar 14th, 2010 at 00:30
Ömm, auch wenn ich derlei unkritische Zukurzberichterstattung nicht gutheiße, aber hier wird ein CDUler zitiert. “Die FR basht” da gar nix.
Januar 14th, 2010 at 08:59
gut, ich nehm das ‘bashen’ zurueck und wandel es in ‘beihilfe zum bashen’ oder ‘handlangen’.
Januar 14th, 2010 at 11:24
Sloterdijk schlägt auch wieder zu. Wir lernen noch eine neue Vokabel: ‘Leistungsträgerkern’. Und man hüte sich vor der Phönix Runde, in der ebenfalls professorale ‘Politikwissenschaftler’ Begriffe wie ‘Lernkoalition’ prägen, also so eine Art Kita, in der wir dann wohl die Rolle des Lehr- bzw Lernmaterials einnehmen… Am besten jede Woche ein neues Volk zum Experimentieren.
Januar 14th, 2010 at 17:48
@ Peinhard
Politikberatende Pauschal-Logiker wissen mehr