stroeb

Gähn. Müdigkeit ist gefährlich, sie macht ähnlich unkritisch wie kiffen. Es hat sich ein Bundestagsabgeordneter, obendrein einer, den seine Partei nie auf einen ‘sicheren Listenplatz’ gesetzt hätte und der gegen die “Großen” aus der Koalition regelmäßig ein Direktmandat holt, also ein Wissen und Gewissen erlaubt. Das ist das, was woanders die Fraktionsvorsitzenden mit der Kelle auf die Nickelemente verteilen, die dafür eine Abgeordnetenentschädigung bekommen. Eine, die “Diät” genannt wird und darunter noch eine, die dann auch so heißt.

Ströbele hat nicht nur den Kopf geschüttelt, sondern gleich die Hand eines Verräters an der transatlantischen Wahnidee, Feind des Bündnisses, dessen gleichnamiger “-fall” ursprünglich dem Weltkrieg vorbehalten war, inzwischen aber die Lizenz zum freigeistigen Töten aus niederschwelligen Motiven bedeutet. Der friedensnoble Oberbefehlshaber verschwendet sein stolzes Talent keineswegs durch übertriebene Preiswürdigkeit.

Im Rahmen dieses Dauerbündnisfalles haben sich inzwischen Geheimpolizeien in den verbündeten Staaten zum weitgehend unabhängigen Management von Terror, Gewalt und Erpressung entwickelt, wovon man lieber nichts wissen will. Schließlich haben die geheim operierenden ‘Dienste’ ein Allerlei an Information zusammengetragen, mit dem sich vermutlich jeder Diätennehmer, der nicht schnell genug oder an der falschen Stelle nickt, zur baldigen Besserung bewegen lässt oder gar zum Ausscheiden aus dem Amt.

Alt, unabhängig, extrem gefährlich

Ein Geschmäckle davon, den faden Aufguss solcher Praxis, erleben wir in diesen Tagen, präsentiert von den üblichen Verdächtigern aus Springerpresse und der staatlichen Erpresse aus der Finsternis. Ausdrücklich beruft sich der Hetzerverlag auf Geheimdienstkreise, als seine Schreibtäter Ströbele mit dem (bösen!) russischen Geheimdienst in Verbindung bringen. Erst heißt es, der FSB habe das Treffen arrangiert, dann heißt es, er habe es nur beobachtet. Wie auch immer: Die waren dabei, woraus der Leser folgern soll: Ströbele, der olle Terroristenanwalt und sowieso der Agent Snowden arbeiten für den Feind!

Das klingt nicht nur halbherzig, es schmeckt nach kalter Asche. Das ist die Routine der Verleumdungsmaschine in diesem Land, aber Ströbele ist kein Wulff und schon gar kein ehrgeiziger Hinterbänkler, der vor der erhobenen Hand kuscht oder für ein Leckerli Männchen macht. Er ist alt und unabhängig, eine furchtbare Mischung für Strippenzieher. Die lassen das nicht einfach durchgehen, zeigen daher launig die Instrumente und stehen nun vor der Entscheidung, ob sie sich jetzt clever still verhalten oder das ganz große Fass aufmachen sollen.

Für einen Augenblick kann man im Scheitern beobachten, was sonst meist gelingt – und bekommt eine Ahnung davon, welche Rolle die ‘Dienste’ und ihre ‘Informationen’ im Bund mit den Medienkonzernen spielen. Ströbeles Coup macht ihn womöglich aber noch gefährlicher, denn er verfügt sicher über Informationen, die er nicht preisgeben durfte, solange er sie als Geheimnisträger erhalten hat. Was er durch Snowden weiß, ist hingegen seine Sache. Ich wünsche ihm gute Gesundheit und allseits unfallfreie Fahrt.